mt V.. -J - ># -r»m'\ v:^ ^. :^ "^^ ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben vom I>eii.ts eilen ^^potliekei' -Verein unter Redaktion von E. Schmidt und H. ßeckurts. Band 245. LIBRARY NEW YORK BOTANICAL ÜARUEN. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1907. ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben Tom D eutschen Ap otlieker - Yerein unter Redaktion von E. Schmidt und H. Beckurts. Band 245. Heft 1. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1907. Ausgegeben den 23. Februar 1907. INHALT. Seite A. Tschirch und M. Wolff, Ueber das Vorkommen von Abietinsäure im Harzöl 1 E. Rnpp und J. Mielck, Ueber die Bestimmung superoxydischer Ver- bindungen mittels Alkalihypojodit 5 H. Schweikart, Ueber Reinigung von Wasser mittels Eisenbydroxyd und ein einfaches und bilHs^es Verfahren zur Herstellung einer hierzu geeigneten Lösung von kolloidalem Eisenhydroxyd ohne Dialyse . 12 E. Feder, Eine neue Quecksilberlösung als Reagens auf Aldehyde, insbesondere Formaldehyd 25 H. Knnz Kraase und R. Ricbter, Ueber einige Cyklogallipbarate und über das Verhalten der Cyklogalüpharsäure zu Ferrichlorid ... 28 E H. Madsen, Ueber die Kondensation von Aldehyden mit Phenol- karbonsäuren 42 D. Stscherbatscheff, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte eioiger fizineller Pflanzen 48 H. Teile, Ueber Kamala und Rottlerin 69 R. Weil, Die Entstehung des Solanins in den Kartoffeln als Produkt bakterieller Einwirkung 70 G. Knöpfer, Beiträge zur Kenntnis der Chinasäure 77 Eingegangene Beiträge. P. Buttenberg, Untersuchung und Beurteilung des Himbeersaftes und Himbeer- sirups. W. Mattbes und 0. Rammstedt, Die Verwendbarkeit der Pikrolonsäure zur Bestimmung narkotischer Drogen, Extrakte und Tinkturen. A. Westerkamp, Elektrolytische Bestimmung des Bleis in Zinn-Bleilegierungen und Weißblechen. A. Tcbircb und H. Aderberg, Ueber das Glycyrrhi?in. (Geschlossen den 18. It. 1907.) Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—. Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die Arcliiv - iRednlition Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med. -Rat Professor Dr. II. Beckurts in Braunschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den l>eTitscli«xi A.potliel/,oJ = 0,G971 g ZnOg. Das angewandte Präparat war demnach 48,55 %ig. Schließlich mag noch angefügt werden, daß Natrinmsuperoxyd- piäparate wegen der stürmischen Sauerstoffentwickelung beim Zusammen- bringen mit Wasser durch Jodlauge nicht bestimmbar sind. Indifferent gegen letztere verhalten sich die Persulfate, analog deren Verhalten gegenüber Permanganat, Ueber Reinigung von Wasser mittels Eisenhydroxyd und ein einfaches und billiges Verfahren zur Herstellung einer hierzu geeigneten Lösung von kolloidalem Eisenhydroxyd ohne Dialyse. Von Apotheker H. Schweikert - Bonn. (Eingegangen den 19. XI. 19C6.) Einem einfachen und billigen Verfahren zur Reinigung von Wasser kommt unzweifelhaft für die AVasserversorgung besonders von Städten und Ortschaften eine große Bedeutung zu. Ich glaube nun, daß bis jetzt kaum ein anderes Mittel zu diesem Zwecke bekannt ist, welches mit Einfachheit, verhältnismäßiger Billigkeit und völliger Gefahrlosigkeit günstigere Wirkung verbindet als das Eisenhydroxyd. Schon längst hat man zur Reinigung von Wässern die Erzeugung von Niederschlägen in denselben durch Zusatz von Chemikalien an- gewandt, um durch diese Niederschläge die in dem Wasser vorhandenen Schwebestoffe niedeizureißen und so das Wasser zu klären. Aber diese Reinigung und Klärung war meistens nur .eine mechanische, um an und für sich brauchbare Wässer lediglich von den mehr oder minder H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxyd. 13 zufällig vorhandenen festen Partikelchen (Lehm, Tod, Fett etc.) zu befreien '). Zu diesem Zwecke benutzt man die verschiedensten Stoffe. So führt Koenig^) nicht weniger als 75 derartige Verfahren an, darunter nicht weniger als 30, welche sich der Eisenverbindungen entweder für sich allein oder in Kombination mit anderen Stoffen bedienen. Der Wirkung dieser chemischen Fällungsmittel steht Koenig im allgemeinen ziemlich skeptisch gegenüber. Er sagt darüber: „Durch die meisten derselben wird ein fauliges Abwasser zwar mehr oder weniger geruchlos, aber auf die gelösten Stoffe sind alle Fällungsmittel mehr oder weniger ohne Einfluß; unter umständen werden sogar, besonders bei Anwendung von überschüssigem Kalk, die Schwebestoffe zum Teil in Lösung übergeführt"'}. Wohl weist Koenig aber darauf hin*), daß die Bildung der Niederschläge von Eisenoxydoxydulhydrat oder von Eisenoxydhydrat in dem zu reinigenden Wasser die Ausfällung der gelösten organischen Stoffe begünstigt. Die zur Reinigung von Trinkwasser brauchbaren und angewandten Methoden w^erden von diesem Autor ^) in 3 Abteilungen gebracht. In der ersten finden sl h solche, welche bloß eine chemische Wirkung äußern, ohne die Bestandteile des Wassers als solche wesentlich zu verändern. Hierzu gehört in erster Linie das Eisenchlorid mit oder ohne Anwendung von Kalk oder Natriumbikarbonat; diese Methode interessiert uns hier um deswillen besonders, weil der dabei ent- stehende Niederschlag von Eisenhydroxyd mit dem Niederschlag durch die von mir empfohlene Eisenhydroxydlösung übereinstimmt. Nach Kirchner®) wurde vom Preußischen Kriegsministerium bereits im Jahre 1878 ein Zusatz von 0,45—0,675 g Eisenchlorid und 0,20 — 0,30 g Natriumbikarbonat für 1 Liter Wasser vorgeschlagen. Plagge^) findet dieses Verfahren als außerordentlich wirksam und zur Zeit seiner Einführung von den Truppen nur nicht genügend gewürdigt. Der sich bildende voluminöse Niederschlag von Eisenoxydhydrat reißt nach Plagge nicht nur die gröberen Trübungen des Wassers, sondern ^) Hans Reisert, Köln a. Ri., Abt. III, Wasserreinigungsanlagen. 2; Koenig, Dio Verunreinigung der Gewässer etc, 2. Aufl. 1899. Band I, S 353 fi'. *^ Koenig, Die Veranreinijung der Gewässer etc.. Band I, S. 360. *; Ebenda, S. 361. B) Ebenda, S. 191 ff. ^) Kirchner, Grundriß d. Milit. Gesundheitspflege 1891, S. 152. ■•j Plagge in Veröfi"entl. a. d. Geb. d. Milit.-Sanitätsw., herausgegeben von der Mediz. Abt. d. Königl. Kriegsministeriums, Heft 9. 14 H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxyd. auch nahezu sämtliche Bakterien mit zu Boden, und die obenstehende klare Flüssigkeit ist fast vollkommen keimfrei. Koenig*) aber kommt zum Schluß seiner Erörterungen über die Reinigung des Trinkwassers durch Chemikalien zu folgendem Urteil: „Im übrigen gilt, wenn schon die Anwendung von Chemikalien zur Reinigung von Schmutzwasser als ein Notbehelf angesehen werden muß, dieses besonders für Reinigung von Trinkwasser. Die Wirkung ist eine unsichere, und sind die Verfahren in der praktischen Aus- führung um deswillen schwierige, weil die Menge der Zusätze jedesmal genau dem zu reinigenden Wasser angepaßt werden muß. Setzt man za wenig Chemikalien zu, so bleibt die reinigende oder sterilisierende Wirkung mehr oder weniger ganz aus, setzt man aber etwas zuviel zu, so wird das Wasser leicht ungenießbar". Auch die eben erwähnte von Plagge als so außerordentlich wirksam befundene Methode mit Eisenchlorid und Natriumbikarbonat leidet an diesem letzten von Koenig gerügten Mangel. Die beiden Lösungen müssen genau abgewogen werden, weil sonst die Gefahr entsteht, daß entweder das Wasser eisenhaltig wird, wenn man zu viel Eisenchlorid zusetzt, oder durch überschüssiges Natriumbikarbonat alkalisch wird und laugenartigen Geschmack annimmt. Ferner wird durch das zugefügte Natriumbikarbonat eine entsprechende größere Menge Chlornatrium gebildet, welche im Wasser gelöst bleibt und dieses stark chlorhaltig macht. Drittens aber entwickelt sich durch das zugefügte Natriumbikarbonat bei der Zersetzung des Eisenchlorids eine entsprechende Menge von Kohlensäure, welche sich in feinen Bläschen an den gebildeten Eisenhydroxyd-Niederschlag ansetzt und bewirkt, daß sich derselbe nur schwierig zu Boden setzt, denselben vielmehr in der Schwebe erhält oder wohl gar an die Oberfläche des Wassers hebt, und nur durch längeres kräftiges Umrühren kann dieser Uebelstand in etwa beseitigt werden. Alle diese, wie auch die anderen von Koenig gerügten Mängel bei Anwendung von Chemikalien treten jedoch bei Anwendung der kolloidalen Eisenhydroxydlösung garnicht oder doch nur in ganz ver- schwindendem Maße auf. Die kolloidale Eisenhydroxydlösung hat die hervorragende Eigen- schaft sowohl durch sehr geringe Mengen kaustischer oder kohlensaurer Alkalien und alkalischer Erden, wie auch durch sehr geringe Mengen von Mineralsäuren und durch die meisten Neutralsalze koaguliert und vollständig gefällt zu werden. Da aber die zur Wasserversorgung benutzten Wässer nie ganz frei von solchen Salzen sind, so wird das ^) Koenig, Die Yerunreinigang der Gewässer etc., Band I, S. 194. H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxyd. 16 Eigenhydroxyd au8 seiner Lösung dadurch vollständig ausgeschieden, und liegt eine Gefahr der Verum einigung des Wassers durch Eisen hierbei nicht vor, wenn man nicht unvernünftig viel von der Eisen- hydroxydlösung zusetzt. Selbst wenn man das Mehrfache der im all- gemeinen zur Reinigung des Wassers ausreichenden Menge (1 : lOOü) zusetzt, wird in der Regel alles Eisenhydroxyd gefällt, und das Wasser ist nach dem Absetzen oder Abfiltrieren vollkommen frei von Eisenoxyd. Andererseits aber geht das Eisenhydroxyd mit den meisten im Wasser vorkommenden gelösten organischen Substanzen, besonders auch mit Eiweiß- und anderen Protein-Substanzen, Huminstoflfen usw. unlösliche Verbindungen ein, so daß sie, wenn sie im Wasser vorhanden sind, mit niedergeschlagen werden, das Wasser also dadurch davon befreit wird. Ein weiterer Vorzug der kolloidalen Eisenhydroxydlösung aber ist, daß das Wasser, wenn es etwa Sulfate, z. B, Gips in größerer Menge enthält, mehr oder weniger durch dieselbe davon befreit wird, indem sie sich zum Teil mit den Sulfaten ums'^tzt und mit nieder- fallendes basisch- schwefelsaures Eisenoxyd bildet. Da aber weiter die kolloidale Eisenhydroxydlösung nur einen sehr geringen Gehalt an Chlor hat, nämlich bei einem Gehalte von 3,5% Eisen nur höchstens 0,6-0,7% Chlor, und der niederfallende Niederschlag von Eisenhydroxyd außerdem noch ziemlich stark chlor- haltig ist, so ist auch die Vermehrung der Chlorverbindungen im Wasser verschwindend klein. Diese hervorragenden Eigenschaften der kolloidalen Eisenhydroxd- lösung zur Reinigung von Wasser sind schon früher mehrfach erkannt worden*). Auch aus den von mir angestellten und von Herrn Dr. Gronover') bestätigten chemischen Untersuchungen von Eibwasser, welches ich dem freundlichen Entgegenkommen des Magistrats der Stadt Magdsburg in größerer Menge verdankte, ergibt sich, daß der Gehalt an sogen, organischer Substanz nach Zusatz von Eisenhydroxydlösung im Ver- hältnis von 1 ; 1000 auf weniger als die Hälfte herabgiug, bei einem Zusatz von 2 : 1000 und 3 : 1000 aber auf ca. den vierten Teil, und daß dabei der Chlorgehalt nur um 1 Teil auf 100000 Teile Wasser zunahm. Die Tabelle S. 16 gibt über das Resultat der chemischen Untersuchung näheren Aufschluß. 1) Hager, Handbuch der pharm. Praxis, Ergänzungsband, 1883, S. 103, sowie Blitz u. Kröhnke, Berichte d. Chem. Ges, 1904, Heft 7, S. 1751, III. 2) z. Z. Direktor d. Stadt. Untersuchungsamtes in Mühlhaasen i. E. 16 H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxyd. Gleich günstig war das Ergebnis der bakteriologischen Unter- suchungen des Eibwassers im hygienischen Institut der Königlichen Universität zu Bonn*). In 1 ccm Wasser sind Roh-, wasser Mit Eisenhydroxyd geklärtes Wasser im Verhältnis von gefunden worden: 0,5:10U0 1 : lOCO 2:1000 3:1000 Bakterienkeime 1470 750 364 178 72 Auch hier ist die Zahl der Keime in dem 1 : 1000 geklärten Wasser auf ca. %; bei dem 2:1000 geklärten auf ca..V8, und bei dem 3 : 1000 geklärten sogar auf Vso herabgemindert worden. In 100000 Teilen Eibwasser sind gefunden worden: Koh wasser Schweikert flrouoTer II. Mit Eisenhydroxyd geklärt im VerhaUnis von 1:1000 2:1000 Schweikert Gronorer Schweikert 3:1000 Schweikert Abdampfrückstand . . . Glühverlust Organische Substanz 2; Chlor Schwefelsäure Salpetersäure Ammoniak Salpetrige Säure . . . . Eisen 8) 52,0 8,5 14,0 17,4 5,7 ? fehlt n Spur 54,4 9,8 11,0 17,2 4,9 0,24 fehlt n Spur 49,7 10,0 6,0 18,4 5,6 ? fehlt Spur 54,7 10,7 4,8 18,25 4,6 0,24 fehlt n Spur 50,7 6,2 4,25 18,8 5,5 ? fehlt » Spur 51,8 8,1 3,75 19,9 5,6 ? fehlt n Spur Weiter hat Herr Dr. Hugo Fischer*) mit dem Eibwasser und der ihm von mir übergebenen Eisenhydroxydlösung bakteriologische Untersuchungen angestellt. Er berichtet u. a. : „Tn den nicht (mit Eisenhydroxydlösung) behandelten Kulturen waren stets eine Menge Keime, pro Tropfen mehrere Hunderte im Durchschnitt, nachweislich; 1) Ausgeführt durch Herrn Privatdozent Dr. Seit er. 2) Die Bestimmung der organischen Substanz erfolgte mit Kalium- permanganat, und zwar von Dr. Grooover in alkalischer Lösung, während ich selbst nach Kübel in saurer Lösung bestimmte. Dadurch dürfte sich die Differenz in beiden Bestimmungen erklären. Der starke Cüloridgehalt des Wassers wird, wie wohl anzunehmen ibt, in saurer Lösung das Resultat ungünstig beeinflußt haben, und werden auch dementsprechend die bei dem im Verhältnis 2:1000 und 3:1000 geklärten Wasser gefundenen Zahlen für organische Substanz herabzusetzen sein. 8j Unwägbar, nur im Abdampfrückstand nachweisbar. *) Dijrzeit Privatdozent der Botanik u. d. Bakteriologie an der Königl. Universität Bonn und an der Landw. Akademie Bonn-Poppelsdorf. H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxycl. l7 im Filtrat war die Keimzahl mindestens auf etwa den lünften IVil herabgesetzt, manche Schälchen erwiesen sich als völlig steril; in einem Versach z. B. giug in drei Schälchen zusammen nur ein einziger Keim auf'. Als ganz besonders wichtig für die hygienische Seite der Frage erscheint eine AbhaLdlung von 0. Müller'): „üeber den Nachweis von Typhusbazillen im Trinkwasser durch Fällung mit Eisenoxychlorid- lösung", aus welcher hervorgeht, daß eine Eisenoxychloridlösung (bezw. Eisenhydroxydlösung) eine sehr hohe Fällungskraft für Typhusbazillen besitzt. Müller hat 3 Liter reines Wasser künstlich mit einer be- stimmten Anzahl Typhuskeime infiziert, dann mit 5 ccm Eisenlösung gefällt und im Niederschlage fast die gesamte Menge der Typhus- bazillen wiedergefunden, während das abfiltrierte Wasser davon frei gefunden wurde. Nach alledem dürfte die ausgezeichnete Wirksamkeit der kolloidalen Eisenhydroxydlösung für die Reinigung von Wasser außer allem Zweifel stehen. Ich möchte noch mit einigen Worten auf die Reinigung des Wassers durch Sandfiltration, welche ja bisher die im großen am meisten angewandte Reinigungsmethode ist, eingehen. Die Wirkung der Sandfiltration besteht nach C. Piefke^): erstens in der mechanischen, d. h. in der Zurückhaltung der Schwebe- stofife; zweitens in der sogen, physiologischen, d. h. in der möglichst vollständigen Zurückhaltung der Mikroorganismen aller Art; von einer frischen Sandschicht werden diese nur unvollkommen zurückgehalten, vollkommen erst dann, wenn sich die sogen. „Schleimschicht" auf den Filtern gebildet hat; aber selbst diese Schmutzdecke, welche bei Filtration unreiner Wässer auf der Oberfläche des Filters entsteht, kann nicht verhindern, daß der unter ihr befindliche sterile Sand längere Zeit für Mikroorganismen durchlässig bleibt; drittens in der chemischen Wirkung, d. h. in der Umsetzung und Oxydation der ge- lösten, besonders der organischen Stoffe. Diese Wirkung ist aber nach Koenig's Angaben nur gering. Aus den Ausführungen Koenig's geht überhaupt hervor, daß die Sandfiltration nach allen drei angegebenen Richtungen hin un- vollkommen wirkt. Dazu kommt, daß nach der Reinigung der Sand- filter das filtrierte Wasser so lange wieder einen höheren Keimgehalt besitzt, bis sich die Schleimschicht von neuem gebildet hat^). Die Gewinnung eines keimfreien oder keimarmen Filtrats hängt also ganz 1) Zeitschr. f. Hygiene u. lafekl.-Krankh., Baid 51 (1905), S. 1 ß. 2) Koenig, Die Verunreinigung der Gewässer etc.. Band I, S. 133. «) Ebenda, S. 135. Ä.roh d. Pharm. CCXXXXV. Bds. 1. Heft. 2 18 H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxyd. von der Dicke und Filtrierfähigkeit der vorbandenen Schleimschicht ab; wenn die Schleimschicht aber eine gewisse Stärke erreicht hat, so läßt sie kein Wasser mehr durch; sie muß dann entfernt, bezw. der Sand gereinigt werden. C. Piefke*) hat auch Versuche darüber angestellt, welche von den drei Hautdecken, aus welchen sich die Schleimschicht bildet, nämlich Algen, Lehm und Eisenoxyd, die Bakterien — er wählte den Bacillus violaceus — am meisten zurückhalten; er fand die Lehmdecke am besten wirkend, von 63 165 Keimen im Rohwasser blieben im Filtrat nur 19 in 1 ccm. Aber auch die Eisenoxyddecke wirkte fast ebenso günstig; es blieben im Filtrat nur 2.5 in 1 ccm, während bei der Algendecke immerhin 45 blieben. Nach den Versuchen von C. Franke 1 und C. Piefke^) sind die Sandfilter keine keimdicht wirkenden Apparate; weder die ge- wöhnlichen Wasserbakterien noch auch Typhusbazillen und Cholera- bakterien werden von denselben mit Sicherheit zurückgehalten. Die Menge der in das Filtrat übergehenden Mikroorganismen ist abhängig von der Anzahl der im unfiltrierten Wasser vorhandenen Keime und von der Schnelligkeit der Filtration. Anfang und Ende einer jeden Gebrauchsperiode des Filters sind besonders gefährliche Zeiten; im ersteren Falle haben die Filter noch nicht ihre volle Leistungsfähigkeit erlangt, im letzteren Falle begünstigt die Pressung der oberen Filter- schichten, vielleicht auch das selbständige Durchwachsen der Bakterien ein Abwärtssteigen der Mikroorganismen. Es geht hieraus klar hervor, daß bei den Sandfiltern die „Schleimschicht" — nach den eben erwähnten Versuchen von C. Piefke — durch eine Eisenhydroxydschicht erfolgreich ersetzt werden kann. Da aber weiter die Filtration um so wirksamer ist, je langsamer sie vor sich geht, so sind andererseits ausgedehntere Filteranlagen notwendig, um die nötige Menge Wasser zu liefern. Ich habe nun, allerdings nur im kleinen und mit Papier filtern, Versuche über die Filtrationsgeschwindigkeit angestellt und zwar: 1. bei Rohwasser; 2. bei mit Eisenhydroxyd geklärtem Wasser, und hierbei je nachdem a) der Eisenhydroxyd Niederschlag mit auf das Filter gebracht wird, also gewissermaßen die „Schleimschicht" ersetzt; b) das Eisenhydroxyd sich abgesetzt hat und nur das geklärte Wasser auf das Filter gelangt. *) Koenig, Die Verunreinigung der Gewässer etc., Band I, S. 136 bezw. Zeitschr. f. Hygiene u. lofekt.-Krankh , Band 16 (1894), S. 181. 2) Zeitschr. f. Hygiene etc. 1890, Bd. 8, 1. H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxyd. 19 Angewandt wurde, um ein möglichst leichtes Ablaufen des Filtrates zu erzielen, und die ganze Filterfläche wirken zu lassen, ein sorgfältig sternförmig gefaltetes Filter von gut durchlassendem doppelt- starkem Filtrierpapier von Schleicher & Schüll No. 598. Der Flächen- inhalt des Filters, welches während des Versuches immer möglichst voll gehalten wurde, betrug 500 qcm. Die Ergebnisse dieser Versuche, ergeben sich aus der nachstehenden Tabelle: Es filtrierten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 12 15 j Liter 1. Rohwasser in: 2 4 61/2 10^2 15^2 23 83 45% 66H ! Minn- — j ten Das Filtrat war: trübe trübe trübe fast klar fast klar klar klar klar klar - — — 2. Mit Eisen- hydroxyd ge- klärtes Wasser a) Niederschlag aufs Filter gebracht, in: 2^2 5 81/4 16 ^ly* 32 381/4 59 Minu- ten Das Filtrat war: klar klar klar klar klar klar klar klar klar klar — -- b) Geklärtes Wasser ohne Niederschlag aufs Filter gebracht, in: 3V4 6% 10^2 i4y2 1 1 1 18^4, Minu- ten Hiernach wurde klares Wasser bei rohem Wasser erst nach I5V2 Minuten erzielt, nachdem 5 Liter trübe abgelaufen waren. Die Filtrationsgeschwindigkeit nahm dann rasch ab, sodaß in den folgenden 51 Minuten nur 4 Liter klares Wasser erhalten wurden. Bei dem mit dem Eisenoxydhydrat-Niederschlage auf das Filter gebrachten geklärten Wasser lief das Filtrat sofort klar ab, auch war die Verlangsamung der Filtration in den späteren Stadien des Ver- suches eine weit geringere wie bei dem rohen Wasser. Das durch Absetzenlassen von dem Eisenhydroxyd-Niederschlage befreite Wasser zeigte, wie vorauszusehen, neben einer doppelt bis dreifach so großen Anfangsgeschwindigkeit später nur eine sehr unbedeutende Verlangsamung'). Das Filtrat war selbstverständlich auch hier von Anbeginn vollkommen klar. Auch über die Filtrationsgeschwindigkeit bei Beschickung des Filters mit einer größeren Menge des Eisenhydroxyd-Niederschlages, 1) Die wohl auf die Quellung der Papierfasern zurückzuführen ist. 2» 20 H. Schweikert: Kolloidales Eisenhydroxyd. also gewissermaßen einer künstlichen „Schleimschicht", habe ich Versuche angestellt, die zugleich auf die Bestimmung der organischen Substanz in den Filtraten mittelst Permanganat nach Kübel aus- gedehnt wurden. Zu diesem Zwecke wurden 200 ccm rohes Eibwasser mit 3 ccm •Eisenhydroxydlösung gemischt, unter öfterem Umrühren eine halbe Stunde lang stehen gelassen, und sodann das Gemisch nach gutem Um- rühren auf das Filter gebracht und dieses bis zum Rande gefüllt. Das Filtrat war vollkommen klar und farblos und frei von Eisenoxyd. Nachdem das Wasser abgelaufen war, hatte sich der Niederschlag anscheinend ziemlich gleichmäßig auf dem Filter abgelagert, nach unten naturgemäß etwas stärker. Es wurde nun rohes Eibwasser nachgefüllt und das Filter beständig bis zum Rande des aufgelagerten Eisenbydroxyd-Niederschlages vollgehalten. Das Filtrat war sofort vollkommen blank und klar. Es gebrauchte zum Darchlaufen das erste Liter 20 Minuten, das zweite Liter 45 Minuten, weitere 0,8 Liter 75 Minuten. Wir sehen also auch hier bei Filtration von rohem Wasser eine ganz bedeutende Abnahme der Filtrationsgeschwindigkeit. Es filtrierten in 140 Minuten nur 2,8 Liter klares Wasser, während ohne den Eisenhydroxyd-Niederschlag auf das Filter gebrachtes geklärtes Wasser in 18^/4 Minuten 15 Liter reines, klares Wasser lieferte. Die Bestimmung der organischen Substanz ergab folgende Resultate: Die zuerst mit dem Eisenhydroxyd-Niederschlage auf das Filter gebrachten 200 ccm Wasser ergaben ein Filtrat, welches auf 100000 Teile 3,4 Teile organische Substanz enthielt. Im ersten Liter des nachfolgenden Filtrates von dem mit rohem Eibwasser gespeisten Filter wurden gefunden auf 100000 Teile 3,9 Teile organische Substanz, im zweiten Liter des nachfolgenden Filtrates 5,0 Teile, in den 0,8 Liter des dritten Filtrats 6,1 Teile, im Gesamtgemisch der Filtrate (3 Liter) 5,1 Teile organische Substanz auf 100000 Teile oder annähernd dieselbe Menge, welche oben') in dem im Verhältnis 1 : 1000 geklärten Eibwasser gefunden worden ist. Die reinigende Wirkung, auf den Gehalt an organischer Substanz bezogen, ist hiernach ungefähr gleich groß, gleichviel ob man die gesamte Menge des zu reinigenden Wassers mit der entsprechenden Menge Eisenhydroxydlösung mischt und dann nach dem Absetzen ab- 1) Vergl. die Tabelle Seite 16. H. Schweikert: Kolloidales Eisenbydroxyd. 21 filtriert, oder ob man die der gesamten Menge des zu reinigenden Wassers entsprechende Menge der Eisenhydroxydlösung zuerst einer wesentlich kleineren Menge des rohen Wassers zufügt — bei obigem Versuch war es nur V15 der Gesamtmenge — , dann den Niederschlag auf das Filter bringt, und die übrige der angewandten Menge Eisen- hydroxydlösung entsprechende Menge Rohwasser nachfüllt. Die bei letzterem Verfahren eintretende Verringerung der Filtrationsgeschwindigkeit ist aber so bedeutend, daß dem ersteren Verfahren unbedingt der Vorzug zu geben ist, besonders da das Ab- setzen in der Regel schon nach Vs bis 1 Stunde ziemlich vollständig eintritt. Ein bedeutender Vorteil dürfte dabei für den Großbetrieb dadurch erwachsen, daß die Filter weit einfacher konstruiert werden können, wenn sie nur den Zweck erfüllen, die geringen Reste des übrigens ziemlich großflockigen Niederschlages von Eisenhydroxyd zurückzuhalten, welche etwa noch mit auf das Filter gelangen. Infolge der bedeutend größeren Filtrationsgeschwindigkeit kann die Ausdehnung der Filter- anlagen eine weit beschränktere sein, um dabei doch dasselbe ^Quantum reinen Wassers zu liefern. Besonders aber würde bei der Reinigung des Wassers mittelst Eisenhydroxyd der oben (S. 18) erwähnte, von Fränkel und Piefke festgestellte, große üebelstand vermieden werden, daß Anfang und Ende jeder Gebrauchsperiode der Sandfilter besonders gefährliche Zeiten sind, und daß das Ablaufenlassen des Filtrates und damit eine nicht unbedeutende Wasservergeudung nach jeder sich ziemlich oft wiederholenden Reinigung der Filter solange nötig wird, bis sich die „Schleimschicht" wieder in genügender Dicke gebildet hat. Auch würden die Filter eine stetige sehr lange Wirkungs- dauer erhalten. Der Anwendung des Verfahrens im Großbetriebe stand bisher die Umständlichkeit und Langwierigkeit der Herstellung der kolloidalen Eisenhydroxydlösung, welche nur durch Dialyse zu erzielen war, hindernd im Wege. Man hat deshalb auch wohl mehrfach die einfacher und leichter herzustellende Eisenoxychloridflüssigkeit (den Liquor Ferri oxychlorati des Deutschen Arzneibuches) zu dem Zwecke empfohlen, welcher ja auch eine nicht geringe Menge kolloidalen Eisenhydroxyds enthält. Dieser aber erweist sich doch weit weniger dazu geeignet, wie die kolloidale Eisenhydroxydlösung (der Liquor Ferri oxydati dialysatus). Zunächst enthält der Liq. Ferri oxychlorati einen bedeutend höheren Chlorgehalt; infolgedessen ist er weniger leicht vollständig koagulierbar, und es erwächst die Gefahr, daß durch einen übermäßigen Zusatz das Wasser eisenhaltig wird, und daß die gefällten organischen Eisenoxydverbindungen durch einen Ueberschuß des Fällungsmittels 22 H. Schweikert: Kolloidales Eisenbydroxyd. wieder in Lösung gehen. Ferner führt Oxychloridflüssigkeit infolge ihres wesentlich höheren Chlorgehaltes dem Wasser mehr Chlor- verbindangen zu, als die kolloidale Eisenhydroxydlösung. Es ist deshalb mein Bestreben gewesen, ein einfaches und billiges Verfahren ausfindig zu machen, um eine alle Eigenschaften des kolloidalen Eisenhydroxyds zeigende Lösung herzustellen, ohne die umständliche und langwierige Dialyse. Dies ist mir nun nach jahrelangen Versuchen und Untersuchungen, wie ich glaube, in zufriedenstellender Weise endlich gelungen. Das diesbezügliche Verfahren habe ich zum Patent angemeldet. Das Kaiserl. Patentamt hat dann auch die Erteilung des Patentes am 31. Mai 1906 unter ]s^o. 173 773 beschlossen, mit der Maßgabe, daß das Patent vom 8. Juli 1904 an läuft. Ueber die Herstellungsart der Eisenhydroxydlösung enthält die nachfolgend abgedruckte Patentschritt das Nähere. Beschreibung. Die vorliegende Erfindung betrifft die Herstellung einer Lösung von Eisenhydroxyd, welche die Eigenschaften der kolloidalen Eisen- hydroxydlösung besitzt und sich wegen ihrer billigen und einfachen Herstellungsweise zur Reinigung von Wasser im Großbetriebe eignet. Die Darstellung dieser Lösung geschieht wie folgt: Zu einer mäßig verdünnten Eisenchloridlösung, welche frei von Schwefelsäure ist, wird in kleineren Portionen eine Lösung von Natrium- karbonat oder Natriumbikarbonat, die gleichfalls möglichst frei von Schwefelsäare sein muß, in der Weise hinzugefügt, daß man den ent- stehenden Niederschlag sich immer erst wieder auflösen läßt, bevor man eine neue Menge der Natriumkarbonatlösung hinzufügt. Dieses wird so lange fortgesetzt, bis eine Probe der Flüssigkeit, mit Wasser verdünnt, auf Zusatz von Rhodansalzen nicht mehr oder doch nur ganz schwach blutrot gefärbt wird, aber noch eine im durchfallenden Lichte klare Lösung darstellt. Ist dieses erreicht, so fügt man vorsichtig noch soviel von einer stark verdünnten Lösung von Natriumkarbonat oder von Natrium- bikarbonat hinzu, daß sich das Eisenhydroxyd abscheidet, die Flüssigkeit nach dem Absetzen oder Abfiltrieren farblos erscheint, aber noch schwach sauer bleibt oder neutral nicht aber alkalisch wird. Den entstandenen Niederschlag sammelt man nach dem Absetzen, läßt ihn vollkommen abtropfen und wäscht ihn durch Aufgießen von kleineren Mengen Wasser so lange aus, bis sich entweder das ab- tropfende Wasser stärker gelb zu färben anfängt, oder aber nur noch schwache Chlorreaktion zeigt. H. Schwtikert: Kolloidales Kisenhydroxyd. 23 Sodann befreit man den Niederschlag darch völliges Abtropfen und Absaugen auf einer Wasser gut aufsaugenden Unterlage') soweit von Feuchtigkeit, daß er in seiner Masse Risse bildet und sich leicht von der Unterlage abheben läßt, und löst ihn dann durch Anrühren mit Wasser auf. Wenn bei der Fällung des Eisenhydroxyds die Flüssigkeit noch schwach sauer blieb, und beim Auswaschen sich das abtropfende Wasser gegen Ende gelb zu färben anfing, so wird sich der Niederschlag jetzt leicht und klar im Wasser auflösen, und die Lösung wird nur im auf- fallenden, nicht aber im durchfallenden Lichte wenig trübe erscheinen. War hingegen die Flüssigkeit nach der Fällung neutral, so tritt keine klare Lösung ein. Im letzteren Falle, wenn keine klare Lösung eintritt, fügt man noch soviel Eisenchlorid hinzu, daß das Verhältnis des Eisengehaltes (als Metall berechnet) zum Chlorgehalte in der Lösung nicht mehr beträgt als auf je 3,5 Teile Eisen 0,6—0,7 Teile Chlor, oder soviel Eisenchlorid, daß beim Erwärmen soeben klare Lösung erzielt wird, die Lösung jedoch nicht mit Rhodansalzen reagiert. Die hierzu nötige Menge Eisenchlorid kann man zweckmäßig auch in einer aliquoten Menge des Niederschlages durch einen vor- sichtig angestellten Probeversuch feststellen. Die erhaltene Lösung soll eine vollkommen klare dunkelbraunrote Flüssigkeit von schwach saurer Reaktion darstellen, welche auf das spez. Gew. 1,050 — 1,051 gebracht in 100 Teilen annähernd 3,5 Teile Eisen enthält. Mit Wasser zwanzigfach verdünnt und zum Sieden erhitzt, soll sie sich nicht trüben, und sich weder mit Rhodansalzen blutrot färben, noch aus Kaliumjodid Jod frei machen. Sie wird sowohl durch Alkalien wie auch durch Säuren und durch viele Neutral- salze koaguliert, zeigt also alle chemischen Eigenschaften der kolloidalen Eisenhydroxydlösung, bezw. des Liquor Ferri oxydati dialysati. Durch ihr Verhalten gegen Rhodansalze und Jodkalium unterscheidet sich die nach dem voi"liegenden Verfahren darzustellende Eisenlösung scharf von einer Eisenoxychloridlösung, wie sie nach der Vorschrift des Deutschen Arzneibuches und nach Hager, pharmazeutisches-technisches Manuale 7. Aufl., 19Ct3, S. 422 durch Auflösen von frisch gefälltem Eisenhydroxyd in wenig Salzsäure erhalten wird. Die Vergleichung einer nach dem vorliegenden Verfahren her- gestellten Lösung von Eisenhydroxyd mit einem aus der chemischen Fabrik von E. Merck in Darmstadt bezogenen nach der Vorschrift des Ergänzungsbuches zum Deutschen Arzneibuche ^) durch Dialyse 1) Oder durch Zentrifugieren. 2) Herausgegeben vom Deutschen Apotheker -Verein. •24 H. Schweikert; Kolloidales Eisenbydroxyd. aus Liquor Ferri oxychlorati hergestellten Liquor Ferri oxydati dialysati ergab ein völlig übereinstimmendes Verhalten beider Präparate gegen Reagentien. Präparat Spezifisches Gewicht bei 170 c. a o « o Sa ja « ^.2 "es u "3 §3 a a S ei « ^ s P3 ■4-> "a ^ -O B ^ CO .2, 'S a •« 3^ il 20 fache Ver- dünnung, zum Sieden erhitzt L"q. Ferri oxydati dialysati (Merck) 1,04996 3,680 0,3918 keine Trü- bung blieb farblof keine dunkle Fär- bung keine Bildung von Berliner Blau blieb klar und unver- ändert Eisen- hydroxyd- lösung (Schweikert) 1,04953 3,548 0,4730 keine Trü- bung blieb farblos keine dunkle Fär- bung keine Bildung von Berliner Blau blieb klar und unver- ändert Die Kosten der Herstellung der Eisenhydroxydlösung nach dem vorliegenden Verfahren, die für die Verw^enduDg derselben im Groß- betriebe naturgemäß wesentlich ausschlaggebend sind, sind so gering, daß sie kein Hindernis für seine Einführung bilden dürften. Zudem bedarf es keiner besonderen komplizierten Apparate und Einrichtungen für die (jrewinnung der betreffenden Flüssigkeit, welche auf den Wasser- werken selbst leicht vorgenommen werden kann. Nach vorläufigen Ermittelungen und Berechnungen stellt sich der Preis der Rohmaterialien, welche zur Herstellung von 1000 Liter einer Eisenhydroxydlösung mit 3,5 % Eisengehalt und einem spez. Gewicht von 1,050 nötig sind, etwa wie folgt: 38 kg Eisenspäne (% kg = 4,— M) 1,52 M 290 „ Salzsäure (33% ig) arsenfrei (% kg = 4,75 M) . 13,78 „ 34 „ Braunstein (85 X ig) (% kg = 15,- M) .... 5,10 „ 116 „ kalzinierte Soda (90/yg) (% kg = 13,50 M) . . 11.30 „ Summa 31,70 M Da mit 1000 Liter Eisenhydroxydlösung im allgemeinen 1000 cbm Wasser gereinigt werden können, so würden sich demnach die Kosten der Rohmaterialien für die Reinigung von ein Kubikmeter Wasser auf 3,2 Pfennige stellen. Bei der Darstellung der Eisenhydroxydlösung entstehen aber noch Nebenprodukte, nämlich Wasserstoffgas, Manganchlorür, Chlor- natrium und Kohlensäure, ferner fällt hei der Reinigung des Wassers K. Feder: Aldehydroagens. 2ö Eisenhydroxyd ab. Inwieweit sich diese anderweit vorteilhaft nutz- bar machen lassen, ist eine besondere Frage, die ich hier nar streifen will. Beim Auflösen des Eisens in Salzsäure erhält man aas der obigen Menge von 36,75 kg Eisen 1,3 kg WasserstoflFgas oder annähernd 15 cbm, die vielleicht als Beimischung zum Leuchtgase zur Erhöhung seiner Heizkraft verwendet werden könnten. Auch das bei der Chloridierung des Eisenchlorürs zu Eisenchlorid entstehende Mangan- chlorür ist jedenfalls von gewissem Werte. Fraglicher erscheint, ob sich das bei der Klärung des Wassers niederfallende und mit Schmutz- stotfeu aus dem Wasser beladene noch chlorhaltige Eisenbydroxyd, welches sich bei größeren Wasserwerken in bedeutenden Mengen an- sammeln würde, nutzbar verwerten ließe. Aber es will mir nicht unmöglich erscheinen, daß dasselbe sich wieder verarbeiten ließe, viel- leicht auch nach Reinigung von den Schmutzteilen wieder im Kreis- lauf des Prozesses in Eisenchlorid umgewandelt werden könnte. Gelänge die Einführung solcher Nebenprozesse, so wären dadurch die Kosten des Verfahrens auf ein Minimum zurückgeführt. Aber auch im anderen Falle erscheint bei dem geringen Preise der Rohmaterialien, der Einfachheit der Herstellung und Anwendung der Eisenhydroxydlösung und ihrer unzweifelhaft großen Brauchbarkeit für die Wasserreinigung eine Prüfung des Verfahrens im Großbetriebe mit Rücksicht auf die oben (S. 21 Abs. 2) erwähnten großen Vorteile sicher gerechtfertigt, zumal wo es sich um Leben und Gesundheit vieler Menschen handelt. Mitteilung aus dem chemischen Untersuchungsamte der Stadt Aachen. Eine neue Quecksilberlösung als Reagens auf Aldehyde, insbesondere Formaldehyd, Von E. Feder. (Eingegangen den 25. XI. 1906.) Eine allgemeine Reaktion auf Aldehyde ergibt sich bekanntlich aus dem Verhalten derselben zu Neßler's Reagens; sie geben mit letzterem einen zunächst rotbraunen Niederschlag, der sich alsbald grau färbt. Weiter sind auch die Sachse'sche und die Knapp'sche Quecksilber- lösung, die beide als Reagens auf Traubenzucker im Urin empfohlen sind, zur Untersuchung aut Aldehyde zu verwerten. Die Sachse'sche 26 E. Feder: Aldebydreagens. LösuDg enthält Quecksilberjodid-Jodkalium in alkalischer Lösung, also dieselben Bestandteile, wie Neßler's Reagens, nur in anderer Kon- zentration. Die Quecksilberlösung nach Knapp wird aus Cyan- quecksilber unter Zusatz von Alkali bereitet. Die Empfindlichkeit von NeJJler's Reagens gegenüber Aldehyden ist sehr groU. Der entstehende Niederschlag zeigt zunächst rotbraune Färbung. Nun ist aber auch der bekannte Niederschlag der Neßler'schen Lösung mit Ammoniaksalzen gelb bis gelbrot gefärbt; diese Eigenschaft des Reagens ist seiner Anwendung zur Untersuchung auf Aldehyde sicher nicht dienlich. Die Sachse'sche Quecksilberlösung gibt, wie schon ihre Zusammensetzung vermuten läßt, nicht nur mit Aldehyden eine Reaktion, sondern mit Ammonsalzen einen ähnlichen Niederschlag wie NeUler's Reagens. Die Knapp'sche Lösung reagiert allerdings nicht mit Ammonsalzen; doch ist sie andererseits lange nicht so empfindlich gegenüber Aldehyden, So gibt sie mit Spuren von Formaldehyd nur sehr allmählich eine Trübung unter Abscheidung von Quecksilber; Erwärmen beschleunigt den Vorgang. Die Untersuchung auf Formalin wird im Laboratorium des Nahrungsmittel- Chemikers wohl zumeist mit ammoniakalischer Silber- lösung ausgeführt, bedingt dann jedoch eine durch mehrere Stunden fortgesetzte Beobachtung; bis zur Bildung einer Trübung dauert es bei geringen Mengen Formalin oft recht lange. Es ist da wohl von Wert, eine Reaktionsfiüssigkeit zu besitzen, die mit Spuren Form- aldehyd in kürzester Zeit ein einwandfreies Resultat liefert. Wenn man Quecksilberchloridlösung mit Natronlauge versetzt und dann Natriumthiosulfatlösung hinzufügt, so erhält man eine klare Lösung, welche Quecksilberthiosulfat bezw. ein Doppelsalz mit Natrium- thiosulfat enthält; man kann sie herstellen, indem man zu einer 2 % igen Quecksilberchloridlösung das gleiche Volum einer Lösung von 10 g Natriumthiosulfat und 8 g Aetznatron in 100 ccm Wasser fügt. Die- selbe gibt mit kleinsten Mengen Formaldehyd augenblicklich eine sich allmählich verstärkende Abscheidung von metallischem Quecksilber. Mit Ammonsalzen reagiert die Flüssigkeit absolut nicht. Jedoch hat sie immerhin den Nachteil, daß relativ schnell eine Zersetzung derselben unter Trübung stattfindet. Wendet man anstatt des Natriumthiosulfates Natriumsulfit an, so resultiert eine weit stabilere Lösung, die ein vöUig wasserklares Aussehen aufweist. Sie gibt allerdings mit wenig Ammoniaksalz einen Niederschlag; jedoch ist sie einmal nicht so empfindlich wie Neßler's Reagens, sodann ist der entstehende Niederschlag weiß gefärbt und mit dem durch Aldehyde erzielten grauen Niederschlag von metallischem Quecksilber gar nicht zu verwechseln. E. Feder: Aldehydreagens. 27 Die Flüssigkeit wurde auf folgende Weise bereitet. Eine Lösung von 20 g Quecksilberchlorid in Wasser, zu einem Liter aufgefüllt, und anderer- seits eine solche von 100 g Natriamsulfit und 80 g Aetznatron, eben- falls zu einem Liter aufgefüllt, wurden getrennt aufbewahrt. Bei jedesmaligem Gebrauch wurden dann gleiche Volumina beider Lösungen gemischt, und zwar wurde die alkalische Sulfitlösung unter Umschwenken schnell zu der Qaecksilbersalzlösung hinzugefügt. Es resultierte dann, wie bereits erwähnt, eine vollständig farblose, klare Lösung. Dieselbe erwies sich als ein sehr empfindliches Reagens auf Aldehyde, besonders Formaldehyd. Einigermaßen beträchtliche Mengen des letzteren rufen augenblicklich eine Abscheidung von metallischem Quecksilber hervor; 0,2 mg Formaldehyd verursachte schon nach wenigen Sekunden (in 10 ccm Reagens) eine deutliche, sich noch ver- stärkende Trübung. Sogar die minimale Menge, von 0,05 mg rief nach 1 — 2 Minuten noch eine recht deutliche Reaktion hervor. 50 g Schmalz, das mit sehr wenig Hexamethylentetramin versetzt war, wurde mit 25 ccm Wasser in einem Destillationskolben gebracht und nach Zusatz von etwas Salzsäure destilliert; die ersten 5 — 10 ccm des Destillates ergaben mit dem Reagens eine augenblickliche Ab- scheidung von Hg. Der quantitative Verlauf der Reaktion wurde noch durch folgenden Versuch bewiesen. Der Gehalt einer Formalinlösung an Formaldehyd war nach G. Romijn zu 0,174% ermittelt worden. Bei der ge- schilderten Reaktion reduziert ein Molekül HO^H ein Molekül HgCl2 zu metallischem Hg; 200 mg Hg entsprechen also 30 mg HC<^tt Zu 50 ccm des Reagens wurde eine abgemessene Menge der obigen Formalinlösung mit einem Gehalt von 0,174% Formaldehyd gefügt. Die Mischung wurde dann (einige Stunden) stehen gelassen, bis sie vollständig abgesetzt hatte. Nunmehr wurde das metallische Queck- silber im Allihn'schen Rohr gesammelt, mit 40 — 50° warmem Wasser gut ausgewaschen, dann mit Alkohol und Aether nachgewaschen; so- dann wurde mit der Luftpumpe ein mäßiger Strom von Luft durch- gesaugt, welche in einer Waschflasche mit konzentrierter Schwefelsäure getrocknet war. Das auf die Weise gesammelte Quecksilber wurde sodann gewogen. Es wurden folgende Resultate erhalten^): 1) Von Interesse ist wohl die Bemerkung, daß bei einem Versuch, ob sich nach dem geschilderten Verfahren, auch umgekehrt, das Quecksilber quantitativ ausscheide, folgende Ergebnisse erhalten wurden: Gefunden 670,7; 535,1; 266,6; 267,7 mg metallisches Hg statt 676,8; 541,8; 270,9; 270,9 „ „ Dabei wurden zur Lösung der betr. Quecksilberchloridmenge in 25 ccm Wasser 25 ccm der beschriebenen alkaliscüen Sulfitlösung gesetzt und dann Formalin im Ueberschuß zugefügt. 28 H. Kunz-Krause u. R. Richter: Cyklogallipharate. Gefunden 57,1; 114,3 mg netall. Hg bezügl. entspr. 8,6; 17,1 mg Forroaldehyd statt 58,0; 116,0 „ „ „ statt 8,7; 17,4 „ „ Schließlich will ich noch bemerken, daß die beschriebene alkalische Quecksilberlösung sich, wie gegen andere Aldehyde, auch naturgemäß gegen Traubenzucker verhält; bereits in der Kälte tritt nach kurzer Zeit eine kräftige Reduktion ein, die durch Erwärmen bedeutend be- schleunigt werden kann. Doch kann das Reagens in der vorliegenden Konzentration zur Untersuchung von Harn auf Traubenzucker keine Verwendung finden, da dasselbe auch durch zuokerfreien Harn bereits reduziert wird. Arbeiten aus dem chemischen Institut der tierärztlichen Hochschule zu Dresden. Mitgeteilt von H. Kunz-Krause. 3. Heber einige Cyklogallipharate und über das Verhalten der Cyklogallipharsäute .zu Ferrichlorid. Von Hermann Kunz-Krause und Rudolf Richter. (Eingegangen den 3, XII. 1906.) Von Metallverbindungen der Cyklogallipharsäure sind in der vor- hergehenden Mitteilung') von dem einen von uns und Paul Schelle das Calcium-, Silber- und Ferricyklogallipharat^) beschrieben worden. Aus der Untersuchung zunächst der beiden erstgenannten Salze, in Verbindung mit den durch Titration der Cyklogallipharsäure erhaltenen Werten^) ergab sich, daß in der Cyklogallipharsäure: OTT C21H36O3 eine einbasische Monokarbonsäure: C20 ^84 Pb OH mit einem Gehalte von 23,57% Pb. Obwohl es uns bis jetzt nicht gelungen ist, dieses Salz zu erhalten, dürften die hierbei gemachten Beobachtungen einiges Interesse beanspruchen und daher ihre Mitteilung gerechtfertigt erscheinen lassen. Wird die wässerige Lösung des neutralen Kaliumsalzes mit der ebenfalls wässerigen Lösung von neutralem Bleiacetat im Ueberschuß versetzt, so entsteht zunächst nur eine weiße, milchige Trübung, und erst nach und nach scheidet sich aus der Flüssigkeit ein weißer Niederschlag aus, der nach dem Trocknen über Schwefelsäure im Vakuum ein weißes, amorphes Pulver bildet. Die Verbindung besitzt keinen scharfen Schmelzpunkt. Schon vor dem Schmelzen tritt bei 170" teilweise Zersetzung unter Gelb- färbung ein und bei 185—187° schmilzt das Salz un^er Gas- entwickelung, eine Erscheinung, die in ursächlichem Zusammen- hange mit dem bereits früher') ausführlich untersuchten Verhalten der Cyklogallipharsäure selbst stehen dürfte, und die noch Gegenstand weiterer Untersuchung sein soll. Der Bleigehalt wurde in der üblichen Weise durch wiederholtes Abrauchen des im siedenden Wassertrockenschranke bis zum konstanten Gewichte getrockneten Salzes mit konzentrierter Salpetersäure und Schwefelsäure bis zur Gewichtskonstanz als Bleisulfat bestimmt. 1) Dieses Archiv 242 (1904), S. 270. 3* 36 H. Kunz-Krause u. R. Richter: Cyklogallipharate. 1. 0,9786 g gaben derart 0,3964 g PbSOi = 27,66% Pb. 2. 0,8144 „ „ „ 0,3275 „ „ = 27,46 „ „ Gefunden : 1. 2. Mittel: Pb 27,66 27,46 27,56. Berechnet für: Pb 23,57 27,58. Die Zusammensetzung der nach dem angegebenen Verfahren gewonnenen Verbindung entsprach sonach derjenigen eines Vi basischen Bleicyklogallipharates. Ein in der Zusammensetzung von diesem verschiedenes, aber ebenfalls basisches Bleisalz wurde durch Ausfällen der alkoholischen Lösung der freien Cyklogallipharsäure mit der äquimolekularen Menge neutralem Bleiacetat, in unter Zusatz tiner geringen Menge Wasser bewirkter alkoholischer Lösung, erhalten. Die hierbei ent- stehende, zunächst nur vorübergehende Fällung nimmt erst mit Zugabe der letzten Anteile der Bleiacetatlösung die Form eines bleibenden, in seiner Hauptmasse amorphen Niederschlages an, in dem jedoch, namentlich nach dem Ahsaugen, an der Oberfläche und an den Rändern, gleichzeitig auch farblose Krystallflitter zu erkennen waren, die dem Niederschlage jedoch durch mehrmaliges Decken mit Alkohol entzogen werden konnten. Die Hauptmenge dieses nebenher sich bildenden krystallisierenden Bleisalzes war in der Mutterlauge gelöst geblieben und schied sich daraus hereits beim Filtrieren ab. Eine weitere Krystallisation konnte durch Einengen der von den Krystallen abgetrennten Mutterlauge und der mit dieser vereinigten alkoholischen Waschflüssigkeiten des ersten, amorphen Niederschlages gewonnen werden. Da» zunächst erhaltene amorphe Bleisalz stellte nach dem Trocknen im Vakuum-Exsikkator über Schwefelsäure ein weißes Pulver dar, das analog dem eingangs beschriebenen Bleisalz — jedoch erst bei 225 — 230° — unter Zersetzung schmolz, während das aus den Mutterlaugen gewonnene krystallisierte Bleisalz den auffällig niedrigen Schmelzpunkt 88° besaß. Die in der vorbeschriebenen Weise ausgeführte Bestimmung des Bleigehaltes lieferte folgende Werte: I. Für das amorphe Bleisalz: 1. 1,0355 g gaben 0,4672 g PbSOi ^ 30,81% Pb. 2. 0,9943 „ „ 0,4193 „ „ = 28,79 „ „ II. Kunz-Krause u. R. Richter: CyklogaUiphara'ce. 37 Gefunden : 1. 2. Mittel: Pb 30,81 28,79 29,80. Berechnet für (CoHeKg^y/b: [(c.oH8.) Ber. d. d. ehem. Ges. VII., 1180 (1874). 3) Ber. d. d. ehem. Ges. VII., 1181 (1874). 3j Ber. d. d. ehem. Ges. VII.. 1190 (1874). *) Bar. d. d. ehem. Ges. VII., 1191 (1874). 5j Ber. d. d. ehem. Ges. VII., 1197 (1874). «) Ber. d. d. ehem. Ges. VII , 1200 (1874). 7) Ber. d. d. ehem. Ges. 25, 939 (1892). 8) D. R. P. 49970 9) Ber. d. d. ehem. Ges. 31, 148 (1898). W) Mnth. d. Chem. 3, 638. 1») .\mer. Chem. Journ. 5, 33S. 12) Ber. d. d. chem. Ges. 16, 2838 (1883). W) Ber. d. d. chem. Ges. 22, 1943 (1889). 44 E. H. Madsen: Phenolkarbonsäuren. hin, daß sich gleichzeitig mehrere, unter sich verschiedene Produkte bilden, wie von Möhlau und Koch^ bei der Einwirkung von Acetaldehyd auf Resorcin beobachtet worden ist. Wenn schon bei der Einwirkung von Aldehyden auf Phenolen nicht eindeutig sich die Reaktionen vollziehen, so läßt sich erwarten, daß bei Anwendung von Phenolkarbonsäuren an Stelle der Phenole weitere Komplikationen eintreten werden. Diese Annahme hat eine Bestätigung gefunden durch die Untersuchungen über die Einwirkung von Formaldehyd auf Gallussäure, worüber Baeyer^) und Kleeberg'), Caro*), Möhlau^) und Kahl^) gearbeitet haben. Letztere konnten das Auftreten vier verschiedener Verbindungen feststellen, zweier krystallisierter und zweier amorpher. Auf Veranlassung und unter Leitung des Herrn Professor Dr. Thoms habe ich in dem pharmazeutischen Institut der Universität Berlin das Studium der Einwirkung von Aldehyden auf Phenolkarbon- säuren begonnen und zunächst von den letzteren die Salicylsäure in den Kreis meiner Untersuchungen gezogen. In dem folgenden möchte ich meine Erfahrungen, die ich bei der Einwirkung von Formaldehyd und Benzaldehyd auf Salicylsäure gewonnen habe, mitteilen. A. Einwirkung von Formaldehyd auf Salicylsäure. Bei der Einwirkung von Formaldehyd auf Salicylsäure konnte Kahl®) zu einem krystallisierten Produkt nicht gelangen. Auch die für die entstandene Verbindung, die Methylendisalicylsäure, angegebenen elementaranalytischen Werte stimmen nicht sonderlich gut. Es wurden 0,4% Kohlenstoff zu wenig gefunden. Die Methylen- dikresotinsäure dagegen ließ sich krystallisiert gewinnen. Ich stellte die Methj'^lendisalicylsäure wie folgt dar : 20 g Salicyl- säure wurden mit 500 g Wasser, 80 g Salzsäure (38% HCl enthaltend) und 1.5 g Formaldehydlösung (40% Formaldehyd enthaltend) 8 Stunden auf dem Wasserbade erwärmt. Nach dem Abkühlen wurde der entstandene Niederschlag abgesaugt, getrocknet und mit Benzol aus- gekocht, um die noch vorhandene Salicylsäure zu entfernen. Wird das so erhaltene Produkt in einem Gemisch von Aceton und Benzol gelöst, so hinterbleibt beim Verdampfen der Lösung ein amorpher 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 27, 2891 (1894). 2) Ber. d. d. ehem. Ges. 5, 1096 (1872). 8) Ann. Chem. rharm. 263, 285, *) Ber. d. d. ehem. Ges. 25, 946 (1892). '; Ber. d. d. ehem. Ges. 31, 259 (1898). •) D.R.P. 49970. E. H. Madsen: Phenolkarbonsäaren. 45 Körper, der weder aus Alkohol noch aus anderen Lösungsmitteln sich krystallisiert erhalten läßt, wie auch Kahl es beschrieben hat. Kocht man hingegen das Produkt mit Wasser, worin es sehr schwierig, aber tast vollständig löslich ist, so scheiden sich beim Abkühlen der Flüssigkeit feine Nadeln ab. Löst man diese in einem Gemisch von Aceton und Benzol, so erhält man den Körper beim freiwilligen Verdunsten der Lösung in Form wetzsteinförmiger Krystalle. 0,1692 g Substanz: 0,3878 g COj und 0,0659 g HgO. Gefunden: Berechnet für Ci5Hi2 0e: C 62,48 62,51 % H 4,20 4,36 „. Der Schmelzpunkt dieser krystallisierten Methylendisalicylsäure liegt bei 243 — 244°. Sie ist in Alkohol, Aether, Aceton leicht löslich, in Wasser, Chloroform und Benzol schwer löslich. Sie bildet ein unlösliches Kalksalz. In einem Glasrohre im Metallbade erhitzt, beginnt die Säure bei 180° Kohlensäure abzuspalten und färbt sich dabei rot. Bei weiterem Erhitzen bis auf 310° entsteht ein phenolartiger Geruch, und im Glas- rohre verbleibt ein in Alkali und den gewöhnlichen Lösungsmitteln fast unlöslicher Körper. B. Einwirkung von Benzaldehyd auf Salicylsäure. Nach vielen vergeblichen Versuchen, ein krystallisierendes Kondensationsprodukt zwischen Benzaldehyd und Salicylsäure zu erhalten, erwies sich endlich der folgende Weg als gangbar. 30 g Benzaldehyd wurden in Eis gestellt und mit Salzsäuregaa gesättigt. Das Gemisch färbte sich alsbald gelblich-braun. Durch einen mit langem Rohre versehenen Trichter wird es in ein Bomben- rohr, das mit 10 g Salicylsäure beschickt ist, gefüllt. Das zugescbmolzene Rohr wird 3 Stunden lang bei 160° im Schießofen gehalten. Nach dieser Zeit hat sich der Rohrinhalt in eine zähe, klare, rotbraune Flüssigkeit verwandelt. Sie wird in Aether gelöst und zur Entfernung überschüssigen Benzaldehyds mit Natriumbisulfitlösung geschüttelt. Von dem ätherischen Filtrat wird der Aether abgedampft; es bleibt ein rotbraunes, halbflüssiges, zähes Harz zurück, das in Chloroform und Benzol vollkommen löslich ist. Beim längeren Liegen an der Luft oder nach dem Kochen mit Wasser hat sich eine Aenderung des Harzkörpers vollzogen, denn beim nunmehrigen Auskochen desselben mit Chloroform bleibt ein weißes, krystallinisches Pulver zurück. Es wird mehrmals mit Chloroform ausgezogen und schließlich aus 20%igem 46 E. H. Madsen: Phenolkarbonsäaren. Alkohol umkrystallisiert. Die Ausbeute an krystallisierender Verbindung ist eine sehr mäßige; es wurden nur 2g derselben erhalten. Die nachfolgende Untersuchung des krystallisierenden Körpers erwies diesen als ein Triphenylmethanderivat und zwar als eine 4-4' Dioxy-Triphenylmethan-3-3'-Dikarbon- säure, kurz zu bezeichnen als eine Phenylmethandisalicyl- säure. Ihre Konstitution ist demnach die folgende: HOOC \^ COOK H0( )-C-( )0H \ / I \. / H 1. 0,1661 g Substanz: 0,4214 g COg und 0,0682 g HgO. 2. 3. 4. 0,1782 „ 0,1699 „ 0,0687 „ 0,4535 0,4294 0,1749 Gefunden: n n n n r> n „ 0,0698 „ „ „ 0,0645 „ „ „ 0,0274 „ „ Berechnet für 1. C 69,19 H 4,60 2. 3. 69,41 69,52 4,39 4,26 4. 69,43 4,47 CaiHigOfl: 69,20% 4,43 „. Phenylmethandisalicylsäure bildet farblose, säulenförmige Krystalle ; sie löst sich leicht in Alkalien und kohlensauren Alkalien und wird aus diesen Lösungen durch verdünnte Mineralsäure wieder gefällt. In Alkohol, Aether, Aceton ist Phenylmethandisalicylsäure leicht löslich, in Wasser, Chloroform, Benzol, Petroläther unlöslich bezw. schwer löslich. Das Calciumsalz ist in Wasser unlöslich. Mit Ferrichlorid entsteht eine ähnlich blauviolette Färbung, wie bei der Methylen- disalicylsäure. Nach Nickel kann man hieraus schließen, daß die Substitution von Wasserstoflfatomen in den Molekülen der Salicyl- säure in Parastellung zu den Hydroxylgruppen stattgefunden hat. Das Vorhandensein der zwei Hydroxylgruppen wurde durch die Darstellung einer Acetyl Verbindung erbracht. Dies gelang indes erst nach der Vornahme verschiedener Versuche. Zwar war es leicht, eine Reaktion bei Verwendung von Essigsäureanhydrid und trockenem Natriumacetat herbeizuführen, das Reaktionsprodukt fiel jedoch schmierig aus, und ein geeignetes Krystallisationsmittel war nicht auf- findbar. Wahrscheinlich hatte das Essigsäureanhydrid eine weiter- gehende Einwirkung zur Folge gehabt und zum Teil eine intramolekulare Anhydridbildung herbeigeführt. Ebensowenig gelang es bei Verwendung von Eisessig das gewünschte Resultat zu erreichen. Bei diesen E. H. Madsen: Phenolkarbonsauren. 47 Versuchen färbte sich die Lösung sofort rot. Bei einem Versuch, in der Kälte mit Acetylchlorid in ätherischer Lösung bei Gegenwart von Kaliumkarbonat') schien keine Einwirkung stattgefunden zu haben. Ein gutes Resultat wurde aber nach dem von Weidel und Wenzel^) angegebenen Verfahren erreicht. Hiernach wurden 3 g Phenylmethandisalicylsäure in eine kochende Lösung von 0,6 g Natriumacetat in 60 g Essigsäureanhydrid gegeben. Nach drei Minuten weiterem Kochen wurde das Reaktionsprodukt in Wasser gegossen. Es schied sich ein farbloses Oel ab, das nach zwei Tagen vollkommen erstarrt war. Aus 20%igem Alkohol krystallisierte es in Rhomben. Zur Analyse wurde die Acetylverbindung durch Austrocknen bei 15 mm Druck und 40 — 00° vorbereitet. 1. 0,1415 g Substanz: 0,3330 g CO9 und 0,0632 g HgO. 2. 0,1599 „ „ 0,3749 „ „ „ 0,0727 „ „ Gefunden: Berechnet für 1. 2. C25 H20 Og -f" Ha : C 64,18 63,95 64,35% H 5,01 5,09 4,76 „. Zur Neutralisation in methylalkoholischer Lösung gebrauchten 0,11795 g 5,17 com n/10 Lauge = 0,02900887 g KOH, entsprechend für 1 g = 0,2458 g KOH. 1 g des Diacetylderivates CgsHggOg bedürfen 0,2407 g KOH zur Neutralisation. Die Substanz wurde kalt verseift durch 24 stündiges Stehen mit gleichen Teilen Methylalkohol und wässeriger »/lo Lauge und der Ueberschuß der letzteren mit °/io Salzsäure zurücktitriert. Zur Neutralisation gebrauchten nach der Verseifung insgesamt: 0,1915 g Substanz 16,53 ccm »/lo Lauge = 0,09274893, entsprechend für 1 g = 0,4843 g KOH ; 0,2349 g Substanz 20,29 ccm n/jo Lauge = 0,11384719, entsprechend für 1 g = 0,4846 g KOH. 1 g des Diacetylderivates CfsHajOg bedürfen bei Berücksichtigung der Abspaltang der Acetylgruppen 0,4814 g KOH zur Neutralisation. Das Diacetylderivat der Phenylmethandisalicylsäure schmilzt bei 124° zu einer gelben, zähen Flüssigkeit, die bei weiterem Erhitzen in ein rotes Harz übergeht. Die Zersetzung beginnt übrigens schon ohne vorhergehendes Schmelzen bei 101". Wird die Phenylmethandisalicylsäure im Metallbad erhitzt, so findet bei 130—150° eine Kohlendioxydabspaltung statt; gleichzeitig 1) Claisen, Ber. d. d. ehem. Ges. 27, 3182 (1894). 2) Mnth. f. Chem. 21, 67. 48 D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. färbt sich der Körper rot. Bei 242—245° schmilzt dieser zu einer roten Flüssigkeil, die bei ca. 320° teilweise als ein roter Teer sublimiert, der mit Alkali sich violett färbt. Der gleiche Versuch wurde im Vakuum wiederholt. Die Temperaturangaben beziehen sich auf das Metallbad. Der Druck war 17 mm. Bei 130 — 150° färbte die Substanz sich gelb, wurde dann während 2 Stunden bei 185° gehalten und schließlich auf 275° erhitzt. Hierbei sublimieren weiße Nadeln, die sich durch Schmelzpunkt und Eisenchloridreaktion als mit Salicylsäure identisch erwiesen. Die Oxydationsversuche der Phenylmethandisalicylsäure nach dem von C a r o und Liebermann ^) angegebenen Verfahren führten bisher noch nicht zur Isolierung eines ev. Aurin s. Diese Versuche, sowie solche von Kondensationen anderer Aldehyde mit Phenolkarbon- säuren, werden fortgesetzt. Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger offizineller Pflanzen. Von Dr. D. Stscherbatscheff. (Eingegangen den 6. XII. 1906.) I. Atropa Belladonna L. üeber die Entwickelungsgeschichte der Belladonna finden wir in der Literatur nur wenige Angaben. So untersuchte Tognini^) den Prozeß der Befruchtung und der Entwickelung des Keimlings bei Belladonna. Er hat gefunden, daß der Keimling bei Belladonna sich nach dem Hanstein'schen Typus entwickelt, welcher für die Dicotylen beschrieben worden ist. Herail^) hat Pollenkörner und den Prozeß der Befruchtung bei Belladonna untersucht. Tschirch und Oesterle*) 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 25, 941 (1892). 2) Tognini. SuU' embriogenia di alcune Solanaceae. Atti Instit. botan. di Pavia, 1900, vol. VI. 8) Hörail. Organes reproducteurs et formation de Toef chez les Phanerogames. Paris, 1889. (Edit. Steinheil). *) Tschirch und e s t e r 1 e. Anatomischer Atlas der Pharmakognosie. Band II, S. 328, Taf. 76. D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. 49 haben näheres über die erste Wurzelanlage bei Belladonna mitgeteilt und sind zu dem Schlüsse gekommen, daß in den dünnsten Wurzeln das Gefäßbiindel diarch ist. B och mann*) hat die Entwickelangs- geschichte der Samen studiert. Eigene Untersuchungen. Die Frucht der Belladonna ist eine Beere von dunkel violetter oder fast schwarzer Farbe. In ihrem Aussehen erinnert sie an die Kirsche. Die Größe der reifen Frucht ist: Höhe = 1,0—1,25 cm, Durchmesser 1,5 — 1,8 cm. Die Beere ist mit rotviolettem Saft erfüllt. Unter dem Mikroskope unterscheiden wir die äußere Oberhaut, deren Zellen polygonale Form haben. Die fleischige Substanz der Beere besteht aus dem mit Saft gefüllten Parenchym, worin sich die Gefäß- bündel befinden. Eine CoUenchymschicht, welche bei vielen anderen Beeren sich findet, fehlt hier. Die Zellen mit Krystallsand, welche so typisch für Belladonna sind, finden sich im Fruchtfleische selten, aber es gelang mir, solche in den unreifen Früchten zu beobachten. (Fig. 3, d.) Auf der unteren Seite ist das Parenchym der Frucht gegen die Samen hin von einer unteren Oberhaut begrenzt. Die Samen sind eiförmig oder länglich oval. Die Größe der reifen Samen ist: Länge = 2 mm. Breite = 1 mm. Die Farbe der Samen ist schwarzbraun. Bei der Lupenunter- suchung sieht man auf der Oberfläche der Samen ein netzartiges Bild. 1) Bochmann. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte offiz. Samen und Früchte. Inaug.-Diss. Bern 1901. Arch. d. Pharm, CCXXXXV. Bda. 1. Heft. 4 50 D. Stscherbafscheff: Offizinelle Pflanzen. Ein solches ist schon von A. Tschirch für Hyoscyamussamen und für den Senf beschrieben worden. Im Querschnitte Ses Samens unter- scheiden wir folgende Schichten: 1. Samenoberhaut (Fig. 2, a), 2. Parenchym (Fig. 2, h), 3. Nucellus- rest (Fig. 2, c), 4. Endosperm (Fig. 2, d), 5. Embryo. Epidermiszellen (Fig. 2, a) sind polygonal, im Querschnitte recht- eckig, ihre äußere Wand ist nicht verdickt, während die inneren und Zwischenwände sehr verdickt sind. Wir unterscheiden in denselben eine äußere, braun gefärbte Schicht und eine innere — ungefärbte. Die verdickten Wände geben keine Reaktion, weder mit Phloroglucin- salzsäure, noch mit schwefelsaurem Anilin, enthalten also kein Lignin. Der Inhalt dieser Zellen ist feinkörnig. Das Parenchym (Fig. 2, h) bildet ungefähr 10—15 Reihen aus zusammengedrückten, etwas tangential gestreckten Zellen. Diese Zellen enthalten in bestimmtem Stadium Stärke. Der Nucellusrest (Fig. 2, c) bildet eine Reihe von Zellen, welche besser an den unreifen Samen zu sehen sind. Endosperm (Fig. 2, d) enthält Oel und Aleuronkörner. Der Embryo hat eine gebogene Form, besteht aus der Keimlings- wurzel (Radicula), der Plumula und zwei Kotyledonen *)• Entwickelungsgeschichte der Wurzeln. Die Samen von Belladonna wurden den 18. Mai ausgesäet. Anfangs Juni sah man schon die ersten jungen Pflänzchen aus dem Boden heraustreten. Am 7. Juni haben sie eine Größe von 3 cm erreicht. Man kann die ganze Entwickelungsgeschichte der Wurzeln auf vier Stadien verteilen. 1) Die Abbildung 1 stellt die Schichten a, b und c (Epidermis, Parenchym und Nucellusrest) im früheren Entwckelungssitadium vor. D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. 51 Erstes Stadium. Primärer Bau der Wurzel. Die Pflanze mit der Wurzel ist in diesem Stadium nicht mehr als 3 cm lang; die Wurzel ist 0,2 mm dick. Unter dem Mikroskop (Fig. 4) unterscheiden wir eine Reihe der Epidermiszellen. Darunter liegt das Parenchym. Seine Zellen sind polygonal oder unregelmäßig rund. Es ist interessant zu bemerken, daß sie in dieser Periode weder Starke noch Krystall- sand enthalten. Weiter folgen Endodermis und Zentralzylinder. In der Mitte liegen Gefäße, deren Lage diarch ist. Sie bilden zwei 4* 52 D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. Strahlen, die aus 3 — 4 Gefällen bestehen. Das Lumen der Gefäße ist 0,5 — 10 ji breit. Ganz in der Mitte liegen einige Zellen mit weitem Lumen (10 — 11 y.). Zwischen den Gefäßbündeln liegen 2 Bündel der Siebteile. Zweites Stadium (Fig. o). Wird durch die Entwickelung der sekundären Gefäßbündel charakterisiert. Dieses Stadium kommt sehr früh, wenn die Dicke der Wurzel nur 0,3 mm erreicht. Das Parenchym enthält in diesem Stadium Stärke. Im Zentralzylinder sehen wir jetzt die sekundären Gefäße und sekundären Siebteile (Fig. o, xl. II); die primären Siebteile sind nach außen geschoben tFig. 5, xl I u. Phl I). Drittes Stadium. Wird durch die Entwickelung der sekundären Rinde und durch Abfallen der primären Rinde charak- terisiert. Dieses Stadium dauert sehr lange, 1 — iVa Monat. Die ganze Pflanze erreicht in diesem Stadium eine Höhe von 15— 17 cm und hat ungefähr 5 Blätter (Fig. 6). Um Viertes Stadium. Charakterisiert sich dadurch, daß die Oberhaut und die primäre Rinde ganz abgew^orfen werden. An deren Stelle findet man die Endodermis. Die ganze Pflanze erreicht jetzt die Höhe von 20 cm. Die Dicke der W^urzel ist 1,5—2,0 mm. In solchen Wurzeln ist besonders bequem die Heterorhizie zu beobachten. In den Wurzeln der jungen, aber vollständig entwickelten Pflanzen ist der Bau der Wurzeln zweifach ausgebildet: Zum Vergleich ist es D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pfianzen. 53 zweckmäßig, gleich große Wurzeln (am besten ungefähr 2 mm dicke) zu nehmen. In den ersten Wurzeln finden wir im Zentrum einen Strang von Gefäßen mit zahlreichen Libriformfasern, in der Mitte des Stranges liegt gewöhnlich ein Libriformbündel. Dies sind Befest igungs wurzeln (Fig. 7). e^>./ In den Wurzeln des zweiten Typus ist meistenteils Parenchym vorhanden. Dagegen ist kein Libriform anwesend und die Gefäßbündel sind nicht im Zentrum angeordnet, sondern zerstreut. Wir finden also keine mechanischen Elemente, oder nur wenige und zerstreut, dies ist der Typus der Ernähr ungswurzel (Fig. S). 54 D. Stscherbatscheff: Offi^inelle Pflanzen. II. Glycyrrhiza glabra L. Die Fruchtstand ist eine Traube (Fig. 9). Jede Frucht ist eine Hülse (Legumen), welche 3,25—1,5 cm lang und 7 mm dick ist (Fig. 10). Die Farbe der reifen Früchte ist braun. Von außen sind die Früchte mit rotbraunen Haaren bedeckt und in jüngeren Stadien noch mit einer Menge der Drüsen versehen, welche mit einem unangenehm riechenden Oel gefüllt sind (Fig. 11, dr). Wahrscheinlich dient dieses Oel der unreifen Früchte zum Schutz gegen eindringende Insekten. Nach dem Reifen der Früchte fallen die Drüsen meisten- teils ab und haben die reifen Früchte dann keinen Geruch mehr. An der Basis der Frucht befindet sich der Kelch mit 5 Kelchblättern. Am Ende läuft die Frucht in eine längliche Spitze aus (Fig. 10). An zwei Rändern sehen wir Bauch- und Rückennaht. An der Bauch- naht sind zwei Samen befestigt (Fig. 10, b). Mikroskopischer Bau der Frucht. Im Querschnitt der reifen Frucht unterscheiden wir folgende 6 Schichten. Die äußere Epidermis besteht aus Zellen polygonaler Form mit länglich ovalen Spaltöffnungen. Letztere sind meistenteils mit 6 Epidermiszellen umgeben. Hier finden wir auch Haare aus mehreren Reihen Zellen, welche mit braunem Pigment gefüllt sind. Ferner sehen wir: Drüsenhaare, welche aus mehreren Zellen mit ab- gehobener Cutlcula bestehen und zwischen den Zellen und der Cuticula ätherisches Oel enthalten (Fig. 11, dr.). Das Parenchym (Fig. 11, 2) besteht aus iO— 12 Reihen von Zellen polygonal- rundlicher Form. Zwischen diesem Gewebe findet man eine Reihe von ^ Zellen (Fig. 11, 8), welche mit den anderen D. Stscherbatscheff: orfiüiDelle Pflanzeo. 6ö Parenchymzellen keine Aehnlichkeit zeigen, aber sich aus dem Parenchym entwickeln und mit Parenchymzellen umgeben sind. In anderen Pflanzen, wie z. B. in Ceratonia Siliqua, in Fruct. Phoenicis dactyliferae, finden sich solche Zellen im Parenchyme zerstreut, hier aber bilden sie eine bestimmte Schicht der „Tannoidzellen". In reifen Früchten sind die Tannoidzellen zusammengedrückt, unterscheiden sich aber von den Zellen des Parenchyms, daß ihre innere Wand mit der Korkmembran belegt ist, welche auf Zusatz von H2SO4 besonders hervortritt. Am besten läßt sich diese Schicht an noch unreifen Früchten studieren. Diese Zellen unterscheiden sich von den Parenchymzellen durch ihre Größe und durch ihren Inhalt. Sie sind ungefähr zweimal größer als die Zellen des sie umgebenden Parenchyms. Wenn die Zellen des Parenchyms 24,0 n lang und 12,8 n breit !^QCa]DÜOC' sind, so finden wir beispielsweise in derselben Zeit die Länge der Tannoidzellen = 70,0 y. und die Breite = 32,0 \i. Der Hauptunterschied liegt aber nicht in ihrer Größe, sondern in ihrem Inhalt. Erwärmt man das Präparat mit konzentrierter Chloralhydratlösung, so sieht man, daß der ganze Inhalt der Parenchymzellen sich auflöst, der Inhalt der Tannoidzellen dagegen unverändert bleibt. In frischen Früchten hat er die Form von farblosen amorphen Massen, welche in getrockneten Früchten braun sind, von denen jede eine ganze Zelle ausfüllt. Bei dünnen Schnitten fallen diese Massen zuweilen aus den Zellen heraus und liegen dann im Gesichtsfelde des Mikroskopes frei, wobei man leicht erkennen kann, daß^sie aus fester Substanz bestehen. 56 D Stscherbatscbeff: Offiziu.lle Pflanzen. Hinweise auf eine analoge Substanz finden wir bei den Pharma- kognosten: Flückiger, Voglund besonders bei T ich omirow, welcher sich mit solchen Einschlüssen speziell beschäftigt hat. Er beschrieb solche Einschlüsse bei Phoenix dactylifera (1884), Diospyros Kaki (1900), Anona reticulata, Zizyphus vulgaris, Eleagnus angustifolia und im Jahre 1904 bei Diospyros Lotus, Diospyros Virginiana et Diospyros discolor. Flückiger hat zuerst gezeigt, daß diese Substanz sich durch Eisensalze schwarz färbt und beim Erwärmen mit KHO blau oder violett wird. Im Jahre 1904 hat Dr. Max Winkel gefunden, daß diese Substanz mit Vanillin und konzentrierter Salzsäure rote Färbung gibt. In seiner Arbeit (Pharmazeutische Zeitung 1904, S, 815) finden wir auch die Erklärung dieser Reaktion, nach welcher alle Phenole und Aldehyde diese Reaktion geben, ebenso viele Gerbstoffe, jedoch nicht alle, auch Fermente geben diese Reaktion. Vergleich der Tannoidsuhstanz von Glycyrrhiza glabra L mit anderen schon bekannten ähnlichen Sub- stanzen. Glycyrrh. gl. Ceratonia S. Phoenix dactyl. Jod färbt sich nicht färbt sieht nicht färbt sich nicht FbOb KHO verdünnt . KHO starke. . . färbt sich schwarz (braunschwarz) grün violett färbt sich schwarz (braunschwarz) grün blau färbt sich schwarz (braunschwarz) grün violett Essigsäure . . . H3SO4 keine Veränderung dunkelbraun keine Veränderung dunkelbraun keine Veränderung dunkelbraun HNOs braun braun braun HCl Chromsäure . . . n n n Osmiumsäure . . schwarz schwarz schwarz Vanillin + HCl . rot rot rot Weingeist, Aether, Chloroform, Petroläther lösen diese Substanz nicht. Durch Tinct. Alcannae wird sie nicht gefärbt. Fehling'sche Lösung reduziert sie nicht. Unter derParenchymschicht liegt eine Bastfasernschicht (Fig. 12,4). Sie besteht aus 3 — 4 Reihen von Bastfasern, welche langgestreckte Form haben und deren Wände die Reaktion auf Lignin geben. D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. 57 Weiter nach innen folgt eine Schicht, welche nur aus einer Reihe von Zellen besteht, welche 1—3 kleine, gut ausgebildete Kalk- ^rjzFizi' oxalat-Krystalle enthalten (Fig. 13, 5). Die untere Epidermis besteht aus einer Reihe von Zellen und ist mit einzelligen Haaren versehen. (Fig. 11, 6). ,^^y Entwickelungsgeschichte der Frucht. Erstes Stadium. Hier sind einzelne Schichten der Frucht- schale noch nicht differenziert (Fig. 14). Mit Vanillin und Salzsäure färben sich alle Zellen des Fruchtknotens rot. Im Gegensatz hierzu, nehmen die Zellen der anderen Organe der Blüte, wie z. B. der Staub- gefäße, der Kronblätter usw., dadurch keine Färbung an. Im ersten Stadium ist auch die Entwickelung der Hautdrüsen gut zu beobachten. Die untere Epidermis hat jedoch in diesem Stadium noch keine Haare. 58 D. Stscherbatschaff: Oftizinelle Pflanzen. Zweites Stadium. Die speziellen Tannoidzellen fangen an sich zu entwickeln, sie geben eine besonders starke Färbung mit Vanillin + Salzsäure und anderen Reagentien und haben etwas dickere Wände. Drittes Stadium. Die Tannoidzellen sind schon gut entwickelt. Das Parenchym färbt sich mit Vanillin + HCl und anderen Reagentien jetzt nicht mehr, abgesehen von den zwei ersten Zellreihen. Viertes Stadium ist dadurch charakterisiert, daß die Parenchymzellen beginnen Stärke zu enthalten. Das fünfte Stadium endlich ist das Stadium der Reife. Entwickelungsgeschichte des Samens. Die Samenschale geht aus zwei Integumenten hervor, und zwar hauptsächlich aus dem Integumentum externnm, während dagegen das Integumentum internum nur eine Reihe Zellen bildet. Das Ovulum ist anatrop. Im folgenden Stadium fängt die Palissadenschicht an sich zu entwickeln, ebenso die darunter liegende Trägerzellenschicht. Reifes Stadium. Der reife Same ist nierenförmig. Sein Durchmesser ist 2—3 mm, seine Dicke = 0,5 mm. Seine Farbe ist grünlich. Bei jedem Samen sind folgende Teile zu unterscheiden; Hilum, von dieser Stelle geht eine gewölbte Naht (Raphe) aus. An ihrem Grunde sieht man eine kleine Oefifnung, die Mikropyle. Auf der anderen Seite der Raphe sieht man noch eine Hervorwölbung — die Radicula. Die Chalaza dagegen ist sehr wenig ausgebildet. An der Samenschale unterscheiden wir: 1. Die Palissadenschicht (Fig. 15 wul 16, 1) die aus einer Reihe von Zellen von prismatischer Form und verdickten Wänden besteht, auf deren äußerem Rande wird eine sogenannte „Lichtlinie" bemerken. Mit Phloroglucin -\- Salzsäure und anderen Ligninreagentien geben die Palissadenzellen keine Reaktion. In der Funiculusgegend ist die Palissadenschicht verdoppelt. 2. Die Trägerzellen (Fig. 16, 2) haben eine breite Basis und einen breiten oberen Teil und zeigen in der Mitte eine Einschnürung. D. Stscherbatscheff : üfliüinelle PHinzen. 59 3. Das Parenchym (F'kj. 16, 3) ist in den reifen Samen zusammen- gefallen. Es enthält Parenchymzellen, Gefäßbündel, Tracheideninsel und noch zwei Gewebeinseln, deren Bedeutung noch nicht klar ist. Die Zellen dieser zwei Inseln sind den Zellen des gewöhnlichen Parenchyms in Größe und Form sehr ähnlich, ihre Wände jedoch sind unregelmäßig verdickt und färben sich mit Eisensalzen dunkel und haben keine Tnterzellularräume. 4. Das Endosperm besteht aus Schleimzellen, welche sich durch Jod gelb färben. 5. Der Embryo besteht aus zwei Cotyledonen, der Plumula und der Radicula und enthält keine Stärke. z'^^h ^6. (t^. //" Entwickelungsgeschichte der Wurzel. Der primäre Bau der Wnrzel von Glycyrrhiza glabra wurde von Holfert untersucht (Archiv d. Pharmac. 1889, B. 27, S. 481). Er hat gefunden, daß das Bündel triarch ist; Tschirch und Oesterle 60 D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. fanden dagegen, daß dasselbe triarch und tetrarch sein kann (Atlas der Anatomie und Pharmakognosie Taf. 8, S. 29). Ich habe die primäre Anlage der GefaUe meistenteils tetrarch gefunden. Sie liegen im Zentrum und sind mit einer gut entwickelten Endodermis umgeben, auf welche eine Parenchymschicht folgt, welche aus — 7 Zellreihen besteht. Von außen her ist letztere mit einer Epidermis bekleidet. Schon im frühesten Entwickelungsstadium bemerkt man zwischen den Zellen, welche die Gefäßbündel umgeben, die Entwickelung der Bastfasern. Sie bilden Bündel von denen jedes aus o — 6 Zellen besteht. Das zweite Stadium wird durch die Entwickelung der sekundären Gefäße charakterisiert. In der Rinde beobachten wir in derselben Zeit folgende Veränderungen. Die primäre Rinde wird von den Neu- bildungen der Gewebe nach außen geschoben und dann ganz abgeworfen. Zwischen den Zellen der sekundären Rinde entwickeln sich hier und da Bastfaserbündel, und an der Peripherie entwickelt sich eine Korkschicht. III. Althaea officinalis L. (Fig, Entwickelungsgeschichte des Samens. Erstes Stadium. Das Ovulum habe ich campylotrop gefunden 17). Man unterscheidet zwei Integumente. Integumentum externum und internum. Das äußere Integument besteht aus zwei Reihen von Zellen, das innere ungefähr aus 6 Reihen (Fkj. 18). Im ersten Stadium sind alle Zellen untereinander sehr ähnlich. Wenn wir aber das Präparat mit Eisenchlorid behandeln, so bemerken wir, daß sich einerseits der Inhalt der Zellreihe 4 schmutzig D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. 61 violett färbt und andererseits die Zellwände der Reihe G sich schmutzig brann färben. Die übrigen Zellen dagegen färben sich durch Eisen- chlorid nicht. Das Endosperm ist mit Eiweiß angefüllt. t/^y ^S. Die Fruchtschale ist in dieser Periode schon ziemlich weit ent- wickelt. Sie besteht aus Epidermis mit typischen Büschelhaaren, die sich an der Basis durch Phloroglucin und Salzsäure rot färben; dann folgt das Parenchy^m. Nur die Bastfaserschicht fehlt. Stärke läßt sich in diesem Entwickelungsstadium in den Parenchymzellen noch nicht nachweisen. Zweites Stadium (Fig. 19). In diesem Stadium finden die Hanptveränderungen in den Schichten 3 und 4 statt. In der Schicht 3 fangen die Zellen an sich zu teilen. In vielen von diesen Zellen (y"^. /^. kann man in dieser Zeit zwei Kerne wahrnehmen. Dieser Umstand hat dann zur Folge, daß die Zahl der Zellen vermehrt wird. Der Zellinhalt bleibt unverändert. In der dritten Reihe verlieren die Zellen T>. Ötscherbatscheff: Offiziaelle Pflanzeo. ihr Protoplasma und ihre Zellkerne und werden mit durchsichtigem flüssigem Inhalte erfüllt. Bei Behandlung mit Eisenchlorid werden sie blauschwarz. Auch in dieser Periode enthalten die Parenchymzellen noch keine Stärke. Drittes Stadium. Dieses Stadium wird dadurch charakterisiert, daß im Parenchym Stärke erscheint, welche später resorbiert wird (Fig. 20). Tschirch schlug vor, solche Schichten als „Nährschicht" zu bezeichnen. In den verschiedenen Schichten beobachten wir in dieser Periode folgende Veränderungen: Die äußere Zellreihe erhält eine tangential gestreckte Form und diese Zellen werden etwas größer als die Zellen der darunter liegenden Schicht. Ihr protoplasmatischer Inhalt verschwindet allmählich und wird gegen eine durchsichtige Flüssigkeit ausgetauscht. Die Zellen der zweiten Reihe sind mit ^.i3QQQ©Q©^' OOQDDQr Protoplasma erfüllt und entlialten Kerne. Die äußeren Zellen des inneren Integumentes sind jetzt in radialer Richtung stark gestreckt und haben schon den Charakter der künftigen Palissadenzellen. In ihrem Inhalt und in ihren Wänden finden wir noch keine Veränderungen. In den Parenchymzellen sehen wir jetzt Stärkekörner. Zwischen ihnen liegen hauptsächlich aus 2 — 3 Körnern zusammengesetzte Stärkekörner, aber es finden sich auch einfache. Der Durchmesser der einfachen D. Stscherbatscheff: Ofüzinelle Pflanzen. 63 Körner ist 3,5 — 4,7 ji, der Durchmesser der zusammengesetzten = 7 |i. In den Stärkekörnern sind weder Schichtung noch Spalten zu beob- achten. Am meisten sind Stärkekörner in den äußersten Schichten vorhanden : je mehr man nach innen geht, desto weniger findet man sie. Die letzte Schicht des inneren Integumentes enthält keine Stärke. Endosperm enthält in dieser Periode Schleim und fettes Oel, nur die äußerste Schicht derselben enthält Eiweiß. In der Fruchtschale findet man in dieser Zeit auch Stärke, außerdem werden hier in dieser Zeit auch Skiereiden entwickelt. Junge Skiereiden haben dünne Wände, enthalten noch keine Tüpfel, viele von ihnen, aber nicht alle, geben die Reaktion auf Lignin. Viertes Stadium (Fig. 21). In diesem Stadium beobachten wir eine vollständige Verwandlung der Zellen der äußersten Schicht des äußeren Integumentes in Epidermiszellen. Die Entwickelung der Cuticula war früher zu beobachten. Die Zellen der künftigen Palissadenschicht (3) werden jetzt skierotisiert. Die Sklerotisierung fängt bei den innersten Partien der Zellen an, später entwickelt sich die Lichtlinie. In den Zellen der Schicht 4 verschwindet die Stärke und die Zellen füllen sich mit braunem Pigment. Reife-Stadium. Frucht. Die Fruchtwand besteht aus : 1. Epidermis externa mit vielen typischen Büschelhaaren. 2. Einer Schicht der Zellen mit Kalkoxalatdrusen. 3. Sklereidenzellenschicht, die aus mehreren Reihen von Skiereiden besteht, welche ziemlich fest mit einander verbunden sind. Sie enthalten Lignin. 4. Epidermis interna aus Zellen unregelmäßiger Form. Same. In reifen Samen können wir unterscheiden : Samenschale (Testa), welche sich aus zwei Integumenten entwickelt. In der Samenschale unterscheiden wir folgende Schichten (Fig. 22): 1. und 2. Zwei Zellreihen, welche sich aus dem Integumentum externum entwickelt haben. Diese Zellen sind flach, und die ganze Schicht löst sich leicht vom Samen ab. 3. Skiereiden- oder Palissadenschicht, welche aus radialgestreckten Zellen prismatischer Form besteht. Diese zeigen im Querschnitt je nach der Höhe des Schnittes verschiedene Form. Ihre Wände sind unregelmäßig verdickt, geben jedoch keine Ligninreaktiou. Mit Chlor- 64 D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. Zink-Jod werden sie allmählich violett getärbt. Im oberen Teile der Zellen ist ein rinnenförmiger Raum zu bemerken, in dem ein glänzender Körper liegt. Nach der näheren Untersuchung erscheint dieser Körper als ein Kieselsäure-Einschluß, was sich durch Schultz' sehe Mazeration und Veraschung des Präparates beweisen läßt, indem die Substanz nn- verändert bleibt. Solche aus Kieselsäure bestehende Körper wurden von Bochmann (1. c. pag. 26) bei Malva silvestris, und noch früher von anderen Forschern in verschiedenen Pflanzenfamilien beschrieben, so z. B. bei Cardamomen von Tschirch und Oesterle (Atlas Bd. I, T. 34) und Seh ad (Entwickelungsgesch. Untersuch, über die Malabarcardamom. Inaug.-Diss. Bern 1897.) t^ig'. ^%y' 4. Pigmentschicht, besteht aus einer Reihe von Zellen, welche mit braunem Pigment angefüllt sind, und mit Eisensalzen die Gerbstoff- reaktion geben. 5. Die Zellen des Parenchyms sind zusammengefallen. Einige von denselben sind mit Schleim erfüllt. G. Eine Zellreihe, deren Zellwände sich mit Eisenchlorid schwarz färben. Das Endosperm enthält Eiweiß Der Embryo ist in Falten zusammengefaltet. Zwischen den Falten liegt Eodosperm. Ein solcher Bau ist der Familie der Malvaceen überhaupt eigentümlich. D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflinzen. 65 Entwickelungsgeschichte der Wurzel. Die Lage der Gefäße in den frühesten Entvvickelungsstadien der Wurzel ist tetrarch. Die Wurzel erreicht in dieser Zeit nur 0,5 mm Dicke. Jeder von den Getäßstrahlen enthält 7 — 10 Gefäße. Die äußersten von ihnen sind die weitesten. »Sie haben 12 \i im Durch- messer, die mittleren = 9 \i, die kleinsten == 5 ii. Der Zentralzylinder ist mit einer Reihe Eudodermiszellen umgeben, nach der 4—5 Reihen der Parenchymzellen folgen. In späteren Stadien werden sekundäre Gefäße entwickelt. Dann wird die primäre Rinde allmählich ab- geworfen. Die Parenchymzellen beginnen Stärke und Oxalatdrusen zu enthalten. Zwischen ihnen entwickeln sich Bastfaserbündel. Die Bastfasern geben lange Zeit keine Ligninreaktion. Auf der Peripherie entwickelt sich eine Korkschicht. Die Heterorhizie bei Althaea officinalis. Die Heterorhizie ist bei Althaea officinalis nicht so gut aus- geprägt wie bei vielen anderen Pflanzen. Man kann jedoch bei der Wurzel zwei Typen unterscheiden: Befestigungswurzeln und Ernährungs- wurzeln. Der Bau der Befestigungswurzeln ist folgender: Im Zentrum liegt ein mäßiggroßer Strang von Libriform, welcher mit Gefäßen umgeben ist. Außerdem sind Gefäßbündel im Parenchym zerstreut, ebenso an der Peripherie. Sie sind mit Kambium umgeben. Dann folgt das Phloem und die sekundäre Rinde. Der Bau der Ernährungswurzel ist folgender: Im Zentrum liegen anstatt der Libri- formbündol Parenchymzellen. Sie sind mit Gefäßbündeln umgeben; außerdem sind die Gefäßbündel auch im Parenchym zerstreut, wie wir das in den Befestigungswurzeln beobachtet haben. Nach der Klassifikation von Tschirch können sie zum zweiten Typus (wie bei Arnica montana) gerechnet werden (Tschirch, lieber Heterorhizie der Wurzel, Flora 1905, Bd. 94, S. 78). IV. Die Entwickelungsgeschichte der Iris germanica L, Die Samen von Iris germanica L. sind rundlich eiförmig. Sie sind 4,0—5,0 mm lang und 3,0 — 4,0 mm breit. Das Gewicht jedes Samens ist ungefähr 0,033 g. 1 kg der Samen enthält also 30304 Samen. Ihre Farbe ist gelbbraun. Ihre Fläche ist mit Falten und Er- höhungen bedeckt. Auf den beiden Polen des Samens befinden sich Erhöhungen. Die erste derselben ist die Stelle, womit der Same an der Placenta befestigt ist, also Hilum. Die zweite ist durch die Chalaza gebildet. Die Kaphe ist wenig ausgeprägt. Arch. d. Pharm. CUXXXXV. Bds. 1. Heft. Ö 66 D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. Im Querschnitte des Samens unterscheiden wir 1. Samenschale, 2. Endosperm und 3. Embryo. Die Samenschale besteht aus drei Schiebten (Fig. 23, 1, 2, 3): 1. Epidermis externa (Fig. 23, 1) besteht aus den Zellen, welche poly- gonale Form und sehr verdickte äußere Wände haben. Sie sind mit einer braungefärbten Substanz erfüllt, welche sich durch Eisenchlorid dunkel färbt. 2. Das Parenchym besteht aus zwei verschiedenen Schichten (Fig. 23, 2 und 3): einer ungefärbten und der zweiten gefärbten. Die erste ist von vier Reihen von Zellen gebildet, welche Protoplasma, Kerne und Kalkoxalatdrusen enthalten. Die Zellen des getärbten Parenchyms sind mit gelber Substanz angefüllt. Sie gibt mit Eisen- chlorid keine Färbung. Sie löst sich vollständig beim Erwärmen mit Wasser und noch schneller beim Erwärmen mit Chloralhydratlösung, gibt mit Osmiumsäure keine Färbung. Das Endosperm (Fig. 23, 4). Die erste Reihe von Zellen des Eudosiierm? unterscheidet sich von den übrigen durch ihre Zellform, t). Stscherbatscheff: Oftizinelle Pflanzea. 67 welche nicht polygonal, sondern rechteckig ist, und dem Zellinhalt welcher nur EiweüJ und kein fettes Oel enthält. Ihre Wände sind auch nicht verdickt, sondern normal. Die übrige Masse des Endosperms besteht aus den Zellen unregelmäßiger Form, die mit zahlreichen Tüpfeln versehen sind. Wenn auf einigen Stellen die Tüpfel fehlen, dann sehen die Zellen nur verdickt aus. Wenn wii* die Zellen des Endo- sperms mit Essigsäure behandeln, so wird die verdickte Masse durch- sichtig und sind die eigentlichen Zellwände sichtbar, welche aus der gewöhnlichen Zellulose bestehen. Durch Jod färben sich die Zell- wände gelb, und wenn man die Zellen vorher mit KOH oder HaSOi behandelt, verändert sich die Färbung nicht. Die Zellen sind mit Eiweiü und fettem Oel gefüllt. <'ßy^^. Der Embryo besteht aus den polygonalrundlichen Zellen des Meristemgewebes. Er ist mit einer Epidermis bedeckt, deren Wände 5* 68 D. Stscherbatscheff: Offizinelle Pflanzen. Dicht verdickt sind. In der Plumula sehen wir leicht den Vege- tationskegel. Die Radicula besteht auch aus polygonalrundlichen Zellen und ist mit der Epidermis bedeckt. Entwickelungsgeschichte des Samens. Aus der Entwickelungsgeschichte der Samen gelang es mir, nur die zwei ersten Stadien zu beobachten. Erstes Stadium. Die Gewebe sind in diesem Stadium noch nicht differenziert. Zweites Stadium. In diesem Stadium sind folgende Teile zu unterscheiden. Integumentum externum, welches von außen mit Epidermis bedeckt ist. Zwischen den Epidermiszellen finden wir auch Spaltöfi"nungen, welche zweimal größer sind, als die umgebenden Zellen. Dann folgen 4 — 5 Reihen von Parenchymzellen (Fig. 24). tio. %S. Integumentum internum besteht nur aus 2 Reihen von Zellen (Fig. 34). Nucellus und Embryosack zeigen nichts Besonderes. H. Teile: Katnala uud Rottlerin. 69 Entwickelungsgeschichte der Wurzel. Die Samen der Iris gerinanica wurden den 28. Mai aasgesäet. Nach drei Wochen traten die ersten Sprößlinge hervor. Zwei Wochen später wurden schon zwei Blätter entwickelt, nach 1% Monaten hatte jede junge Pflanze 3 Blätter. Der primäre B'in der Wurzeln ist folgender; {Fig 25). Die ganze Wurzel ist 0,6 mm dick. Nach einer Reihe von Epiderraiszellen folgen mehrere Reihen des Parenchyms der primären Rinde, dann folgt die gut ausgebildete Endodermis und der Zentral- zylinder. Die Lage der Gefäße ist verschiedenartig, aber meistenteils ist sie triarch (zuweilen sind 4—5 Strahlen). In den frühesten Stadien enthält das Parenchym weder Krystalle, noch Stärke. Z-«'eites Stadium. Die Wurzeln sind in diesem Stadium 1,0 — 1,5 mm dick. Das Parenchym enthält keine Stärke, aber fängt an Krystalle zu enthalten. Auf die Epidermis folgen zwei Reihen Korkzellen, dann folgen 12 — 15 Reihen der Parenchymzellen. Alle Zellen sind leer, mit Aus- nahme derjenigen, welche Krystalle enthalten. Die Krystalle sind in eine schleimartige Masse eingebettet. Nach dem Parenchym folgt die Endodermis und der Zentralzylinder mit den Gefäßen. In diesem Stadium kann man die Bildung der Kry^^talle sehr gut beobachten. Sie sind (Fig. 26) in ziemlich enge Räume eingeschlossen und in Schleim eingebettet. Zu diesen Räumen sind noch Interzellularräume zu unterscheiden, und (selten) neben den Krystallen auch noch der Zell- kern. Daraus kann man schließen, daß die Krystalle von Iris germanica, wie andere solcher Art, sich in besonderen Zellen entwickeln. Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Leipzig. Ueber Zamala und Rottlerin. Von H. Teile. (Eingegangen den 31. I. 1907.) H. Thoms weist in einer Notiz „Ueber Rottlerin" im Hefte 8 de.s Bandes 244 des Archivs der Pharmazie darauf hin, daß er in einem am 17. IX 00 in der Sitzung der Abteilung „Pharmazie uud Pharma- kognosie" der Versammlang der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte in Stuttgart gehaltenen Vortrag über die Resultate einer Untersuchung dos Rottlerins berichtet habe, die zum Teil mit den 70 R. Weil: Solaninbildung. Ergebnissen meiner eigenen Untersuchungen (vergl. Heft 6, Band 244 d. Arch. d. Pharmazie) übereinstimmten. Es könnte diese Notiz den Anschein erwecken, als wenn H. Thoms die in seinem Laboratorium ausgeführten Arbeiten über Rottlerin als erster veröffentlicht habe. Ich möchte demgegenüber folgendes konstatieren. 1. Bereits in der Diskussion über den von H. Thoms gehaltenen Vortrag hat Prof. Hefft er- Marburg (vergl. Pharm. Zeitung No. 76 V. 22. IX. 06) die im hiesigen pharmakologischen Institut bei der Untersuchung des Rottlerins gefundenen Tatsachen mitgeteilt. — 2. Die in meiner Abhandlung (Arch. d. Pharmazie Heft 6, Band 244) enthaltenen Resultate sind bereits in meiner am 17. VII. 06 von der Leipziger philosophischen Fakultät angenommenen und am 28. Juli 1906 in Druck erschienenen Inaugural-Dissertation (Beiträge zur chemischen Kenntnis der Kamala und zur Konstitution des Rottlerins) publiziert worden. Abgesehen davon, daß ich bei der Spaltung des Rottlerins nicht bloß Methyl- und Dimethyl-, sondern auch Trimethylphloroglucin und neben Zimmtsäure auch Essigsäure gefunden habe, muß ich auch bezüglich der übrigen Ergebnisse die Piiorität für mich in Anspruch nehmen. Die Entstehung des Solanins in den Kartoffeln als Produkt bakterieller Einwirkung. Von Dr. Richard Weil. Inhaber der privil. Schwanen-Apotheke Frankfurt a. M. (Eingegangen den 6. XII. 1906.) In Band 38 des Archivs der Hygiene habe ich über meine Unter- suchungen berichtet, welche zu dem Resultat geführt haben, daß das Solanin in den Kartoffeln als das Produkt der Tätigkeit bestimmter von mir aufgefundener Solaninbildner entsteht. Im Archiv der Pharmazie vom 22. September 1906 veröffentlicht Wintgen Ergebnisse seiner Untersuchungen über den Solaningehalt der Kartoffeln. Ein Ergebnis seiner Arbeit faßt er in den Satz zu- sammen: „Solaninbildung durch Bakterien auf Kartoffelnährböden nach dem Verfahren von Weil ist nicht bestätigt worden." Zu diesem Resultat glaubt Wintgen gekommen zu sein durch genaue Nachprüfung meiner Versuchsmethodik. Eine Erklärung für R. Weil: Solaninbildung. 71 die Ergebnisse der Weil 'sehen Arbeit vermag W intgen nicht sicher zu geben. Weil scheint, so fährt Wintgen foi^t, bei der Art seiner Versuchsausführung von der Annahme ausgegangen zu sein, daß Solanin in dem Preßsaft der Kartoffel nicht vorhanden und in un- löslicher Form in der Kartoff'el enthalten ist; dies sei jedoch unrichtig. Solanin sei auch als reines Glykosid in Wasser nibht völlig unlöslich. In der Kartoffel liegt es überhaupt nicht frei, sondern an eine organische Säure gebunden vor, ist also infolgedessen noch löslicher. Berücksichtigt man dann weiter, daß der Preßsaft schwach saure Reaktion besitzt, so ist von vornherein anzunehmen, daß Solanin darin enthalten sein wird. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, meint Wintgen weiter, daß beim Eindampfen des Preßsaftes, sofern die saure Reaktion nicht mit Ammoniak abgestumpft wird, Zersetzung des Solanins eintreten und in Alkohol fast unlösliches Solanidin ge- bildet wird. Diesen Zusatz von Ammoniak scheint Weil unterlassen zu haben, wenigstens berichtet er in seiner Arbeit hierüber nichts. Aber auch hiermit würde nur ein Teil der Weil' sehen Ergebnisse seine Erklärung finden. Auf Grund unserer Untersuchungsergebnisse, fährt Wintgen fort, kann eine Solaninbildung durch das Bacterium solaniferum colorabile als wahrscheinlich oder gar erwiesen nicht mehr angesehen werden. Damit fällt aber auch die weitere Folgerung, welche Weil aus seinen Versuchsergebnissen ziehen wollte, nämlich daß das Vor- kommen von Solanin lediglich auf bakterielle Ursachen zurück- zuführen sei. Die Erklärung füi- die Mißerfolge Wintgen's liegt sehr ein- fach: Wintgen beabsichtigte nach dem Verfahren von Weil zu arbeiten, de facto hat er aber unter ganz anderen Versuchsbedingungen die Nachprüfung vorgenommen, und zwar nach einer vollkommen un- brauchbaren Methode, welche ich infolge ihrer Mängel kurz nach dem Beginn meiner Versuche wieder verlassen hatte. Beim Beginn meiner Untersuchungen hatte ich bereits festgestellt, daß solaninhaltige Nähr- medien vollkommen ungeeignet sind, um Milligramme neugebildeten Solanins aufzufinden. Die gefundenen Zahlen ergaben bei den geimpften Nährböden häufiger einen niederen Solaningehalt als bei den ungeimpften. Es ist gleichgültig, daß ich damals mit solaninhaltigen Kartoff'eln gearbeitet habe, während Wintgen mit solaninhaltigem Kartoff'elsafte gearbeitet hat. In beiden Fällen war das an und für sich schon solaninhaltige Nährmedium höchst ungeeignet, um Milligramme des neugebildeten Glykosids aufzufinden. Schon dieser mein Befund hätte bei aufmerksamem Studium meiner Arbeit Wintgen belehren müssen, daß seine ganzen mühevollen Untersuchungen zu keinem 72 R. Weil: Solaainbildung. anderen Ergebnisse führen würden. Da er sich dieser Erkenntnis ver- schlossen hat, so führten seine Untersuchungen eben zu nichts anderem als zu einer Bestätigung der von mir festgelegten Tatsache, daß in solaninhaltigen Nährmedien, sei es nun die solaninhaltige ganze Kartoffel, oder sei es wie Wintgen's Versuche ergeben, der durch Verreibung der ganzen Kartoffel hergestellte solaninhaltige Kartoffelsaft, Milli- gramme „neugebildeten Solanins" sich nicht ermitteln lassen. Wollen wir nun untersuchen, worin Wintgen's Fehler gegen meine Versuchsmethodik bei der Nachprüfung meiner Versuche bestehen, um den Gründea seines Mißerfolges näher zu kommen. 1. Im Hinblick darauf, daß das Solanin in kaltem Wasser so gut wie unlöslich ist und unter Berücksichtigung, daß, wie ja auch Wintgen hervorhebt, 64— 75 % des Solanins in den Schalen sitzt und ein weiterer hoher Prozentsatz in den peripheren Schichten, versetzte ich 500 g rohe sorgfältig geschälte und dann geriebene Kartoffeln mit ebensoviel kaltem Wasser, ließ dieselben dann 2 Stunden mazerieren und verdünnte dann die abgepreßte von Stärke befreite und filtrierte Kolatur auf einen Liter. Der Liter Kartoffelsatt enthielt mit anderen Worten, die in das kalte Wasser im Laufe von 2 Stunden übergegangenen Substanzen aus Kartoffeln, denen, wohl verstanden, durch das sorgfältige Schälen, also durch Entfernung der Schale und peripheren Schichten, etwa % ihres natürlichen Solaningehaltes ent- zogen war. Statt dessen verwendet Wintgen einfach zerriebene ungeschälte Kartoffeln, die vom größten Teil des für diese Untersuchungen höchst störenden Solanins überhaupt nicht befreit worden sind. Der erste prinzipielle Irrtum, den Wintgen begangen hat, liegt also in dem Verwenden ungeschälter Kartoffeln; teilt er doch selbst in seiner Arbeit mit, daß er einfach Kartoffeln verreiben läßt und nicht wie ich vorschreibe, geschälte Kartoffeln. Nur dadurch läßt es sich teilweise erklären, wie es möglich ist, daß der von ihm hergestellte Kartofl'elsaft 8,5 bis 13 mg natürlichen Solanins enthält. Es müssen aber noch weitere Fehler bei der Her- stellung dieses Kartoffelsaftes unterlaufen sein, welche bedingt haben, daß relativ große Mengen Solanin in Lösung gegangen waren. Die Annahme Wintgen's, es würde das Solanin überhaupt in Lösung gehen, wenn sorgfältig geschälte Kartoffeln 2 Stunden lang mit kaltem Wasser mazeriert werden, ist zweifellos unrichtig. Denn, dank der außerordentlich schweren Löslichkeit des Solanins, gehen die nach Entfernung der Kartoffelschalen noch vor- handenen Solaninreste im Laufe von 2 Stunden aus ihrer natürlichen Verbindung (aus der Kartoffel) in das kalte Wasser nicht übei'. R. Weil: öolaninbildung. 73 Wenn ich diese Tatsache durch eine ganze Anzahl von Kontrollproben auch nur an den elsä^ser Kartoffeln fe>) Annal. d Chem. HO, 342. 80 G. Knöpfer: Chinasäure. unterschieden. Die Ausbeute beträgt etwa 30%, die Verbindung läßt sich auch im Vakuum nicht unzersetzt destillieren. Berechnet für CuHgoOj: Gefunden: C 53,22 53,02 H 8,07 7,89. Die Aethoxylbestimmung ergab : Berechnet: Gefunden: CaHjO 36,30 37,15 Man kann diese Verbindung auch direkt aus der Chinasäure er- halten, wenn man aut das von Baup') beschriebene basische Bleisalz dieser Säure Jodäthyl einwirken läßt, doch ist die Ausbeute wesent- lich geringer. Die Identität des so erhaltenen Körpers mit dem früher beschriebenen wurde durch die Methoxylbestimmung ermittelt. Berechnet : Gefunden : CaHsG 36,30 37,69. Methylester der Methylchinasäure. Die Darstellung erfolgte in analoger Weise wie bei der voran- gehenden Verbindung, gestaltet sich jedoch dadurch schwieriger, als sich dem entstandenen Produkte auch immer etwas Methylester der Chinasäure beimengt, der wie erwähnt, in Aether nicht ganz unlöslich ist. Die Methoxylbestimmungen ergaben demzufolge erheblich zu niedrige Werte, doch ist durch sie die Bildung des erwarteten Körpers sicher festgestellt. Berechnet: Gefunden: I, IL CH3O 28,18 25,18 25,62. Die Verbindung stellt eine farblose, zähflüssige Masse dar, die im Wasser, Alkohol und Aether löslich ist und bei 240 — 250° C. unter teilweiser Zersetzung im Vakuum destilliert. 1) Annal d. Chem. 6, 11. ICHTHYOL. Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht Identisch mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch UTiserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit Ichthyol oder Ammonium sulfo - ichthyolicum gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit- teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. IcMliyol- Gesellscliaft Cordes, Hermanni & Co. HAMBURG. Ergänzungstaxe zur Deutschen Arzneitaxe 1907. In Leinen gebunden M. 2.50, bei Vor- einsendunor franko zu beziehen vom 'fe Peuts^en flpotheker-Verein Berlin C. Chemische Fabrik Cotta E. HEUER empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica Aether pro narcosi I «._,,- r » Chlopofopm. puriss. j "arKet.«. ^■^ Zu beziehen durch die Medizinal -Drogenhäuser. »^ Jf Vierteljahresschrift ^ für praktische Pharmazie. Es wird gebeten, das Post -Abonnement für 1907 rechtzeitig zu erneuern. Preis M. 5.— für das ganze Jalir. näl)rpräparate: näl)rzu(her u. vertess. Clebigsuppe in Pulverform in Dosen von 1/2 kg Inhalt zu Mk. 1.50. näl)rzu(ker- Wahao '"^ ^°^\\Mk. ly.''-^'*" CicAtl - Tirihntnrha« ™>* 0,70/^ Ferrum glycerin-phosphoric. Cl9Vn - lldQrZUinvr die Dose von 1/2 kg Inhalt Mk. 1.80. €l$enT(äl)rzucher--Makao?^^rföorvo°nT/fkViÄk^^^^^^^^ Leicht verdanliche Eisenpräparate. L Den H.H. Aerzten Literatur und Prohen kosten- und spesenfrei. Nährmittelfabrik Müncben, G. m. b. H., in Pasing bei München. Erklärung der te(l)ni$cl)en IPrüfund$n)etl)oden des Deutsclien Arzneibuclies IV. Von Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat in Darmstadt. Preis 60 Pf. portofrei. Zu beziehen vorn Deutschen Apotheker -Verein, Berlin C. 2. Angefügt eine Beilage der Firma Chr. Herrn. Tauchnitz,Verlagsbuchhandlg., Leipzig. Druck von Denter & Nicolas, Berlin C, Neue FriedrichBtraese 48. ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben vom Deutschen Apotheker-Yerein unter Redaktion von E. Schmidt und H. Beckurts. Band 245. Heft 2. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1907. K Ausgegeben den 30. März 1907. INHALT. Seite P. Battenberg, Die Untersachang und Beurteilung des Himbeersaftes und Himbeersirups 81 A. Tschirch und H. Gederberg, üeber das GlyCyrrhizin 97 H. Matthes und 0. Rammstedt, Die Verwendbarkeit der Pikrolonsäure (Dinitrophenylmethylpyrazolon) zur Wertbestimmung narkotischer Drogen, Extrakte und Tinkturen 112 A. Westerkamp, Elektrolytische Bestimmung des Bleis in Zinn-Blei- legierungen und Weißblechen 132 A. Tschirch und J. Edner, Ueber den englischen und französischen Rhabarbei" 139 Dieselben, Wertbestioomung des Rhabarber 150 J. Dekker, Ueber Kakao und Schokolade 153 H. Thoms, Ueber Rottlerin 154 A Tschirch und H. Scholz, Ueber den zur Herstellung des Resinat- weins benutzten Harzbalsam von Pinus halepensis 156 Eingegangene Beiträge. Em. Bonrqnelot, Ueber den Nachweis des Rohrzuckers in den Pflanzen mit Hilfe von Invertin. Derselbe, Ueber den Nachweis der Glykoside in den Pflanzen mit Hilfe von Emulsin. J. Vintilesco, Untersuchungen über die Glykoside einiger Pflanzen aus der Familie der Oleaceen. Em. Danjoa, Anwendung der biochemischen Methode zur Auffindung und Bestimmung des Rohrzuckers und der Glykoside in den Pflanzen der Familie der Caprifoliaceen. E. Beckmann, Anwendung der Eryoskopie zur Beurteilung von Gewürzen und anderen Drogen. N. H. Cohen, Lupeol, a- und ß-Amyrin aus Bresk. Derselbe, ß-Amyrin- Acetat aus Balata. (Geschlossen den 24. HI. 1907.) •-i -ä -s: -« -Ä Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang IMk. 12,—. Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A-rch.iv- R.ed.alitioii Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt iii Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H Beckurts in Braunschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste bctrefi'endeu Mitteilungen an den Uciitsclieii ApothoUer* -Voreiii Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 einzusenden. :&- t ;^n|,c|«j.rpYf^fYYtTTnn'TfTTTffYTfnntfn^TnTff'K P. ßuttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. Sl Die Untersuchung und Beurteilung des Himbeer- saftes und Himbeersirupes. Von P. Battenberg-Hamburg. LIBRAk NEW YOJ (Eingegangen den 13. XII. 1906.) BOTANIC, Die mit der NahrangsmittelkontroUe betrauten Chemiker habe^iA^o» sich in den letzten Jahren viel mit der Untersuchung von Fruchtsäften speziell Himbeersaft und -sirup befaßt. Veranlassung hierzu waren einerseits die häufig vorgenommenen Verfälschungen und andererseits die Schwierigkeiten, den geschickten Fälscher auf dem Wege der chemischen Analyse zu überführen. Die dabei gemachten Erfahrungen sind in zahlreichen Arbeiten niedergelegt. Auch auf der letzten Jahres- versammlung der Freien Vereinigung Deutscher Nahrungsmittelchemiker inNürnberg 1900 haben Verhandlungen (Berichterstatter W. Fresenius') stattgefunden, in denen Vorschläge des Ausschusses zur Abänderung des Abschnittes „Fruchtsäfte und Gelees etc." der „Vereinbarungen" beraten worden sind. Da Himbeersaft und -sirup von alters her wichtige pharmazeutische Handelsartikel bilden, so dürfte es nicht unerwünscht sein, aus der Fülle der neueren Arbeiten das heraus zu greifen, was geeignet erscheint, ein Bild vom derzeitigen Stande der Untersuchung und Beurteilung genannter Präparate zu geben. Auf die Gewinnung des Saftes und dessen Verarbeitung zu Sirup braucht nicht näher eingegangen zu werden. Einzelne Punkte, welche für die Zusammensetzung von Bedeutung sein können, sollen später noch erörtert werden. Vorauszuschicken ist, daß im gewöhnlichen Leben die Begriffe Saft (= succus) und Sirup (=sirupus) nicht immer scharf auseinandergehalten werden, daß vielmehr Himbeer- sirup sclechtweg als Himbeersaft bezeichnet zu werden pflegt. In wissenschaftlichen Kreisen sollten jedoch derartige zu Verwechselungen führende Benennungen vermieden werden. Die verschiedenen Bestimmungen, welche bei der Untersuchung auszuführen sind, und die dabei zu beobachtenden Punkte sollen getrennt nach Himbeersaft und Himbeersirup besprochen werden. Untersuchung des Himbeersaftes. Von der Bestimmung des spezifischen Gewichtes im ursprünglichen und im entgeisteten Himbeersaft sieht man, falls nicht besondere Veranlassung — z. B. die Berechnung des Alkoholgehaltes § ^j Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1906, 12, 26-34. .^ Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds -2. Heft. CO 82 f. Battenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. aus dem spezifischen Gewichte vor und nach dem Entgeisten — vor- liegt, ab. Beim Extrakt wählt man den direkten Weg, wie derselbe für Wein vorgeschrieben ist. Bestimmt man das Extrakt indirekt an der Hand der Zucker tabelle von K. W indisch aus dem spezifischen Gewichte des durch Eindampfen entgeisteten und mit Wasser wieder aufgefüllten Saftes, so werden zumeist zu hohe Werte erhalten. Daß diese indirekte Bestimmung unter umständen bei Fruchtsäften zu erheblichen Irrtümern führen kann, hat K. Farnsteiner') nach- gewiesen. Unter anderem geht dies aus den Untersuchungen von H. Lührig^) hervor; 25 Proben lieferten im Mittel bei der direkten Bestimmung 5,11 und bei der indirekten 5,76 g Extrakt in 100 ccm Himbeersaft. Die Gewinnung der Asche aus dem durch Eindampfen und Trocknen erhaltenen Extrakte sowie die Bestimmung der Aschen- alkalität müssen unter besonderer Vorsicht ausgeführt werden, zumal da diese Werte für die Beurteilung eine wichtige Unterlage abgeben. Im erhöhten Maße ist dasselbe bei dem noch ascheärmeren Himbeer- sirup der Fall. Wenn man das verkohlte Extrakt im 'lockeren Zustande verascht, so können direkte Gewichtsverluste dadurch ein- treten, daß die entstehenden federartigen Aschengebilde durch Luft- strömungen, besonders beim unvorsichtigen Aufheben des Verbrennungs- deckels, weggetragen werden. Man verfährt daher am besten in der Weise, daß man das verkohlte Extrakt zerreibt, dann verascht und durch Auslaugen mit Wasser von den schwer verbrennbaren Anteilen trennt. Nachdem die letzteren für sich in der Schale vollständig verascht sind, fügt man den wässerigen Auszug hinzu, verdampft zur Trockne und zieht den Rückstand vorsichtig durch die Flamme. Bei dieser Arbeitsweise erhält man die Mineralbestandteile in Form eines ziemlich festen Belages. Die Verwendung von stark schwefelhaltigem Leuchtgase bei gleichzeitig unzweckmäßiger Aufstellung der Veraschungsschalen kann die Alkalität der Mineralstoffe herab- setzen. Der Vorschlag von H. Lührig, das Veraschen auf schräg liegender Asbestplatte mit kreisförmigem Ausschnitte zur Aufnahme der Platinschale auszuführen, durch welche Vorrichtung die Verbrennungsgase seitlich fortgeführt werden, hat sich als zweckmäßig erwiesen. Bei der Alkalitätsbestimmung in der Asche wird zur Rücktitration der im üeberschuß zugefügten H N.-Säure als Indikator Azolithminpapier, Phenolphtalein und auch Methylorange verwendet; J) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1904, 8, 593- 6G3. 2) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1904, 8, 657—668. P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. 83 das erstere dürfte den Vorzug verdienen. Die Alkalität drückt man als verbrauchte Kubikzentimeter N.-8äure für lüOg Saft aus. Für die Säuremenge (Kubikzentimeter N.-Säure), welche erforderlich ist, um 1 g Asche zu sättigen, ist von P. Buttenberg') der Begriff Alkalitätszahl eingeführt worden. Die Alkalitätszahl gestattet, eine gewisse Kontrolle darüber auszuüben, ob bei der Aschenbestimmung ein Verlust an Alkalität eingetreten ist. Wie wir später aus Zahlenmateriale sehen werden, ist die Alkalitätszahl im Gegensatze zu den größeren Schwankungen unterworfenen Werten für Mineralstoffe und Alkalität bei allen einwandfrei analysierten Himbeer- säften und -Sirupen eine relativ konstante Größe. Die Trennung der wasserlöslichen und wasserunlöslichen Mineralstolfe hat H. Lührig^) für eine größere Reihe von Himbeer- säften durchgeführt. P^ingehende Aschenanalysen von Himbeersäften haben A.Beythien^) sowie A.Beythien und L. Waters*) in größerer Anzahl veröffentlicht; auch R. Krzizan und W. Plahl^j teilen zwei derartige I'ntersuchungen mit. Wie bei den meisten Fruchtsäften enthältHimbeer- saftasche neben Spuren von Chlor, Schwefelsäure, Kieselsäure, Kisen und Mangan vorwiegend Phosphate sowie Karbonate der Alkalien und alkalischen Erden. Der Gehalt der Himbeersaft asche an Phosphor- säure ist nach A. Beythien sehr schvt'ankerd und liegt gewöhnlich zwischen 4,6 und 8,.ö%, kann aber besonders bei Waldbeeren auf 10,0 bis 13,0% in die Höhe gehen. Mangan macht sich häufig beim Glühen der Asche und beim Auflösen der letzteren in Salzsäure durch eine Grün- bezw. Rotfärbung bemerkbar. Nach unseren Untersuchungen aus den Jahren 1904 bis 1906 tritt diese Erscheinung in erster Linie bei den aus wilden Beeren hergestellten Säften und Sirupen auf. A. Beythien konnte nach dem v. Knorre'schea Verfahren zuweilen 0,2 bis 0,3% Mangan in der Asche nachweisen. R. Krzizan und W. Plahl fanden bei den Säften aus Wald beeren stets quantitativ bestimmbare Manganmengen, während die Säfte der Gartenfrüchle frei waren oder nur Spuren erkennen ließen. Flüchtige Säure ist im Himbeersafte, falls nicht direkt eine essigstichige Ware vorliegt, meist nur in geringen Mengen vorhanden. Die nicht flüchtige bezw. die Gesamtsäure des Himbeersaftes und -sirupes pflegte man früher als Aepfelsäure berechnet anzugeben. ij Ztschr. f Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1905, 9, 141—145. 2j Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1905, 10, 714—726. ») Ztschr. f. Unters d. Nähr.- u. Genußm. 1905, 10, 339-347. *) Ztschr. f. Unters, d. ^^abr- u. Genußm. 1905, 10, 726—729. *) Ztschr. f. Unters, d. Nähr- u. Genußm. 1906, 11, 205—212 6* 84 P. ßuttenberg: Himbeersaft und Öimbeersirup. Von dieser Bezeichnungsweise muß jetzt jedoch abgegangen werden, da die Untersuchungen von Kunz') und deren Nachprüfung durch R. Krzizan und W. Pia hl ergeben haben, daß im Safte der Him- beeren keine oder nur wenig Aepfelsäure vorkommt, und daß der weit- aus größte Teil der nicht flüchtigen Säure aus Zitronensäure besteht. Es entspricht daher mehr der Wirklichkeit, die nicht flüchtige Säure der Himbeeren als Zitronensäure anzuführen, wenn man nicht vorzieht, an deren Stelle lediglich die zur Sättigung der Säure verbrauchten Kubikzentimeter N.-Lauge zu setzen. Zum qualitativen Nachweis der Zitronensäure ist das sehr empfindliche Verfahren von J. Deniges^) zu empfehlen, welches auf der Ueberführung der Zitronensäure in Acetondikarbonsäure und der Abscheidung der letzteren als Quecksilberdoppelverbindung beruht. Zur Ausführung der Reaktion versetzt man 5 ccm Saft mit 1 ccm Merkurisulfatlösung (5,0 Quecksilberoxyd, 20 ccm konzentrierte Schwefel- säure und 100 ccm Wasser), kocht die Mischung auf und fügt tropfen- weise 2%ige Kaliumpermanganatlösung hinzu. Vorhandene Zitronen- säure erkennt man an dem eintretenden flockigen Niederschlage. Einige weitere Untersuchungen, die sowohl beim Himbeersaft wie auch beim Himbeersirup vorzunehmen sind, sollen im nächsten Ab- schnitte besprochen werden. Untersuchung des Himbeersirupes. Das was unter Himbeersaft über Asche, Alkalität, Alkalitäts- zahl und Säure besprochen ist, gilt auch für Himbeersirup. Die Bestimmung des Extraktes, welche direkt durch Ein- dampfen und Trocknen nach der Weinvorschrift oder indirekt durch Ermittelung des spezifischen Gewichtes einer entgeisteten Siruplösung erfolgen kann, bezweckt, das Mengenverhältnis von Zucker zu Muttersaft einigermaßen annähernd festzustellen. Die von Py") vorgeschlagene Ermittelung des zuckerfreien Extraktes (Gesamtextrakt weniger Rohrzucker + Invertzucker), der früher E. Spaeth*) eine Bedeutung beim Nachweis von mit Wasser verdünntem Rohsafte beilegte, führt man jetzt kaum noch aus. Die gewichtsanalytische Bestimmung des vorhandenen Rohr- und Invertzuckers ist für gewöhnlich nicht notwendig. Man begnügt 1) Ztschr. d. österr. Apotheker -Vereins 1905, 43, 749. 3) Compt. rend. 1900, 130, 32; vergl. 0. Krug: Zum Nachweis von Zitronensäure im Wein. Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1906, 11, 155-156. 8) Journ. Pharm. Chim. 1895 [6], 2, 488. «) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1901, 4, 97—107. P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirnp. 85 sich vielmehr damit, eine Lösung von 10 g Sirup zu 100 ccm im 200 mm-Rohr vor und nach der Inversion zu polarisieren, zumal da diese Art der Prüfung zumeist genügt, um sich davon zu überzeugen, ob Stärkezucker vorhanden ist oder nicht. Der Wert für die direkte Polarisation kann sehr verschieden sein, je nachdem wie weit die Inversion des Rohrzuckers im Sirup vorgeschritten ist. Die von uns in den letzten Jahren untersuchten Handelssirupe, welche einen Extrakt- gehalt von 58,8 — 68,65% aufwiesen, zeigten eine direkte Polarisation von +6,20° bis — 1,63® und eine Inversionspolarisation von — 2,30 bis 2,80 ^ Bei den Sirupen des Deutschen Arzneibuches findet man nach der Inversion etwa — 2,50" bis — 2,60°. Die direkte Polarisation läßt nur in seltenen Fällen beim erheblichen Zusätze Stärkezucker erkennen; ausschlaggebend ist die Polarisation nach der Inversion. Bei den Himbeersirupen mit einem Extraktgehalte von 58 — 70% kommt das Vorhandensein von Stärkesirup erst in Frage, wenn die Inversionspolarisation weniger als — 2,0° oder sogar eine Rechtsdrehung ergibt. Genauer kann man diese Grenze in Form der spezifischen Drehung des invertierten Extraktes (s. später) angeben. Als weiteres Mittel, den Stärkesirup nachzuweisen, dient die Alkohol- fällung und die Polarisation der mit Hefe vergorenen Siruplösung. Für die annähernde Schätzung des Stärkesirupes eignet sich der von A. Juckenack und R. Pasternack*) eingeschlagene Weg. Aus den Werten für das auf indirektem Wege ermittelte Extrakt und für die Inversionspolarisation berechnet man das spezifische Drehungs- vermögen der invertierten Trockensubstanz [a]D — d, h. die Drehung von 100 g Trockensubstanz in 100 ccm im 100 mm-Rohre. Diese Größe schwankt bei reinen Himbeersirupen zwischen — 18,0° bis — 21,5°, während für die invertierte Trockensubstanz des Stärkesirupes + 134,1° zugrunde gelegt wird. Die Formel: 100 ([o]d + 21,5) , [a]D + 21.5 ; bezw. 21,5 + 134,1 1,556 gibt den Prozentgehalt des untersuchten Himbeersirupextraktes an wasserfreiem Stärkesirup an. Will man letzteren in wasserhaltigem Stärkesirup umrechnen, so legt man einen mittleren Wassergehalt von 18,0% zu Grunde. Zur Vereinfachung der Berechnung haben A. Juckenack und R. Pasternack eine Tabelle aufgestellt, aus der für die gefundene spezifische Drehung des invertierten Himbeerextraktes die entsprechenden Werte für Rohrzucker, wasserfreien und wasser- haltigen Stärkesirup direkt abgelesen werden können. H. Matthes 1) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- q. Genußm. 1904, 8, 10—26. 86 P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. und F. MüllerV), welche die Brauchbarkeit der vorstehenden Arbeits- weise bestätigen, nehmen als Mittelwerte für die spezifische Drehung der invertierten Trockensubstanz beim Himbeersirup — 20° und beim Stärkesirup +126" an. Etwas umständlicher ist ein von A. Beythien^) beschriebenes Verfahren, bei welchem zur Berechnung des Stärkesirupes die Be- stimmung der Polarisation vor und nach der Inversion sowie des Gesamtzuckers erforderlich sind. E. Ewers^) zeigt an der Hand von Beispielen, daß bet An- wendung der steueramtlichen Vorschrift zum Nachweis des Stärke- sirupes in Fruchtsirupen Zusätze von 5 — 10% Stärkesirup nicht auf- gefunden werden, und schlägt daher folgende Aenderung der betreffenden Ausführungsbestimmungen vor: „Zur Untersuchung der Fruchtsirupe ist zunächst eine Prüfung auf Invertzucker vorzunehmen. Falls über 2% Invertzucker gefunden werden, muß der Gresamtzucker ermittelt und das Vorhandensein von Stärkesirup angenommen werden, wenn auf 100% Gesamtzucker, als Rohrzucker berechnet, die Linksdrehung einer invertierten Lösung von 26,00 g Sirup auf 100 ccm im 200 mm-Rohre polarisiert 28° oder weniger ergibt." Auf weitere Fehlerquellen, welche durch Verwendung von Tier- kohle beim Nachweis von Stärkesirup nach der steueramtlichen Vor- schrift eintreten können, macht H. L übrig*) aufmerksam. Die Tier- kohle übt auf Saccharose, Invertzucker und Stärkezucker eine un- gleichmäßige Absorption aus, die außerdem von der Menge des Ent- färbungsmittels und der Zeit der Einwirkung abhängig ist. Bei der Feststellung, ob künstliche Färbung vorliegt, ist in erster Linie auf Kirschsaft zu achten. Diesen Zusatz weist man nach der Methode von 0. Langkopf^) nach: Von 30 ccm Sirup destilliert man unter guter Kühlung 2 ccm ab und versetzt das Destillat mit je einem Tropfen einer frisch bereiteten Guajakharztinktur und einer sehr stark verdünnten Kupfersulfatlösung. Cyanwasserstoff, aus dem Kirschsaft herstammend, macht sich durch Blaufärbung bemerkbar. Nach K. Windisch^y trifft man im Kirschsafte des Handels Blau- säure mindestens in Spuren auch in solchen Säften an, die nach sorg- 1) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1906, 11, 73-81. 3) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1903, 6, 1095—1118, 8; Ztschr. f. öff Chem. 1905, 11, 374—378. *) Pharm. Centralh. 1905, 46, 951-957. 6) Pharm. Centralh. 1900, 41, 421-422. «) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1901, 4, 817—826 and Arb. a. d. Kaiser 1. Gesundheitsamt 1895, 11, 285-389. P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. 87 fältiger Entfernung der Steine lediglich aas dem Fruchtfleische her- gestellt sind. Trotz der großen Empfindlichkeit dieser Reaktion läßt der negative Ausfall nicht unter allen Umständen auf die Abwesenheit von Kirschsaft schließen. Es kann ein an sich sehr blausäurearmer Saft genommen sein, der durch längeres Erhitzen beim Einkochen blausäurefrei geworden ist. Teerfarbstoffe machen sich kenntlich beim Ausfärben mit Wolle und beim Schütteln mit frischem auf nassem Wege bereiteten Quecksilberoxyd. Himbeersaft färbt Wolle nur etwas schmutzig grau und wird vom Quecksilberoxyd schon in der Kälte vollständig entfärbt. Tritt beim Behandeln mit Wolle vollständige Entfärbung des Saftes ein, so ist natürliche Farbe überhaupt nicht vorhanden. Als allgemeine Vorprüfung zur Unterscheidung der natür- lichen und künstlichen Fruchtsäfte und -sirupe empfiehlt W. Lohmann') das Verhalten beim Vermischen mit Alkohol. In ersteren werden dabei Pektinstoffe ausgefällt, während das Klarbleiben der Mischung auf das Vorliegen eines Kunstproduktes schließen läßt. Man verfährt in der Weise, daß man zu 10 ccm Himbeerrohsaft 40 ccm Alkohol zumischt, wobei im natürlichen Produkte etwa 5 ccm Pektin- stoffe als voluminöse Flocken sich ablagern. Die Menge dieses Nieder- schlages ist beim Himbeersirup entsprechend geringer. Enthält letzterer jedoch Stärkesirup, so entsteht durch Dextrinfällung eine milchige Trübung, die sich später zum dickflüssigen Schleim zusammenballt. Der Zusatz von aus Himbeertrestern hergestellten Fruchtessenz kann chemisch nicht direkt nachgewiesen werden. Enthält jedoch der Fruchtsirup eine derartige Essenz oder sogar künstlichen Frucht ät her, so lassen häufig noch andere Merkmale (künstliche Färbung, Wasser- zusatz und dergl.) auf das Vorhandensein eines gefälschten Produktes schließen. Mit künstlichem Fruchtäther parfümierte Himbeersirupe riechen und schmecken zumeist verdächtig nach Fruchtbonbon. Bertschinger und Kreis^) nehmen die Geruchs- und Geschmacks- prüfung bei den zuerst übergehenden Anteilen des Destillates vor und verseifen außerdem dieselben mit wässeriger Kalilauge. Macht sich dabei Amylalkohol durch den Geruch bemerkbar, so sind künstliche Fruchiäther als nachgewiesen anzusehen. Ueber viskosimetrische und refrakto metrische Unter- suchungen des Himbeersirups berichten A. und M. Dominikiewicz'): Die Viskosität wächst mit dem Extraktgehalte und ist bei stärke- siruphaltigen größer wie bei reinen Himbeersirupen von gleicher ' 1) Ber. Deutsch. Pharm. Gesellsch. 1902, 11, 486—493. S) Schweiz. Wchschr. f. Chem. u. Pharm. 1904, 42, 170—172. 8) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1905, 10, 73ö— 744. 88 P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirap. Konzentration. Im Gegensatz zu den reinen Himbeersirupen hängt die Viskosität bei stärkesiruphaltigen Präparaten nicht vom Extrakt- gehalte, sondern von der Menge des Stärkesirupzusatzes ab. Mit Hilfe des Butterrefraktometers läßt sich schnell und einigermaßen annähernd der Extraktgehalt in reinen Himbeersirupen bestimmen; bei Anwesenheit von Stärkesirup sind die Werte weniger brauchbar. Früher hat bereits J. König ^) aufmerksam gemacht, daß stärke- siruphaltige Lösungen eine größere Viskosität wie Rohrzuckersirupe von gleichem Extraktgehalte aufweisen. Saccharin schüttelt man mit Aether-Petroläther aus der mit Phosphorsäure versetzten Siruplösung aus. Nach dem Abdestillieren der ätherischen Lösung erkennt man den zurückbleibenden Süßstoff durch die Geschmacksprobe. Zur Charakterisierung des Saccharins, wenn nicht gleichzeitig Salicylsäure (Eisenchloridreaktion) vorhanden ist, wird der Rückstand mit Aetznatron vermischt, etwa 30 Minuten im Trocken schranke auf 220 — 250** erhitzt, in Wasser gelöst, mit Phosphorsäure angesäuert und mit Aether ausgeschüttelt. War Saccharin vorhanden, so gibt der Rückstand der ätherischen Lösung die Salicylsäurereaktion. Nach E. von Mahlen^) schmilzt man den Saccharin enthaltenden Rückstand im kleinen Röhrchen mit metallischem Natrium zusammen, wirft das heiße Gläschen in ein Becherglas mit frisch bereiteter Nitroprussidnatriumlösung. Saccharin macht sich durch den Eintritt einer rotvioletten Färbung kenntlich. Dulcin (Sukrol, Paraphenetolkarbamid) wird nach E. Morpurgo') nachgewiesen: Den mit Sand und Bleikarbonat zum Extrakt ein- gedampften Sirup zieht man mehrmals mit Alkohol aus. Die alkoholische Lösung dampft man zur Trockne, nimmt den Rückstand in Aether auf und prüft nach dem Abdestillieren des Aethers, ob ein süß schmeckender Körper im Rückstande verbleibt. Dulcin, mit 2—3 Tropfen Phenol und ebensoviel konzentrierte Schwefelsäure kurze Zeit zum Sieden erhitzt und mit wenig Wasser verdünnt, liefert beim üeberschichten der erkalteten Mischung mit Ammoniak oder Natron- lauge eine violettblaue bis blaue Färbung. Die im Handel befindlichen Himbeersäfte und -sirupe werden häufig mit Konservierungsmitteln versetzt, unter denen die Salicyl- säure eine Hauptrolle spielt. Wie aus den Arbeiten von E. Windisch*), A. Desmouliere^), F. W. Traphagen und ») Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1900, 3, 217-221. 2) Chem.-Ztg. 1905, 29, 32. 8) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1901, 4, 924. <) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1903, 6, 447—452. ßj Bull. Sciences Pharmacolog. 1902, 4, 204-205. P, Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. 89 E. Burke') u. a. hervorgeht, kommt Salicylsäure wahrscheinlich in Form der Methylester unter anderen Früchten auch in Himbeeren als natürlicher Bestandteil vor. Die Menge derselben — etwa 0,5—1 mg im Kilogramm — sind jedoch so unbedeutend, daß deren Nachweis bei An- wendung der schärfsten Prüfungsmethoden nur dann gelingt, wenn das Material literweise in Arbeit genommen wird. Mit Rücksicht darauf, daß zum Zwecke der Konservierung etwa das 200 — 1000 fache zu- gesetzt wird, und daß bei der üblichen Prüfung nur etwa 50ccm Saft bezw. Sirup angewendet werden, kann der natürliche Salicylsäure- gehalt beim deutlichen Eintritt der Reaktion unberücksichtigt gelassen werden. Außer Salicylsäure kommt Benzoesäure und andere Konservierungsmittel in Frage, die zum Teil unter Phantasienamen vertrieben werden. Nach A. Juckenack und R. Pasternack wird Flußsäure als „Fruit" dem Himbeersafte zugesetzt und beim Ein- kochen mit Zucker durch Kalk wieder entfernt. Dieselben Autoren warnen vor „Tempol**, welches Salicylsäure, Borsäure, Glyzerin und Kochsalz enthält. Als weiteres Mittel wird vielfach Ameisensäure^) angetroffen. „Werderol" bestand nach R. Otto und B. Tolmacz^) aus einer 10% igen Ameisensäurelögung, der die Farbe und der Geruch von Himbeersaft verliehen war. Ein ähnliches Produkt „Fructol", mit 14 — 15* Ameisensäure hat B. Haas*) untersucht. Auf die Ver- wendung der Brenzkatechin enthaltenden Präparate machten H. Lührig und F. Wiedemann^) aufmerksam. Bei der Prüfung auf gesundheitsschädliche Metalle ist besonders auf Zink zu achten. G. Benz®) hat in Frucht- säften und Beerenobstmaischen, die wegen eines schlechten Geschmackes häufiger eingeliefert waren, wiederholt Zink gefunden. Die Aufnahme dieses Metalles erklärte sich dadurch, daß bei der Zubereitung der Säfte Gefäße aus Zink oder verzinktem Blech ver- wendet worden waren. Wir haben Gelegenheit') gehabt, in dem Himbeersirup einer Haushaltung 0,205% Zink festzustellen. Die Ver- anlassung zur Einlieferung war auch hier der auffallende Geschmack gewesen. Der betr. Sirup war in einem Zinkbehälter transportiert 1) Journ. Amer. Chem. 1903, 25, 242-244. 2) Vergl. V. Jahresber. d. Nahrungsmittelkontrolle in Hamburg 1903 bis 1904, 68. 8) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1904, 7, 78—81. *) Bericht der k. k. landw. chem. Versuchsstation Wien 1904, 48—49 ^) Bericht des chem. üntersuchungsamtes Chemnitz 1903, 50. «) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1903, 6, 115—116. 7) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1906, 12, 722—725. 90 P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. und aufbewahrt worden. Die hier aus dem Handel entnommenen Himbeersirupe, welche in letzter Zeit regelmäßig auf Zink geprüft sind, haben in keinem Falle nennenswerte Mengen von jenem Metalle enthalten. Beurteilung des Himbeersaftes und Himbeersirupes. Im reellen Handel und Verkehr versteht man unter Himbeer- sirup den durch Auspressen der Himbeeren gewonnenen Rohsaft, welcher mit Rohr- oder Rübenzucker eingekocht ist. Diese Begriflfs- feststellung deckt sich in den wesentlichen Punkten mit den Vor- schriften des Deutschen Arzneibuches, welches noch nähere Bestimmungen über die Darstellungsweise des Rohsaftes (Vergären) und über die beim Einkochen zu wählende Zuckermenge (05%) trifft. Als am meisten beobachtete Fälschung des Himbeersaftes — gleichgültig, ob derselbe als solcher oder als mit Zucker eingekocht vorliegt — kommt die Streckung mit Wasser oder, was im Prinzip dasselbe ist, mit Nachpresse in Betracht. Als Nachpresse bezeichnet man den wässerigen Auszug der Himbeerpreßrückstände (Trester). Die Wässerung eines Himbeersaftes und Himbeersirupes erkennt man in erster Linie an der Menge der Mineralstoffe und deren Alkalität. E. Spaeth') nahm 1900 auf Grund des damals vorliegenden Materiales als unterste Zahl für reinen Himbeersirup von der Kon- zentration des Deutschen Arzneibuches einen Aschengehalt von 0,2% und eine Alkalität von 2,0 an. Ehe auf die Brauchbarkeit dieser Zahlen eingegangen werden soll, muß darauf hingewiesen werden, daß es praktisch ist, bei der Beurteilung von Himbeersirup Asche und Alkalität auf ursprünglichen Himbeersaft umzurechnen. Dies ist schon deshalb notwendig, weil die Fabrikate des Handels nicht genau nach demselben Verhältnis eingekocht sind. Bei der Umrechnung des Himbeersaftes verfährt man in der Weise, daß man den nach Abzug des Extraktes verbleibenden Rest als die zum Einkochen ver- wendete Menge Himbeersaft ansieht. Auf eine absolute Genauigkeit kann diese Berechnung allerdings keinen Anspruch machen. Das Extrakt des Himbeersirupes besteht nicht nur aus dem beim Ein- kochen verarbeiteten Zucker, sondern enthält noch die nicht flüchtigen Bestandteile des Muttersaftes. Außerdem kann das ursprüngliche Ver- hältnis zwischen Saft und Zucker dadurch verändert sein, daß beim Einkochen ein größerer Verdamptungsverlust eingetreten ist. Ein weiterer Fehler entsteht, weil die Asche des Zuckers nicht in Abzug gebracht wird^). Die drei genannten Einwände, welche gelegentlich 1) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1901, 4, 97—107. a) Vergl. R. Hefelmann, Ztschr. f. öffentl Chem. 1905, U, 281—287. P. Buttenberg: Himbeersaft and llimbearsirup. 91 erhoben sind, erweisen sich praktisch ohne Bedeutung, da das Ergebnis der Berechnung sich höchstens zu Gunsten der Fälscher gestalten kann. Insbesondere über den Einfluß der Zuckerasche liegen viele Unter- suchungen vor, aus denen zu ersehen ist, daß die beim Einkochen des Himbeersaftes in Frage kommenden Zuckersorten durchweg sehr arm an Asche und Alkalität sind. So fanden z. B. A. Beythien und L. Waters bei 10 Zuckerproben 0,007—0,03% Asche und 0,03 bis 0,3 Alkalität. Nach dem Erscheinen der E. Spaeth' sehen Arbeit sind viele Untersuchungen von Himbeersäften und -sirupen ausgeführt, die gezeigt haben, daß die von genanntem Autor aufgestellten Zahlen für die Säfte anderer Jahrgänge nicht immer als maßgebend angesehen werden können. Die Zusammensetzung des Saftes der Himbeeren ist durchaus keine konstante, sondern ist abhängig von der Art der Pflanzen, Standort, Bodenbeschaflfenheit, Düngung, klimatischen Ver- hältnisse und dergl. Selbst Werte unter 0,5% Asche und 5,0 Alkalität gehören durchaus nicht zu den Seltenheiten. Man hat sich daher ver- anlaßt gesehen, durch regelmäßige Untersuchungen von reinen Himbeer- säften eiu möglichst umfangreiches Material für die Beurteilung zu beschaffen. Derartige Arbeiten sind in größerer Zahl 1903 und 1904 erschienen und haben dazu geführt, daß seit 1905 — in ähnlicher Weise wie beim Weine — eine Pruchtsaftstatistik *) herausgegeben wird. Die Zahlen^), welche sich als Mittel bei diesen Untersuchungen ergeben haben, sind für die Jahre 1900 — 1904 und 1905 nachfolgend zu ersehen: Himbeersäfte Jahrgang 1900—19043). Analytiker Zabl der Proben Jahrgang SS -^ Mineral- 5 Stoffe 5 < ii E. Spaeth 20 190O 4,27 0,5147 6,64 12,9 A. Beythien .... 4 1903 4,68 0,587 6,88 11.7 A. Juckenack und R. Pasternack . . 5 1903 u. 1904 4,53 0,597 6,52 10,9 A. Beythien .... 7 1904 — 0,654 6,67 10,2 H. Lührig 25 1904 5,11 0,5668 7,18 12,6 P. Buttenberg . . . 5 1904 4,80 0,684 8,17 11,9 Mittel 56 1900-1904 4,68 0,6006 j 7,01 11,7 Lvers 26 1904 3,60 (!; 0,4423 (!) 2,37 (!; 5,36(1) ») Ztschr. f. Unters, d. Nähr- u. Genußm. 1905, 10, 713—744. 3) Die Gewichtsangaben bedeuten bei Beythien, Lührig und Morschöck Gramm in 100 com, bei den übrigen Analytikern Gramm in 100 g. •) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1905, 9, 144. 92 P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. Himbeersäfte Jahrgang 1905^). Analytiker Zahl der Proben Extiakt dir&kt Mineral- sto:ffe Alkalität Alkalitätg- zahl H. Lührig A. Beythien u. L. Waters A. Juckenack E. Baier F. Morschöck . . . . A. u. M. Dominikiewicz R. Krzizan u. W. Plahl W. Ludwig P. Buttenberg .... Mittel 22 22 11 7 10 7 16 4 2 4,08 4,42 3,26 4,96 4,70 4,16 4,13 0,455 0,483 0,472 0,417 0,417 0,539 0,500 0,505 0,581 5,80 5,81 5,38 4,95 5,03 5,68 6,36 5,47 6,35 12,7 12,0 11,4 11,8 12,0 10,5 12,7 10,8 10,9 101 4.24 0485 5,65 11,6 Als Material für den Jahrgang 1906 fügen wir die folgenden Zahlen bei: Selbst untersuchte Himbeersäfte Jahrgang 1906. 10 Proben Extrakt direkt Mineral- stoffe Alkalität Alkalitäts- zahl Mittel Saft mit den höchsten Mineralstoffen . . . Saft mit den niedrigsten Mineralstoffen . . . 4,25 4,01 i 3,91 0,547 0,621 0,439 6,2 7,2 5,1 11,4 11,6 11,6 Die vorstehenden Zusammenstellungen geben ein Bild von den Schwankungen, welche die Himbeersäfte in den einzelnen Jahrgängen unterworfen sind. Im Gegensatz zu den Säften der Jahrgänge 1900 bis 1904 sind die Säfte des Jahrganges 1905 außerordentlich arm an Mineralstoffen und Alkalität, während bei den Säften von 1906 — soweit sich dies nach unseren Proben beurteilen läßt — wieder eine Zunahme der genannten Werte zu erwarten sein wird. Eine weitere Möglichkeit, gefälschte Himbeersäfte und zwar auch dann zu erkennen, wenn man versucht hat, durch Mineralstoffzusatz eine gewässerte Ware analysenfest zu machen, bietet das K. Farn- steiner'sche Additionsverfahren, bei welchem aus der Differenz zwischen dem spezifischen Gewichte des entgeisteten Saftes und der 1) Ztschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm. 1906, 12, 724. P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. 93 Summe der berechneten spezifischen Gewichte der i^inzelbestandteile der totale Extraktrest ermittelt wird. Nach K. Farnsteiner findet man bei reinem Himbeersafte die Werte von etwa 1,3 — 1,7%, während die Fälschungen keinen oder einen abnormen totalen Extrakt- rest liefern. Die Einzelheiten der Ausführung, welche ein sehr exaktes Arbeiten voraussetzen, sind aus der Originalarbeit zu ersehen. Ein gewisses Aufsehen erregte eine Mitteilung von F. Evers^), welcher bei der Untersuchung von selbst hergestellten und aus Frucht- saftpressereien gelieferten Himbeersäften zu ganz abnormen Werten (s. Tabelle 1900—1904) kam. Aus vielen späteren Veröffentlichungen anderer Autoren^) geht übereinstimmend hervor, daß — abgesehen von dem für den in Frage kommenden Jahrgang zu niedrigen Wert für Extrakt und Asche — die von F. Evers gefundene Alkalität nur auf eine fehlerhafte Ausführung der Analysen zurückgeführt werden kann. Vom Fabrikanten ist gelegentlich der Einwand erhoben worden, daß der auf analytischem Wege gefundene Wasserzusatz durch Ver- arbeiten von beregneten Beeren zu erklären sei. Nach Ver- suchen von A. Beythien, die an trockenen und an künstlich duich- näßten Beeren aufgeführt sind, kann die aus der Analyse sich er- gebende Wässerung im Höchstfalle bis zu 10% durch Verwendung von im Regen gesammelten Beeren verursacht sein. Ebenfalls etwas an Mineralstoffen ärmere Himbeersäfte erhält man, wenn man die Beeren ohne zu vergären direkt abpreßt und mit etwa 15 — 16% Alkohol ver- setzt. Bei dieser Darstellungsweise — gespriteter Saft — werden die Mineralstoffe nicht ausgefällt, sondern es tritt nur infolge der Ver- dünnung eine dem Alkoholzusatz entsprechende Verminderung ein. Jeder einwandfrei hergestellte Himbeersaft besitzt eine kräftig rote Farbe, an der der Konsument in erster Linie die Güte der Ware zu beurteilen pflegt. Mit Wasser oder Nachpresse gestreckte Säfte sind weniger intensiv rot und werden daher meist mit Kirschsaft, seltener mit Teerfarbstoffen nachgefärbt, um die Wässerung zu ver- decken. Es kommt auch vor, daß durch Alter oder mangelhafte Dar- stellung mißfarbig gewordene Säfte künstlich aufgefärbt werden. Auch hierin ist eine Täuschung des Käufers zu erblicken. Fälschungen mit Stärkesirup und künstlichen Süß- stoffen gehören jetzt zu den Seltenheiten. 1) Zeitschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genoßm. 1904, 8, 593-603. 3) Zeitschr. f. öffentl. Chem. 1904, 10, 319—321. 8) Außer den bereits genannten Arbeiten vergl. : H. Matthes, F.Müller und 0. Rammstedt, Zeitschr. f. öffentl. Chem. 1904, 10, 480—487. — E. Lepere, Zeitschr. f. öffentl. Chem. 1904, 10, 406-410. 94 P. Buttenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. Der Alkoholgehalt des Himbeersaftes und -sirupes*) spielt eine gewisse Rolle bei Feststellung der Frage, welche Getränke im Verkehr als alkoholfrei anzusehen sind. Durch Spriten haltbar gemachte Säfte sind naturgemäß nicht arm an Alkohol. Auch jeder nach dem Arzneibuch hergestellte Himbeersaft enthält bestimmbare Mengen von Alkohol, der beim Vergären der zerquetschten Beeren entsteht und beim Einkochen mit Zucker nicht verschwindet. Die nachfolgend mitgeteilten fünf selbst verarbeiteten Proben^) zeigen den Alkoholgehalt im vergorenen Safte und in den daraus gewonnenen Sirupen : Himbeersaft Himbeersirup Himbeeren I 2,.56% 0,85% n 1,25,, 0,47 „ m 2,27,, 0,74,, IV. ... . 2,89,, 0,90 „ V 3,64„ 0,53„ Bei der Beurteilung des Himbeersirupes ist zu berücksichtigen, daß derselbe nicht direkt sondern erst nach dem mehrfachen Verdünnen mit Wasser als alkoholfreies Erfrischungsgetränk genossen wird. Nach den vom Verein der schweizerischen analytischen Chemiker im Jahre 1902 aufgestellten Grundsätzen, denen man sich allgemein angeschlossen hat, sieht man ein Getränk im praktischen Sinne als alkoholfrei an, wenn dessen Alkoholgelialt unter 0,42 g in 100 com liegt. Die Ansichten darüber, unter welchen Umständen und bei welchen Mengen salicylsäurehaltiger Himbeersaft und -Sirup als unzulässig zu beanstanden ist, sind ziemlich geteilt. Das Gutachten der Königlichen "Wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen, betreffend Ver- fälschung von Obstsäften mit Salicylsäure vom 17. Februar 1904^) spricht sich dahin aus, daß mit Salicylsäure versetzte Fruchtsäfte als verfälscht anzusehen sind. Wenn daher beim Vertriebe von Himbeersirup als Nahrungs- und Genußmittel schon derartige Bedenken vorliegen, so ist unter allen Umständen darauf zu achten, daß der Himbeersirup der Apotheken, der in erster Linie als Medikament und Stärkungsmittel für Kranke verbraucht wird, nicht mit Salicylsäure oder anderen Konservierungsmitteln versetzt wird. Ein ordnungsgemäß hergestellter Sirup besitzt auch ohne derartige Zusätze genügende Haltbarkeit. 1) Vergl. Gutachten des Kaiserl. Gesundheitsamtes über den Alkohol- gehalt der Fruchtsäfte. Zaitschr. f. öffentl. Chem. 1905, 11, 163-166. 2) V. Bericht über die Nahrungsmittelkontrolle in Hamburg 1903—1904, 70. »J Zeitschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genußm 1904, 8, 25. P. Battenberg: Himbeersaft und Himbeersirup. 95 Untersuchungsverfahren. Alle rjewichtsangaben bei Himbeersaft und Himbeersirup sind als Gramm in 100 g auszudrücken. I. Himbeersaft. 1. Extrakt, Asche, Alkalität und Alkalitätszahl. In 2ö,0 g Saft wird das Extrakt nach der Weinvorschrift (Eindampfen in flacher Platinschale bis zur dickflüssigen Beschaff'enheit, Trocknen 2% Stunden im Wassertrockenkasten) bestimmt. Das f^ewogene Extrakt verascht man über dem Pilzbrenner unter Anwendung der bereits besprochenen Vorsichtsmaßregeln. Die Asche wird mit Wasser angefeuchtet, mit 5 ccm H N.-Schwefelsäure versetzt und in ein kleines Becherglas gespült. Den Inhalt des Gläschens, mit einem Uhrglase bedeckt, erwärmt man einige Zeit auf dem Wasserbade und titriert nach dem Abkühlen den Säureüberschuß unter Anwendung von Azo- lithminpapier zurück. Die Alkalität wird als N.-Säure für 100 g Saft angegeben. Durch weitere Berechnung stellt man den Verbrauch an Kubikzentimetern N.-Säure für 1 g Asche — die Alkalitätszahl — fest. 2. Gesamtsäure. In 25,0 g durch direkte Titration mit H N.- Lauge unter Anwendung von Azolithminpapier zu bestimmen. Die Säure gibt man als wasserfreie Zitronensäure (I ccm N.-Lauge = 0,0ü4 g) oder als verbrauchte Kubikzentimeter N.-Lauge für 100 g an. 3. Fremde Farbstoffe wie beim Himbeersirup. 4. Konservierungsmittel wie beim Himbeersirup. Erwünscht kann ferner sein: 5. Alkohol. Durch Destillation. 6. Zucker. Gewichtsanalytisch. 7. Flüchtige Säure. In dem mit Wasserdämpfen über- getriebenen Destillate. 8. Phosphorsäure. 9. Stickstoff nach Kjeldahl. 10. Gesundheitsschädliche Metalle, speziellZink. Ziemlich geringe Mengen Zink werden in dem mit Salzsäure versetzten Safte mit frisch bereiteter Ferrocyankaliumlösung gefunden. Bei stärkerer Blaufärbung kocht man den abfiltrierten Niederschlag mit Natronlauge und übersättigt das Filtrat wieder mit Salzsäure. II. Himbeersh'up. 1. Asche, Alkalität und Alkalitätszahl. 25,0 Sirup werden In einer flachen Platinschale direkt verascht und wie beim Himbeersaft weiter behandelt. Ö6 i*, ßuttenberg: Himbeersaft und Himbeersiru}). 2. Extrakt. a) Direkt aus 25 ccm einer Siruplösung (1 g zu 25 ccm) nach der Weinvorschrift, b) oder indirekt. Aus dem spezifischen Gewichte des entgeisteten Sirupes an der Hand der Zuckertabelle von K. Windisch. 100 ccm der Lösung (50,0 g zu 250 ccm) werden in einer Porzellanschale auf etwa Vs eingedampft, in ein 50 ccm- Pyknometer gespült und gewogen. 3. Gesamtsäure. 25,0 g ' Sirup mit etwa gleichen Teilen Wasser verdünnt, werden, wie beim Himbeeisirup, titriert. 4. Polarisation nach der Inversion. 50 ccm der Lösung (50,0 g zu 250 ccm) werden im 100 ccm-Kolben mit 25 ccm Wasser und 5 ccm Salzsäure 1,19 versetzt und 5 Minuten auf 68—70" er- wärmt. Nach dem sofortigen Abkühlen neutralisiert man mit starker Natronlauge, fügt 10 ccm Bleiessig und wenig Tonerdehydrat hinzu und füllt auf. Zu 50 ccm des Filtrates gibt man 5 ccm gesättigte Natriumsulfatlösung und polarisiert nach dem Filtrieren. Die Angaben der Polarisation in Kreisgraden — auch bei der evtl. aus zuführenden Polarisation vor der Inversion und nach dem Vergären — erfolgen als Lösungen von 10 g in 100 ccm im 200 mm-Rohre. 5. Stärkezucker. Aus den Werten für Extrakt- und Inversionspolarisation berechnet man die Inversionspolarisation von 100 g Extrakt in 100 ccm im 100 mm-Rohre. Ist dieser Wert, die spezifische Drehung, geringer als — 18,0" bis — 21,5", oder ergibt sich dabei eine Rechtsdrehung, so ist Stärkezucker vorhanden, dessen Menge nach den Angaben von A. Juckenack und R. Pasternack einigermaßen annähernd berechnet werden kann. 6. Künstliche Färbung. a) Teerfarbstoffe: Verhalten gegen Wolltäden und gegen frisch bereitetes Quecksilberoxyd. b) Kirschsaft nach 0. Langkopf. 7. Künstliche Süßstoffe. In der Ausschüttelung mit Aether + Petroläther durch Kostprobe. Charakterisierung durch evtl. Be- stimmung des Schmelzpunktes, durch Schmelzen mit metallischem Natrium oder durch Zerlegen mit Natronlauge. 8. Konservierungsmittel. Salicylsäure und Benzoesäure gehen in die Süßstoffausschüttelung mit über. Ameisensäure und Formaldehyd werden im Destillat, und Flußsäure in dem nach Kalkzüsatz veraschten Sirup gefunden. Erwünscht kann sein: 0. Alkohol. Durch Destillation. A. Tschirch u. Bt. Cederberg: Glycyrrhiziä. Ö7 10. Zucker. Rohrzucker und Invertzucker gewichtsanalytisch vor und nach der Inversion. 11. Künstliche Aromastoffe. 12. Polarisation vor der Inversion. Klärung wie bei der Inversionspolarisation. 13. Polarisation nach dem Vergären. 25,0 g Sirup werden mit etwa 200 ccm Wasser verdünnt und mit frischer Bierhefe bei Zimmertemperatur vergoren. Wenn keine Kohlensäureentwickelung mehr stattfindet, füllt man das Gemisch auf 250 ccm auf und dampft 200 ccm vom Filtrat auf etwa 100 ccm ein, die nach dem Klären mit Bleiessig polarisiert werden. 14. Gesundheitsschädliche Metalle. Vorprüfung auf Zink wie beim Himbeersafte. Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Ueber das Glycyrrhizin Von A. Tschirch und H. Cederberg. (Eingegangen den 15. II. 1907.) Die Versuche den Süßstofif des Süßholzes zu isolieren reichen weit zurück, bis aufPfaff^), der ihn Glycion nannte, Döbereiner^), und Robiquet"), der den Namen Glycyrrhizin dafür einführte. Später beschäftigten sich Berzelius*), Martin^), Hirsch^), Rump'), Flückiger und Möller^), Sestini^) und andere damit, ohne jedoch zu reinen Körpern zu gelangen. Der erste, welcher eine Analyse der Substanz ausführte, war A. Vogel jun. *°). Sein Glycyrrhizin bildete eine hellgelbe amorphe Masse, die bei der Analyse ergab: C = 61,65 H = 7,66. Er gab ihm die Formel Ci6H.26 0a. ^) System der Mat. med. 3) Elemente d. pharmaz. Cham. 8) Trommsd. Journ. XIX, Ann. de Chimie 72 (1809). *) Ann. d. Phys. u. Chem. 10, 1827. Auch Lehrb. d. Chemie 1838. 6) Jahresb. d. Chem. 1860. «) Ebenda 1860 u. 1871. 7) N. Rep. d. Pharm. 4. 'j Pharmakognosie. 8j Gaz. chim. ital. 1878, 131. Ber. d. ob. Ges. 1878, 1249. >o) Journ. f. pract. Chem. 28, 1. Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. 2. Heft. 7 08 A. Tschirch a. H. Cederberff; Glycyrrhizin. T. Lade^) faud ähnliche Zahlen C =- 61,26 60,61 H = 7.31 7,09 wählte aber die Formel C38H48 0]4- Den von ihm beobachteten Stick- stoff (0,03 — 0,0ü%) bezieht er auf eine Vprunreinigung. Gorup-Besanez^) rechnet das Gl5'cyiThizin zu den Glykosiden. Auch seine Substanz war amorph, lieferte übrigens wieder ähnliche Verbrennungszahlen C = 61,46 H = 7,73. Daraus leitet er eine dritte Formel ab: C48H7gOi8, die er durch das Calciumsalz zu stützen suchte. Die Hydrolyse ergab ein Harz und einen gärungsfähigen Zucker. Rons sin ^j erhielt 0,14% Stickstoff. Er betrachtet den in der Droge vorkommenden Körper als das Animoniumsalz der Glycyrrhizin- säure*), da er bei der Behandlung sowohl der Droge wie der Auszüge mit Alkalihydraten das Auftreten von Ammoniak beobachtete. Die Glykosidnatur des Glycyrrhizias wird bestritten. J. Habermann^) verdanken wir die ausführlichsten Mitteilungen über das Glycyrrhizin und die ersten zuverlässigen Analysen. Er ging von dem braunschwarzen „Glycyrrhizinum ammoniacale" des Handels aas und erhielt daraus schwach gelblich gefärbte Krystalle, dene'n er die Formel C22 H33 NOg resp. C44H60N2O18 gibt. Er betrachtet die im Glycyrrh. ammoniacale enthaltene Substanz als das saure Ammonium- salz einer stickstoffhaltigen Säure und gibt dem Salze die Formel C44H82NO,8(NH4). Gefunden : Berechnet ; C = 57,71 57,79 .58,35 58,42 57,98 H = 7,45 7,41 8,17 7,88 7,31 N = 3,09 3,11 — - 3,07. Die daraus dargestellte freie Säure war amorph und reduzierte Fehling'sche LfJsung. Die neutralen Kali- und Ammoniumsalze ent- sprachen dem Formeltyp: C44HeoNOi8(R)8- Das saure Kaliumsalz wurde in farblosen Krystallen erhalten. Bei der Hydrolyse mit ver- dünnter Schwefelsäure erhielt Habermann dieselbe harzige Substanz 1) Ann. d. Cbem. 59, 224. 2) Ann. d. Chem. 118, 236 (1861). 3j Journ. d. pharm, et chim. 22 (1875), 6. Arcb. d. Pharm. (3), 8, 156. *) Die gleiche Ansicht hatte F lückiger schon 1867 ausgesprochen (Pharmak. 1. Aufl.). ») Annal. d. Chem. 197 (1879), 105, auch Sitzungsb. d. Wien. Akad. 74 (JuU 1878). Sitzungsb. d. Wien, Akad. 80, 731 (Ber. d. d. chem. Ge.s. 1880, 1362). A. Tschirch u. II. Cederberg: Glycyrrhizin. 99 wie Gorup-Besanez. Er nannte sie Glycyretin und gab ihr die Formel C88H48NO4. Sie lieferte ein Diacetat. Zucker trat bei der Hydrolyse nicht auf, sondern eine Säure, die er Parazuckersäure nannte. Die ersten, welche aus dem Süßholz selbst und auch aus Succus Liquiritiae farblose Kry stalle von Glycyrrhizinsäure und deren Salzen erhielten, waren Tschirch und Relander'), die sich zur Dar- stellung der Methoden von Roussin und Habermann bedienten, aber bei der Analyse der Krystalle so widersprechende Resultate erhielten, daü sie die analytischen Daten nicht veröffentlichten. Sie fällten das Rohglycyrrhizin aus dem wässerigen Auszuge der Droge mittelst Schwefelsäure, lösten die Fällung in Alkohol, versetzten die Lösung mit Aether — es entsteht ein harziger Niederschlag — filtrierten und dampften das Filtrat zur Sirupkonsistenz ein. Die dicl zeigt sich, daü es eine dreibasische Säure ist, daß sie drei Karboxyle enthält. 0,5 Substanz verbrauchte im Mittel 16,8 ccm " loKaülauge. < 44HeiK(Oi9 verlangt 16,7 ccm. Dies entspräche einem Molekulargewicht von 892, B5 für die Säure. Das Molekulargewicht ist nach der Formel C44H64O19 = 896,6. Die sauren Salze der Glycyrrhizinsäure, die immer entstehen, wenn man, wie oben angegeben, aus saurer Lösung krystallisiert, reagieren sauer. Sie enthalten 1 Atom der einwertigen Metalle, sind also primäre Salze. Man kann das saure Natriumsalz titrieren. 0,5 Substanz verbrauchte im Mittel 10,9 ccm »/lo Kalilauge. CnU^KOn verlangt 10.7 ccm. Dies entspräche einem Molekulargewicht von 917,4 für das Salz. Das Molekulargewicht ist nach der Formel C44He8KOig = 934,7. Während wir die primären Salze leicht schön krystallisiert erhalten konnten, war dies bei den tertiären nicht möglich. Sie fallen als ein weißes Pulver aus, wenn man die Glycyrrhizinsäure in alkoholischer Lösung mit Alkalihydraten übersättigt (s, oben). Die Lösungen der Alkalisalze der Glycyrrhizinsäure werden durch normales und basisches Bleiacetat gefällt. Die Glycyrrhizinsäure ist optisch inaktiv. Sie reduziert weder ammoniakalische Silberlösung noch Fehling'sche Lösung. Sie schmeckt rein aber charakteristisch süß, nicht kratzend. Aus der reinen Glycyrrhizinsäure wurde dann wieder das primäre Ammoniumsalz durch Einleiten von Ammoniakgas in die alkoholische Lösung und Krystallisieren der Abscheidung aus Eisessig dargestellt. Es bildet, so bereitet, aus farblosen Krystallblättchen bestehende Drusen, die sehr süß schmecken, jedoch nicht ganz so stark als das primäre Kalisalz. Seine Lösungsverhältnisse sind die gleichen wie die des Kalisalzes. Eine Stickstoff- bezw. Ammoniumbestimmung räch Kjeldiihl ergab: 1,0 Substanz lieferte 0,0196 NH4 (bei der Titration verbraucht: 10,9 ccm »,10 Säure). 1,0 des primären Amnconinmsalzes C44H8i(NH4")Oifl sollte liefern 0,0197 NU4 (und bei der Titration verbraucben: 10,94 ccm " 10 Säure). 104 A. Tschirch u. H. Cederberg: Glycyrrhizin Acetylierung der Giycyrrhizinsäure. Die Säure wurde mit ihrem gleichen Gewichte entwässerten Natriumacetates und dem fünffachen Essigsäureanhydrid 5 Minuten gekocht, das Ganze in heißes "Wasser gegossen, die Abscheidung in Eisessig gelöst und mit Wasser ausgefällt. Der gut gewaschene und getrocknete Niederschlag bildete ein weißes, beim Reiben elektrisch werdendes Pulver, das bei 210° schmolz. Die Acetylbestimmung wurde durch Titration vor und nach erfolgter Verseifung ausgeführt. 0,59 Substanz verbrauchten vor der Verseifung 31,0 com ^/go Lauge. 0,4948 Substanz verbrauchten nach der Verseifung 38,5 com ^/jq Lauge. Hieraus ergaben sich die Molekulargewichte 1141,9 und 1156,7. — Mittel 1149,3 Eine Hexaacetylverbindung: C44 Hgg Oiq (CH3 C0)6 würde ver- brauchen bei einem Molekulargewichte von 1148,6: 30,8 ccm "/ao bezw, 88,8 ccm ^liQ Lauge. Die Giycyrrhizinsäure enthält also 6 Hydroxyl- gruppen. Es kommt ihr also, da sie 3 Karboxylgruppen enthält, die Formel C« H55 O7 (OH)e (CO 0H)3 zu. Kalischmelze. Die (bei ca. 300" ausgeführte) Kalischmelze lieferte Essigsäure, Oxalsäure und eine eigentümlich riechende Säure, die in Aether sehr löslich war. Protokatechusäure oder p-Oxybenzoesäure konnten nicht nachgewiesen werden. Hydrolyse. Die Hydrolyse ergab nun weitere Aufschlüsse über die Zusammen- setzung der Giycyrrhizinsäure. Sie zeigte, daß sie ein glykosid- artiger Körper, aber kein echtes Glykosid ist, voraus- gesetzt, daß man unter diesem Namen nur Zuckeräther oder Zucker- ester versteht. Zur Hydrolyse wurde das Kalisalz benutzt. Es wurde unter möglichstem Luftabschluß während 5 Stunden mit etwa 75 Teilen 3%iger Schwefelsäure gekocht. Dabei nahm die Flüssigkeit eine gelbe Farbe an, und es schied sich ein weißer, spröder Körper ab, die Glycyrrhetinsäure. Glycyrrhetinsäure. Die bei der Hydrolyse ausgeschiedene Masse wurde zerrieben, ausgewaschen, getrocknet und aus Eisessig krystallisiert. Die Substanz wurde so in kleinen farblosen Nadeln erhalten. Um sie von jeder Spur anhängender Essigsäure zu befreien, wurden die Nadeln A. Tschirch u. II. Cederberg: Glycyrrhizir. 105 nach Absaugen der Mutterlauge in Alkohol gelöst und die Substanz mit Wasser ausgefällt. Nach dem Auswaschen und Trocknen zuerst im Trockenschrank, dann über Natronkalk und Schwefelsäure schmolz der Körper bei 210". Die Glycy rrhetinsäure (das Glycyretin früherer Autoren) löst sich in Alkohol leicht, wenig in Aether. Es ist geschmacklos. Die Analyse ergab: 0,1961 lieferten 0,5059 COa und 0,1609 HgO. 0,1694 „ 0,4353 n » 0,1404 „ 0,1696 „ 0,4382 n n 0,1375 „ Gefunden: Mittel: Berechnet für CbsIUsOt C = 70,36 70,08 70,46 70,30 70,53 H= 9,12 9,21 8,99 9,11 8,89. Das Molekulargewicht der Verbindung wurde zu 558,3 und 595,3 (Mittel 576,8) ermittelt, bei Anwendung der Siedepunktsmethode mit Hilfe von Phenol. Die Titration ergab noch besser auf C82H48O7 stimmende Werte: 0,545 verbrauchten 10,4 com (ber. 10,01) ^Uq Lauge = 524. 0,637 „ 11,8 „ (ber. 11,7) „ „ = 539,9. Die Formel CgaHigO? hat ein Molekulargewicht = 544,5. Gleichzeitig zeigt die Titration, daß eine Monokarbonsäure vorliegt, also bei der Titration ein Salz der Formel C33H47KO7 ge- bildet wird. Gefuaden: Berechnet für C32H47KO7: 10,71 10,40 10,314% KOH. Da sie ausgesprochenen Säurecharakter besitzt, haben wir den früheren für die unreine Substanz benutzten Namen Glycyretin in Glycyrrhetinsäure umgebildet. Die Acetylierung, wie oben bei der Glycj'^rrhizinsäure aus- geführt, lieferte ein Acetat, das als körniges weißes Pulver vom Schrap. 219° erhalten wurde. Die Zahl der eingetretenen Acetyl- gruppen wurde durch Titration vor und nach der Verseifung ermittelt. 0,5 Substanz verbr. vor der Verseifung 2^,4 ccm n/10 Lauge = 614,7. 1,19 „ „ nach „ „ 57 „ „ „ = 626,3. CBaH4807(CH8CO)2 würde 23,86 ccm resp. 56,81 ccm verlangen = 628,5. Es war also ein Diacetat gebildet worden, die Säure enthält also 2Hydroxyle. Demnach kommt ihr, da sie außerdem ein Karboxyl enthält, die Formel /OH CsiHisOsfCOOU \0[I zu. Die Oxydation mit Salpetersäure lieferte keine Pikrinsäure. 106 A. Tschirch u H. Cederberg: Glycyrrhiiiin. Möglicherweise liegt also eine aliphatische Oxysäure der Gruppe von Säuren mit 7 Sauerstoflfatomen vor, von denen Vertreter der Reihen : CnH2n-2 O7 CnHsn 4 O7 CnH2n-6 O7 CnH2a-8 O7 CnH2a-10 O7 aber noch keiner des Formeltyps Cn H2n-i6 07 bekannt ist. Einzelne Glieder der niederen Reihen dieser Säuren (Glykonsäure, Mannonsäure, Galaktonsäure , Mannitsäure, Tsodulcitkarbonsäure etc.) stehen zu Gliedern der Zuckerreihe bezw. dem Mannit und Dulcit in Beziehung. Der Grund, warum wir die Glycyrrhetinsäure, die bei der Kali- schmelze keine aromatischen Produkte liefert, gerade diesen Substanzen vorläufig anreihen möchten, ist der, daß es uns gelungen ist, nachzuweisen, daß der Mannit nicht in der Droge vorgehildet ist, sondern sich erst im Verlaufe der Verarbeitung, wohl aus der Glycyrrhetinsäure, bildet. Wir erhielten ihn, ebengo wie Tschirch und Relander ohne Schwierigkeit aus den Filtraten von der mittelst Schwefelsäure erzeugten Rohglycyrrhizinsäurefällung dadurch, daß wir mit Baryumkarbonat die Schwefelsäure entfernten, das Filtrat zur Trockne eindampften und den Rückstand mit Alkohol extrahierten. Arbeitet man aber in der Weise, daß man die Rohglycyrrhizin- säure nicht mit Schwefelsäure auställt, sondern das Glycyrrhizin selbst (s. weiter unten) aus dem wässerigen Auszuge der Droge direkt mit Alkohol niederschlägt, das Filtrat von der Fällung eindampft und den Rückstand mit Alkohol auszieht, so erhält man keinen Mannit. Der zweite Spaltung der Glycyrrhizinsäure. Nachdem die Glycyrrhetinsäure abgeschieden war, wurde das Filtrat mit Baryumkarbonat versetzt. Es fiel Baryumsulfat aus und die überstehende Flüssigkeit reduzierte Fehling'sche Lösung und Silber- lösung und gab mit viel Alkohol eine Fällung, die sich als das B;iryum- salz einer Säure erwies. Sie lieferte beim Eindampfen einen stark reduzierenden Rückstand. Mit Phenylhydrazin entstand eine undeullich krystallinischc Ver- bindung. Versetzt man aber zur Ausfällung des Baryts die Flüssig- keit mit Schwefelsäure bis zur schwach sauren Reaktion, und dann erst mit Phenylhydrazin und Natriumacetat, und erwärmt, so erhält man eine in kleinen Drusen krystallisierende Verbindung, die, nach dreimaligem Umkrystallisieren aus Wasser und Pyridin und Trocknen A. Tschirch u. II. Cederberg: Glycyrrhiain. 107 bei 110", bei 215° schmilzt. Die Substanz verhält sich ;ilso wie ein Aldehyd und wie eine Säure. Bemerkenswert erscheint auch, daß der Körper die beiden Pentosenreaktionen zeigt, nämlich mit Phloroglucin- Salzsäure: rot, mit Orcin- Salzsäure: blaugriin wird. Die freie Säure bildet eingedampft einen farblosen Sirup, aus dem sich beim Stehen über Schwefelsäure kleine derbe Krystalle ab- scheiden. Zieht man diese Reaktionen in Betracht und nimmt man die oben ermittelten Tatsachen hinzu: daß die Glycyrrhizinsäure 3 Karboxyl- gruppen und 6 Hydroxyle, daß das Glycyrrhetin 1 Karboxyl und 2 Hydroxyle enthält, so kommt man ganz ungezwungen zu der Vor- stellung, daß der zweite Spaltung der Hydrolyse des Glycyrrhizins aus 2 Molekülen Glykuronsäure: HOCCH (OH)CH(OH)CH(OH)CH(OH)COOH besteht. In dem zweiten Spaltungsprodukte müssen 2 Karboxyle und 4X2 Hydroxyle stecken. Es muß sich wie eine Säure verhalten und doch auf Phenylhydrazin reagieren und der Formel 2(C6Hio07) entsprechen. Diese Formel sowie die obigen Reaktionen stimmen in der Tat auf Glykuronsäure, die Fehling'sche Lösung reduziert, mit Baryt ein Salz bildet, das durch Alkohol gefällt wird, auf Phenylhydrazin reagiert wie ein Zucker, die Pentosenreaktionen gibt und einen farblosen Sirup bildet, aus dem sich beim Stehen über Schwefelsäure kleine derbe Krystalle von Glykuron- säureanhydrid abscheiden. Dazu kommt, daß sich die Aufspaltung des Glycyrrhizins sehr zwanglos und in üebereinstimmung mit den Tatsachen unter der An- nahme, daß bei der Hydrolyse Glykuronsäure abgespalten wird, erklären läßt. Der Vorgang würde nämlich dann nach der Gleichung: yOHG-CH-OH.CH-OHCHüCH.OH-COOH b( COOH ^OHC.CH.OH.CH.OHCHO-CH.OH.COOH Glycyrrhizinsäare /OH OHC CH-OH CHOHCHOHCH-OH-COOH CaiHisOg^COOH -f \0H OHC CH OH CH-OH CH-OH GH OH. COOH Glycyrrhetinsäure Glykuronsäure verlaufen, d. h. mit anderen Worten die Glycyrrhizinsäure wäre ein Di-Giykuronsäureäther der Glycyrrhetinsäure. Diese Formel würde auch zwanglos die Tatsache erklären, daß die Glycyrrhizinsäure, obwohl sie drei Karboxylgruppen enthält, am eichtesten krystalliaierte saure Salze bildet, bei denen nur ein Karboxyl, 108 A. Tschirch u. H. Cederberg: Glycyrrhizin. offenbar das der Gl5'cyrrhetin8äure, abgesättigt wird. Sie erklärt aber auch die Tatsache, daß die Glycyrrhizinsäure und ihre Salze Kupfer- und Silberlösung nicht reduzieren, die Reduktion aher bei dem Spalt- ung eintritt, die Aldehydgruppen sind eben bei der Paarung gebunden. Berücksichtigen wir die beiden sichergestellten Formelu, einer- seits die der Glycyrrhizinsäure und andererseits die der Glycyrrhetin- säure, so laut sich jedenfalls soviel sagen, daß der zweite Spaltung der Formel 2(CeHio07) entsprechen muß. Er kann kein Zucker sein, sondern er muß in die Gruppe von Säuren gehören, die nach dem Formeltyp CnH2n— 2O7 gebaut sind. Von den Säuren, die diesem Typus folgen, sind bisher bekannt geworden: Aetheräthylidenmilchsäure : COOH ■ C (OH ■ CH3) • C(OH CHs) COOH. Trioxyadipinsäure. Hydruvinsäure: 0[(CH3)C(0H)C00H]. (?) Glykuronsäure : COOH CH (OH) CH (OH) CH (OH) CH (OH) COH. Oxyglykonsäure : Cß Hjo O7 -f '2 HaO. Saccharonsäure : COOH (OH) C (CH3) CH (OH) CH (OH) COOH. Von diesen kann nur die Glykuronsäure in Betracht kommen, denn da die Glycyrrhizinsäure 6 Hydroxj'^le und die Glycyrrhetinsäure 2 Hydroxyle enthält, müssen in dem anderen Spaltling, da 2 Moleküle Wasser aufgenommen werden, 2X4 also in jedem Molekül 4 Hydroxyle enthalten sein, die finden sich nun aber nur in der Glykuronsäure. Um p-Zuckersäure, wie Habermann meint, kann es sich jedenfalls nicht handeln. Der abgespaltenen Säure muß die Formel HOC- (CH0H)4C00H zukommen. Möglich wäre es ja immerhin, daß es noch weitere Säuren der Gruppe gibt, die ebenfalls 4 Hydroxyle im Molekül haben und doch nicht Glykuronsäure sind. Die Glykuron- säure ist bisher nicht sehr oft untersucht worden*). Sie bildet einen sauer schmeckenden Sirup und ist schwer rein darzustellen. Immerhin sind doch einige sehr charakteristische Reaktionen von ihr bekannt. Da diese bei dem von uns isolierten Körper eintraten, würden wir kein Bedenken tragen, die Identität der von uns gefundenen Säure mit Glykuronsäure als sicher hinzustellen, wenn man schon in anderen Pflanzenprodukten diese Säure gefunden hätte. Bisher ist aber ausschließlich der Tierkörper als Glykuronsäure produzierend bekannt und die Glycyrrhizinsäure wäre das erste Pflanzenprodukt, in dem Glykuronsäure vorkommt. Da ist doch noch vielleicht ^) Vergl. besonders Thierfelder, Unters, über die Glykuronsäure, Zeitschr. f. physiolog. Cham. XI. u. XIII. dort die Literatur. Vergl. ferner Spiegel in Ber. d. d. ehem. Ges. XV., 1964. Entdeckt wurde die Glykuron- säure von Schmiedeberg und Meyer (1870). A. Tschirch u. H. Cederfaerg: Glycyrrhizin. 109 eine gewisse Reserve am Platze, so einleuchtend auch die ganze Spaltung durch die Annahme, daß sich Glykaronsäure abspaltet, wird. Daß bei der Spaltung eine Substanz von Säurecharakter entsteht, haben ja bereits Tschirch und Relander und noch früher Haber- mann gefunden, der den Körper für Zuckersäure hielt. Um Zucker- säure C4H4(OH)4(COOH)2 kann es sich aber nicht handeln, da die Abspaltung dieser Säure, die nach dem Formeltyp CnH2n-2 08 gebaut ist, nicht mit der Formel der Glycyrrhizinsäure (und der der Glycyrrhetinsäure) in Einklang zu bringen ist, die Zuckersäure übrigens auch Fehling'sche Lösung nicht reduziert. In gewisser Beziehung ist also die Glycyrrhizinsäure in Parallele zu setzen mit der Euxanthinsäure, die bekanntlich der Glykuron- säureäther des Euxanthons ist. Aber auch dieser Körper entsteht erst im Tierkörper, da kein Zweifel darüber bestehen kann, daß das Jaune indien, aas dem man die Euxanthinsäure gewinnt, aus dem Harne von Kühen dargestellt wird, die mit Mangoblättern gefüttert wurden. Glukose. Bei den nahen Beziehungen, die die Glykuronsäure zur Glukose besitzt, ist es nun wohl auch möglich, daß (wie der Mannit zur Glycyrrhetinsäure) die Glukose, welche man im Süßholze ganz allgemein neben dem Glycyrrhizin antrifft, zur Glykuronsäure in genetischen Beziehungen steht. Daß Glukose das Glycyrrhizin in der Droge begleitet, konnten auch wir wieder bestätigen. Wird z. B. der nach dem Herauslösen des Mannites aus dem Rückstande von der Glycyrrhizinsäurefällung verbleibende Rückstand in Wasser gelöst und mit Bleiessig gefällt, so erhält man ein farbloses Filtrat, das süß schmeckt, Fehling'sche Lösung reduziert und mit Phenylhydrazin ein bei 204° schmelzendes Osazon gibt. Der gleiche Körper wurde auch aus dem mit Bleiessig gefällten wässerigen Auszuge des Süßholzes erhalten. Glycyrrhizin. Um nun zu ermitteln, in welcher Form resp. Bindung sich die Glycyrrhizinsäure in der Droge findet, wurden Versuche gemacht, die Grundsubstanz, das Glycyrrhizin, zu isolieren. Die jetzt herrschende Ansicht, daß die Glycyrrhizinsäure als Ammoniumsalz vorhanden sei, ist von vornherein sehr unwahrscheinlich, da Ammoniumsalze in Pflanzen sonst nicht vorkommen. Destilliert man den wässerigen Auszug der Droge mit Kali, so erhält man im Destillate allerdings etwas Ammoniak, aber dies hat offenbar eine llö A. Tschirch u. H. Cederberg: Glycyrrhiziü. andere Quelle als das Glycyrrhizin, übrigens wird kein Ammoniak erhalten, wenn man den Auszug der Droge mit gebrannter Magnesia destilliert. Daß in der Tat kein Ammoniaksalz vorliegt, kann nun aber direkt bewiesen werden, indem man die Grundsubstanz aus dem wässerigen Auszuge mit einem indifferenten Fällungsmittel abscheidet und die Abscheidung untersucht. Wird ein konzentrierter wässeriger Auszug mit dem vierfachen Volumen Alkohol versetzt, so entsteht eine starke Fällung einer gummiartigen Substanz (s. oben), Ältriert man diese ab und fügt zum Filtrate das gleiche Volumen Alkohol, so entsteht eine fast weiße Fällung. Diese wird ausgewaschen, getrocknet und zerrieben. Das stark süße Pulver wird aus Eisessig krystallisiert. Man erhält Krys+alle von zweierlei Form, und die Analyse ergibt die Anwesenheit von Kalium und Calcium, sie zeigt also, daß ein Gemenge vorliegt, und daß das Glycyrrhizin aus dem Kalium- und Calciumsalze der Glycyrrhizinsäure besteht. Ein Ammoniaksalz ist nicht vorhanden. Auch Sestini ist der Ansicht, daß Glycyrrhizin eine Calciumverbindung sei. Die Menge Glycyrrhizin, die in der Droge sich findet, wird ver- schieden angegeben. Die älteren Autoren (Flückiger, J. H. Möller und andere) sprechen von 7,.5%, und die übrigens sämtlich unbrauch- baren Wertbestimmungen der Droge, die zu braunschwarzen Produkten führen — das Glycyrrhizin ist farblos! — von noch höheren Zahlen. Tschirch und Relander fanden 2,5, Sestini 3,3%. Wir fanden im Mittel 3%. Extrahiert man die Droge mit Alkohol, dampft zum Sirup und schüttelt mit Aether aus, so tritt an diesen ein fettartiger Körper der nach Süßholz riecht und einen unangenehm bitteren Geschmack besitzt. Er ist zu etwa 0,2 7o in der Droge enthalten. Die Stellung der Glycyrrhizinsäure in der Gruppe der Süfsstoffe. Uebeischaut man die hisher bekannt gewordenen Süßstoffe, so läßt sich die Glycyrrhizinsäure nirgends anreihen. Sie bildet eine Gruppe für sich. Wir haben hier die merkwürdige Erscheinung, daß ein sauer schmeckender Körper mit einem geschmacklosen gepaart einen intensiv süß schmeckenden gibt. Aber so ganz auffällig ist die Sache doch nicht, wenn wir bedenken, daß die beiden Paarlinge offenbar zur Zuckergruppe in nahen Beziehungen stehen (s. oben) und die Glykuronsäure schon beim Anhydrisieren ein stark süß schmeckendes Anhydrid liefert. A. Tschirch u. H. Cederberg: Glyryrrbizin. 111 Welches sind nun die „hedyopboren" ') Atomgruppen? Offenbar in erster Linie die in dem Glykuronsäurereste steckenden Hydroxyl- gruppen. Aber die Gründe, warum gerade das Glycyrrhizin einen so charakteristisch süßen Geschmack besitzt, Hegen offenbiir tiefer und stehen wohl in Beziehung zu den Verwandtschaftsverhältnissen der beiden Paarlinge und wohl auch zur uns noch unbekannten inneren Struktur der Glycyrrhetinsäure. Ueberhaupt läßt sich ja zur Zeit noch nicht viel über das Hedyophor sagen. Daß Hydroxyle und Amido- resp. Imidogruppen unter gewissen Umständen den süßen Geschmack bedingen können, wenn sie eine gewisse Stellung einnehmen, will doch noch nicht viel sagen. Es spielen hier offenbar noch andere Umstände mit. Jedenfalls muß der Glycyrrhizinsäure /OHUlCH.OHjgCHÜ-CH OHCOOH 8^ COOH \OHC (CH • 0H)2 • CH • CH • OH COOK eine besondere Stellung unter den Süßstoffen eingeräumt werden, und man darf sie nicht mehr, wie dies Fränkel^) tut, in die Nähe des Äminotriazins stellen, denn sie enthält keinen Stickstoff. Die Untersuchung wird fortgesetzt. *) Ich habe 1898 diese Bezeichnung vorgeschlagen. Sternberg spricht (Ber. d. pharm. Ges. 1905) von sapiphoren Gruppen. 2) Arzneimittelsynthese, 2. Aufl., S. 148. ilÖ H. Matthes u. 0. Rammstedt: AlkaloidbestimmUtig. Mitteilung aus dem Institut für Pharmazie und Nahrungsmittelchemie der Universität Jena. Die Verwendbarkeit der Pikrolonsäure (Dinitro- phenylmethylpyrazolon) zur Wertbestimmung narkotischer Drogen, Extrakte und Tinkturen. Von H. Matthes und 0. Rammstedt. (Eingegangen am 15. II. 1907.) L. Knorr') hat die Pikrolonsäure, das Dinitrophenylmethyl- pyrazolon, als ausgezeichnetes Fällungsmittel empfohlen. Die Säure liefert mit den meisten Alkaloiden and vielen anderen Basen schwer lösliche, konstant zusammengesetzte Salze von hohem Schmelz- resp. Zersetzungspunkte. L. Knorr gab dem Dinitrophenylmethylpyrazolon wiegen der Aehnlichkeit im Verhalten mit der Pikrinsäure den Namen Pikrolonsäure. Knorr*) faßt die Substanz heute auf als Isonitro- Verbindung, und zw^arals l-p-Nitrophenyl-3-methyl-4-isonitro5-pyrazolon. NOg N Nii^^CO Hg C- eil ^C=N^gjj Die Pikrolonsäure wird am besten dargestellt nach der Vor- schrift, wie sie R. Zeine^) angibt, und die sich in der Hauptsache mit den Angaben von Bertram*) und Bran^) deckt: „Je 90 ccm der reinen Salpetersäure von 99,5 %, der sogenannten Valentiner Säure, werden durch Wasser unter guter Kühlung auf 100,0 ccm verdünnt. Es resultiert eine Säure von ca. 90% und dem spezifischen Gewicht = 1,495. ») L. Knorr, Ber. d. d. ehem. Ges. 30, 1., 917. 2) R. Zeine, Dissertation Jena 1906, S. 8 u. 12. 3) R. Zeine, Dissertation Jena 19U6, S. 12 u. folgende. *) P. Bertram, Dissertation Jena 1893. 6) F. Bran, Dissertation Jena 1899. H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmnng. tl3 Von dieser 90% igen Salpetersäure werden GOO ccm in einen großen Erlenmeyer von 2 — 3 Litern Inhalt gefüllt und von außen gut durch Eiswasser gekühlt. In diese Säure gibt man 200,0 g Phenylmethyl- pyrazolon nach und nach in Portionen von ca. J,Ogein. Das Phenyl- methylpyrazolon löst sich in der Säure mit dunkelbrauner Farbe, und das jedesmalige Eingeben von Substanz ist von einer kräftigen Reaktion begleitet, deren Verlauf man unter tüchtigem Umschütteln abwartet, ehe man frische Substanz zugibt. Auf diese Weise kann man die Temperatur leicht zwischen 10° und 15" halten. Ist die Säure mit Phenylmethylpyrazolon gesättigt (nach Zusatz von ca. 100,0 g), so beginnt eine reichliche Krystallisation. Doch kann man bei häufigem Umschütteln unbeschadet weiter Phenylmethyl- pyrazolon zugehen und so mit 600,0 ccm Salpetersäure von 90 % ca. 200,0 g Phenylmethylpyrazolon nitrieren. Die Krystallmasse wird von der Mutterlauge durch Absaugen über Glaswolle befreit, zuerst mit schwächerer Salpetersäure und dann mit Wasser nachgewaschen, bis das Waschwasser keine saure Reaktion mehr zeigt. Man erhält so NOo N HgC-C' ^=^^0-^0i das Trinitrophenylmethylpyrazolon (Salpetersäureester des 1-p-Nitro- phenyl-3-methyl-4-isonitro-5-pyrazolons) in groben , würfelartigen Krystallen von gelbbrauner Farbe. Das fein zerriebene Rohprodukt wird zum Zweck der Verseifung mit der sechsfachen Menge 33%iger Essigsäure auf dem Wasserbade unter fortwährendem Umschütteln bis auf 60" erwärmt. Die in der Flüssigkeit suspendierten gelbbraunen Krystalle färben sich nach und nach gelbgrünlich, und das Rohprodukt verschwändet, während eine flockige Krystallmasse die ganze Flüssigkeit erfüllt. Nach 20 bis 40 Minuten ist die Verseifung vollendet. Man läßt die Reaktions- masse erkalten, filtriert und wäscht mit Wasser aus. Die Reinigung der erhaltenen rohen Pikrolonsäure geschieht durch das Natriumsalz hindurch. Das Verseifungsprodukt wird in Sodalösung zerrieben. Die Pikrolonsäure wandelt sich unter Entwickelung von Kohlensäure sofort in das gelbe Natriumsalz um ; ist alles umgesetzt, so preßt man die Mutterlauge von den Krystallen ab. Aus verdünntem Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. i. Heft. 8 114 H. Matthes n. 0. tlammstedt: Alkaloidbestimmung. Alkohol (1:3) läßt sich das Salz gut umkrystallisieren. Man erhält es in feinen, gelben Nädelchen, die konzentrisch gruppiert sind. Das Natriumsalz läßt sich leicht zerlegen, wenn man es mit 20%iger Salzsäure erwärmt. Die Pikrolonsäure scheidet sich als gelbes, mehliges Pulver ab, das man nach dem Absaugen tüchtig mit Wasser nachwäscht." Die Pikrolonsäure zersetzt sich durch rasches Erhitzen bei ca. 124° unter Dunkelfärbung und stürmischer Gasentwickelung. Die Bildung der Pikrolonsäure veranschaulichen folgende Formeln: NO., N HNO« HgO ^11 1^^ Hg C -eil 'cHg Phenyl-methyl'Pyrazolon NO2 N|^ HgCc' •CO -'c=N; '0 .0 • NOa Trinitro-phenyl-methyl-PyrazoloD NO2 N NaaCOs HCl Nf HaCc' CO ^C=N? '-0 .OH Dlnitro-phenyl-metbyl-Pyrazolon Pikrolonsäure N|| ,co HeCci ^C=^<^^^ Natrium-Pikrolonat NO N,- CO HsCC'J ^C=N? Pikrolonsäure. =0 .OH Zur Charakterisierung von Basen ist die Pikrolonsäure bis jetzt angewandt worden von P. Bertram'), F. Bran^), L. Knorr'), *) P. Bertram, Dissertation Jena 1892. 2) F. Bran durch R. Zeine, Dissertation Jena 1906, S. 16. «j L. Knorr, Ber. d. d. ehem. Ges. 30, 913; 32, 734, 736: 34, 3493. H. Mattbes u. O. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. 115 L. Knorr u. H. Matthes'), H. Mattbes^), L. u. E. Knorr"), Duden u. Macentyre*), Steuer^), L. Knorr u. Mc. Connau*), L. Knorr u. BrowsHdon'), Knorr u. Meyer^), Knorr, Hörlein u. Roth»), Steudel»"), .T. Otori") u. R. Zeine'^). Der Eine von uns hat vor einiger Zeit die Pikrolonate") verschiedener Hydramine dargestellt und beschrieben. „Die Hydramine bilden wohlcharakterisierte Salze. Besonders charakteristisch sind die Pikrolonate, da sie leicht krystallinisch erhalten werden und in verdünntem Alkohol verhältnismäßig schwer löslich sind. Die Pikrate fallen sehr gern ölig aus, was durch den niedrigen Schmelzpunkt, der meist unter 100° liegt, leicht zu erklären ist. Sie zeigen ein bei weitem geringeres Krystallisationsvermögen , als die entsprechenden Pikrolonate. Die Schmelzpunkte, oder richtiger die Zersetzungspunkte der Pikrolonate liegen durchschnittlich über 100° höher, als die Schmelz- punkte der entsprechenden Pikrate. Im allgemeinen hat sich die Regel ergeben, daß bei steigendem Kohlenstoffgehalt die Schmelzpunkte der Salze sich erniedrigen. Base Pikrolonat Zersetzungspankt Pikrat Schmelzpunkt Aethanolamin Methyläthacolamin ...... Aethyläthanolamin Propylätbanolamin Batyläthanolamin Hexyläthanolamin Heptyläthanolamin Isopropyläthanolamin Isobatyläthanolamin Isoamyläthanolamin ca. 2250 2400 245-2460 2380 218,0 208-2100 i960 2280 2320 2200 1590 148—1500 1270 104—1060 980 ca. 800 70-710 ca. 1290 115-1170 94-950 ») L. Knorr u. H. Matthes, Ber. d. d. ehem. Ges. 32, 732, 736 u. 739; 34, 3484, Liebig's Annalen 301, 1; 307, 171. 2) H. Matthes, Liebig's Annalen 315, 104 u. 316, 311. 8) L. u. E. Knorr, Ber. d. d. ehem. Ges. 32, 754. *) Duden a. Macentyre, Ber. d. d. ehem. Ges. 31, 1902. *) Steuer, Dissertation, Jena. 0) L. Knorr u. Mc. Connau, Ber. d. d. ehem. Ges. 37, 3527. ■') L. Knorr u. Browsndon, Ber. d. d. ehem. Ges. 35, 4473. 8) Knorr u. Meyer, Ber. d. d. ehem. Ges. 38, 3130. 9) Knorr, Hörlein u. Roth, Ber. d. d. ehem. Ges. 38, 3141. ") Steudel, Zeitschr. f. physiolog. Chemie 37, 219. ") J. Otori, Zeitschr. f. physiolog. Chemie 43, 305. »2) R. Zeine, Dissertation Jena 1906, S. 19 u. folgende. 1») H. Matthes, Liebig's Annalen 315, 109 u. 126; 316, 311. 8* 116 H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbcstimmang. Die Hydrochlorate, Chloraurate und Chloroplatinate sind in Wasser meist spielend leicht löslich und hygroskopisch, sodaß sie sich nicht zur Charakterisierung und Erkennung eignen." „Die Pikrolonate der Diäthanolamine krystallisieren auch besser als die übrigen Salze und eignen sich deshalb zur Charakterisierung gut. Die Schmelzpunkte der Pikrolonate liegen auch hier beträchtlich höher, als diejenigen der entsprechenden Pikrate. Base Pikrolonat Schmelzpunkt Pikrat Schmelzpunkt Diätbanolämin . . . . MethyldiäthaDolamin Propyldiäthanolamin Butyldiäthanolamin . . Hexyldiäthanolamin . . Isopropyldiäthanolamin Isobutyldiäthanolamin . Isoamyldiäthanolamin . ca. 2160 1640 126-1280 135—1360 ca. 980 ca. 1350 113—1140 120—1230 109-1100 94-950 85-900 88-900 ca. 1450 Die Hydrochlorate, Chlorplatißate und Chloraurate sind äußerst hygroskopisch und spielend leicht löslich, so daß sie zur Charak- terisierung und Identifizierung der Diäthanolamine wenig geeignet sind." Auch die Pikrolonate *) des Dipropyläthanolamins, des Diisobutyl- äthanolamins und des Diisoamyläthanolamins sind schwerer löslich und haben einen höheren Schmelz- resp. Zersetzungspunkt als die entsprechenden Pikrate. Ueber die Anwendungsfähigkeit der Pikrolonsäure in der physiologischen Chemie berichtet J. Otori^) folgendermaßen: „Durch Knorr und Matthes^) ist gezeigt worden, daß die Pikrolonsäure in viel höherem Maße als die Pikrinsäure zur Charakterisierung organischer Basen (namentlich der Pettreihe) geeignet ist. In der physiologischen Chemie hat man von der Pikrolonsäure auffallend spät Gebrauch zu machen begonnen. Es ist Steudel*) gewesen, der sie zuerst mit Histidin und Arginin verbunden hat. Er erhielt sehr schwer lösliche Verbindungen des Histidins und Arginins mit Pikrolonsäure, die wohl geeignet sind, eine leichte Abtrennung jener physiologisch außerordentlich wichtigen Körper von anderen Substanzen zu ermöglichen. Sie geben auch eine 1) H. Matthes, Liebig's Annalen 316, 316. 2) J. Otori, Zeitschr. f. physiolog. Chemie 43, 305. 8) L. Knorr u. H. Matthes, Ber. d. d. ehem. Ges. 32, 732, 736; Liebig's Analen 301, 1; ,307, 171; 315, 104. «) Steudel, Zeitschr. f. physiol. Chemie 38, 219. H. Matthes u. U. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. 117 gute Handhabe, um die aus hydrolytisch gespaltenen Eiweißstotfen gewounenen Histidin- und Argininfraktionen weiter aufzuteilen " J. Otori*) hat die Pikrolonate folgender physiologisch wichtiger Körper dargestellt und beschrieben: Pentamethylendiamin, Tetra- methylendiamin, Methylamin, Dimethylamin, Trimethylamin^), Aethyl- amin, Diäthylamin, Triäthylamin, BetaiD, Cholin, Nenrin und Lysin. Auch wir haben eine Anzahl Pikrolonate der Alkaloide und anderer basischer Arzneimittel dargestellt, analysiert und beschrieben; auch haben wir die Schwerlöslichkeit des Cotarnin, Codein- und Morphin- Pikrolonates zur quantitativen Bestimmung dieser Alkaloide in Arznei- mischungen benutzt. Die Resultate sollen an anderer Stelle ver- öffentlicht werden. Ferner haben wir die Pikrolonsäure zur Wert- bestimmung einiger narkotischer Drogen und deren Zubereitungen mit gutem Erfolge angewandt und zwar zur Bestimmung des Alkaloid- gehaltes von Sem. Strychni, Rhizoma Hydrastis, Folia Jaborandi und deren pharmazeutischer Zubereitungen. Zur Berechnung der Analysen und zur Bestimmung des Reinheits- grades der Pikrolonate muß das Molekulargewicht und der Schmelz- resp. Zersetzungspunkt derselben bekannt sein, wir führen dieselben deshalb in folgendem kurz an. I. Brucin-Pikrolonat, Molek.-Gew. = G58, Zersetzungs- punkt 277", IL Strychnin-Pikrolonat, Molek.-Gew. = 598, Zersetzungs- punkt 286°. IIL Hydrastin-Pikrolonat, Molek.-Gew. = 047, Zersetzungs- punkt 225°. IV. Pilocarpin-Pikrolonat, Molek.-Gew. = 472, Schmelz- punkt unter Zersetzung 200 — 205°. Bestimmung des Alkaloidgehaltes von Extractum Strychni, Tinctura Strychni und Semen Strychni. Die Brechnuß, sowie die Präparate derselben, enthalten die Alkaloide Strychnin und Brucin an Gerbsäure gebunden, und zwar durchschnittlich zu gleichen Teilen. Durch Natronlauge oder Soda- lösung kann man die Alkaloide in Freiheit setzen und dieselben mit einem Aether- Chloroform- Gemisch ausziehen. um zu beweisen, daß aus einem Aether- Chloroform- Gemisch Brucin-Strychnin durch Pikrolonsäure quantitativ gefällt wird, wurden ») J. Otori, Zeitschr. f. physiol. Chemie 43, 305. 3) Vergl. Enorr u. Matthes, Ber. d. d. ehem. Ges. 32, 741. 118 H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. folgende Versuche angestellt. Je 0,50 g Brucin und Strychnin wurden in 10,0 g Chloroform gelöst und mit Aether genau auf 100,0 com auf- gefüllt. Viermal je 10,0 ccm dieser Lösung, entsprechend 0,1 g Brucin- Strychnin, wurden in einem Becherglase mit Aether auf 25,0 g ver- dünnt und mit 5,0 ccm Vion--alkoholischer Pikrolonsäure versetzt. Das ausgeschiedene Brucin-Strychnin-Pikrolonat wurde nach 24 Stunden auf einem Gooch-Tiegel gesammelt, mit 2,0 ccm einer Alkohol-Aether- mischung (1+3) zur Entfernung überschüssiger Pikrolonsäure nach- gewaschen, das Pikrolonat Va Stunde bei 110" getrocknet und zur Wägung gebracht. Statt 0,1000 g Brucin-Strychnin wurden gefunden; I. 0,0997 g, II 0,0996 g, III. 0,0991 g, IV. 0,1000 g Brucin-Strychnin, durchschnittlich also 0,0996 g. Femer wurden viermal je 10,0 ccm obiger Brucin- Strychninlösung mit Aether auf 50,0 g statt auf 25,0 g verdünnt und sodann mit 5,0 ccm einer Vio n.-alkoholischen Pikronlonsäure gefällt. Die Prikolonate wurden genau wie oben beschrieben gesammelt und zur Wägung gebracht. Statt 0,1000 g Brucin-Strychnin wurden gefunden: I. 0,0997 g, II. 0,0997 g, IIL 0.0986 g, IV. 0,0988 g, durchschnittlich also 0,0992 g Brucin-Strychnin. Es sei noch erwähnt, daU die mit der Pikrolonsäure versetzte Chloroform-Aethermischung während der 24 Stunden mit einem Uhr- glase bedeckt an einem kühlen Orte autbewahrt werden muß, um ein Verdunsten möglichst einzuschränken. Durch diese Resultate ist bewiesen, daß sich die Pikrolonsäure zum Bestimmen der Alkaloide Brucin-Strychnin sehr gut eignet. Es wurde sodann ein künstliches Brechnußextrakt hergestellt aus 1,0 g Extr. Graminis und 0,1954 g Strychnin. nitr. und 0,5 g Sacchar. Lactis. Dies künstliche Strychnosextrakt wurde mit 10,0 g absolutem Alkohol und 10,0 g Wasser möglichst zur Lösung gebracht, sodann mit 50,0 g Aether und 20,0 g Chloroform gut durchgeschüttelt, mit 10,0 ccm Sodalösung (1 -f 2) versetzt und 10 Minuten lang kräftig geschüttelt. Nach 20 Minuten langem Stehen wurden 50,0 g der filtrierten Chloroform- Aetherlösung auf die Hälfte abgedampft und mit 5,0 ccm Vio n.-Pikrolonsäure gefällt. Nach 24 Stunden wurde das Pikrolonat auf einem Gooch-Tiegel gesammelt, mit 2,0 ccm einer Alkohol- Aethermischung (1 + 3) nachgewaschen, H Stunde bei 110" getrocknet und gewogen. 50,0 g der Chloroform - Aetherlösung, entsprechend 0,1221 Strychninnitrat oder 0,1027 g Strychnin, ergaben 0,1814g Strychnin-Pikrolonat oder 0,1013g Strychnin, es wurde also statt 0,1027 g Strychnin 0,1013 g gefunden. Das künstliche Extrakt enthielt 0,0575% Strychnin, gefunden wurden 5,9749%, eine Differenz, die nicht ins Gewicht fällt, H. Matthes u 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmaog. 119 Ein zweites künstliches Brechnußextrakt ergab gleich günstige Werte. Das Extrakt enthielt 9,7121% Strychnin in Form von Strychninnitrat. Die zur Bestimmung verwandten 50,0 g Chloroform- Aetherlösung entsprachen 0,1030 g Strychnin. Zur Wägung gebracht wurde 0,1834 g Strychnin-Pikrolonat oder 0,1024 g Strychnin. Das künstliche Extrakt enthielt 9,7121% Strychnin, gefunden wurden 9,6613%. Die Fällungsmethode mit Pikrolonsäure eignet sich somit zur Ermittelung des Alkaloidgehaltes von BrechnuJßeitrakt recht gut, sie gestaltet sich wie folgt: 1,0 g Extr. Strychni wird in 5,0 g absolutem Alkohol und 5,0 g Wasser gelöst, mit 50,0 g Aether und 20,0 g Chloro- form tüchtig durchgeschüttelt, sodann mit 10,0 com Sodalösung (1 +2) 10 Minuten lang geschüttelt. Die Mischung wird 20 Minuten lang der Ruhe überlassen. 50,0 g der durch ein doppeltes Faltenfilter filtrierten Chloroform-Aethermischung werden in einem Becherglase zur Hälfte abgedunstet und noch warm mit einem üeberschuß, ca. 5,0 com Vio n.-alkoholischer Pikrolonsäure, versetzt. Der sich nach kurzer Zeit abscheidende gelbe krystallinische Niederschlag von Brucin-Strychnin- Pikrolonat wird nach 24 Stunden auf einem Gooch-Tiegel gesammelt und zw^ar so, daß das Filtrat dazu benutzt wird, um das Pikrolonat vollständig mit Hilfe einer Gummifahne in den Gooch-Tiegel zu bringen. Das Pikrolonat wird mit 2,0 com einer Alkohol- Aether- mischung (1,0 ccm Alkohol + 3,0 ccm Aether) zur Entfernung über- schüssiger Pikrolonsäure nachgewaschen, 30 Minuten lang bei 110* getrocknet und nach dem Erkalten im Exsikkator gewogen. Der Berechnung wird das mittlere Molekulargewicht von Brucin und Strychnin 364,32, resp. das Molekulargewicht von Brucin-Strychnin- Pikrolonat 628,32 zu Grunde gelegt. Das Gewicht des Brucin- Strychnin-Pikrolonats multipliziert mit dem Faktor 0.5798 ergibt die Menge Brucin- Strychnin. Von demselben Brechnußextrakt wurden 12 Alkaloidbestimmungen mit Pikrolonsäure, sowie sechs nach der Arzneibuchmethode aus- geführt. Die Resultate sind aus den beiden folgenden Tabellen zn ersehen. Nach der Pikrolonsäuremethode wurden durchschnittlich 18,9242% Alkaloide gefanden, nach der Methode des Arzneibuchss 19,8066%, also 0,88% mehi-. Da durch die vorbeschriebenen Versuche bewiesen ist, daß der Alkaloidgehalt mit Pikrolonsäure bis auf 0,05 — 0,08% genau bestimmt w^erden kann, so muß die Differenz von 0,88% der Methode des Arznei- buches zur Last gelegt werden, nach welcher die Alkalität des Wassers, des Glases, sowie die flüchtigen Basen mittitriert und so als Alkaloide in Rechnung gebracht werden. Auf diesen Mangel der Arznei- 120 H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. buchmethode haben schon früher E. Merck'), Fromme^), C. A. Jung- claußen^), G. Frerichs*), Meßner^) und andere hingewiesen. Der Fehler, der eventuell durch andere, teils flüchtige Basen wie Methylamin, Dimethylamin, Trimethyjamin und Cholin auch mit Pikrolonsäure entstehen könnte, würde nicht entfernt so stark ins Gewicht fallen, da das Molekulargewicht dieser Körper und ihrer Pikrolonate bedeutend geringer ist, als das der Alkaloide, während beim Titrieren ein Aequivalent Base . einem Aequivalent Säure entspricht. Außerdem sind die betreffenden Pikrolonate bedeutend löslicher als Brucin-Strychnin-Pikrolonat; sie scheiden sich also nicht mit aus, bezw. werden durch Auswaschen entfernt. Eztractnm Strychni. Methode des D. A.-B. IV. Brucin-Strycbnin aus 0,666 g Extr. Strychni Prozentgehalt des Extr. Strychni an Strycbnin-Bracin 0,1284 g 0,1399 „ 0,1291 „ 0,1314 „ 0,1318 „ 0,1310 „ 19,27% 21,02 „ 19,38 „ 19,73 „ 19,78 „ 19,66 „ Eztractnm Strychni. PikroloDsäure-Methode. Brucin-Strychnin- Prozentgebalt Pikrolonat aus 0,666 g Brucin-Strycbnin des Extraktes an Brucin- Extrakt aus 0,666 g Extrakt Strycbnin 0,2089 g 0,1227 g 18,42% 0,2223 - 0,1289 - 19,35 - 0,214.5 „ 0,1244 „ 18,67 „ 0,2138 „ 0,1239 „ 18,61 „ 0,2180 „ 0,1264 „ 18.98 „ 0,2150 „ 0,1247 „ 18,72 „ 0,2130 „ 0,1235 „ 18,54 „ 0,2166 „ 0,12.06 „ 18,85 „ 0.2214 „ 0,1284 „ 19,28,, 0,2228 „ 0,1292 „ 19,39 „ 0,2205 _ 0,1279 „ 19,19 „ 0,2197 „ 0,1274 „ 19,11 „ ») E. Merck, Jahresbericht 1900, 9 u. 195. 2) G. Fromme, Apoth.-Ztg. 1901, 14. ») C. A. Jungclaußen, Apoth.-Ztg. 1900, 707. *) G. Frerichs, Apoth.-Ztg. 1901, 717 u. 718. 6) Meßner, Apoth.-Ztg. 1900, 411. H. Matthes u. O. Rammstedt: Alkaloidb^stimmung. 121 Die Pikrolonsäure-Methode wurde von zwei im hiesigen Institut arbeitenden Herren nachgeprüft. Diese erhielten Werte, welche mit den angeführten Resultaten gut übereinstimmten. Folgende Tabelle gibt die gefundenen Werte wieder: Extractum Strycbni, PikroloDSäure-Metbo d<. Name 12 12. Brucin-Strychnin- Pikrolonat aus 0,666 g Extrakt 0,2151 g 0,2208 „ 0,2184 „ 0,2235 „ Brucin-Strychnia aus 0,666 g Extrakt Prozentgehalt des Extraktes an Brucin-Strycbnin 0,1247 g 0,1280 „ 0,1266 „ 0,1296 „ 18,73% 19,22 „ 19,01 „ 19.46 „ Auch der Alkaloidgehalt von Tinctur. Strychni wurde sowohl nach dem Deutschen Arzneibuch als auch mit Pikrolonsäure bestimmt. Zunächst wurde versucht, die Alkaloide direkt mit Pikrolonsäure zu fällen, ohne sie vorher zu isolieren, es gelang dies auch, jedoch wurde ein höherer Prozentgehalt als nach der Methode des Arzneibuches gefunden, während doch ein niedrigerer Prozentgehalt zu erwarten war. Das Pikrolonat war also jedenfalls mit anderen Stoffen verunreinigt, wofür auch der niedrigere Zersetzungspunkt sprach. Das direkt gefällte Pikrolonat hatte einen Zersetzungspunkt von 250*^, während das reine Brucin-Strychnin-Pikrolonat bei 260° schmolz. Die direkte Fällung der Alkaloide der Strychnostinktur würde sich für eine iSchnellmethode recht gut eignen, da ^sie äußerst einfach ist und die Werte als annähernd richtige bezeichnet werden können. Außerdem gebraucht man zu einer solchen Bestimmung nur die Hälfte der Tinktur- menge, die das Arzneibuch verlangt. Die direkte Fällung wurde nach tolgender Methode ausgeführt: 25,0 g einer von E. Merck bezogenen Brechnußtinktur wurde mit 2o,0 g Wasser verdünnt, mit 5,0 ccm einer ' lou. -Pikrolonsäure versetzt und auf dem Wasserbade zur Hälfte ab- gedunstet. Nach 24 Stunden wurde das Pikrolonat auf einen Gooch- Tiegel gesammelt, mit 2,0 ccm einer Alkohol- Aethermischung (1+3) nachgewaschen, 30 Minuten bei 110" getrocknet und gewogen. Die Resultate veranschaulicht folgende Tabelle: 122 H. Mattbes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmuog. TlDctara Strychnl (E. Merck) mit Plkrolonsäare direkt gefällt. Bracin-Strychnin- Zersetzg.-Punkt ' Brucin-Strychnin 1 Prozentgehalt der aus 250^g ^^^ ' *"^ ^°'^ 8 ' "^'"^^ Strychni an Tinct, Strvchni i Pibrolonates ! Tinct. Strychni | Brucin-Strychnin 0,1331 g 0,1111 „ 0,1105 „ 2c00 2510 2510 0,0772 g 0,0644 „ 0,0640 „ 0,3088% 0,2576 „ 0,2560 „ Diese Strychnostinktur enthielt nach dem Deutschen Arzneibuche 0,2111% Alkaloide. Ein wandsfreie Werte wurden mit Pikrolonsäure nach folgender Methode erhalten. 50,0 g Brechnußtinktur wurden in einem Erlenmeyer-Kolben bis auf 10,0 g eingedampft, mit 5,0 g absolutem Alkohol, 50,0 g Aether und 20,0 g Chloroform gut durch- geschüttelt, sodann mit 10,0 ccm Sodalösung (1 + 2) versetzt und 10 Minuten lang kräftig geschüttelt. Nach 20 Minuten langem Stehen wurden 50,0 g der durch ein doppeltes Faltenfilter filtrierten Aether- Chloroformmischung in einem Becherglase zur Hälfte abgedampft und die noch warme Lösung mit 5,0 ccm Vio n. -alkoholischer Pikrolonsäure versetzt. Das sich nach einiger Zeit abscheidende Pikrolonat wurde nach 24 Stunden auf einem Gooch-Tiegel gesammelt, mit 2,0 ccm einer Alkohol- Aethermischung (1 + 3) nachgewaschen, 30 Minuten lang bei 110° getrocknet und gewogen. Auf diese Weise wurde der Alkaloidgehalt von drei verschiedenen Brechnußtinkturen nach der Methode des Arzneibuches und nach der Pikrolonsäuremethode bestimmt. Die folgenden Tabellen geben die Resultate wieder: TiDctora Strychni, bezogen von E. Herck. Alkaloidgehalt nach dem D. A.-B. IV 0,2111%. Brucin-Strychnin- Brucin-Strychnin Prozentgehalt Pikrolonat aus 33,33 g aus 33,33 g der Tinktur an Brucin- Tinct. Strychni i Tinct. Strychni Strychnin 0,1127 g ' 0,0653 g 0,1961% 0,1077 „ 0,0624 „ 0,1873 „ 0,1136 „ 0,0659 „ 0,1976 „ 0,1096 „ 0,06.35 „ 0,1806 „ 0,1121 „ 0,0651 „ 0,1950 „ 0,1124 „ 0,0652 „ 0,1915 „ 0,1152 „ 0,0668 „ 0,2004 „ 0,1127 „ 1 0,0653 „ 0,1961 „ H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. 123 Tinctara Strycbni, gelbst bereitet I. Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Pikrolonsäure Methode. Brucin-Strychnin- Pikrolonat aus 33,33 g Tinktur Brucin-Strychnin aus 33,33 g Tinktur Prozentgehalt der Tinktur an Brucin- Strychnin 0,1285 g 0,1326 „ 0,1352 „ 0,1339 „ 0,0745 g 0,0769 „ 0,0784 „ 0,0776 „ 0,2235% 0,2307 „ 0,2352 „ 0,2329 „ Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Methode des D. A.-B. IV. Brucin-Strychnin aus 33,33 g Tinktur Prozentgehalt der Tinktur an Brucin- Strychnin 0,0879 g 0,0864 „ 0,2638% 0,2592 „ Tinctura Strycbni, selbst bereitet II. Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Pikrolonsäure- Method«. Brucin-Strychnin- Pikrolonat aus 33,33 g Tinktur Brucin-Strychnin aus 33,33 g Tinktur Prozentgehalt der Tinktur an Brucin- Strychnin 0,1193 g 0,0692 g 0,2075% 0,1172 „ 0,0679 „ 0,2038 „ 0,1179 „ 0,0684 „ 0,2051'„ 0,1181 „ 0,0685 „ 0,2055 „ Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Methode des D. A.-B. IV. Brucin-Strychnin aus 33,33 g Tinktur Prozentgehalt der Tinktur an Brucin- Strychnin 0,0869 g 0,0807 „ 02603% 0,2420 „ 124 H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. Um den Alkaloidgehalt der Semina Strychni zu bestimmen, empfiehlt sich die folgende Arbeitsmethode: 15,0 g gepulverte, bei 100° getrocknete Brechnuß werden mit 100,0 g Aether und 50,0 g Chloro- form kräftig durchgeschüttelt, sodann mit 10,0 ccm einer Mischung aus 2 Teilen 15%iger Natronlauge und 1 Teile Wasser versetzt und 10 Minuten lang kräftig geschüttelt. Die Mischung wird dann noch mit 15,0 ccm oder nötigenfalls soviel Wasser versetzt, bis sich das Pulver beim kräftigen Umschütteln zusammenballt und die darüber stehende Chloroform-Aetherlösung sich klärt. Nach 20 — 30 Minuten langem Stehen wird die Chloroform-Aetherlösung durch ein trockenes, doppeltes Faltenfilter filtriert und zweimal je 50,0 g der Lösung im Becherglase auf die Hälfte abgedunstet und mit je 5,0 ccm Vio n.-Pikrolonsäure versetzt. Das ausgeschiedene Pikrolonat wird nach 24 Stunden mit Hilfe einer Gummifahne auf einen Gooch-Tiegel gebracht und zwar so, daß das Filtrat benutzt wird, um das Pikrolonat vollständig in den Tiegel zu bringen. Es wird mit 2,0 ccm einer Alkohol- Aethermischung (1 + 3) nachgewaschen. Das Pikrolonat wird 80 Minuten lang getrocknet und dann zur Wägung gebracht. Auf diese Weise wurde ein grobes und feines Brechnußpulver untersucht; die Resultate sind aus folgenden Tabellen ersichtlich: Semen Strychni pniv. gross. Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Pikrolonsäare- Methode. Brucin-Strychnia- Brucin-Strychnin aus Prozentgebalt Pikrolonat aus 5,0 g 5,0 g Sem. Strychni des Sem. Strychni an Sem. Strychni pul\ . gros«. pulv. gross. Brac'n-Strychnin 0,2252 g 0,1306 g 2,6120% 0,2215 „ 0,1284 „ 2,5680 „ 0,2241 „ 0,1299 „ 2,5980 „ 0,2221 „ 0,1288 „ 2,57eo„ 0,2276 „ 0,1319 „ 2,6380 „ 0,2202 „ 0,1277 „ 2,5540 „ Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Methode des D. A.-B. IV. Brucin-Strychnin aus 5,0 g Sem. Strychoi pulv. gross. Prozentgehalt der Sem. Strychni an Brucin-Strychnin 0,1378 g 0,1359 „ 2,7560% 2,7180 „ H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestitnmung. 125 Semen Strychni palv. snbt. Bestimmung des Alkaloidgehaltos nach der Pikrolonsäure- Methode. Strychnin-Brucin- Strychnin-Brucin aus Prozentgehalt Pikrolonat aus 6,0 g 5,0 Sem. Strychni des Sem. Strychni Sem. Sttycbni pul j. subt. pulv. subt. an Strychnin-Bracin 0,2134 g 0,1237 g 2,4740% 0,2137 „ 0,1239 „ 2,4780 „ 0,2094 „ 0,1214 „ 2,4280 „ 0,2101 „ 0,1218 „ 2,4360 „ 0,2113 „ 0,1225 „ 2,4500 „ 0,2099 „ 0,1217 „ 2,4340 „ Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Methode des D. A.-B. lY. Strychnin-Brucin aus 5,0 g Sem. Strychni palv. subt. 0,1287 g 0,1287 „ Prozentgehalt der Sem. Strychni pulv. subt, an Strychnin-Brucin 2,5740% 2,6740 „ Von Interesse würde es sein, wenn man mit einer leicht aus- führbaren Methode jederzeit das Verhältnis von Brucin und Strychnin bestimmen könnte. Wir versuchten mit Hilfe der Stickstoflfbestimmung in dem Brucin-Strychnin-Pikrolonat zum Ziele zu kommen und legten unserer Berechnung folgende Formel zu Grunde : 0,1405 S— s 0,1405 S— s y — X 0,0128 In dieser bedeutet: S die gewogene Substanzmenge von Brucin-Strychnin-Pikrolonat. X die unbekannte Menge von Brucin-Pikrolonat \ y die unbekannte Menge von Strychnin-Pikrolonat i enthalten m S s der gefundene Stickstoff 1,0 g Brucin-Pikrolonat = 0,1277 g Stickstoff X g Brucin-Pikrolonat = 0,1277 - x g Stickstoff 1,0 g Strychnin-Pikrolonat = 0,1405 g Stickstoff y g Strychnin-Pikrolonat = 0,1405 • y g Stickstoff I. S = X + y IL s = 0,1277 • X -f- 0,1405 • y y = 0,1277 x -f 0,1405 S — 0,1405 x = 0,1405 S — 0,0128 x 126 H. Mätthes u. 0. Hammsledt: Alkaloidbestimmung. Reines Brucin-Pikrolonat und reines Strychnin-Pikrolonat wurden gemischt, und zwar 0,0615 g Brucin-Pikrolonat und 0,1020 g Strychnin- Pikrolonat, so daß also 0,1635 g Brucin- Strychnin-Pikrolonat erhalten wurden. Von dieser Menge wurde der Stickstoffgehalt bestimmt: 0,1635 g Substanz gaben 18,4 com Stickstoff hei 9*" und 760 mm Druck. Dies würde einem Stickstoffgehalt von 13,47 % entsprechen ; der berechnete Stickstoffgehalt war 13,55 %. Setzen wir nun diese Werte in unsere Gleichung ein: S = 0,1635; s = 0,0221. 0,1405-0,1635—0,0221 X = ^j^ = 0,0681g. Demnach wurden gefunden 0,0681 g Brucin-Pikrolonat, während 0,0615 g angewandt waren. Ferner wurde der Stickstoffgehalt von 0,2981 g eines Gemisches bestimmt, welches 0,1946 g Brucin-Pikrolonat und 0,1035 g Strychnin- Pikrolonat enthielt. 0,2981 g Substanz gaben 32,7 ccm Stickstoff bei 10" und 768 mm Druck. Setzen wir S = 0,2981 und s = 0,0396 in unsere Gleichung ein: 0,1405-0,2981—0,0396 ^,^,^ ^ äöi2r == ^'1^1^- Sonach wurden 0,1719 g Brucin-Pikrolonat gefunden, während 0,1946 g angewandt waren. Auf diese Weise wurde auch der Brucin-Pikrolonatgehalt des aus Brechnußextrakt erhaltenen Gemisches von Brucin-Strychnin- Pikrolonat bestimmt. L 0,1349 g Substanz gaben 15,2 ccm Stickstoff bei 8 o u. 750 mm Druck. II. 0,1345 „ „ „ 15,0 „ „ „ 80 „ 750 „ Nach der ersten Bestimmung würden 0,1349 g Substanz 0,0625 g Brucin-Pikrolonat enthalten; nach der zweiten 0,1345 g Substanz 0,0794 g Brucin-Pikrolonat. Die Methode ist leider nicht anwendungsfähig, da das Stickstoff- volumen bis auf 0,05 ccm genau abgelesen werden müßte. Könnte man den Stickstoffgehalt einer größeren Quantität des Gemenges — mindestens 1,0 g — bestimmen, so würde man zuverlässigere Werte erhalten. Dann verläuft aber die Stickstoffentwickelung zu stürmisch. Nach Kjeldahl läßt sich der Stickstoffgehalt der Pikrolonate leider nicht bestimmen. H. Matthes u. 0, Rammstedt: Alkaloidbestimmung. 12? Bestimmung des Alkaloidgehaltes von Extractum Hydrastis fluidum, Tinctura Hydrastis und Rhizoma Hydrastis mitteist Pikrolonsäure. Das Hydrastisrhizom nnd seine pharmazeutischen Zubereitungen enthalten die Alkaloide Hydrastin und Berberin, ferner Phytosterin. Das Deutsche Arzneibuch läßt nur den Hydrasticgehalt bestimmen, da Berberin und Phytosterin physiologisch unwirksame Körper sind. Nach dem Verfahren des Arzneibuches wird das von Phytosterin getrennte Hydrastin zur Wägung gebracht, Berberin wird von der Ausschüttelungs- flüssigkeit, Benzin- Aether, die das Arzneibuch anwendet, nicht auf- genommen. Die Bestimmung des Hydrastins mit Pikrolonsäure gestaltet sich insofern einfacher als die Methode des Arzneibuches, weil Phytosterin durch Pikrolonsäure nicht gefällt wird und deshalb auch nicht vom Hydrastin getrennt zu werden braucht. Das Hydrastinpikrolonat, welches bei der Extraktbestimmung erhalten wurde, besaß den Schmelzpunkt 220—225°; das aus reinem Hydrastin erhaltene Pikrolonat schmilzt bei 225". Die Stickstoff bestimmung des aus Extrakt erhaltenen Pikrolonats ergab folgendes Resultat: Berechnet für C2iH8iNOoCioH8N4 05: Gefunden: N = 10,82% 11,19%. 0,1483 g Substanz gaben 14,2 com Stickstoff bei 12» u. 749 mm Druck. Das aus dem Extrakt erhaltene Pikrolonat hatte also die genügende Reinheit. Die Bestimmung des Hydrastingehaltes von Extract. Hydrastis fluid, ttit Pikrolonsäure wurde nach folgendem Verfahren ausgeführt. 15,0 g Extract. Hydrast. fluid, werden in einem Erlenmeyer- Kolben auf ungefähr 5,0 g abgedunstet, der Rückstand wird mit 10,0 ccm Wasser versetzt und mit 10,0 g Petroleumbenzin, 50,0 g Aether und 5,0 g Ammoniakflüssigkeit 10 Minuten lang kräftig geschüttelt. Nach 20 Minuten langem Stehen werden 40,0 g der durch ein doppeltes Faltenfilter filtrierten Benzin-Aetherlösung in einem Becherglas zur Hälfte abgedunstet und mit 10,0 ccm Vio n. -Pikrolonsäure versetzt. Nach 24 Stunden wurde das Hydrastin-Pikrolonat auf einem Gooch- Tiegel gesammelt mit 2 ccm einer Alkohol- Aethermischung (1 + 3) nachgewaschen, 30 Minuten bei 105° getrocknet und gewogen. Die folgenden Tabellen enthalten die Resultate, welche nach der Pikrolonsäure-Methode und nach der des Arzneibuches erhalten wurden. 128 H. Matthes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Pikrolonsäure- Methode. Hydrastin-Pikrolonat Prozentgehalt aus 10,0 g Hydrastin ans 10,0 g des Extr. Hydrast. fluid. Extr. Hydrast. flaid. Extract. Hydrast. fluid. an Hydrastin 0,3898 g 0,23075 g 2,3075% 0,3991 „ 0,23625 „ 2,3625 „ 0,388^ „ 0,22975 „ 2,2979 „ 0,3937 „ 0,23305 „ 2,3305 „ 0,3897 „ 0,23068 „ 2,3068 „ 0,3474 „ 0,20564 „ 2,0564 „ 0,3931 „ 0,23269 „ 2,3269 „ 0,3635 „ 0,21517 „ 2,1517 „ 0,3830 „ 0,22672 „ 2,2672 „ 0,3675 „ 0,21754 „ 2,1754 „ 0,3909 „ 0,23139 „ 2,3139 , 0,3923 „ 0,23222 „ 2,3222 „ 0,3932 „ 0,23275 „ 2,3275 „ 0,3929 „ 0,23238 „ 2,3238 „ 0,3696 „ 0,21878 „ 2,1878 „ 0,3865 „ 0,22879 „ 2,2879 „ 0,3603 „ 0,21328 „ 2,1328 „ 0,3789 „ 0,22429 „ 2,2429 „ Eztractam fluid. Hydrastis E. Merck. Bestimmung des Hydrastingehaltes nach der Methode des D. A.-B. IV. Hydrastin aus 10,0 g Extr. Hydrastis fluid. Prozentgehalt des Extr. Hydrastis fluid. an Hydrastin. 0.24»7 g 0,2230 „ 2,4870% 2,2300 „ Ein anderes Hydrastisfluidextrakt wurde von im hiesigen Institute arbeitenden Herren sowohl nach der Pikrolonsäure-Methode, als nach der des Arzneibuches untersucht; folgende Tabelle enthält die Resultate Extractom Hydrastis tlnid. Hydrastingehalt nach dem D. A.-B. IV bestimmt 2,220% 2,070 , 2.107 „ Hydrastingehalt nach der Pikrolonsäure- Methode 2,207% 2,173 „ 2.039 „ H. Mattbes u. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. 129 Die HydrastinbestimmuDg eines amerikanischen Fluidextraktes nach dem Arzneibuch und mit Pikrolonsäore ergab folgende Werte: Nach dem Arzneibuch 2,271% Hydrastin; mit Pikrolonsäure 2,431% Hydrastin. Der Schmelzpunkt dieses Hydrastis-Pikrolonates lag bei 210". Bestimmt wurde auch der Hydrastingehalt einer von E. Merck bezogenen Hydrastistinktur nach dem Pikrolousäure-Verfahren und analog dem des Deutschen Arzneibuches für Hydrastisfluidextrakt an- gegebenen. In beiden Fällen wurden 50,0 g Tinktur in einem Erlen- meyer-Kolben auf 10,0 g abgedampft und dann einerseits wie das Fluidextrakt nach dem Arzueibuch bestimmt, andererseits mit Pikrolon- säure nach dem folgenden Verfahren: 50,0 g Hydrastistinktur wurden auf 10,0 g abgedampft mit 5,0 g Wasser versetzt und mit 10,0 g Petroleumbenzin und 50,0 g Aether kräftig durchgeschüttelt. Nach Zugabe von 5,0 Ammoniakflüssigkeit wurde 10 Minuten lang kräftig geschüttelt und nach 20 Minuten langem Stehen die Benzin-Aether- lösung durch ein trockenes, doppeltes Faltenfilter abfiltriert. 40,0 g des Filtrates wurden in einem Becherglase auf die Hälfte abgedunstet und mit 5,0 ccm Vio n. -Pikrolonsäure versetzt. Nach 24 Stunden wurde dag ausgeschiedene Pikrolonat mit Hilfe eines Gummiwischers auf bekannte Weise auf einen Gooch-Tiegel gebracht, mit 1 ccm einer Alkohol-Aethermischung (1 + 3) nachgewaschen, 30 Minuten lang bei 105" getrocknet und zur Wägung gebracht. Die Resultate der Bestimmungen sind aus folgenden Tabellen ersichtlich. Nach der Pikrolonsäure- Methode wurde durchschnittlich 0,1714% Hydrastin gefunden, nach der anderen Methode 0,2047 %; eine Differenz von 0,03 %. Tinctnra Hydrastls canadenslg. Bestimmung des Alkaloidgehaltes nach der Pikrolonsäare- Metbode. Hydrastin-Pikrolonat aas 33,333 g Tinktur Hydrastin aus 33,333 g jProzentgehalt der Tinktar Tinktur an Hydrastin 0,0969 g 0,0574 g 0,1722% 0,0967 „ 0,0572 „ 0,1716 „ 0,0941 „ 0,0557 „ 0,1671 „ 0,0971 „ 0,0575 „ 0,1725 „ 0,0i^68 „ 0,0673 „ 0,1719 „ 0,0976 „ 0,0578 „ 0,1734 „ Bestimmone des Alkaloidgehaltes analog der Methode des D A.-B. IV. Hydrastin aus 33,333 g Tinktur Prozentgebalt der Tinktar an Hydrastin 0,0693 g 0,0672 „ 0,2079% 0,2016 „ Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. 2. Heft. 130 H. Matthes a. 0. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. Dann wurde der Hydrastingehalt eines von Caesar & Loretz bezogenen Hydrastisrhizoms bestimmt. Als Vergleichsmethode wurde das von G. Fromme') ausgearbeitete Verfahren benutzt. Nach diesem werden 6,0 g mittelfeines Pulver mit 50,0 Aether, 10,0 Petroläther und 0,0 g Ammoniakflüssigkeit unter kräftigem Schütteln eine halbe Stunde lang mazeriert, dann mit 6,0 Wasser versetzt und so kräftig und lange geschüttelt, bis die überstehende Flüssigkeit blank erscheint. Hierauf werden 50,0 g rasch abfiltriert nacheinander mit 20 — 10 — 10 ccm Salzsäure von 1 % HCl ausgeschüttelt, die filtrierten sauren Auszüge mit Ammoniakflüssigkeit übersättigt und nacheinander mit 20— 15 — 10 ccm Aether ausgeschüttelt. Die filtrierten ätherischen Auszüge werden in einem gewogenen Erlenmeyer- Kolben verdunstet, der Rückstand mit zweimal je 5 ccm Aether im Dampfbade abgeblasen und bei 100* getrocknet. Dasselbe Hydrastisrhizom wurde mit Pikrolonsäure nach folgender Methode bestimmt. 6,0 g Pulver, 50,0 g Aether, 10,0 g Petroläther und 6,0 g Ammoniakflüssigkeit werden unter kräftigem Schütteln eine halbe Stunde lang mazeriert, dann mit 6,0 g Wasser versetzt und so kräftig und lange geschüttelt, bis die überstehende Flüssigkeit blank erscheint. Hierauf werden 50,0 g rasch abfiltriert in einem Becherglas auf die Hälfte verdunstet und mit 5,0 ccm Vio n.-Pikrolonsäure versetzt. Nach 24 Stunden wurde das Pikrolonat in bekannter Weise auf einem Gooch-Tiegel gesammelt, mit 1 ccm einer Alkohol-Aethermischung ( l-|-3) nachgewaschen, 30 Minuten laog bei 105° getrocknet und gewogen. Die Resultate sind in folgenden Tabellen zusammengestellt. Rhizoma Hydrastis canadeasis. Bestimmung des Hydrastingehaltes nach der Pikrolonsäure Methodp. flydrastJn-Pikrolonat aus ] Hydrastin aus ] Prozentgehalt des 5,0 Rhizoma Hydrastis 1 5,0 Rhizoma Hydrastis j Rhizoms an Hydrastin 0,2025 g 0,1199 g 2,3980% 0,2036 „ 0,1205 „ 2,2410 „ 0,2027 „ 0,1199 „ 2,39b0 „ 0,2039 „ 0,1207 „ 2,4140 „ 0,2009 „ 0,1189 „ 2,3780 „ 0,2008 „ 0,1189 „ 2,3780 „ 0,2047 „ 0,1212 „ 2 4240 „ 0,2020 „ 0,1196 „ 2,3920 „ 0,2019 „ 0,1195 „ 2,3900 „ 0,2039 „ 0,1207 „ 2,4140 , , 1) Caesar & Loretz, Geschäftsbericht 1902, 54 und 55. H. Matthes u. Rammstedt: Alkaloidbestimmung. 131 Bestimmung des Hydrastingehaltes nach der Methode Caesar & Loretz. Hydrastin aus Prozentgehalt des 5,0 Rhizoma Hydrastis Rhizoms an Hydrastin 0,1150 g 2,3000% 0,1189 „ I 2,3789 „ Die Werte stimmen also recht gut überein. Bestimmung des Pilocarpingehaltes der Jaborandiblätter mittelst Pikrolonsäure. Als Vergleichsmethode diente die von G. Fronime'j aus- gearbeitete Methode: „15,0 g mittelfsin gepulverte Jaborandiblätter werden mit 150,0 g Chloroform und 15,0 g Ammoniakfliissigkeit bei häufigem Durchschütteln eine halbe Stunde lang mazeriert, dann wird das Gemisch auf ein genügend großes glattes Filter gestürzt und dasselbe mit einer Glasplatte bedeckt. Sobald der Chloroformauszug langsam abtropft, gießt man etwas Wasser auf das Filter, wodurch ein rasches Filtrieren wieder eintritt. Nachdem reichlich 100,0 g Filtrat gesammelt sind, versetzt man dasselbe mit ca. 1,0 g Wasser, schüttelt kräftig durch und stellt beiseite. Es werden hierdurch feine Pulverpartikelchen vom Wasser autgenommen und die Flüssigkeit wird ganz blank. Nach einer Stunde werden 100,0 g abgewogen, diese hintereinander mit 30— 20 — lOccm l%iger Salzsäure ausgeschüttelt. Diese sauren Ausschüttelungen werden, da sie Chlorophyll, Fett und Harz noch enthalten, mit ca. 20 com Aether ausgeschüttelt, dann mit Ammoniakflüssigkeit übersättigt, und mit 30—20—10 ccm Chloroform ausgeschüttelt, dieses verdunstet und der Rückstand gewogen." Zur Bestimmung mit Pikrolonsäure werden die Jaborandi- blätter auf die soeben beschriebene Weise extrahiert, die 100,0 g Chloroformlösung bis auf ungefähr 20 ccm verdampft und diese mit 3,0 ccm Vio n.-Pikrolonsäure und sodann mit ungefähr 60,0 ccm Aether versetzt, worauf das Pikrolonat ausfällt. Nach 24 Stunden wird es nach bekannter Weise auf einem Gooch-Tiegel gesammelt, mit 1 ccm einer Alkohol - Aethermischung (1+3) nachgewaschen, bei 110° getrocknet und gewogen. Das auf diese Weise erhaltene Pilocarpin- Pikronat schmolz bei 200'' bis 205° unter Zersetzung wie das reine Salz. 1) Caesar & Loretz, Geschäftsbericht 1901, 27. 9* 132 A. Westerkamp: Bestimmung des Bleis. Die Stickstoff bestimmung ergab folgendes Resultat: 0,1502 g Substanz gaben 23,4 ccm Stickstoff bei 15» und 760 mm Druck. Berechnet für C11H18N8O2C10H8N4O6: Gefunden: N 17,79 18,24% Die Resultate der Bestimmungen sind in folgender Tabelle zusammengestellt : Bestimmung des Pilocarpingehaltes der Jaborandiblätter mit Pikrolonsäure und nach dem Verfahren von G. Fromme. Aus 10,0 g Fol. Jaborandi Prozentgehalt der Fol. Prozentgehalt wurden Jaborandi anPilokarpin Pilokarpinpikrolonat mit Pikrolonsäure erhalten bestimmt nach G. Fromme 0,0665 g 0,2931% 0,247% 0,0610 „ 0,2688 „ 0,254, 0,0660 „ 0,2908 „ 0,278 „ 0,0654 „ 0,2882 „ 0,0656 „ 0,2891 „ 0,0645 „ 0,2842 „ Man sieht, daJß wir in der Pikrolonsäure von Knorr eine Substanz haben, mit welcher die Wertbestimmung bei einigen narkotischen Drogen usw. verhältnismäßig einfach durchzuführen ist. Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut der Herzoglichen technischen Hochschule zu Braunschweig. Von H. Beckurts. Elektrolytische Bestimmung des Bleis in Zinn- Bleilegiernngen und Weissblechen. Von Arthur Westerkamp. (Eingegangen den 15. II. 1907.) Die Bestimmung des Bleis in Legierungen ist von großer Wichtigkeit, seitdem das Reichsgesetz vom 25. Juni 1887 vorschreibt, daß z. B. Eß-, Trirk- und Kochgeschirre aus einer nicht mehr als 10% Blei enthaltenden Metalllegierung hergestellt und ihre Innenseite mit einer nicht mehr als l%Blei enthaltenden Metalllegierung verzinnt sein dürfen. Man kann nun den Gehalt an Blei in solchen Legierungen A. Westerkamp: Bestimmung des Bleis. 133 nach den verschiedensten Methoden feststellen. So gibtz. B. Grimaldi*) ein Verfahren an, nach welchem der Gehalt an Blei in Zinn-Blei- legieranijen dnrch die Bestimmung der Dichte der Legierung fest- gestellt wird. Bis durch das Reichsgesetz obige Bestimmungen, bezüglich des Bleinachweises in Zinn- bezw. Zinn-Bleilegierungen, erlassen wurden, pflegte man sich im chemischen Laboratorium bei der Analyse von Zinn-Bleilegierungen der einfachen Trennung mittelst starker Salpetersäure zu bedienen, die Blei als Bleinitrat in Lösung bringt, während Zinn als in Salpetersäure unlösliches Zinndioxyd ab- geschieden wird. Da nun allgemein die Annahme gemacht wird, (nähere Literaturvermerke hierüber konnte ich nicht finden), daß bei der Behandlung von Zinn-Bleilegierungen mit Salpetersäure neben in Salpetersäure unlöslichem Zinndioxyd auch zinnsaures Blei sich bildet, so findet man in nahrungsmittelchemischen Büchern unter dem Kapitel „Untersuchung von Gebrauchsgegenständen" eine andere Methode an- gegeben, die darauf beruht, daß eiue abgewogene Menge der Legierung mit konzentrierter Salpetersäure behandelt und die Bleinitratlösung abfiltriert wird, während man den aus Zinndioxyd und zinnsaurem Blei bestehenden Rückstand trocknet und schließlich mit der dreifachen Menge eines Gemisches aus gleichen Teilen Schwefel und Natriumkarbonat im Porzellantiegel schmilzt. Die Schmelze wird mit heißem Wasser aus- gelaugt, das unlösliche Bleisulfid abfiltriert, in konzentrierter Salpeter- säure gelöst und diese Bleinitratlösung mit dem ersten Piltrat vereinigt. Aus den vereinigten Filtraten wird das Blei als Bleisulfat abgeschieden und als solches gewogen. Die oben er vvähnte Vorbehandlung der Legierung mit Salpetersäure ist überflüssig. Es genügt, wenn die auf einer reinen, feinen Stahlfeile geraspelte L-^gierung direkt mit Schwefel und Natrium- karbonat geschmolzen wird. Diese zweite Methode hat zwar den großen Vorzug der Genauigkeit, ist aber ziemlich umständlich und daher gerade für Nahrungsmittelchemiker, denen daran liegen muß, nach genauen, aber möglichst wenig Zeit in Anspruch nehmenden Methoden zu arbeiten, sehr ungeeignet. Außerdem hat sie den Nachteil, daß das Abfiltrieren des unlöslichen Bleisulfids mit ziemlichen Schwierig- keiten verknüpft ist, da das Bleisulfid leicht mit durch das Filter hindurchgerissen wird und daher ein mehrmaliges Filtrieren un- umgänglich notwendig ist. Die erste Methode ist zwar bedeutend einfacher, hat aber den Nachteil, daß bei der Behandlung mit Salpetersäure nicht alles Blei als Bleinitrat in Lösung geht, sondern ein Teil desselben vom Zinn- *) Staz. sperim. agrar. ital. 37, 1026-10.30; vergl. auch Cham. Central- blatt 1905, I., 1112-1113. 134 A. Westerkamp: Bestimmung des Bleis. dioxyd als unlösliches zinrsaures Blei zurückgehalten wird. Die bei der quantitativen Abscheidung des Bleis aus seiner Bleinitratlösung erhaltenen Resultate werden also mit dem wirklichen Gehalt an Blei nicht vollkommen übereinstimmen. Es fragt sich nur, ob die Fehler- quelle wirklich so groß ist, daß diese Methode, wenn es darauf ankommt, ziemlich genaue Resultate zu erhalten, von vornherein aus- geschlossen ist. Um dies zu prüfen, habe ich beide Methoden neben- einander ausgeführt, habe aber das Blei nicht auf quantitativem, sondern auf elektrolytischem Wege abgeschieden. Als Anode benutzte ich dabei ein feines Platinnetz, auf welchem das abgeschiedene Blei- superoxyd (PbOg) bei Anwendung eines nicht zu starken Stromes sehr gut haften bleibt. Es wurde nun zunächst der Gehalt an Blei nach beiden Methoden in einer 7% igen, in einer 2,5% igen und in einer 1,05% igen Blei-Zinnlegierung festgestellt. Zu diesem Zwecke wurde die fein geraspelte Legierung mit 3 Teilen Natriumkarbonat und 3 Teilen Schwefel im Porzellantiegel geschmolzen, die Schmelze mit heißem Wasser aufgencmn"en, die Lösung des sulfozinnsauren Natriums (Na2SnS3) von dem in Wasser unlöslichen Bleisulfid abfiltriert, das Bleisulfid in konzentrierter Salpetersäure gelöst und schließlich das Blei aus dieser Lösung mit 0,2 Amp. und 2 bis 3 Volt an der Anode als Pb02 abgeschieden. Hierzu waren 12 Stunden Zeit nötig. Als Anode wurde die zylinderförmige Drahtnetzelektrode benutzt. Nach vollendeter Elektrolyse wurde die Anode in der Flamme des Bunsenbrenners geglüht und nach dem Erkalten im Exsikkator gewogen. Nach Abzug des Gewichts der blanken, PbOa- freien Elektrode ergibt sich die Menge des Pb02; hieraus läßt sich in bekannter Weise der Bleigehalt berechnen. Analysen mit Zinn-Bleilegierungen von 7% Bleigebalt. I. 0,612 g Substanz gaben 0,0493 g PbOg, entsprechend 0,04277 g Pb = 6,99% Pb. II. 0,631 g Substanz gaben 0,0508 g PbOg, entsprechend 0,04403 g Pb = 6,978% Pb. Analysen mit Zinn-Bleilegierungen von 2,5% Bleigehalt. I. 0,713 g Substanz gaben 0,02049 g PbOg, entsprechend 0,01775 g Pb = 2,49% Pb. II. 0,698 g Substanz gaben 0,01998 g PbOg, entsprechend 0,01731 g Pb = 2,48% Pb. Analysen mit Zinn-Bleilegierungen von 1,05% Bleigehalt. I. 0,653 g Substanz gaben 0,0078 g PbOg, entsprechend 0,0068 g Pb = 1,04% Pb. II. 0,672 g Substanz gaben 0,008 g PbOg, entsprechend 0,007 g Pb = 1,04% Pb. A. Westerkamp: Bestimmung des Bleis. 136 Diese Analysen zeigen, daß man den Bleigebalt auf elektrolytischem Wege leicht und genau ermitteln kann, und es verdient dieser Weg entschieden den Vorzug, wenn dem Analytiker die nötigen Apparate zur Verfügung stehen. Man kann auf diese Weise durch Hinter- einanderschaltung mehrerer Elektrodenpaare gleichzeitig mehrere Analysen ausführen, was von großem Vorteil ist, wenn es sich um Erledigung einer größeren Anzahl solcher Analysen handelt. Bei Anwendung der HNOs-Trennung wurde Salpetersäure von verschiedener Konzentration benutzt, und dabei konnte festgestellt werden, daß je höher die Konzentration der Säure ist, sich um so weniger Blei mit dem Zinndioxyd zu zinnsaurem Blei vereinigt. Bei Anwendung von roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 kam man sogar zu Resultaten, die mit dem wirklichen Gehalt an Blei nur um 0,07 bis 0,09% differierten. Bei Anwendung von 25% Salpetersäure differierten die Resultate noch um etwa 0,3%, bei Anwendung von Salpetersäure vom spez. Gew. 1,4 noch um etwa 0,12%. Nachstehende Analysen zeigen, welchen Einfluß die Konzentration der Salpetersäure auf die Bildung von zinnsaurem Blei ausübt. I. Analysen, bei denen die Trennung von Zinn und Blei mit 25%iger Salpetersäure erfolgte. 1. Bei Anwendung einer 7% igen Blei- Zinnlegierung kam man mit 25% Salpetersäure zu folgenden Resultaten: 1 a) 0,514 g Substanz gaben 0,0396 g PbO,, entsprechend 0,0343 g Pb = 6,673% Pb. 1 b) 0,523 g Substanz gaben 0,0403 g PbOa, entsprechend 0,0349 g Pb = 6,673% Pb. 2. Bei Anwendung einer 2,5% igen Blei-Zinnlegierung kam man mit 25%iger Salpetersäure zu folgenden Resultaten: 2 a) 0,531 g Substanz gaben 0,01.% g PbOj, entsprechend 0,0117 g Pb = 2,2% Pb. 2 b) 0,529 g Substanz gaben 0,0135 g PbOj, entsprechend 0,0117 g Pb = 2,21% Pb. II. Analysen, bei denen die Trennung von Blei und Zinn mit Salpetersäure vom spez. Gew. 1,4 erfolgte. 1. Bei Anwendung einer 7% igen BleiZinnlegierung kam man mit HNOa, spez. Gew. 1,4, zn folgenden Resultaten: 1 a) 0,601 g Substanz gaben 0,0476 g PbOg, entsprechend 0,0413 g Pb = 6,87% Pb. 1 b) 0,592 g Substanz gaben 0,0468 g PbOg, entsprechend 0,0406 g Pb = 6,86% Pb. 2. Bei Anwendung einer 2,5% igen Blei-Zinnlegierung gelangte man mit HNOs vom spez. Gew. 1,4 zu folgenden Resultaten: 136 A. Weeterkamp: Bestimmung des Bleis. 2 a) 0,581 g Substanz gaben 0,0158 g PbOg, entsprechend 0,01371 g Pb = 2,36% Pb. 2b) 0,572 g Substanz gaben 0,0157 g Pb02, entsprechend 0,0136 g Pb = 2,37% Pb. III. Analysen, bei denen die Trennung von Blei und Zinn mit roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 erfolgte. 1. Bei Anwendung von 7 %iger Blei-Zinnlegierung gelangte man mit roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 zu folgenden Resultaten : la) 0,607 g Substanz gaben 0,0483 g PbOg, entsprechend 0,0419 g Pb = 6,902% Pb. 1 b) 0,598 g Substanz gaben 0,0478 g PbOg, entsprechend 0,0414 g Pb = 6,92% Pb. 2. Bei Anwendung von 2,5 % Blei-Zinnlegierung gelangte man mit roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 zu folgenden Resultaten : 2 a) 0,5248 g Substanz gaben 0,0146 g Pb Og, entsprechend 0,0127 g Pb = 2,42% Pb. 2 b) 0,5 g Substanz gaben 0,0139 g PbOj, entsprechend 0,0121 g Pb = 2,42 % Pb. 3. Bei Anwendung einer 1,05% igen Blei-Zinnlegierung kam man mit roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 zu folgenden Resultaten : 3 a) 0,619 g Substanz gaben 0,00705 g PbOa, entsprechend 0,00607 g Pb = 0,98% Pb. 3 b) 0,589 g Substanz gaben 0,0066 g PbOa, entsprechend 0,00572 g Pb = 0,97% Pb. "Vorstehende Analysen zeigen, daß man bei der elektrolytischen Bestimmung von Blei durch Behandlung von Blei-Zinnlegierungen mit roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 Resultate erhält, die mit denen der erstgenannten Methode gut übereinstimmeü. Man kann also ohne Bedenken bei der Bestimmung von Blei in Blei- Zinnlegierungen, auch wenn dieselben nur einen geringen Prozent- gehalt Blei enthalten, sich der einfacheren Methode, der Trennung durch Salpetersäure, bedienen, nur muß man eine möglichst konzentrierte Säure, am besten die rote, rauchende Süpetersäure vom spez. Gew. 1,52 anwenden. Die Ausführung dieser Methode geschah nun folgendermaßen: Etwa 0,5 g der fein geraspelten Legierung wurden in einer mit Trichter verdeckten Porzellanschale mit etwa 2 bis 3 ccm roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 versetzt. Nachdem dieselbe etwa V« Stunde lang in der Kälte eingewirkt hatte, wurden noch 2 bis 3 A. Westerkamp: Bestimmung des Bleis. 137 Tropfen verdünnte Salpetersäure hinzugefügt. Es entstand sofort ein blumenkohlartipes Salzgebilde, das noch etwa V4 Stunde lang auf den» Wasserbade mit 10 bis 15 com verdünnter Salpetersäure behandelt wurde. Nach dem Erkalten wurde die Lösung des Bleinitrats abfiltriert, der Niederschlag so lange mit verdünnter Salpetersäure ausgewaschen, bis im Waschwasser kein Bleinitrat mehr nachzuweisen war, und aus der Lösung das Blei als Bleisuperoxyd an der Anode niedergeschlagen. AehnlicheUntersuchungen liegen schon von Hollard u. Bertiaux') vor. Diese Forscher fanden, daß allerhöchstens 1 mg Blei vom Zinn- dioxyd zurückgehalten wird, wenn man 1 gder feingeraspelten Legierung in einem 3.50 ccm- Gefäß mit 52 ccm Salpetersäure bei Gegenwart von 10,0 g Kupfer und einer um so geringeren Menge Wasser, je mehr Zinn die Legierung enthält, behandelt, nach beendigter Einwirkung auf 300 ccm verdünnt, einige Zeit auf dem Wasserbade erhitzt, um das Zinndioxyd api Boden des Gefäßes zusammenzuballen, und nach dem Erkalten das Blei aus der Bleinitratlösung an der Anode als Blei- superoxyd niederschlägt. Nach dieser Methode soll also höchstens 1 mg Blei vom Zinndioxyd als zinnsaures Blei festgehalten werden. Handelt es sich nun darum, nicht nur den Gehalt an Blei, sondern auch den an Zinn festzustellen, wie dies z. B. bei Untersuchung der Verzinnung des Innern von Konservenbüchsen der Fall ist, wo das Reichsgesetz vorschreibt, daß die Innenseite nicht mehr als 1% Blei, auf Zinn berechnet, enthalten darf, so kann man auch das einfachere Verfahren einschlagen. Man kratzt dann mit dem Messer eine möglichst feine Schicht herunter, behandelt diese nach der angegebenen Methode und bestimmt das Blei, indem man es aus seiner Nitratlösung als Blei- superoxyd an der Anode niederschlägt. Da nun beim Abkratzen des Zinnüberzuges mehr oder weniger Eisen mit in die Lösung gelangt, so muß man das Verhältnis von Blei zu Zinn kennen ; es ist also bei Weißblechen eine Zinnbestimmung unumgänglich notwendig. Sofern die Mengen des Eisens nicht zu groß sind, hat das in der Salpetersäure- lösung sich vorfindende Eisen keinen wesentlichen Einfluß auf die Blei- elektrolyse, eine Beobachtung, die auch von Hollard und Bertiaux schon gemacht ist. Bei diesen Weißblechanalysen wurde auch der Eisengehalt nach elektrolytischer Abscheidung des Bleis als PbOa auf gewichtsanalytischem Wege ermittelt. Zur Bestimmung des Zinns wurde der nach der Behandlung des Zinnüberzuges mit roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52 auf dem Filter bleibende Rückstand, bestehend aus Zinndioxyd und ganz geringen Mengen zinnsaurem Blei, ») Ball. soc. chim. [3], 81, 1125—1131, vgl. auch Chem. Centralblatt 1905, S. 121. 138 A. Westerkamp: Bestimmung des Bleis. getrocknet und mit 3 Teilen Natriumkarbonat und 3 Teilen Schwefel im Porzellantiegel geschmolzen. Darauf wurde die Schmelze mit heißem Wasser ausgelaugt, der ganz geringe Rückstand von Bleisulfid unberücksichtigt gelassen, und darauf die Lösung des sulfozinnsauren Natriums auf ein bestimmtes Volumen aufgefüllt. Von dieser Lösung wurde ein aliquoter Teil durch Zufügen von konzentrierter Natron- lauge stark alkalisch gemacht und diese Flüssigkeit mit 0,2 bis 0,3 Ampere und 2 bis 3 Volt 12 Stunden in der üblichen Weise elektrolysiert. Das Zinn scheidet sich als metallisches Zinn an der Kathode ab. Die Elektrode wäscht man mit Wasser, Alkohol und Aether ab, trocknet im Luftbad und wägt nach dem Erkalten im Exsikkator. Das Blei wurde wieder nach beiden Methoden bestimmt, durch die Schmelze mit Soda und Schwefel, und durch Trennung mittels rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52. I. Weißblechanalyse durch Schmelzen des Zinnüberzuges mit Soda und Schwefel. 1. BleibestimmuDg. a) 0,498 g Substanz gaben 0,0C6 g PbOj, entsprechend 0,0052 g Pb = 1,04% Pb. b) 0,486 g Substanz gaben 0,0058 g PbOg, entsprechend 0,0C51 g Pb = 1,05% Pb. 2. ZincbestimmuDg. aj 0,498 g Substanz gaben 0,4707 g Sn = 94,51% Sn. 0,486 „ „ „ 0,4594 „ „ = 94,52 „ „ II. Weißblechanalyse durch Behandlung mit roter, rauchender Salpetersäure vom spez. Gew. 1,52. L BleibestimmuDg. a) 0,488 g Substanz gaben 0,0055 g Pb Og, entsprechend 0,0048 g Pb = 0,98% Pb. b) 0,475 g Substanz gaben 0,0053 gPbOs, entsprechend 0,0046 g Pb = 0,97% Pb. 2. Zinnbestimmung. a) 0,488 g Substanz gaben 0,4612 g Sn = 94,508% Sn. b) 0,475 „ „ „ 0,4489 „ „ = 94.505 „ „ 3. Eisenbestimmung. a) 0,488 g Substanz gaben 0,0631 g PcaOg, entsprechend 0,0221 g Fe = 4,52% Fe. b) 0,475 g Substanz gaben 0,0614 g FegOa, entsprechend 0,0215 g Fe = 4,52% Fe. Summa : Summa : Sn 94,508% 94,505% Pb 0,98 „ 0,97 „ Fe 4,52 „ 4,52 „ 100,008% 99,995% A. Tschirch n. J. Edner: Rbabarbar. XS9 Vorstehende Analyse zeigt, daß man auf diesem abgekürzten Wege gleichfalls zuverlässige Resultate erhält. Die Untersuchung lehrt also, daß man sowohl bei Blei-Zinnlegierungen als auch bei Weißblechen, wenn es sich um Untersuchung von bleihaltigen Gebrauchs- gegenständen handelt, vor allem dann das Verfahren wesentlich ab- kürzen kann, wenn man eine grolle Anzahl solcher Proben zu unter- suchen hat. Bei Weißblechen kann dann auch die umständliche Zinnhestimmung unterbleiben, wenn man Blei und Eisen bestimmt. Zum Schluß möge noch erwähnt sein, daß H. Nissensen und F. Crotogino*) zum Analysieren von Zinn- Bleilegierungen sich der konzentrierten Schwefelsäure bedienen. Schwetelsäure löst in der Wärme das Zinn auf, während Blei als Bleisulfat ungelöst zurück- bleibt, wenn man zu der Schwefelsäure-Lösung heißes Wasser und Ammoniumoxalat hinzufügt. Im Filtrat von PbSOi bestimmen die genannten Autoren das Zinn auf elektrolytischem Wege. Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Ueber den englischen und den französischen Rhabarber. Von A. Tschirch und J. Edner. (Eicgegangen den 2. III 1907.) Durch die Untersuchungen von Tschirch und He üb erger ^) war festgestellt worden, daß im chinesischen Rhabarber zwei Gruppen von Glykosiden vorkommen : Tannoglykoside (Rheotannoglykoside) und Anthraglykoside (Rheoanthraglykoside). Die erstgenannte Gruppe bedingt die namentlich bei längerem Gebrauch vielfach beob- achtete stopfende Wirkung des Rhabarber, die zweite bedingt den Charakter der Droge als Purgativum. Denn wie der eine der beiden Autoren (T.) ausgeführt hat '), sind es weniger die neben den Glykosiden vorkommenden freien Oxymethylanthrachinone als vielmehr die ») Chem.-Ztg. 1902, 983. ^) Untersuchungen über den chines. Rhabarber, Arch. d. Pharm. 1902, S. 596 Dort die übrige Literatur Rheum betr. äj Tschirch, Vers, einer Theorie d. orgar. Abführm., welche Oxy- methylanthracb. entb., Schw. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm. 1898, No. 23, und die Oxymetbylanthrachinondrogen und ihre Wertbestimmung, Pharm. Post 1904, ^'o. 17. Dort die gesamte Literatur. 140 A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. glykosidisch gebundenen, die bei der Wirkung der Droge in erster Lfinie beteiligt sind — eben dadurch, daß die Glykoside im Darm langsam gespalten werden. Von Anthraglykoside bildenden Oxymethyl- anthrachinonen wurden von Tschirch und Eijken*) aus den Rhizomen und Wurzeln von in Bern kultiviertem Rheum palmatum isoliert: Chrysophansäure, Emodin, Isoemodin und Rhein; aus Rheum officinale die gleichen Körper; von Tschirch und Cristofoletti^) aus Rhaponticwurzel, österreichischem Rhabarber, (außer dem für die Abführwirkung nicht in Betracht fallenden Rhaponticin) ; Chrysophan- säure, Tetrahydromethoxydioxymethylanthrachinon^) (Tetrahydro- metuoxychrysophanol?) und Tetrahydrodioxydimethylanthrachinon *) (Tetrahydromethylchrysophanol?), dagegen weder Emodin noch Rhein. Im chinesischen Rhabarber fanden Tschirch und Heuberger (wie auch andere Autoren): Chrysophansäure, Emodin und Rhein. Hesse^) und Gilson außerdem Rhabarberon (Isoemodin). üeberall wird die Chrysophansäure von einem Körper begleitet, der von Hesse und den oben genannten Autoren als Methylchrysophansäure (richtiger Methoxychrysophansäure) betrachtet wird, der aber offenbar nicht dieser Körper, sondern der von Gils on**) aufgefundene neue Rhabarberbestand- teil, das Rheochrysidin (C16H12O5) ist. Die methoxylfreie Chrysophan- säure nennen Tschirch uad Cristofoletti Chrysophanol, ein Name, der zuerst von Brissemoret^) vorgeschlagen wurde. Es sind also bis jetzt in Rhabarberdrogen folgende AnthrachinoL- derivate gefunden worden : Chrysophanol (Chrysophansäure) = C15H10O4. (Rheum-) Emodin = C15H10O5. Isoemodin (Rhabarberon) = C15H10O5. Rhein = CisHioOe. Rheochrysidin = C16H12O5. Chrysopontin (Tetrahydromethoxydioxymethylanthrachinon) = CiaHiaOs. Chrysorhapontin (Tetrahydrodioxydimethylanthrachiaon) = Ci6Hie04. ^) Tschirch, Studien über den Rhabarber and seine Stammpflanze, Aug. von Vogl's Festschrift, 1904. '■^} Ueber die Rhaponticwurzel, Arch. d. Pharm. 1905, S. 443. 8) Diese Substanz mag Chrysopontin genannt werden. *) Diese Substanz mag Chrysorhapontin genannt werden. 6) Liebig's Ann. 309, S. 42. ^) Les princ. purg. de la Rhab. de Chine, Arch. intern, de Pharmacod. et de Ther. XIV (1905). ') Contrib. ä l'ötud. des purg. organ. 1903. A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. 141 Die Methylchrysophansäure ist, da zweifelhait, za streichen. Alle diese Körper kommen entweder frei und als Glykosid oder (seltener) nur frei oder nur als Glykosid in den Droijen vor. Chrysopbansäure, Emodin und Rhein sind neuerdings von Oesterle') näher studiert worden. Gilson hat dann bei zwei interessanten Untersuchungen^) des chinesischen Rhabarbers auch die Glykoside, deren Reindarstellung keiner der genannten Autoren versucht hatte, in reinem Zustande erhalten. Er isolierte einerseits zwei Tannoglykoside: Das Glukogallin (spaltet sich in d Glukose und Gallussäure) und das Tetrarin (spaltet sich in d- Glukose, Gallussäure, Zimmtsäure und Rheosmin), andererseits zwei Anthraglykoside: Das Chrysophanein (spaltet sich in Cbrysophansäure und d-Glukose) und das Rheochrysin (spaltet sich in Rheochrysidin und d-Glukose). Das Emodin- und^ Rhein-Glykosid sind noch nicht in reinem Zustande erhalten worden. Das Ensemble aller vier Anthraglykoside nennt Gilson Rheo- purgarin. Die im folgenden mitgeteilte Untersuchung beschränkt sich auf die Frage: Welche Oxymethylanthrachinone finden sich im englischen und französischen Rhabarber, und ist es möglich aut Grund der Befunde unter Berücksichtigung der seither erzielten Ergebnisse (s. oben) die Provenienz dieser Drogen zu bestimmen? Englischer Rhabarber. Schon 1762 hat man in England begonnen Rhabarber zu pflanzen. Im größeren Stile tat dies um 1800 der Apotheker Hayward in Banbnry (Oxford). Damals wurde wohl vornehmlich Rheum rhaponiicum kultiviert. Später übernahmen nach Hay ward's Tode Usher Vater und Sohn die Kulturen und brachten sie zu hoher Blüte. Nach der Schilderung der Kulturmethode kann es sich aber schon zu Usher's Zeit nicht mehr oder wenigstens nicht mehr ausschließlich um Rheum rhaponticum gehandelt haben. Seit 1845 eine Parlamentskommission den englischen Rhabarber für gleichwertig mit dem chinesischen be- zeichnete, nahm die Kultur des Rhabarbers in England beträchtlichen Aufschwung. Gegenwärtig wird Rheum officinale und Rh. rhaponticum in England kultiviert'). 1) Schweiz. Wochenschr. 1898, 1902, 1905. Arch. d. Pharm. 1903, 1906. >) a. a. 0. und les tannoides de la rhabarbe de Chine, Ball. d. l'acad. Roy. d. Med. Belg., 1902. 8) Tschirch, Arch. d. Pharm. 1899, S. 632. 142 A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. Der englische Rhabarber ist neuerdings nur von Hesse einer Untersuchung unterworfen worden^). Da derselbe neben Chrysophan- säure (und Methylchrysophansäure) in ihm Rhaponticin^) fand, muß seine Droge von Rheum rhaponticum (und nicht, wie Hesse meint, von Rheum palmatum) gesammelt worden sein. Denn es ist durch Tschirch und Cristofoletti festgestellt, daß von allen Rhabarberdrogen nur Rhaponticwurzel Rhaponticin enthält. Methode der Untersuchung. Die untersuchte Droge bestand ausschließlich aus kleinen rund- lichen Rhizomstücken. Dieselben wurden zerkleinert und nachein- ander mit 70%- und 95%igem Alkohol perkoliert. Die eingedampften Auszüge wurden zunächst mit Aether ausgeschüttelt und auf diese Weise von den freien Oxymethylanthrachinonen befreit; dann mit Schwefelsäure hydrolysiert und von neuem ausgeschüttelt, da der Vor- versuch ergeben hatte, daß auch im englischen Rhabarber neben freien Oxymethylanthrachinonen Anthraglykoside vorhanden sind. Die Oxymethylanthrachinone wurden gemeinsam verarbeitet und zunächst durch 5% ige Sodalösung getrennt. Chrysophansäure. Der in Sodalösung unlösliche Anteil wurde in 10 %iger Kalilauge gelöst und so lange Kohlensäure eingeleitet bis die Flüssigkeit damit gesättigt war. Da die Chrysophansäure in Alkalikarbonaten unlöslich ist, fiel sie hierbei aus. Um sie quantitativ von den beigemengten anderen Bestandteilen zu trennen, wurde das Auflösen in Kali und Ausfällen mit Kohlensäure mehrfach wiederholt und zwar solange, bis die überstehende Flüssigkeit farblos war. Dann wurde die Chrysophan- säure aus Alkohol mehrmals umkrystallisiert. Der Schmelzpunkt lag bei 165^. Sie bildete gelbe Nadeln, die sich in Alkohol, Aether, Aceton, Benzol, Chloroform, Essigäther, Pyridin, Eisessig, konzentrierter Schwefelsäure und Alkalihydraten lösten, schwer löslich in Petroläther und unlöslich in Sodalösung waren, Barytwasser, Kalkwasser und Stroutiumwasser gaben rote Niederschläge. Die alkoholische Lösung dreht die Polarisationsebene nicht. Die Lösungen in den Alkalihydraten sind rotviolett, setzt man konzentrierte Lauge oder festes Alkali hinzu, so werden sie violettblau. ») Ueber Rhabarberstoflfe, Liebig's Ann. 309, S. 48. 2) An der betr. Stelle steht „Rhapontic". Es muß aber offenbar „Rhapontin" heißen. Rhapontin = Rhaponticin. A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. 148 Aus einer verdiinnten alkalisohen Lösung der Chrysophaasäure scheidet sich nach einiger Zeit Chrysophanolkaliutn in dunkel violettblauen Flocken aus. Die Analyse der bei 120" getrockneten Substanz ergab: 0,1174 Substanz lieferten 0,3049 CO9 und 0,0434 HgO. 0,1876 „ „ 0,4865 „ „ 0,0675 „ 0,1584 „ „ 0,4124 „ „ 0,0552 , Gefunden: Mittel: Berechnet für CißHioO«: C = 70,81 70,74 70,98 70,85 70,86 H = 4,07 4,02 3,90 3,99 3,94. Schon der Schmelzpunkt zeigt, daß die Substanz kein reines Chrysophanol ist, das nach Oesterle's Ermittelungen bei 19ü° schmilzt. Der Schmelzpunkt von 105° ließ etwa 3—4% Methoxyl erwarten. In der Tat ergab der ZeisePsche Versuch: 0,1942 Substanz lieferten 0,0454 AgJ. 0,2000 „ „ 0,0500 „ Mittel: 0,0477 AgJ -= 3,61% OCHs. Jodwasserstoffsäure liefert leicht das Hydro anthron, das, aus Alkohol krystallisiert, in gelben Krystallen erhalten wird, die sich in Alkohol, Benzol und Eisessig lösen, und mit verdünnter Kalilauge eine gelbe, an der Luft rot werdende Lösung geben. Emodin. Die bei der Abtrennung der Chrysophansäure erhaltene rote Sodalösung wurde mit Salzsäure angesäuert, der entstandene (s. oben) Niederschlag gut gewaschen und getrocknet, und sodann mit Sand gemischt im Soxhlet mit Toluol extrahiert. Der eingeengte Toluol- auszug wurde alsdann in Petroläther gegossen. Diese Methode erlaubt etwa noch vorhandene kleine Beimengungen von Chrysophansäure quantitativ abzutrennen. Besonders wenn man das Ausfällen mit Petroläther wiederholt bleiben alle Chrysophansäurereste in der Petrol- äther-Toluol-Mischung gelöst und die Emodine fallen aus. Behandelt man das mittelst Petroläther aus der Lösung ab- geschiedene Rmodingemisch mit Benzol, so geht der eine Anteil relativ leicht in Lösung, der anJfere bleibt zurück. Krystallisiert man diesen mehrmals um und trocknet die Krystalle bei llü", so schmelzen sie bei 250''. Die Substanz löst sich in Alkohol, Aether, Eisessig, Schwefelsäure, Alkalikarbonaten und Hydraten, schwerer in Aceton, Benzol, Toluol, Chloroform, Essigäther und Pyridin. Sie ist unlöslich in Petroläther und Mischungen von Petroläther und Toluol. Strontium-, 144 A. Tschircb u. J. Edner: Rhabarber. Baryt- und Kalkwasser erzeugen in den Lösungen kirschrote Nieder- schläge. Die Lösungen in den Alkalien sind kirschrot, ebenso die Lösung in Schwefelsäure. Die Analyse der bei 110*' getrockneten Substanz ergab folgende Zahlen: 0,1465 Substanz lieferten 0,3567 COg und 0,0499 HgO. 0,1734 „ „ 0,4214 „ „ 0,0569 „ Gefunden: Mittel: Berechnet für CibHiqOb: C = 66,37 66,22 66,30 66,66 H = 8,89 3,85 3,87 3,70. Die Analysenzahlen und der Schmelzpunkt stimmen auf Emodin. Die Acetylierung mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat ergab ein schön krystallisierendes, bei 193° schmelzendes Triacetylderivat, das sich in Alkohol, Eisessig, Toluol und Aether ziemlich gut, weniger gut in verdünnter Kalilauge löste. Die gelbe Lösung in Kalilauge färbt sich allmählich an der Luft purpurrot. Schwefelsäure löst kirschrot, beim Verdünnen mit Wasser fällt das Emodin in Form gelber Flocken aus. Die Analyse der bei 110° getrockneten Substanz ergab folgende Zahlen : 0,0995 Substanz lieferten 0,2299 CO3 und 0,0353 HoO. 0,1121 „ „ 0,2623 „ „ 0,040 „ Gefunden: Mittel: Berechnet für Cj5H7(CH8CO)80b: C = 63,68 63,96 63,82 63,63 H = 3,94 4,00 3,97 4,04. Auch die Bildung eines Triacetates bestätigt also, daß Emodin, und zwar Rheum-Emodin, vorliegt. Isoemodin (Rhabarberon). Der durch seine leichte Löslichkeit in Benzol vom Emodin unschwer abzutrennende zweite Körper löst sich auch in Toluol sehr leicht und kann durch Umkrystallisieren aus Toluol unter Zusatz von Tierkohle gereinigt werden. Die schön* ausgebildeten Krystalle schmelzen alsdann bei 211°. Lösen sich in Alkohol, Aether, Chloro- form und Eisessig, in Alkalien mit roter Farbe. Die Erdalkalihydrate geben rote Fällungen. Die Analyse der bei 100° getrockneten Substanz ergab folgende Zahlen : A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. 145 0,2134 Substanz lieferten 0,6193 COg und 0,0740 HgO. 0,1674 „ „ 0,4084 „ „ 0,0677 „ Gefunden: Mittel: Berechnet für CibHjoOs: C = 66,37 66,63 66,46 66,66 H = 3,88 3,80 3,84 3,70. Die Substanz ist also Isoemodin. Der nach dem Erschöpfen mit Toluol (s. oben) zurückbleibende Rest wurde mit Pyridin gekocht. Die sirupöse, braunschwarze Flüssigkeit setzte auch nach drei Monaten keine Krystalle ab, so daß es fraglich bleibt, ob Rhein vorhanden ist. Bei dem Hydrolysieren der Glykosidgemische erhält man stets einen reichlichen braunen Niederschlag, der hauptsächlich aus Rheum- rot besteht. Wird er abfiltriert, das Filtrat eingeengt und mit Blei- acetat gefällt, das Filtrat vom Bleiniederschlage mit Schwefelwasserstoff entbleit, so liefert die rechtsdrehende Lösung nach dem Verjagen des Schwefelwasserstoffes mit Phenylhydrazin und Natriumacetat Krystalle, die wiederholt umkrystallisiert bei 204° schmelzen. In der Flüssigkeit ist also d- Glukose enthalten. Der hauptsächlich aus Rheumrot bestehende Niederschlag (s. oben) liefert bei weiterer Hydrolyse immer noch kleine Mengen Oxymethyl- anthrachinone, und bei der Behandlung mit Salpetersäure Chrysaminsäure, enthält also noch Anthraglykoside. Ein Teil ist in Alkohol unlöslich. Er besteht aus Rheonigrinen, liefert also mit Salpetersäure eben- falls Chrysaminsäure. Rhaponticin fehlt im englischen Rhabarber. Aus dieser Untersuchung ergibt sich, daß der von uns untersuchte englische Rhabarber nicht von Rheum rhaponticum stammen kann, denn er enthält Emodin und kein Rhaponticin. Er stammt wohl von Rheum officinale. Er besteht aus den jungen Rhizomen der Pflanze. Da Hesse in dem von ihm untersuchten englischen Rhabarber Rhapontin (Rhaponticin) fand, muß auch Rhapontic in England gebaut werden. Und das ist ja (s. oben) in der Tat der Fall. Französischer Rhabarber. Die Rhabarberkultur in Frankreich ') geht bis in die Mitte des XVIII. Jahrhunderts bis auf Duhamel und Fougeroux zurück. 1) Vcrgl. bes. Co Hin, Des rhabarbes, Thöse 1871. üich. d. Pharm. CCXXXXV. Bda. 2. Heft. 10 146 A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. Die Versuche wurden mit Bheum palmatum gemacht, lieferten aber keine befriedigenden Resultate. Günstigere Ergebnisse erzielte C o s t e d'Arnoba ebenfalls mit Bh. palmatum im Gros-Bois bei Paris, der 1784 guten Rhabarber der Akademie vorlegte, und 1793 einen Preis erhielt. Doch hielten sich die Kulturen nicht lange. Erst Genthon und Gourdin gelang die Kultur des Pthabarbers um Lorient im größeren Stil, und 1798 kam aus der „Rheumpole" der erste größere Posten nach Paris. Man kultivierte dort nicht Bh- palmatum (die Kultur dieser Pflanze war nach kurzem Versuch wieder aufgegeben worden) sondern Bh. rhaponticum, Bh. undulatum und compactum. Da sich der französische Rhabarber gut verkaufte wurde auch an anderen Orten die Kultur in Angriff genommen. Die Provence kultivierte Bh. undulatum, das Dep. de l'Isere Bh. rhaponticum, andere Bh. palmatum und Bh. australe. 1825 erklärte die Akademie den Rhabarber von Bh. palmatum für den besten französischen. Später haben sich besonders die Departements Morbihan, Doubs und de Tlsere mit Rhabarberkultur beschäftigt. Methode der Untersuchung. Die zur Untersuchung benutzte Droge bestand nur aus rundlichen Wurzelstücken mit deutlich strahligem Bau. Die Droge wurde zer- kleinert und dann in der oben (beim englischen Rhabarber) beschriebenen Weise perkoliert. Werden die Perkolate sehr vorsichtig, bei einer 70° nicht übersteigenden Temperatur eingeengt und dann in die Kälte gestellt, so scheiden sich beträchtliche Mengen von Krystallen aus. Diese wurden gesammelt. Rhaponticin. Die bei vorstehend beschriebenem Verfahren erhaltenen noch sehr unreinen Krystalle wurden abwechselnd mit Aether und kaltem Alkohol rasch gewaschen, dann in möglichst wenig heißem Alkohol gelöst und die Lösung in viel Wasser gegossen. Am folgenden Tage hatten sich reichliche Mengen von Krystallen abgeschieden. Diese Operation — Auflösen in Alkohol und Ausfällen mit Wasser — wurde solange wiederholt, bis die überstehende Flüssigkeit farblos war. Die Ab- scheidungen wurden dann wiederholt mit Tierkohle aus Alkohol um- krystallisiert. Zuletzt wurde wasserhaltiger Alkohol als Krystallisations- mittel benutzt. Schließlich erhielt man die Substanz in farblosen Krystallen, die nach dem Trocknen bei 110° bei 230° schmolzen, doch tritt schon bei 210° Bräunung ein. Die Analyse der Substanz ergab folgende Zahlen: 0,1785 Substanz lieferten 0,3903 COg und 0,0928 HgO. 0,1534 „ „ 0,3388 „ „ 0,0771 „ A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. 147 Gefunden: Mittel: Berechnet für C31H24O9: C = 60,05 60,23 60,14 60,00 H = 5.81 5,64 5.72 5,71. Die Substanz ist also Rhaponticin'), für welches Tschirch und Cristofoletti fanden: C = 60,27 60,22 60,15 H =- 5,82 5,67 6,73. Das Rhaponticin bildet farblose Nädelchen, die aber sehr leicht gelblich oder rötlich werden. Es ist unlöslich in Aether (scheidet sich daher ab, wenn man wässerige Auszüge dieses Rhabarbers mit Aether schüttelt), Chloroform, Petroläther und Benzol. In Aceton, absoluten Alkohol und Eisessig ist es in der Kälte unlöslich, löst sich dann aber beim Erwärmen. Sehr leicht löst es sich in einem Gemisch von absolutem Alkohol oder Methylalkohol oder Aceton mit heißem Wasser. In den Alkalihydraten löst es sich farblos, beim Erhitzen werden die Lösungen aber gelbbraun. Konzentrierte Schwefelsäure löst orangerot, beim Verdünnen mit Wasser fällt ein weißes Pulver aus. Verdünnte Salpetersäure färbt rotbraun, konzentrierte Salpetersäure brauB. Konzentrierte Salzsäure löst farblos, kocht man die Lösung, so färbt sie sich beim Erkalten rosa. Chlorkalk färbt die Lösung in verdünntem Alkohol gelbbraun. Hydrolyse des Rhaponticins. Die Hydrolyse wurde genau in der gleichen Weise und mit den gleichen Kautelen durchgeführt, wie von Tschirch und Cristofoletti heschrieben. Das Hydrolysierungsprodukt wurde mit Aether aus- geschüttelt. Die wässerige Lösung wurde mit Baryumkarbonat von der Schwefelsäure befreit. Das Filtrat drehte rechts und reduzierte Fehling'sche Lösung und alkalische Silberlösung. Salzsaures Phenyl- hydrazin gab ein Osazon, das nach dem ümkrystallisieren bei 205'* schmolz. Es war also bei der Hydrolyse d- Glukose abgespalten worden. Rhapontigenin. Die beim Ausschütteln des Hydrolysates (s. oben) erhaltene ätherische Lösung wurde eingedampft und der gelbliche krystallinische 1) Hesse nennt die Substanz Rhapontin (Lieb. Ann. 309, S. 44), Gilson Ponticin (Sur un nouveau glucoside la Ponticine, Acad. royale de mödec. Brux. 1903). Wir bedienen uns des von Hornemann (Jahrb. f. Pharm. 1822, S. 262) eingeführten Namens. 10* 148 A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. Rückstand unter Zusatz von Tierkohle aus verdünntem Methylalkohol umkrystallisiert. Hierbei wurden farblose Nadeln vom Schmp. ISO** erhalten. Die Analyse ergab: 0,2241 Substanz lieferten 0,6114 COa und 0,1581 HgO. 0,1865 „ „ 0,5097 „ „ 0,1327 „ Gefunden: Mittel: Berechnet für C17H22O8: C = 74,40 74,52 74,46 74,46 H = 7,89 7,96 7,92 8,02. Die Substanz ist also identisch mit dem Rhapontigenin, für welches Tschirch und Cristofoletti fanden: C = 74,44 74,38 H -- 7,91 8,01 und nicht mit Gilson's Pontigenin, für welches gefunden wurde: C = 69,54 69,60 69,53 H = 5,70 5,64 5,63. Rhapontigenin ist leicht löslich in Aceton, Methyl- und Aethyl- alkohol, Essigäther, Eisessig und Pyiidin. In Benzol und Petroläther ist es unlöslich. Die Lösung in Alkalien und Alkalikarbonaten wird nach einiger Zeit braun. Konzentrierte Schwefelsäure löst mit orange- roter Farbe, beim Verdünnen mit Wasser fallen weiße Flocken aus. Konzentrierte Salpetersäure färbt es braun, konzentrierte Salzsäure beim Erhitzen blaßrosa. Millon's Reagens färbt orangegelb, auch wenn nur Spuren vorhanden sind. Nachdem das Rhaponticin aus den Auszügen abgeschieden war, wurden dieselben weiter, wie oben beim englischen Rhabarber be- schrieben, behandelt. Die Aetherausschüttelungen lieferten als Rück- stand eine braune Masse, die sich zum größten Teile in Sodalösung auflöste. Der hierbei verbleibende Rückstand war gelb. Chrysophansäure. Der gelbe Rückstand wurde wiederholt in Kalilauge gelöst und mit Kohlensäure abgeschieden, und dann aus Alkohol umkrystallisiert. Schließlich wurden gelbe Krystalle vom Schmp. 183" erhalten, die sich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Toluol, Aceton und Eis- essig mit gelber, in Alkalien mit roter Farbe lösten. Alkalikarbonate lösten nicht, die Erdalkalihydrate gaben in den Lösungen rote Fällungen. Die Analyse der bei 110° getrockneten Substanz lieferte folgende Zahlen : A. Tschirch u. J. Edner: Rhabarber. 149 0,230 Substanz lieferten 0,5944 COg und 0,0834 H9O. ^.185 „ „ 0,4793 „ „ 0,0446 „ Gefunden: Mittel: Berechnet für C,bII,o04: C = 70,49 70,65 70,57 70,86 H = 4,05 3,95 4,00 3,94. Schon der Schmelzpunkt zeigt, daß die Substanz kein reines Chrysophanol ist, das nach Oesterle's Ermittelungen bei 196° schmilzt. Der Schmelzpunkt von 183° ließ erwarten, daß etwa 1 % Methoxyl darin enthalten sei. Die Bestimmung bestätigte dies. Es wurden erhalten: 1,10%, 1,20%; Mittel 1,15% OCHa- Chrysopontin. Sehr schwierig gestaltete sich die Aufarbeitung der bei der Ab- trennung der Chrysophansäure erhaltenen Sodalösung, und es gelang nur einen Körper in reiner Form daraus zu isolieren. Die Sodalösung (s. oben) wurde mit Salzsäure gefällt, die Fällung gesammelt, ge- waschen, getrocknet und im Soxhlet mit Toluol extrahiert. Aus dem gelbbraunen Toluolauszuge wurde das Toluol zum Teil abdestilliert, die auf ein Viertel eingeengte Lösung mit Tierkohle digeriert und zur Ivrystallisation gestellt. Die Krystalle zeigten nach wiederholtem Um- krystallisieren den Schmp. 214°. Die Ausbeute war so gering, daß nur eine Analyse gemacht werden konnte. 0,1012 Substanz lieferten 0,2474 CO2 und 0,0454 HgO. Gefunden: Berechnet für CieHieOß: = 66,68 66,66 H = 5,00 5,55. Es liegt also sehr wahrscheinlich das von Tschirch und Cristofoletti im österreichischen Rhabarber aufgefundene Tetra- hydromethoxydioxymethylanthrachinon CieHieOs vor, das wir vor- schlagen Chrysopontin zu nennen und das olfenbar mit Gilson's iiheochrysidin nahe verwandt ist. Em od in und Rhein fehlten. Die vorstehend beschriebene Untersuchung zeigt, daß der uns vorliegende französische Rhabarber aus Rhapontic- wurzel besteht. ^ 150 A. Tschirch a. J. Edner: Wertbestimmung des Rhabarber. Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Wertbestimmung des Rhabartier. Von A. Tschirch und J. Edner. (Eingegangen den 2. III. 1907.) Da nunmehr kaum ein Zweifel mehr darüber besteht, daß die Abführwirkung des Rhabarber den freien und gebundenen Oxymethyl- anthrachinonen zuzuschreiben ist, erscheint eine Wertbestiramung möglich. Wir übergehen die früheren Versuche einer Wertbestimmung von Gardt, Cabb, Michaelis, Brandes, Schindelmeister, Dragendorff, Greenish, Jakabhazy und Aweng, da an anderer Stelle über sie berichtet wurde und bemerken nur, daß früher von dem einen von uns (T.) drei Methoden nach einander geprüft wurden : 1. die spektroskopische, 2. die kolorimetrische ohne und 3. die kolorimetrische mit Kolorimeter. Die erstgenannte ist für die Praxis zu schwierig, die anderen beiden liefern gute Resultate. Sie sollen mit den neu ermittelten Zahlen weiter unten verglichen werden. Wir haben nun zunächst versucht die ausgeschüttelten Oxymethyl- anthrachinone zu titrieren. Der Erfolg war gering. Wir haben dann versucht die Erdalkalihydrate zur Fällung zu benutzen, da die Oxy- methylanthrachinone durch sie quantitativ ausfallen, und die Fällung ZQ wiegen. Der Erfolg war gleichfalls gering und auch mit titriertem Kalkwasser nicht besser. Wir haben dann auch versucht die aus- geschüttelten Oxymethylanthrachinone direkt zur Wägung zu bringen. Aber auch dies lieferte wenig befriedigende Ergebnisse. Wir ver- zichten an dieser Stelle auf die Wiedergabe der Zahlen der sehr zahl- reichen Versuche. Dagegen gelang die Fällung mit einem anderen Fällungsmittel, und diese Methode sei daher beschrieben und ihre Ergebnisse mit den früheren, nach der kolorimetrischen -Methode ermittelten Werten verglichen. Bekanntlich kann man Phenole als Oxyazokörper mittelst p-Diazonitroanilin quantitativ ausfällen, eine Methode, die von Bader') J) Bul. SOG. d. scient. din Bucaresci 8, 51 (1899). A. Tschirch u. J. Edner: Wertbestimmung des Rhabarber. 151 herrührt und z.B. bei dem Phenol selbst nach der Gleichung verläuft: C8H4(NOa)N.NCl + CjHbOH + 2NaOH = [Co H4 (NO2) N . N . Cß H4 ONa] + Na Gl + 2 Hj 0. Da die in den Rhabarberdrogen enthaltenen Oxymethyl- anthrachinone Phenolcharakter besitzen, war zu erwarten, daß sie mit p-Diazonitroanilin quantitativ ausfallen würden. Dies geschieht in der Tat. Bei der Chrysophansäure vollzieht sich der Vorgang nach der Gleichung: C6H4(N02)N-NC1 -{- Ci5H8 0a(OH)9 + 3NaOH = [C8H4(NOa)N.N • Ci5H7 09(ONa)2] + NaCl + SHgO. Das Gewicht des Niederschlages verhält sich zum Gewichte des in ihm enthaltenen Chrysophannols wie 4,47 : 2,54 (rund 4,5 : 2,5). Das Reagens wirdin folgender Weise bereitet: 5 g Paranitroanilin werden in einer V2 Liter fassenden Stöpselflasche mit 25 ccm Wasser und 6 ccm konzentrierter Schwefelsäure versetzt, nach dem Schütteln noch 100 ccm Wasser und eine Lösung von 3 g Natriumnitrit in 25 ccm Wasser zugesetzt und auf 500 ccm aufgefüllt. (Vor Licht geschützt aufzubewahren.) Für den Versuch wird 0,5—1,0 der gepulverten Droge wiederholt mit verdünntem alkoholischem Kali und zwar so lange gekocht, bis nichts mehr aufgenommen wird. Die vereinigten Flüssigkeiten, die sowohl die freien wie die abgespaltenen Oxyraethylanthrachinone und auch die Spaltungsprodukte der Tannoglykoside enthalten, werden, nachdem der Alkohol abdestilliert und mit Wasser verdünnt wurde, mit Salzsäure angesäuert, der entstandene Niederschlag abfiltriert, mit angesäuertem Wasser gewaschen und getrocknet. Filter samt Nieder- schlag werden dann im Soxhlet mittelst Chloroform extrahiert. Dies löst nur die Oxymethylanthrachinone, nicht die Rheumgerbsäuren. Die Erschöpfung ist nach wenigen Stunden beendigt. Das Chloroform wird dann abdestilliert und der Rückstand unter Erhitzen in 10 ccm 5%iger Sodalösung gelöst und mit 50 ccm Wasser verdünnt. Zu dieser Lösung setzt man dann 20 ccm der Diazolösung (siehe oben) hinzu, und unter starkem ümschütteln tropfenweise Salzsäure bis zur Entfärbung der Lösung und zur vollständigen Abscheidung des Farbstofi'es. Man prüft, ob die Lösung sauer reagiert, und läßt einige Stunden stehen. Dann wird durch ein bei 100° getrocknetes und gewogenes Filter filtriert, bis zum Verschwinden der Salzsäurereaktion gewaschen, und (nach dem Trocknen bei 70°) gewogen. Die Ergebnisse waren folgende: 162 A. Tschirch u. J. Edner: Wertbestimmnng des Rhabarber. Die Drogen enthalten Prozente Oxymethylanthrachinone auf Chrysopbansänre berechnet: Name 1 i 11 Gewicht des Niederschlages u o Ja e e wi «. kS 'S Ol iO i-i .t;Ss So « M Ol « « ^ .i o © » © ^ C t< m -»a g * •i; B o"s a o *■ 9 o H « 'S «!» tS Ol /O lO Rbizoma rhei aas der SammluDg 1,0 0,5 0,5 0,0670 0,0340 0,0329 3,80 3,86 3,40 3,69 2,2 — 2,94 Shensi Rhabarber . . 1,0 0,0580 3,29 0,5 0,0256 2,90 3,2 2,0 2,8 2,66 0,5 0,0300 3,41 Shensi flach — — — — 3,3 3,30 Canton Rhab. II . . . 1,0 0,0466 2,65 0,5 0,0210 2,55 2,67 2,0 2,8 2,49 0,5 0,0248 2,81 Canton rund 1,0 0,0796 4,52 0,5 0,03.^8 4,08 4,24 3,50 — 3,87 0,5 0,0362 4,12 Canton flach 1.0 0,0590 3,85 0,5 0,0620 3,51 3,35 2,40 4,0 3,25 0,5 0,0560 3,18 Shanghai flach .... 1,0 0,0472 2,68 0,5 0,0254 2,81 2,70 2,0 3,3 2,66 0,5 0,0230 2,61 Shanghai 1,0 0,0730 4,12 0,5 0,0740 4,20 4,14 3,80 3,3 3,74 0,5 0,0720 4,08 Englischer Rhabarber 1,0 0,0378 2,13 0,5 0,0188 2,12, 2,07 1,5 2,5 1,96 0,5 0,0175 1,97 1,8 Französ. Rhabarber . 1,0 0,0288 1,63 0,5 0,0140 1,58 1,58 1,25 2,8 1,87 0,5 0,0135 1,52 Oester. Rhabarber — — — — 1,6 1.6 Rhapontic In Bern kultivierter — — — — 1,2 1.2 J. Dekker: Kakao uod Schokolade. 153 Die mit der Fällungsmethode erhalteüen Zahlen sind, wie folgender Versuch zeigt, genau, eher noch ein wenig zu niedrig. 0,030 g Emodin ergaben 0,0600 g Fällung = 0,0334 g Emodio. 0,0312 „ „ „ 0,0565 „ „ = 0,0312 „ 0,0330 „ „ „ 0,0590 „ „ = 0,0327 „ Der kolorimetrischen Bestimmungsmethode wurde eine alkalische Chrysophansäurelösung 1:1000000 zu Grunde gelegt. Die Differenzen zwischen den mit der Fällungsmethode erhaltenen Zahlen und den mit den beiden kolorimetrischen erhaltenen — die mit der spektroskopischen Methode ermittelten haben wir nicht herbei- gezogen — sind nicht sehr beträchtlich. Im allgemeinen sind die ersteren höher. Wir legen ihnen mehr Gewicht bei, da die Methode keine subjektive sondern eine objektive ist. Jedenfalls dürfte die Durchschnittszahl aller drei Bestimmungen der ^^'ahrheit sehr nahe kommen. Darnach stünden Ganton rund und Shanghai an der Spitze, dann folgen Canton flach und Shensi flach, dann Shensi, Shanghai flach und Canton 11. Von den europäischen Rhabarbern steht der englische obenan, dann folgt der französische und endlich der österreichische. Alle drei stehen den chinesischen Rhabarbern nach. Die von Tschirch 1904 aufgestellte Skala') wird also durch die Ergebnisse der neuen Methode bestätigt. Ueber Kakao und Schokolade. Notiz von J. Dekker. (Eingegangen den 2. 111. 1907.) Die wichtige Abhandlung des Herrn Prof. Beckurts „üeber Kakao und Schokolade" in dieser Zeitschrift (Bd. 244, S. 486) habe ich mit großem Interesse gelesen. Die .klare Zusammenstellung der neueren Literatur zur Einleitung seiner „vereinbarten Methoden" wird gewiß jedem Analytiker willkommen sein. Es sei aber erlaubt, einiges zur Ergänzung und zur Richtigstellung hinzuzufügen. Erstens sei bemerkt, daß der Nachweis von Schalenpulver im Kakao mittelst Pentosanbestimmung von mir schon vor Jaeger und ^) Ueber den Gehalt der Abfübrdrogen an OxymethylanthrachinoneD. Schw. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm. 1904, S. 456. 154 H. Thoms: Rottlerin. Unger vorgeschlagen worden ist (vergl. Chem. Centralbl. 1902). Weiter möchte ich den auf S. 501 — 505 erwähnten Methoden znr Auffindung der Schalen noch das Vorkommen von Methylfurfurol im Salzsäuredestillat der Schalen hinzufügen, eine Substanz, welche aus den Kotyledonen nicht erhalten wird, wie von mir im Jahre 1902 (1. c.) gezeigt wurde. Eine weitere Bemerkung betrifft die Bestimmung der Xanthin- basen. Auf S. 506 übt Beckurts Kritik an dem von mir damals ausgearbeiteten Bestimmungsverfahren; doch wird als „vereinbarte Methode" eine Methode vorgeschlagen, welche im wesentlichen völlig übereinstimmt mit der meinigen, ergänzt nach dem Vorschlage des Herrn Prof. Wefers Bettink (Pharm. Weekbl. 1903). Die kleine, von Beckurts und Fromme angebrachte Abänderung (einfach einen aliquoten Teil des l%igen Dekokts zu verarbeiten) kann nicht ohne Bedenken angenommen werden, da die letzten Milligramme Theobromin erst durch wiederholte Auskochung der Kakaomasse erhalten werden können. Tjemahi (Java), Februar 1907. Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. lieber Rottlerin. Von H. Thoms. (Eingegangen den 8. III. 1907.) Die Mitteilung des Herrn H. Teile im Heft 1 des Bandes 245 des Archivs der Pharmazie, Seite 69, veranlaßt mich zu folgenden Bemerkungen. Herr H. Teile wirft die Frage der Priorität auf und begründet den Anspruch auf diese damit, daß am 28. Juli 1906 seine Inaugural- Dissertation unter dem Titel „Beiträge zur chemischen Kenntnis der Kamala und zur Konstitution des Rottlerins" erschienen sei, während ich erst am 17, September 1906 in der Sitzung der Abteilung „Pharmazie und Pharmakognosie" der Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte über eine den gleichen (j-egenstand betreffende Arbeit des Herrn Apotheker Herrmann berichtet hätte. Demgegenüber weise ich auf die folgenden Tatsachen hin: 1. Weder Herrn Apotheker Herrmann noch mir ist die inaugural- Dissertation des Herrn Teile über Kamala und Rottlerin zu H. Thoms: üottlerin. 155 Gesicht gekommeD, auch haben wir bis zu meinem Vortrag am 17. September 190(3 keine Kenntnis gehabt von der neuen Inangriff- nahme dieses Arbeitsgebietes von anderer Seite. Die Resultate unserer Arbeiten über das Rottlerin sind also durchaus un- abhängig von Herrn Teile gewonnen worden und lagen in der am 17. September 190G mitgeteilten Form bereits im wesentlichen am 10. April 1906 vor, an welchem Tage ich in einem Briefe an den Einführenden der Sektion Pharmazie und Pharmakognosie der Stuttgarter Versammlung, Herrn Hofrat Dr. Geyer, den Vortrag über Rottlerin anmeldete. 2. Erst aus der an meinen Vortrag sich anschließenden Diskussion erfuhr ich durch Herrn Professor Heffter, daß im pharmako- logischen Institut der Universität Leipzig über den gleichen Gegenstand und unter Gewinnung gleicher Resultate gearbeitet sei. Außer Methyl- und Dimethylphloroglucin seien dort aber noch Trimethylphloroglucin bei der Spaltung des Rottlerins und ferner Hydrozimmtsäure beobachtet worden. Herr Professor Heffter erwähnte, daß die im Leipziger Institut ausgeführte Arbeit demnächst in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht werden würde. Dies ist denn auch im Heft 6 des Archivs der Pharmazie 1900, Seite 441, geschehen. Der Eingang der Arbeit ist von der Redaktion unter dem 25. September 1906 notiert. Wenn Herr Teile am Schlüsse seiner letzten Mitteilung angibt, daß er auch Zimmtsäure gefunden habe, so geht dies aus seiner im Archiv der Pharmazie veröffentlichten Arbeit nicht hervor, denn hier ist nur von dem Auffinden der Hydrozimmtsäure die Rede. Diese Säure ist vermutlich aber ein sekundäres Produkt der Spaltung, was indes von Herrn Teile nicht erwiesen wurde. Den Nachweis, daß bei vorsichtig geleiteter Oxydation aus dem Rottlerin Zimmtsäure neben Benzoesäure erhältlich ist, hat Herr Herrmann erbracht. Dieser Nachweis ist für die Konstitutionsfrage des Rottlerins nicht unwichtig. Mit der vorliegenden Mitteilung beabsichtige ich nichts anderes als festzustellen, daß unabhängig voneinander und zu gleicher Zeit Herr Teile in Leipzig und Herr Herrmann in meinem Institut über das Rottlerin gearbeitet haben und im wesentlichen zu den gleichen Resultaten gelangt sind. Die Unterschiede, die sich hin- sichtlich des Arbeitsganges und hinsichtlich der Befunde konstatieren lassen, werden sich aus der später in größerer Ausführlichkeit zu publizierenden Arbeit des Herrn Herrmann, die mit diesem Semester einen gewissen Abschluß gefunden hat, ergeben. 156 A. Tschirch u. H. Schulz: Harzbalsam von Pinus halepensis. Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Untersuchungen über die Sekrete. 78. Ueter den zur Herstellung des Resinatweins benutzten Harzbalsam von Pinus halepensis. Von A. Tschirch und H. Schulz. (Eingegangen den 2. III. 1907.) Pinus halepensis, die Aleppokiefer, ist der ursprüngliche Waldbaum aller süddalmatischen loseln. — DerBalsam des Baumes ist noch keiner genaueren Untersuchung unterworfen worden. Auf dem griechischen Fesllande, nicht aber auf den Kykladen und den Jonischen Inseln wird seit jeher, um den Wein vor dem Verderben zu schützen, den Mosten, bei Rotwein nach Abzug von den Trestern, der Terpentin von Pinus halepensis zugesetzt und damit der eingelebten Geschmacksrichtung der Bevölkerung, die „Resinatwein" bevorzugt, entsprochen. Der größte Teil des Terpentinöles wird dann aus der harzhaltigen Weinhefe destilliert. Es besitzt einen sehr angenehmen, an Wein erinnernden Geruch'). Der Rückstand wird zur Gewinnung von Kolophonium und von weinsaurem Calcium verwendet. Ueber die Gewinnung des Harzes von Pinus halepensis berichtet Herr Prof. Dr. Dambergis in Athen, durch dessen Vermittelung wir in den Besitz des Harzes gekommen sind, folgendes: „Fast in allen Provinzen Griechenlands wird Pinus halepensis auf Harz ausgebeutet. Nach der österreichischen Methode 3), d. h, durch liefe Einschnitte wird ziemlich viel Harz gewonnen; die französische Methode^) wurde erst neuerdings eingeführt. Nach dieser letzten sind die Einschnitte nicht tief und unterhalb dieser werden hölzerne Gefäße eingeschraubt, worin sich das Harz sammelt. Das rohe Harz wird auf Resinatwein und die Abfälle nach Entleerung der Weinfässer auf Terpentinöl und Kolophonium verarbeitet. In letzter Zeit vergrößerte sich die Produktion so, daß man auch dazu überging, den Rohterpentin direkt auf Terpentinöl und Kolophonium zu verarbeiten. In Giiecbenland wird aus keinem anderen Baum Harz gewonnen, als von Pinus 1) Apoth.-Ztg. 1904, S. 678. 2) Tschirch, Harze und Harzbehälter 1906, S. 580/81. 8) Tschirch, Harze und Harzbehälter 1906, S. 548. Oesterle, Die Harzindustrie im Südwesten von Frankreich. A. Tschirch u. H. Schulz: Harzbalsam von Pinus halepensis. 157 hakpensis, welcher Baum auch in einigen Provinzen der Türkei zur Harz- gewinnung herangezogen wird. Durch die Beifügung von Harz, mit oder ohne Gips, zu dem Traubenmoste gewinnt man den so viel gebrauchten griechischen Resinatwein^). Obschon die dazu verwandte Quantität des Harzes nicht klein ist, 4—6%, so ist doch die im Wein aufgelöste Menge verhältnismäßig gering und zwar nicht größer, als % bis 1% Teile auf 10000, aber dieses Minimum ist genügend, um dem Weine den Geschmack und das dem Resinatweine eigene Aroma zu geben. In den guten Sorten des Resinatweines vermischt sich der Geschmack des Harzes sehr vorteilhaft mit dem des Weines, so daß dieser angenehme und eigenartige Geschmack nicht nur den Griechen, sondern auch den in Griechenland wohnenden Fremden zusagt, welche sich schnell daran gewöhnen und ihn anderen guten, nicht resinierten Weinen vorziehen." Das Rohprodukt. Das Harz von Pinus halepensis war zähe und dickflüssig, von der Konsistenz eines dicken Honigs. Es war durch viele mechanische Beimengungen, wie Holzteilchen, Borke, Rindenstückchen, Xadeln, Staub, Sand usw. verunreinigt. In dem dicken breiartigen Gemisch konnte man schon beim um- rühren große, hellgelbe Klumpen erkennen, welche unter dem Mikroskop krystallinische Struktur zeigten. Die Lösung des Harzes rötete blaues Lackmuspapier. Das Harz ist löslich in Alkohol, Aether, Aceton, Methylalkohol, Benzol, Chloroform, Toluol, CSg, Eisessig, Tetrachlorkohlenstoff, Pyridin, in Petroläther aber nur bis zu 90%. Säure- und Verseifungszahlen des Rohharzes. Säurezahl . . a) direkt 124,04-128,8. Im Mittel aus '6 Bestimmungeo . 125,9. b) indirekt 129,92-135,24. Im Mittel aus ö bestimmungeu . 131,75. VerseJfungszahl. a) kalt 141,40-147,60. Im Mittel aus 4 Besiimmuagei. . 145,81. b) heiß 104,16-221,2. Im Mittel aus 4 Bestimmungen . 154,14. Gang der Untersuchung des Rohharzes. Das Harz wurde in Aether gelöst. An mechanischen Ver- unreinigungen blieben von 200,0 g Harz 10,2 g zurück. 1) Der griechische Resinatwein, Oester. Chem.-Ztg. 1903, S. 316. 158 A. Tschirch u. H. Schulz: Harzbalsam von Piaus halepensis. Ausschüttelung mit Ammonkarbonat. I. Halepopininsäure. Durch Ausschütteln der ätherischen Harzlösung mit 1 % Ammonium- karbonatlösung, Fällen der Ausschüttelung mit salzsäurehaltigem Wasser und Trocknen des Niederschlages, erhielten wir eine Harzsäure. Durch wiederholtes Lösen in Aether und Ausschütteln wurde dieselbe rein weiß, doch war es nicht möglich, sie aus irgend einem Lösungsmittel zu kristallisieren. Mit alkoholischer Bleiacetatlösung konnte die Säure nicht zerlegt werden, sie bildete ein in Alkohol lösliches Bleisalz, welches durch Salpetersäure zerlegt werden konnte. Die amorphe Säure war rein weiß, sie veränderte sich unter dem Einfluß der Luft und Licht, indem sie gelb und klebrig wurde. Sie hatte den Schmelz- punkt von 72°. Die Blementaranalyse ergab: 1. 0,2082 g Säure ergaben 0,5768 COg und 0,177 HgO. 2. 0,2704 „ „ „ 0,7528 „ „ 0,229 „ 3. 0,2224 „ „ „ 0,6160 „ „ 0,190 „ Berechnet in Prozenten. Berechnet für 1. 2. 3. Im Mittel: CsoHaoOg: CaiHgaOa: C 75,55 76,00 75,54 75,69 75,46 75,90 H 9,45 9,45 9,45 9,45 9,43 9,64. Säurezahl . . a) direkt 170,24—171,92. Im Mittel aus 3 Bestimmungen . 171,25. b) indirekt 179,2 —180,88. Im Mittel aus 4 Bestimmungen . 178,91. Verseifungszahl. a) kalt 203,00. b) heiß 216,72. Die Titration ergibt 10,41% K. Das Kaliumsalz CsiHsiOsK verlangt . 10,57% K. Die Halepopininsäure ist also eine Monokarbonsäure. Cholesterinreaktionen. 1. Liebermann'sche Reaktion: Färbung rot, violettrot, violett, schmutzig violett, antiquebraun. 2. Salkowski-H esse 'sehe Reaktion: HaS04 gelb, gelbbraun; Chloroform olivengriin, später rotbraun. Keine Tropfenfärbung. 3. Mach'sche Reaktion: Der rotbraune Rückstand verändert sich nicht. 4. Tschugaeff'sche Reaktion: rotbraun. 5. Hirschsohn'sche Reaktion: blau, grünblau, grün (fade), gelbbraun mit violetter Ränderung, zuletzt violett. 6. Schi ff 'sehe Reaktion: hell, braunrot. A. Tschirch u. H. Schulz: Harzbalsam von Pinus halepensis. 169 Ausschüttelung mit Soda. Nachdem die ätherische Lösung durch Ammoniumkarbonatlösung erschöpft war, erhielten wir durch Ausschütteln derselben mit 1 % Soda- lösung noch einen zweiten sauren Anteil. Das GesamtgewiQht betrug 118 g, also ca. 5i>% des Rohproduktes. Die alkoholische Lösung der ausgeschüttelten und mit salzsäurelialtigem Wasser zerlegten Säure ließ sich mit alkoholischer Bleiacetatlösung in zwei Komponenten zer- legen, in die ein alkoholunlösliches Bleisalz gebende Halepopinol- säure und die ein alkohollösliches Bleisalz gebende H alepopinit Öl- säure. IL Halepopinolsäure. Diese bildete ein in Alkohol unlösliches Bleisalz, und krystallisierte in weißen, glänzenden Blättchen. Die Krystalle waren sehr schwer zu erhalten, da sich die Säure unter dem Einfluß von Luft und Licht veränderte, indem sich eine braune, schmierige Masse bildete. Der Schmelzpunkt lag bei 148—149«. Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,0964 g Säure gaben 0,2746 COg und 0,0861 H,0. 2. 0,1990^ „ „ 0,5641 „ „ 0,1757 „ 3. 0,2239 „ „ „ 0,6343 „ „ 0,1976 „ Demnach gefunden in Prozenten: Berechnet für 1. 2. 3. Im Mittel: CnHajOg: CiBHaiOg: C 77,70 77,31 77,20 77,43 77,86 77,43 H 9,91 9,81 9,80 9,84 9,92 9,68. Säurezahl . . a) direkt 187,32. b) indirekt 187,32—196. Im Mittel aus 3 Bestimmungen . , 193,11. Verseifungszahl. a) kalt 232—246. b) heiß 246. Aus der Titration berechnet .... 12,93% K. Die Formel C17H25KO2 verlangt . . . 13,00% K. 0,4898 g Silbersalz enthalten 0,1884 g AgCl = 28,89% Ag. CnHasAgOa verlangt . . . 29,27% Ag. Die Halepopinolsäure ist also eine Monokarbonsäure. Die Untersuchung auf Methoxyl nach dem Zeiserschen Ver- fahren verlief negativ. Cholesterinreaktionen. 1. Lieb er mann' sehe Reaktion: violettblau, violettro', schmutzig braun mit kleinem Stich ins Grüne. 2. Salkowski-Hesse'sche Reaktion: HaS04 quittengelb, rot. Chloro- form farblos. 160 A. Tschirch u. H. Schulz: Harzbalsam von Pinus halepensis. 3. Tschugaeff sehe Reaktion: Essigsäure farblos. Acetylchlorid dunkelbraun. 4. Mach'sche Reaktion: rotbraun. 5. Hirsch söhn 'sehe Reaktion: blaugrün, grün, braun, violett. 6. Schiff 'sehe Reaktion: hellrot. Die krystallisierende Halepopinolsäure wurde auch er- halten, indem wir das Rohharz mit verschiedenprozentigem Alkohol digerierten. Zunächst wurde 70%iger Alkohol benutzt. Die Krystalle die hierbei aus der Lösung erhalten wurden, waren von einer dicken braunen Schmiere eingeschlossen. Nach dem Umkrystallisieren und Trocknen hatten diese Krystalle den Schmp. 151 — 152°. Als sich in 70%igem Alkohol nichts mehr von dem Harz löste, wurde mit 80%igem Alkohol ausgezogen. Zuerst waren die aus der Lösung erhaltenen Krystalle auch hier von einer braunen, klebrigen Schmiere eingeschlossen; nach mehrmaligem Umkrystallisieren wurden dieselben aber bald rein. Schmp. 151 — 152°. Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,1810 g Säure gaben 0,5214 CO3 und 0,1654 H3O. 2. 0,2211 „ „ „ 0,6267 „ „ 0,1992 „ 3. 0,2400 „ „ „ 0,6808 „ „ 0,2200 „ In Prozenten: Berechnet für 1. 2. 3. Im Mittel: CnHgeOa: C 78,07 77,35 77,3 77,55 77,86 H 10,15 10,20 10,0 10,11 9,92. Aus der Titration berechnet 13,54% K. C17H25KO2 erfordert 13,00% K. Der Rest des Harzes, welcher sich in 70 und 80%igem Alkohol nicht gelöst hatte, wurde in Aethyl- und Methylalkohol gelöst. Auch hieraus wurden einige Krystalle erzielt, die den Schmp. 152 — 153° hatten. Eine krystallinische Säure erhielten wir aber auch durch Destillation im Vakuum*) nach dem Verfahren von Thomas-Hill- Easterfield. Das Rohharz wurde mit Petroläther digeriert. Die Menge des in Petroläther unlöslichen Harzes betrug ca. 10% des Rohma -riales. (Fortsetzung folgt.) 1) Berichte 1830, 23, 1921. ICHTHYOL. Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefel präparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche ohendrein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können. Da die^e angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit Ichthyol oder Ammonium sulfo - ichthyolicum gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen zugrunde gelegen hat, vei standen wird, so bitten wir um gütige Mit- teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. Ichthyol- Gesellscliaft Cordes, Hermanni & Co. HAMBURG. Ende 1906 ist erschienen: Repetitorium der Pharmakognosie in Tabellenform. Mit besonderer Berücksichtigung des Arzneibuches für das D. R. bearbeitet von Dr. O. Linde. Prof. der Pharmakognosie an der Techn. Hochschule in Braunschweig. Mit 46 Abbildungen. Preis 4 M., geb. 5 M. Für Lelirlinge und Studierende in gleicher Weise geeignet. Von letzteren kann der weiße Kaum in den Tabellen zu Notizen benutzt werden. Aus einer Besprechung der Pharmazeutischen Zeitung vom 19. Sept 1906; » . . . . Um das Interesse am Studium der Drogen zu wecken, bedarf es aber' eines erfahrenen Lehrers und eines gedruckten Leitfadens, die beide ver- stehen, die rechten Grenzen inne zu halten. Verständnisvolle Anleitung zur Anschauung und Beurteilung der Arzneidrogen und langsames, systematisches Fortschreiten zu einfacheren Unterscheidungsmerkmalen anatomischer Art sind hier Bedingung, wenn der Anfänger nicht von Anfang an abgeschreckt und angesichts des weiten Arbeitsgebietes und Lehrstoffes der rein wissenschaftlichen Pharmakognosie zaghaft gemacht werden soll. — Von diesem Gesichtspunkte aus wird das vorliegende Repetitorium geschrieben sein und deshalb auch weitere Verbreitung finden . . . .« Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. Chemische Fabrik Cotta E. HEUER empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica Aethep pro narcosi I »-_i,„ r n Chloroform, puriss. | ™*'^'^^''" Zu beziehen durch die {Medizinal - Drogenhäuser. ■■■ Vierteljahresschrift für praktische Pharmazie. Es wird gebeten, das Post -Abonnement für 1907 rechtzeitig zu erneuern, Preis M. 5.— für das ganze Jahr. Sapolentumfiydrarg. Görner zur farblosen Quecksilber- Sctimierkur Die geehrten Leser werden ist in Celatinekapseln dispensierte 331/30/0 , . L • r» i u £ Ouecksilbersalbe, löst sich in "Wasser. gebeten, bei Bestellungen auf pi^ds für ischachtei mit je 10 Kapsein: die Anzeigen unserer Zeitschrift ^ 3 gr. = i.so, a 4 gr = 1.75, ä 5 gr. = 2 m , ° -^^^Bs '*"^ ungt. einer, in Papier. Bezug nehmen zu wollen, '^fm zu beziehen durch alle Groihandlungen oder direkt von Corner, Hofapotheker Berlin W., Ansbacherstr. 8. Erklärung der tecl)ni$cl)en IPrufuDdsmetboden des Deutschen Arzneibuches IV. Von Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat iu Darmstadt. Preis 60 Pf. portofrei. Zu beziehen vom Deutschen Apotheker -Verein, Berlin C. 2. Einliegend eine Beilage der Firma Bonneß &- Hachfeld, Verlagsbuchhandlung in Potsdam. Drack von Denter A Nicolas, Berlin C, Neue Friedrichstrasse 48. '^^O^^ä^" ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben vom D eutschen Ap otheker -Verein unter Redaktion von E. Schmidt und H. ßeckurts. Band 245. Heft 3. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1907. Ausgegeben den 7. Mai 1907. INHALT. Seite A. Tschirch und H. Sclmls, Ueber den zur HerstelloDg des Resinat- weins benutzten Harzbalsam von Pinns halepensis (Schluß) . . . 161 Em. Bonrqaelot, Ueber den Nachweis des Rohrzuckers in den Pflanzen mit Hilfe von Invertin 164 Derselbe, Ueber den Nachweis der Glykoside in den Pflanzen mit Hilfe von Emulsin 172 J. Vintilesco, Untersuchungen über die Glykoside einiger Pflanzen aus der Familie der Oleaceen 180 Em. Danjoo, Anwendung der biochemischen Methode zur Auffindung und Bestimmung des Rohrzuckers und der Glykoside in den Pflanzen der Familie der Caprifoliaceen 200 E. Beckmann, Anwendung der Kryoskopie zur Beurteilung von Gewürzen und anderen Drogen 211 G. Barger, Ueber Mutterkomalkaloide 235 N. H. Cohen, Lupeol, a- und ß-Amyrin aus Bresk 236 Eingegangene Beiträge. L. Rosenthaler, Ueber das Adsorptionsvermögen des Bleisulfids. R. Lncins, Darstellung quaternärer Ammoniumbasen mittelst Alkali aus Additionsprodukten tertiärer Amine mit Alkylenbromiden. A. Schüler, Ueber Biphenylderivate aus Oxyhydrochinontrimethyläther und über die Einwirkung der Salpetersäure auf Oxyhydrochinontrimethyläther. H. Thoms und A. Schüler, Erfahrungen über das Verhalten von Salpeter- säure gegen Phenoläther. 0. A. Oesterle, Ueber einen Bestandteil des Morindaholzes. (Geschlossen den 28. IV. 1907.) Verlag von FERDINAND ENKE in Stuttgart. Soeben erschien: Berendes^ Z'l, Das Apothekenwesen. Seine Entstehung und geschichtliche Entwickelung bis zum XX. Jahr- hundert, gr. 8°. 1907. geh. M. 12.— ; in Leinw. geb. M. 13.20. Anzeigen. i/i Seite zum Preise von M 50.— ; V2 Seite znm Preise von M 80.—; ^^ Seite zum Preise von M 20.— ; Vs Seite znm Preise von M 10.—. Die Qrundschrift ist Petit. Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. Z. 4S00— M 10.—. Für Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv" entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. A. Tschirch u. H. Schulz: Harzbalsam von Pinus halepensis. 161 I. Zunäohst wurde das in Petroläther unlösliche Harz im Vakuum destilliert. Die übergegaDgene Masse war hellgelb; sie machte ungefähr die Hälfte der angewandten Substanz aus. Ihr Geruch war brenzlich und teerartig. Aus der Lösung in einem Gemische von Methyl- und '-'' Aethylalkohol krystallisierte die Säure in Büscheln prachtvoller färb- "^^ loser, spitzer Blättchen. Die Ausbeute war sehr gering, sie hatten ^^^ den Schmp. 150— 152*'. ^^ n. Das in Petroläther lösliche Harz. Auf Zusatz von Petroläther im Ueberscbuß fiel aus der klaren Petroläther-Harzlösung ein bedeutender Teil aus. Dieser wurde ab- filtriert und getrocknet. Nachdem die klare Petrolätherlösurg einige Zeit gestanden hatte und ihr wieder neue Mengen Petroläther zugesetzt worden waren, schied sich wieder ein Niederschlag aus. Es ging also während des Stehens mit der Harzsäure eine Veränderung vor sich, und zwar nimmt die Menge der „oxydierten" Säure zu. Es handelt sich hierbei vielleicht um eine Autoxydation. Die klare Lösung wurde daher schnell hintereinander mit großen Mengen Petroläther versetzt und der ausgefallene Anteil abfiltriert. Das klare Filtiat wurde vom Aether und dem noch darin ent- haltenen ätherischen Oele durch Destillation befreit. Der Rückstand wurde im Vakuum destilliert. Das gelbliche Destillat wurde in Methyl- Aethylalkohol gelöst, aus welchem die Säure schon nach wenigen Tagen sehr schön auskrystallisierte. Die reine Säure schmolz bei 152 — 153°. Elementaranalysen. 1. 0,1998 g Säure ergaben 0,5723 CO3 und 0,1636 HgO. 2 0,2804 „ „ „ 0,8014 „ „ 0,2360 „ In Prozenten; Berechnet für 1. 2. Im Mittel: CnHaöOg: C 78,20 77,90 78,05 77,86 H 9,09 9,35 9,22 9,92. Aus der Titration berechnet 13,9%. CnHasKO-a verlangt 13,0%. Die Zahlen stimmen al&o ni(.ht gut auf CuHogOa. Die Säure- und Verseifungszahlen sowie die Reaktionen der nach dem Digestions- und Vakuum verfahren erhaltenen Säuren stimmen mit denen der durch Ausschüttelung mit Alkali erhalteneu Halepopinolsäure CnHoejOa (siehe oben) überein. III. Der mit Petroläther ausgefällte Teil wurde auch im Vakuum destilliert. Das in einem Gemisch von Aethyl- und Methylalkohol auf- gelöste Destillat krystallisierte aber nicht, sondern schied sich als braune Schmiere nach längerer Zeit ab. Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. 3. Heft. 11 162 A. Tschirch o. H. Schulz: Harzbalsam von Pinus halepensis. III. Halepopinitolsäure. Diese Säure bildet ein in Alkohol lösliches Bleisalz und krystallisiert nicht; sie ist amorph. Der Schmelzpunkt liegt bei 78—80°. Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,1101 g Säure ergaben 0,3074 COg und 0,1080 HgO. 2. 0,1407 „ „ „ 0,3934 „ „ 0,1248 „ 3. 0,1497 „ „ „ 0,4204 „ „ 0,1321 „ Gefunden in Prozenten. Berechnet für 1. 2. 3. Im Mittel: CwHsoOa: C 76,14 76,25 76,10 76,16 76,8 H 10,00 9,86 9,80 9,88 10,4. Säurezahl . . a) direkt 185,60-194,73. Im Mittel aus 4 Bestimmungen 188,06. b) indirekt 188,16—207,48. Verseifuogszahl, a) kalt 207,48—221,39. b) heiß , . . 246,64. Aus der Titration berechnet 13,52% K. CieHasOaK verlangt 13,54% K. Choiesterinreaktionen. 1. Li eher mann 'sehe Reaktion: blau, violett, rot, braunrot. 2. Salko wski-Hesse"8che Reaktion: gelbbraun, braunrot, nach 12 Stunden schmutzig kastanienbraun; Chloroform farblos. 3. Hirschsohn'sche Reaktion: blaugrün, grün, schmutzig grün, blauviolett. 4. Tschugaeff'sche Reaktion: Essigsäure farblos; Acefylchlorid gelbbraun. 6. Machtiche Reaktion: rotbraun. 6. Schi ff 'sehe Reaktion: dunkelbraunrot. Das ätherische Oel. Nachdem die ätherische Lösung des Harzes durch Alkali erschöpft war, wurde der Aetber abdestilliert, und das ätherische Oel mit Wasserdämpfen überdestilliert. Das Oel wurde mit Kochsalz aus- gesalzen und mit Aether durch Ausschütteln im Scheidetrichter vom Wasser getrennt. Der Aether wurde abdestilliert und das Oel mit Chlorcalcium getrocknet. Das spezifische Gewicht war 0,8971. Das Oel wurde bei Zutritt der Luft dunkler und verharzte schlieülich. Siedepunkt 150- 152°. Gesamtausbeute 42 g = 21 %. Das Oel konnte in drei Fraktionen getrennt werden: 1. 12u- löO" war hell, leicht beweglich, von angenehmem Geruch. 2. 150—155" bildete die Hauptmenge und war etwas dunkler. ■]. 155 — 100° war gering, bräunlich. A. Tschirch u. II. Schulz: Harzbalsam von Pinus halepensip. 163 Das Resen. Das Resen stellte den bei der Destillation mit Wasserdämpfen in der Kocbflasche zurückgebliebenen Anteil dar; ca. 0,0%. Es war löslich in Aethylalkohol, Methylalkohol, Aether, Essigäther, Chloroform, Petroläther und Aceton. Es war in analysenreiner Form nicht zu erhalten. Cholesterinreaktionen. 1. Liebermann'sche Reaktion: rotbraun (kaffeebraun). 2. Salkowski-Hesse'sche Reaktion: löst sich in Chloroform mit gelbroter Farbe, dann rot. HgSO« dunkelrot. 3. Uirschsohn'ßche Reaktion: braunschwarz, dann braunviolett. 4. Tschugaeff'sche Reaktion: gelbrot. 5. Mach'jjche Reaktion: farblos. 6. Schiff 'sehe Reaktion: rot. Bitterstoff. In den Filtraten der ersten Fraktionen die beim Ausschütteln mit Alkali braun gefärbt waren, war noch ein Bitterstoff enthalten. Dieser gab folgende Reaktionen : Mit Gerbstoff gab er eine Trübung, und nach einiger Zeit schieden sich kleine Flocken am Boden des Gefäßes ab. Eisenchlorid rief eine graugelbe, flockige Fällung hervor. Durch Bleiacetat schied sich ein weißer Niederschlag aus. Allgemeine Ergebnisse und quantitative Zusammensetzung. Das von uns untersuchte Harz von Pinus halepensis entspricht also folgender Zusammensetzung: I. In Ammoniumkarbonat lösliche Säure. Halepopininsäure = C21H82O3 .... ca. 5%. II. In Natriumkarbonat lösliches Säuregemisch .... „ 59 „ A. Eine krystallinische, mit Bleiacetat fällbare Säure: Halepopinolsäure = C17H26O2. B. Eine amorphe, mit Bleiacetatlösung nicht fällbare Säure: Halepopinitolsäure = CißHasOo. UI. Aetherisches Oel 21— 26„ IV. Resen 0,G„ V. Bitterstoff — VI. Der Rest sind mechanische Beimengungen. ll^" 164 Em. Bourquelot: Nachweis des Rohrzuckers. Aus dem Laboratorium für galenische Pharmazie der Universität Paris. Ueber den Nachweis des Rohrzuckers in den Pflanzen mit Hilfe von Invertin. Von Em. Bourquelot. (Eingegangen den 15. II. 1907.) Der Rohrzucker ist eine Hexobiose, welche durch Vereinigung' von zwei Molekülen verschiedener Hexosen: Lävulose und Glykose, resultiert. Die Bildung desselben entspricht der folgenden Gleichung:: CßHigOe 4- CgHijOg — H2O = C12H33O11 Lävulose Glykose Rohrzucker. Um die umgekehrte Reaktion zu bewirken, genügt es, den Rohr- zucker mit einer verdünnten Säure zu behandeln oder die wässerige Lösung desselben mit einem löslichen, als Invertin bezeichneten Ferment zu versetzen. In beiden Fällen erfolgt die Aufnahme von einem Molekül Wasser und die Rückbildung von zwei Molekülen Hexose, welche freigemacht werden. Dieser Vorgang wird gewöhnlich als eine hydrolytische Reaktion bezeichnet. . Der Rohrzucker, welcher ein wichtiges Nahrungsmittel bildet, ist nicht direkt assimilierbar. Es ist für die Nutzbarmachung desselben durch die Lebewesen, pflanzlicher oder tierischer Natur, erforderlich, daß er zuvor hydrolytisch zerlegt wird. Bei den Vegetabilien ist es das zweite der genannten Agentien, das Invertin, welches fast, wenn nicht ganz ausschließlich die.se Art der Verdauung bewirkt. Da man weiß, daß das Invertin sich nur in gewissen Organen vorfindet und in diesen nur zu gewissen Vegetationsepochen auftritt,, so muß der Rohrzucker ein Nährstoff sein, welcher lähig ist, ohne Veränderung von dem Orte, wo er gebildet wurde, nach der Stelle,, wo er verbraucht oder aufgespeichert wird, zu wandern. Der Rohr- zucker ist somit ein zirkulierender Nährstoff und ein Reservenährstoff. Der Rohrzucker ii«t, wie aus den nachstehenden Darlegungen hervorgeht, ein sehr verbreiteter Stoff in den Vegetabilien, so ver- breitet, daß man sich fragen muß, ob es ein Organ einer phanerogamen Pflanze, vielleicht sogar einer chlorophyllhaltigen Pflanze gibt, io welchem man demselben nicht begegnet. Das Verfahren, welches ich zum Nachweis des Rohrzuckers in' den Pflanzen vorschlage, gestattet, ohne selbst vollkommen zu sein, Eni. Bour([aelot: Nachweis des Rohrzuckers. 165 die Mehrzahl der Unbequemlichkeiten zu vermeideu, welche den bisher zu diesem Zwecke angewendeten Methoden anhaftet. Dasselbe beruht auf der bekannten, auch zur Identifizierung des bereits isolierten Rohr- zuckers benutzten Eigenschaft des Invertins, diese Verbindung hydro- lytisch zu spalten. Das Invertin bewirkt, wie oben erwähnt, dieselbe Reaktion wi'^ die Saureu, jedoch wird die üeberlegenheit dieses Reagenzes gegenüber den Säuren dadurch bedingt, daß es in gewissem Umfange als ein spezifisches Reagens auf Rohrzucker betrachtet werden kann. In der Tat, während die Säuren auf alle Polysaccharide und Glykoside reagieren, kennen wir gegenwärtig nur drei Zuckerarten, die wie der Rohrzucker durch Invertin hydrolytisch gespalten werden: die Raffinose, die Gentianose und die Stachyose. Die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers weichen jedoch sehr von denen der letzteren Zucker ab, so daß kaum hierdurch eine Konfusion eintreten kann. Invertin. Das Invertin ist 18G0 zum ersten Male von Berthelot') er- halten worden, indem er einen Hefeauszug mit Alkohol fällte. Das Invertin besitzt, wie bereits erwähnt, die Eigenschaft Rohrzucker in Invertzucker zu verwandeln: CiaHaaOn + HgO = CjHiaOß + CeHjaO« Rohrzucker Dextrose Lävulose. Das hierbei gebildete Reaktionsprodukt ist einesteils durch sein Reduktionsvermögen, anderenteils durch seine Wirkung auf das polarisierte Licht charakterisiert, sodaß das Invertin dazu dienen kann, um den Rohrzucker in den Pflanzensäften nachzuweisen'). Der Umstand, daß die Gentianose, die Raffinose, die Stachyose und noch andere, bisher nicht isolierte, jedoch nnch meinen Erfahrungen existierende Polysaccharide zum Teil auch durch Invertin hydrolytisch gespalten werden, ist hierbei kein Hindernis. Einesteils können diese Polysaccharide nach meiner Meinung betrachtet werden als eine Ver- einigung von einem Molekül Rohrzacker mit einem oder mehreren Molekülen einer Hexose^), sodaß sich noch der Rohrzucker charakterisiert vorfindet; anderenteils wird die Prüfung der Modifikation, welche optisch die mit Invertin behandelten Flüssigkeiten erfahren, gestatten, sich zu vergewissern, ob es sich um derartig kombinierten Rohrzacker oder um freien Rohrzacker handelt. ») Compt. rend. 50, 980. 2j Em Bourquelot, Journ. de Pharm, et de Chim. (6), 14, 481 (1901) und Bullet, de la soc. d'bist. rat. des Ardecnes (1903) fi) Em. Bourquelot, Journ. de Pharm et de Chim. (.6), 18, 241 (1903). 166 Em. Bourquelot: Nachweis des Rohrzuckers. Bei dem Gebrauch des Invertins sind zwei wesentliche Bedingungen zu erfüllen: 1. man muß sich eines Invertins bedienen, welches nicht von anderen Enzymen begleitet ist, welche die Beobachtungen dadurch stören, daß sie auch auf andere Stoffe als auf Rohrzucker einwirken; 2. man muß die vegetabilischen Gewebe mit Hilfe eines Verfahrens erschöpfen, durch welches das Invertin und die sonstigen Enzyme, die diese Gewebe enthalten können, augenblicklich zerstört werden. 1. Darstellung des Invertins. Zur Darstellung eines für den Nachweis des Rohrzuckers geeigneten Invertins bedient man sich der Oberhftfe; das unter der Bezeichnung „Bäcker-Hefe" käufliche Produkt genügt vollständig für diese Zwecke. Nachdem man die Hefe mit wenig sterilisiertem Wasser angerührt und rasch abgesogen hat, rührt man dieselbe mit dem 8 — 10 fachen Gewicht Alkohol von 95% an und läßt hierauf das Gemisch 12 — 15 Stunden absetzen. Man saugt als- dann die Masse auf einem Büchner 'sehen Filter mit der Pumpe ab, wäscht sie aus, indem man allmählich wenig Alkohol von 95% und dann Aether zufügt, und trocknet sie schließlich bei 30—35° im Trocken- schrank. Das getrocknete Produkt hält sich hierauf lange Zeit, geschützt vor Feuchtigkeit, in einer gut verschlossenen Flasche. Es ist unbedingt notwendig, daß die angewendete Hefe frisch ist, da dieselbe im verdorbenen Zustande oder wenn sie von Bakterien oder Schimmelpilzen befallen ist, außer Invertin noch Amylase, Maltase und oft noch andere Fermente enthält, die alle fähig sind auch noch auf andere Polysaccharide zu reagieren, als auf Rohrzucker. Man darf daher keine Hefe anwenden, die an der Luft getrocknet ist, da diese Hefe beim Trocknen einen käseartigen Geruch annimmt, welcher anzeigt, daß sich Bakterien entwickelt haben, was auch durch das Mikroskop bestätigt werden kann. Durch Mazeration mit einer derartig getrockneten Hefe konnte man zu wiederholten Malen in meinem Laboratorium Fisch er 's Amygdonitril- Glykosid aus Amygdalin erhalten^); die Reaktion ist veranlaßt durch ein Ferment, welches nicht in der frischen Hefe existiert, und welches noch weniger in der nach obigen Angaben behandelten und getrockneten Hefe enthalten ist. Zum Gebrauch kann man 1 g mit 100 ccm Wasser, welches mit Thymol gesättigt ist, anreiben. Nach dem Filtrieren erhält man eine klare, sehr wirksame Lösung von Invertin, die sich über eine Woche lang hält. Man kann auch, und zwar mit Vorteil, das trockene Produkt selbst anwenden, da die Hefe jede Lebensfähigkeit verloren hat. Man fügt es dann direkt der Flüssigkeit zu, in der man den Rohrzucker nachweisen will, die natürlich zuvor mit einem geeigneten Anti septicum versetzt sein muß. i)TBer. d. d. ehem. Ges. 28, 1508 (1895). Em. Bourqaelot: Nachweis des Rohrzuckers. 167 2. Behandlung der Gewebe. Zur Herstellung des zu in- vertierenden Produktes muß das betreffende Organ derartig behandelt werden, daß einesteils der vorhandene Rohrzucker vollständig extrahiert wird, anderenteils, daß die denselben begleitenden Enzyme gleichzeitig zerstört werden. Hierauf ist mit dem gewonnenen Produkt eine Lösung herzustellen, in welcher das Invertin seine Wirkung aus- üben kann. Zunächst handelt es sich darum den Rohrzucker in einem frischen Organ nachzuweisen, ja es ist sehr häufig von Wichtigkeit, die weitere Behandlung erst dann vorzunehmen, sobald man dasselbe frisch von der lebenden Pflanze getrennt hat. Dies ist besonders notwendig bei den Blättern, in welchen der Rohrzucker unter dem Einfluß des Invertins in einigen Stunden verschwinden kann, da dieselben von vornherein Invertin enthalten. Anderenfalls würde man sich der Gefahr aussetzen, den Rohrzucker überhaupt nicht, oder doch nur einen Teil desselben, wiederzufinden'). Gleichviel, ob das Organ frisch oder trocken ist, sollte dasselbe stets mit siedendem Alkohol von 90 — 95 % in folgender Weise be- handelt werden : Der in einem Kolben von genügender Größe befindliche Alkohol wird im Wasserbade zum Sieden erhitzt; sobald derselbe zu sieden anfängt, zerschneidet man das Organ und läßt die Stücke sofort in den siedenden Alkohol einfallen, dabei Sorge tragend, daß das *) Die Veränderungen, welche sich in den von der Pflanze abgetrennten Organen oder in der einmal ausgerissenen Pflanze selbst, solange die Aus- trocknung derselben noch nicht vollständig ist, vollziehen, betreffen nicht nur den Rohrzucker, sondern auch die Glykoside, sowie ganz allgemein alle Stoffe, die durch Hydrolyse spaltbar oder durch die Enzyme der Pflanze oxydierbar sind. Es ist daher verständlich, daß die aus frischem Pflanzen- material hergestellten Arzneimittel eine ganz andere Zusammensetzung be- sitzen, als die, welche man unter Anwendung von lufttrockenem Material erhäU. Dies ist der Grund, weshalb ich in den letzten 10 Jahren häutig darauf bestanden und aus welchem ich ein Verfahren gesucht und gefunden habe, welches gestattet diese Veränderungen zu verhindern und Arzneimittel (Extrakte etc.) zu erbalten, welche die frische Pflanze repräsentieren [vergl. besonders die Bereitung eines weißen Extraktes aus der Kola: Lösliche, oxydierende Fermente und Arzneimittel : Journ. de Pharm, et de Chim. (6), 4, 484 (1896), sowie das Studium dieser Frage vom allgemeinen Gesichts- punkte: Ueber einige neue, die Bereitung der wirksamen Prinzipien der Vegetabilien betreffenden Angaben; XIII. internat. Kongreß der Medizin, Paris 1900, therapeutische, pharmakologische und pharmakognostische Sektion, 5. 520]. Im übrigen ist es auch die Anwendung dieses vereinfachten Ver- fahrens, welche hier den Gebrauch der Enzyme zur Auffindung der unmittelbar vorhandenen Stoffe gestattete. If58 Em. Boarquelot: Nachweis des Rohrzuckers. Sieden dadurch nicht unterbrochen wird. Wenn das Organ vollständig eingetragen ist, setzt man das Sieden noch etwa 20 Minuten lang am Rlickflußkühler fort, um das Gewebe vollständig zu durchdringen. Auf diese Weise ist man sicher, nicht allein das Invertin, sondern auch alle anderen Enzyme zu zerstören, so daß man deren Einwirkung auf die folgenden Operationen nicht mehr zu befürchten hat. Man zerstört hierdurch selbst auch die oxydierend wirkenden Enzyme, was von Wichtigkeit ist, da unter der Einwirkung der letzteren, welche sich noch in alkoholischer Lösung vollzielit, sich die Flüssigkeiten färben, und die Beobachtungen im Polarimeter hierdurch unmöglich gemacht werden köncen. 3. Anwendung des Invertin s. Die erhaltece alkoholische Lösung muß nun zunächst von dem Alkohol befreit werden, da durch denselben die Wirkung des Invertins verhindert wird. Es geschieht dies durch Destillation im Wasserbade. Da viele pflanzliche Organe organische Säuren enthalten, welche den Rohrzucker durch Hydrolyse zersetzen können, so ist es erforderlich, der zu destillierenden Lösung Calci umkarbonat in geringem Ueberschuß zuzusetzen. Ist die Destillation beendet, so nimmt man den Rückstand mit Thymolwasser auf. Wenn man mehrere Versuchsreihen ausführen will, z. B. von den Arten einer Familie oder von den verschiedenen Organen derselben Pflanze und zu verschiedenen Vegetationsperioden, so vereinfacht sich der Vergleich der Resultate, wenn man den Destillationsrückstand mit Thymolwasser stets soweit verdünnt, daß das Volum immer in der gleichen Beziehung zu dem Gewicht des extrahierten Materials steht. Bei allen Operationen, die in meinem Laboratorium ausgeführt werden, behandelt man den Destillationsrückstand mit soviel Thymolwasser, daß die Kubikzentimeter-Zahl der erhaltenen Lösung gleich ist der Zahl in Grammen, welche von der Pflanze oder einem Organ mit siedendem Alkohol behandelt wurde. In den meisten Fällen genügt es mit 250 g der Organe derart zu operieren, daß man schließlich 250 ccm Lösung erhält. Man teilt diese Lösung in zwei Teile: den einen A von 50 ccm, welcher als Vergleichsobjekt dient, den aideren B von 200 ccm. Man bringt diese Flüssigkeiten in kleine Flaschen, die fest mit einem Korkstopfen verschlossen werden können. Zu der Lösung B fügt man 1 g Hefepulver von der oben beschriebenen Beschafi"enheit und stellt die beiden Flaschen in einen Trockenschrank, dessen Temperatur auf 25—30° reguliert ist. Nach Verlauf von 2 Tagen führt man den ersten Versuch aus. Hierzu entnimmt man jeder Flasche 20 ccm Flüssigkeit und fügt 4 ccm Bleiessig zu, eine Menge, die im allgemeinen zur Klärung genijgt. Kn-. Hourciuplot: Nachweis des Rohrzu!;kers. 169 Hierauf filtriert man und prüft im Polarimeter (im 2 Dezimeter- Rohr). WeDD Rohrzucker vorhanden ist, so wird derselbe in der Flüssigkeit B hydrolytisch gespalten sein, infolgedessen wird das Polarimeter für diese Flüssigkeit einen Um5«chlag nach links, im Vergleich zu der Flüssigkeit A, anzeigen. Um jeden Zweifel in dieser Beziehung zu beseitigen, vervoll- ständigt man den Versuch noch in folgender Art : Man bestimmt den reduzierenden Zucker in den beiden Flüssigkeiten und findet aus der Ditfereuz die Menge von reduzieretdem Zucker, welche durch die Einwirkung des Invertins gebildet ist. Indem man diesen Zucker als Invertzucker betrachtet, berechnet man zunächst die Menge Rohrzucker, welche demselben entspricht, hierauf die Drehungsänderung, welche die Hydrolyse dieser Rohrzuckermenge hervorrufen muß. Der durch Rechnung erhaltene Wert muß alsdann gleich sein der beobachteten Drehungsänderung. Dies ist der häufigste Fall, wenn jedoch aus- nahmsweise d'ese beiden Werte verschieden sind, so muß man annehmen, daß das untersuchte Organ eine der Rohrzuckerkombinatiorien enthält, welche ich oben (s. S 105) erwähnt habe. Aus dem vorstehenden ersieht man, daß der Nachweis des Rohr- zuckers auch auf seine quantitative Bestimmung angewendet werden kann. Es genügt hierzu, von neuem tägliche Versuche anzustellen, bis die hydrolytische Wirkung des Invertins beendet ist, wovon man versichert ist, wenn zwei aufeinander folgende Versuche dieselben Resultate geben. Resultate. Zu der Zeit, wo ich die ersten Resultate, welche die Anwendung des soeben in den Details dargelegten Veifahrens lieferte, analysierte'), waren nur Untersuchungen ausgefühit, welche die Reserveorgane (Wurzeln, Rhizome, Knollen, Rinde und Samen) betrafen. Diese Untersuchungen betrafen 64 Pflanzenspezies, von denen 61 zu den Phanerogamen (24 Familien) und 3 zu den Kryptogamen (Lebermoose: Pellia epyplujlla: Algen: Fucus serratus L. Lycopodiaceen: Selaginella denticulata) gehörten. Dieselben hatten in 57 dieser Spezies die Gegenwart von Rohrzucker ergeben, in 5 anderen das Vorhanden- sein eines durch Invertin spaltbaren Stoffes (kombinietter Rohrzucker oder Gemische von freiem Rohrzucker mit kombinieitem Rohrzucker). Nur für 2 Spezies, Fucus und Selaginella, ergab der Versuch ein negatives Resultat, jedoch maß hinzugefügt werden, daß der Versuch unter schlechten Bedingungen ausgeführt wurde, und zwar in dem Sinne, daß die Behandlung mit siovlendem Alkohol erst längere Zeit ') Em. Rourquelot. Coirpt. rend 134, 711 (I9'."t2); Journ. de Pharm, et de Chim. (6), 18, 241 (1903). 170 Etp. Bourquelot: Nachweis des Rohrzuckers. nach der Ernte stattfand (nach 24 Stunden bei Fucus.) Ich habe daher auch nicht gezögert, zu schließen, daß der Rohrzucker als ein not- wendiges Prinzip für den Stoffwechsel in den chlorophyllhaltigen Pflanzen betrachtet werden muß. Die späteren Untersuchungen von Marcel Harlay'), welche sich auch auf die Reserveorgane erstreckten, ergaben eine Bestätigung dieser Schlußfolgerung. Obschon dieser Autor das Verfahren auf .50 Spezies, die 32 Familien angehörten (49 Phanerogamen und eine Knyptogame: Rhizom von Equisetum arvense), anwendete, fand er Rohrzucker in 39 dieser Spezies und in den übrigen Stoffe, die durch Invertin spaltbar waren. Es blieb nur noch eine Frage zur Prüfung übrig, zu wissen, ob dieselbe Schlußfolgerung auch für die Blätter, die Arbeitsorgane, gerechtfertigt sein würde. J. Vintilesco^) hat das Unt.ersuchungsverfahren auf die Blätter von 7 Spezies der Oleaceeu angewendet und hat dabei in sechs dieser Spezies Rohrzucker gefunden, in der siebenten dagegen einen durch Invertin spaltbaren Stoff. Bourquelot und Danjou^) haben ferner die Blätter von •5 Spezies oder Varietäten von Sambucus, sowie von 3 Spezies von Viburnum untersucht. In den Blättern dieser 8 Spezies fanden sie Rohrzucker. Danjou^) hat dann seine Untersuchungen auf 3 weitere Spezies, die wie die vorhergehenden der Familie der Oaprifoliaceen {Symphori- carpos, Diervülia und Lonicera) angehören, ausgedehnt. Auch hier ergab sich in den Blättern die Gegenwart von Rohrzucker. O. Remeaud*) hat ferner soeben die Blätter von 12 Spezies der Familie der Ranunculaoeen (Clematis vitalha L., Anemone Pulsatiila L. und nemorosa L., Ranunculus fluitans Lam.. R. repens und B,. bulbosvs, Ficaria ranunculoides Moetich, Caltha palustris L., Helleborus foetidus L., Aquilegia vulgaris L., Delphinium elatum, Paconia ofßcinalis L.) einer Untersuchung unterzogen. Das Verfahren hat in 10 dieser Spezies die Gegenwart von Rohrzucker und in 2 derselben von Stoffen, die durch Invertin spaltbar sind, erwiesen. In der nach.stehenden Tabelle sind endlich die noch nicht veröffentlich! en Resultate zusammengestellt, welche sich auf die Blätter von 17 anderen, verschiedenen Familien angehörenden Pflanzen beziehen. 1) These doct. de l'univers. de Paris 190.5. 2) Siehe die nachstehende Abhandlung. 8) Siehe die nachstehende Abhandlung *) Compt. rend. de la soc. hiol. 61, 400 (I90ö). Em. Bouniuelot; Nachweis de> Rohrzuckers. 171 ' Rohr- 1 Rohr- zucker zucker Acer pseudoplatanus L. . '! 0.664% Osmanthuft aquifoUus . . . 0,237% Aesculus Hippocastan. L. 0,320 „ Parietaria offtcinalis L. . . 0,133 „ AilantJiHS glandulosa Besf. 0,790 „ Prunus lawocerasus L. . . 0,388 „ Buxus sempervtrcns L. . 0,685 „ Bheuvi undulatum L. . . ■ 0,264 „ Cirsium arven<:e Latn. . . : 0,27o „ Bhododeadron ponticum . . 0,703 „ Equi etum palustre L. 0,456 „ Thuja occih'ntali'i L. . . . 0,648 „ Foeniculum dulce DG. . . — Tilia platyijliylla Scop . . 1,600 „ Iris (jermanica L. . . . 0,280 „ Visctim album L 0,643 „ Melilotus arvensisWall. . ,i 0,315 „ In 16 dieser Spezies hat das Verfahren die Gegenwart von Rohrzucker erwiesen und in einer einzigen, Foeniculum dulce, das Vorkommen eines durch Invertin spaltbaren Stoffes. Somit hat sich hei den 44 Pflanzenspezies, deren Blätter der Behandlung mit Invertin unterworfen wurden, nicht ein einziges negatives Resultat ergeben ; die Blätter aller dieser Spezies enthielten Rohrzucker. Ja noch mehr; wenn man die Mengenverhältnisse, in denen der Rohrzucker in den Blättern gefunden wurde, mit denen der Reserveorgane vergleicht, so sieht man, daß, mit Ausnahme einiger wenigen der letzteren, die ersteren kaum von den letzteren abweichen, bisweilen sogar sehr hohe Werte erreichen, wie die Lindenblätter (1,6%) und die Blätter von Symphoricarpos racemosa L. (2,297%). Es scheint daher, daß man bestimmt behaupten kann, daß der Rohrzucker ein notwendiges Prinzip für den Stoffwechsel in den chlorophyllhaltigen Pflanzen ist, da derselbe konstant in allen Organen gefunden wurde, und zwar sowohl in denen, wo sich die Reservenährstoflfe anhäufen, als auch in denen, wo die Assimilation stattfindet. Aber der Rohrzucker ist nicht direkt assimilierbar; man weiß, dafl derselbe, um nutzbar zu sein, zuvor hydrolisiert werden muß. Daher die Notwendigkeit, um diese Resultate vom Gesichtspunkt der Physiologie zu vervollständigen, das Invertin, welches das spaltende Agens für diesen Stoff ist, aufzusuchen. Diese Untersuchungen sind besonders durch J. Vintilesco. durch Em. Bourquelot und Danjou, durch Danjou und durch 0. Remeaud (1. c.) ausgeführt. In allen frischen Blättern konnte dabei die Gegenwart von Invertin konstatiert werden. 172 Km. Bourquelot: Nachweis der Glykoside. Aus dem Laboratorium für galenische Pharmazie der Universität Paris. Ueter den Nachweis der Glykoside in den Pflanzen mit Hilfe von Emulsin. Von Em. Bourquelot. (EiDgegangen den 11. III. 1907.) Das Emulsin ist in den Mandeln im Jabre 1837 von Liebig und Wöbler') entdeckt. Nach dieser Zeit ist dasselbe in einer sehr großen Zahl von Pflanzenarten gefunden. Während die Mehrzahl der übrigen hydrolytisch wirkenden Enzyme — wenigstens nach unserer gegenwärtigen Kenntnis — je nur auf eine bestimmte komplexe Verbindung reagiert, ist das Emulsin im Gegensatz hierzu dadurch ausgezeichnet, daß es zahlreiche Glykoside hydrolytisch spaltet, wie das Amygdalin, das Aucubin, das Coniferin, das Salicin etc., ein Umstand, welcher die Annahme gestattet, daß die Bindungsweise der Glykose mit dem anderen Konstituenten in diesen Verbindungen dieselbe ist. Alle durch Emulsin spaltbaren Glykoside sind, wie ich bereits im Jahre 1901^) hervorgehoben habe und wie die seit jener Zeit bewirkten Entdeckungen bestätigten, linksdrehend und leiten sich vor^. der Dextrose ab. Hieraus folgt, diiß das Emulsin ein wertvolles "Reagens sein kann lür den Nachweis einer ganzen Gruppe von Glykosiden. Ein Beispiel wird dies noch verständlicher machen. Es sei eine wässerige Lösung von Salicin vorliegend. Man weiß, daß das Salicin ein linksdrehendes, nicht reduzierend wirkendes Glykosid ist: seine Lösung lenkt die Ebene des polarisierten Licht- strahls cach links ab und reduziert nicht die Fehling'sche Kupfer- lösung. Fügen wir jedoch Emulsin zu der Lösung desselben und warten eine genügende Zeit, so wird das durch das Ferment gespaltene Salicin sich ersetzt vorfinden in Dextrose, einen rechtsdrehenden 1) Ueber die Bildung des Bittermandelöls, Liebig's Ann. 22, 1. 2) Nachweis des Rohrzuckers in den Vegetabilien mit Hilfe von lovertin ULd der Glykofide mit Hilfe von Emulsin, Journ. de Pharm, et de Chim, (6), 14, 481. Vgl. auch f^m. Bourquelot und H. Herissey: Ueber ein neues Glykosid, das Aucubin, der Samen von Aucuf)a japonica L< Compt. rend. de i'dcad. des sciences 134, 1441 (1902). Em. Bonrqaelot: Nachweis der Glykoside. 173 und reduzierend wirkenden Stoft", und in Saligenin (8alicylalkohol), eine inaktive und nicht reduzierend wirkende Verbindung. Wenn man alsdann diese Lösung in dem Polarimeter untersucht und dieselbe mit alkalischer Kupferlösung prüft, so wird man konstatieren, daß dieselbe rechtsdiehend und reduzierend wirkend geworden ist. Da anderenteils sich der gleiche Vorgang bei allen durch Kmulsin spaltbaren Glykosiden vollzieht, so sieht man, daß man, um dieselben in einer wässerigen Lösung vegetabilischen Ursprungs aufzufinden, nur nötig hat, dieser Lösung ein wenig Emulsiu zuzufügen: wenn dann unter dem Einfluß des Enzyms ein Umschlag der ursprünglichen Drehung nach rechts stattfindet und zu gleicher Zeit ein reduzierend wirkender Zucker gebildet ist, so enthält die fragliche Losung eines von diesen Glykosiden. Dies ist jedoch noch nicht alles. Es ist sehr einleuchtend, daß •der Umschlag der Drehung nach rechts, ebenso wie die Menge der gebildeten Dextrose proportional sein müssen der Menge des gespaltenen Glykosids. Das Emulsin kann daher auch dazu dienen, um ein Glykosid in den Vegetabilien quantitativ zu bestimmen, dessen Eigenschatten schon bekannt sind. Aber man begreift, daß es hierzu erforderlich ist, daß das Glykosid nicht von ähnlichen Glykosiden hegleitet ist, und daß die durch das Ferment bewiikte Hydrolyse voll- ständig beendet ist. Sonst genügt bereits der eine von diesen Werten: der Umschlag der Drehung oder die Menge der gebildeten Dextrose, um die entsprechende Menge des Glykosides zu berechnen. Legt man der Rechnung den einen oder den anderen von diesen Werten zu Grunde, so muß man zu identischen Resultaten gelangen, die zugleich den Beweis für die Richtigkeit der Operation liefern. Vom praktischen Gesichtspunkte aus erfordert der Gebrauch des Emulsins, ebenso wie der des Invertins, einige peinliche Vorsichts- maßregeln, sowohl was die Herstellung des Enzyms, als auch die Bereitung der Flüssigkeiten betrifft, in welchen der Nachweis der Glykoside bewirkt werden soll. Darstellung des Emulsins. Das in meinem Laboratorium verwendete Emulsin ist das der süßen Mandeln; man stellt dasselbe mit Hilfe des folgenden Verfahrens her, welches von Robiquet her- rührt und von Herissey") zweckmäßig modifiziert ist: 100 g süße Mandeln werden zu diesem Zwecke ungefähr eine Minute lang in kochendes Wasser eingetaucht und nach dem Abtropfen sorgfältig geschält. Hierauf zerstößt man dieselben in einem Marmor- 1) üctersuchungen über das Emulsin (Th^je doc. Univ. Pharmacie, Paris 1899, S. 44). 174 Em. Bourqaelot: Nachweis der Glykoside. mörser, ohne Zusatz von Wasser, so fein wie möglich und mazeriert alsdann das erhaltene Produkt mit 200 ccm eines Gemisches aus gleichen Teilen destilliertem Wasser und Wasser, welches mit Chloroform gesättigt ist. Nach ungefähr 24 stündiger Mazeration bei gewöhnlicher Temperatur kollert man unter Auspressen durch ein angefeuchtetes Tuch. Man sammelt auf diese Weise 1.50— IGO ccm Flüssigkeit, welcher man 10 Tropfen Eisessig zufügt, um das Kasein zu fällen. Hierauf filtriert man durch ein angefeuchtetes Filter. Das auf diese Weise erhaltene klare Filtrat (120 — 130 ccm) fügt man zu 500 ccm Alkohol von 95%, sammelt den Niederschlag auf einem glatten Filter und behandelt ihn nach dem Abtropfen mit einem Gemisch aus gleichen Volumen Alkohol und Aether. Nach dem Trocknen im Vakuum über Schwefelsäure erhält man hornartige, durchscheinende Plättchen, welche beim Zerreiben ein fast weiljes Pulver liefern. Das auf diese Weise dargestellte Emulsin kann seine Wirksamkeit sehr lange Zeit bewahren, wenn es in einer trockenen, gut verkorkten Flasche aufbewahrt wird. Dieses Verfahren liefert bei genauer Anwendung ein reguläres, gleichmäßiges Emulsin, d. h. wenn auch die Wirksamkeit diese» Produktes je nach der Sorte der behandelten Mandeln wechselt, so ist dieselbe doch die gleiche für die verschiedenen Emulsinproben, welche aus derselben Sorte dargestellt sind. Es zeigen dies die folgenden Beobachtungen, welche mit 5 verschiedenen Emulsinen: A, B, C, D und E, gemacht wurden. A, B und C sind Emulsine, die vor mehreren Monaten aus 3 verschiedenen Mandelsorten dargestellt wurden, D und E sind Emulsine, welche von zwei Bearbeitern in einem Zwischenraum von einigen Tagen aus Mandeln, derselben Sorte entstammend, bereitet sind. Bei diesen Beobachtungen ließ man das Emulsin auf Salicin einwirken. 1. Bei der ersten Versuchsreihe fügte man 0,1 g von jedem Emulsin zu 100 ccm einer wässerigen, mit Thymolwasser hergestellten Salicinlösung 1,008 g : 100. Die 5 in einer gut verschlossenen Flasche enthaltenen Mischungen wurden in ein auf 33° gehaltenes Bad gestellt. Nach Verlauf von 16 Stunden zeigte die Lösung, welche vor der Ein- wirkung des Ferments linksdrehend war (im 2 Dezimeterrohr — 1 ° 10'), eine Rechtsdrehung (+32'), welche auch bei längerem Verweilen in dem Bade keine Verstärkung erfuhr. Nach Verlauf von 1(5 Stunden war daher bei allen Emulsinen die hydrolytische Spaltung beendet, ein Beweis, daß alle sehr wirksam waren. 2. Die Versuche wurden wiederholt, jedoch unter Zusatz von nur 0,05 g Emulsin zu der gleichen Menge Salicinlösung. Die Prüfung dei' Flüs^iizkeiten erfolgte bereits nach kürzerer Zeit als bei dem Em. Bouriiuelot: Nachweis der Glykoside. 17.ö Versuche 1. Es ergaben sich hierbei folgende Resultate (im 2 Dezi- meterrohr) : Dauer der Eiowirkunp A ß > C j D i E 4 Stunden —28' — 28' — 14' | —10' | — 10' 6 „ +16' — 4' : +32' ; +32' 8 „ +22' +10' I +32' +32' 24 „ +32' +32' +32' ! +32' +32' Die Emulsinproben D und E, welche aus denselben Mandeln dar- gestellt waren, besaßen somit die gleiche Wirksamkeit, während die Proben A, B und C, die von ven-chiedenen Mandel-sorten stammten, eine verschiedene Wirksamkeit zeigten. Die Unregelmäßigkeiten, welche bei den ersten drei Proben während der ersten Standen beobachtet wurden, erklären sich durch den Umstand, daß das Pulver dieser ver- schiedenen Proben nicht vollständig denselben Feinheitsgrad besaß, Behandlung der Gewebe. Bei der Berstellang der Extrakte von Pflanzen oder von Pflanzenteilen, bei welchen man die Wirkung des Emuliins versuchen will, muß man ebenso verfahren wie bei dem Nachweis des Rohrzuckers mit Hille von Invertin: 1. Wenn es sich um ein frisches Organ handelt, wird man operieren, sobald man dieses Organ von der lebenden Pflanze getrennt hat, da ein Organ, welches ein durch Emulsin spaltbares Glykosid enthält, fast immer, wenn nicht immer, wie man weiter unten ersehen wird, Emulsin einschließt, welches bei der Aufbewahrung oder beim Trocknen der Pflanze das Glykosid zerstören kann. 2. Gleichgültig ob das Organ frisch oder trocken ist, muß man dasselbe sofort nach entsprechender Zerkleinerung in siedenden Alkohol von 90—95 % eintragen und die weitere Behandlung mit Alkohol fort- setzen, gemäß den Angaben, welche ich bezüglich der Anwendung des Invertins gegeben habe. 3. Man muß die alkoholische Lösung bei Gegenwart von etwas gefälltem Calciumkarbonat abdestillieren und den Rückstand mit gesättigtem Thymolwasser derartig aufnehmen, daß man eine Flüssigkeit erhält, auf die man das Emulsin einwirken lassen kann. Ich halte es nicht für nützlich, mich noch mehr über die Details der weiteren Behandlutigsweise zu verbreiten, da ich nur das wieder- holen würde, was ich bereits bezüglich des Invertins gesagt habe. (Vergl. die vorhergehende Arbeit.) Es gibt jedoch noch einen Punkt, auf den ich noch besonders aufmerksam machen muß. Das Produkt, welches wir Emulsin nennen, ist kein einheitliches Ferir.°nf, sondern ein Gemisch von rr.ehreren Fermenton. Es schließf, 176 Em. ßourquelot: Nachweis der Grlykoside. wie Herissey und ich') gezeigt haben, Lactase, Gentiobiase und oft auch Invertin, wenigstens in ßpuren, ein. Die Gegenwart der beiden ersten dieser Enzyme ist ohne große Unzuträglichkeit, da dieselben nur auf Zucker ^Lactose und Gentiobiose) reagieren, denen man bisher in den frischen Vegetabilien noch nicht begegnet ist. Jedoch ist nicht das Gleiche der Fall bei dem Invertin, welches den Rohrzucker, welcher überall in den chlorophyllhaltigen Pflanzen vorkommt, spaltet. Bei dieser Spaltung entsteht Invertzucker, d. h. ein linksdrehendes Produkt, welches zum Teil oder ganz die Wirkung des aktiven Emulsins maskieren kann, welche, wie wir oben gesehen haben, durch die Bildung eines rechtsdrehenden Produktes zum Ausdruck gelangt. Um die Irrtümer zu vermeiden, welche die Gegenwart des Invertins in dem Emulsin der Mandeln mit sich bringen würde, gibt es nur ein Mittel, nämlich zuvor den in der zu prüfenden Lösung ent- haltenen Rohrzucker mit Hilfe von Invertin aus Hefe zunächst zu hydrolysieren. Ist diese Hydrolyse beendet, so bringt man die Lösung 10 Minuten lang auf 100°, läßt dann erkalten und fügt nun das Emulsin zu: die optischen Veränderungen, wenn sich solche hierdurch voll- ziehen, repräsentieren dann allein die Fermentwirkung dieses Enzyms. Man sieht somit, daß der Nachweis der Glykoside naturgemäß erst nach dem des Rohrzuckers erfolgen kann, und daß es angezeigt ist, für diesen Nachweis die Flüssigkeiten zu benutzen, auf welche man zuvor das Invertin hat einwirken lassen. Resultate. Es ist erst wenige Jahre her, daß die Zahl der naturellen, durch Emubin spaltbaren Glykoside, die man durch un- mittelbare Analyse kenntlich gemacht hatte, höchstens die Zahl 10 erreichte. Die methodische Anwendung des Emulsinverfahrens, so wie dasselbe seit 4 Jahren in meinem Laboratorium zur Verwendung kommt, hat jedoch gezeigt, daß man dieselben bald nach Hunderten zu zählen hat. Man wird dies ermessen, wenn man einen Blick auf die im nachstehenden befindliche Liste von Arten und Organen wirft, in welchen das Verfahren die Gegenwart eines Glykosides dargelegt hat. Die in der zweiten Reihe verzeichneten Zahlen drücken den Drehungs- umschlag nach rechts aus (2 Dezimeterrohr), welche durch das Emulsin in einer Lösung hervorgerufen wurde, von der 100 com 100 g des untersuchten Organes entsprechen'^). 1) Das Emulsin, welches man aus den Mandeln erhält, ist ein Gemisch von mehreren Fermenten. Compt. rend. sog. de Biologie 55, 219 (1903). 2) a) Em. Bourquelot, Nachweis des Rohrzuckers mit Hilfe von lovertin und der Glykoside mit Hilfe von Emulsin in den Pflanzen, Journ. de Pharm, et de Chim. (6), 14, 431 (1901). b) G Charapenois, Studien über die ßm. Bourquelot: Nachweis der Glykoside. 177 1. Frische anterirdische Organe. 48 Arten geprüft. Umschlag der *J'B'""' Drehun« Anciiba japonica L Wurzel (April) (d) 2" 38' 2) Colchicum autumnalc L Knolle „ (k) 10' Digitalis purpurea L Wurzel (Januar) (e) 6' Dipsaeus piloms L „ (Mai) (e) 26' Jasminum nudiftorum Lindl. . . „ (Februar) (1) 29' 3) Loroglossum hircinum Rieh. . . . KnöUchen (Januar) (k) 12' Scrophularia nodosa L . . . . Rhizom (April) (a) 36' Valeriana officinalis L Wurzel (Oktober) (e) 18' Verbascztm Thapsus L „ (Dezember) (e) 42' Reserve-Kohlehydrate in einigen Uoibelliferenfamen ucd Corneensamen, Thi'se Doct. Univ. Pharmacie, Paris 1902. c) Em. Bourquelot und H. Hdrissey, Ueber ein neues Glykosid, das Auenbip, aus den Samen von Aucuhajiponica L., Compt. rend. soc. Biol. 54, 695 (1902) und d) Ann. Cbim. Phys. (8), 4, 89 (1905). e) M. Harlay, Der Rohrzucker in den unterirdischen vegetabilischen Organen, Tttse Doct Univ Pharmacie, Paris 1905. f) Em. Bourquelot und Em. Danjou, Ueber ein blausäurelieferndes Glykosid in Sambucu", Compt. rend. soc. de Biol. 59, 18 (1905) und g) Journ. de Pharm et de Chim. (6), 22, 154 (1905). h) Em. Bourquelot und Em Danjou, Nachweis des Rohrzuckers und der Glykoside in den Viburnumarten, Compt. rend. soc. Biol. 1906, 81. i) C. Lefcvre, Das Taxicatin, ein neues Glykosid des Taxus baccata, Compt. rend. soc. Biol. 60, 513 (1906). k) Em. Bourquelot, Nachweis der durch Emulsin spaltbaren Glykoside in den Pflanzen, Journ. de Pharm, et Chim. (6), 23, 369 (1906). 1) J. Vintilesco, Untersuchungen über die Glykoside einiger Oleaceen, Tboie Doct. Univ. Pharmacie, Paris 1903. m) Em. Danjon, Vorkommen eines valeriansäureliefernden Glykosids in Viburnum Ttni/s, Compt. rend. soc. Biol. 61, 405 (1906). n) 0. Remeaud, Nachweis des Rohrzuckers und der Glykoside in einigen Pflanzen der Familie der Ranunculaceen, Compt rend. soc. Biol 61,400(1906). o) Em. Danjou, Anwendung des biochemi cbei Verfahrens zum Nachweis des Rohrzuckers und der Glykoside in den Pflanzen der Familie der Caprifoliaceen, These Doct. Univ. Paris 1906. p) J. Laurent, Nachweis des Rohrzuckers und der Glykoside ia einigen Samen der Familie der Loganiaceer, Journ. de Pharm, et Chim. (6)25, 225(1907). q) Em. Bourquelot und H. Hörissey, Ueber ein neues, durch Emulsin spaltbares Glykosid, das Bakankosin, aus Strychnos- samen von Madagascar, Compt. rend de Tac. des sciencc, 11. März 1907. 3) Das Glykosid war im krystallisierten Zustand erhalten und unter dtm Namen Aiicubin von Em. Bourquelot und H. Härissey studiert (c und d). 5) J. Vintilesco bat nachgewiesen, ddß da.s Glykosid Syringiu ist (I). Arch d. Pharm. CUXXXXV. Bds ••?. Heft. 12 178 Em. Bourquelot: Nachweis der Glykoside. 2. Frische Rinden. 7 Arten geprüft. Umschlag der " ^ Drehong Betula alba L (März) (k) 18' Fraxinus excelsior L (April) (k) 36' Liffustrum lucidum Buch-Ham (Januar) (1) 1° 12' i) „ spicatum Buch-Ham (Februar) (1) 45' „ vulgare L (März) (1) 50' Syringa vulgaris L (Februar) (1) 57' Samhucus nigra L (Juli) (g) 9' 3. Getrocknete Samen. (12 Arten geprüft.) Aucuha japonica L. . . Hibiscus esculentus L. . Strychnos Bakanko . . „ Ignatii Berg. „ nux vomica\t. „ fotatorum L. getrocknete Samen (b und c) (k) » « (P) « (P) t, r> (P) „ r, (P) 4. Blätter. A. Caprifoliaceen. (11 Arten geprüft.) mehr als 140 20' 12' mehr als 250 24' 2) 24' 10 8' 8' Diervilla japonica L Lonicera Periclymenum L. Samhucus Ebulus L n M „ laciniata Müll „ pyramidalis „ nigra L. . . n n • • „ racemosa L. Symphoricarpos racemosa L. . . FifcwrwitMz Lantana L „ Opulus L TewMS L. frische Blätter getrocknete Blätter frische Blätter getrocknete Blätter frische Blätter (0) (Mai) (Juni) (o) (Juni) (g) (Juli) (g) (Juli) (g) (Jali) (g) (Juni) (f und g) (Juli) (0) (Juli) (g) (Mai) (o) (Juni) (h und o) (Juni) (h und o) (Dezember) (h und o) Umschlag der Drehung 50' 30 48' 19' 39' 10 42' 4 24' 8) 36' 8) 22' 24' 10 24' 22' 22' 10 9'4) 1) Die Untersuchungen von Vintilesco haben gezeigt, daß das Glykosid der Rinde von L. lucidum, spicabtm und vulgare, ebenso wie von Syringa vulgaris, Sy ringin ist. 2) Das Glykosid ist erhalten und studiert worden unter dem Namen Bakankosin von Em. Bourquelot und H. Herissey (q). 8) Das Glykosid ist isoliert und studiert worden unter dem Namen Sambunigrin von Em. Bourqelot und Em. Danjou (g *) Em. Danjou hat gezeigt, daß das Glykosid des V Tinus, Valerian- säure unter dem Eioäaß von Emulsin liefert. Em. Bourquelot: Nachweis der Glykoside. 179 B. Oleaceeu. (7 Arten geprüft.) Jasmnuni nudi/lorum Lindl. . frische Blätter (April) (l) 2» 7'^) Ligustrum japonicum Thumb. . „ „ (März) (1) 2° „ lucidum Buch-Ham. . „ „ (Januar) (l) 3" 2' „ spicatuhi Buch-Ham. . „ „ (Februar) (I) 20 21' vulgare Ij „ „ (März) (1) 1017' Syringa persica L „ „ (Mai) (1) 20 31' „ vulgaris L „ „ (April) (1) 1 » 14' C. Ranunculaceen. (12 Arten geprüft.) Anemone nemorosa L frische Blätter 50' „ pulsaiilla L „ „ 10 19' Aquilegia vulgaris L „ „ 31' Delphinimn elatum L „ „* 16' Ficaria ranunculoides Moench „ „ 21' Hellehorus foetidus L „ „ 2° 6' Ranunculns bulbostis L „ „ 29' „ repens L. . „ „ 20 5' D. Coniferen. (7 Arten geprüft.) Taxus haccata h frische Blätter (Dezember) lOöO'^) Cephalotaxus drtipacea Sieb, et Zucc. „ „ (Januar) 14' „ ^^et?«ntwZato Sieb, et Zucc. „ „ (Februar) 29' Podocarpus chinensis Sweet .... „ „ (Februar) 29' Torreya myristica Hook „ „ (Februar) 40' Jimiperus sabina L „ „ (Januar) 44' „ virginiana „ „ (Januar) 46' Die große Verbreitung der Glykoside in den Pflanzen dürfte hierdurch zur Genüge bereits bewiesen sein. Es ist dies jedoch nicht der einzige Schluß, welcher sich aus den im vorstehenden zusammengestellten Untersuchungen ergibt. Es ergibt sich noch ein anderer, ebenso wichtiger, welcher die Frage nach der Rolle der Glykoside in der Pflanze berührt, und welcher in Beziehung steht zu der Verteilung dieser Verbindungen je nach den Organen. Man sieht, daß entgegen von dem, was man bisher angenommen hat, es nicht die Reserve- Organe (Rhizome, Samen) sind, welche die Glykoside am häufigsten enthalten, sondern die Assimilations-Organe, die Blätter. Es gibt in der Tat Pflanzenfamilien (Caprifoliaceen, Oleaceen, Coniferen), 1) J. Vintilesco hat aus diesen Blättern ein neues Glykosid isoliert, welches er Jasmiflorin genannt hat. Er hat auch, ebenso wie aus den Blättern der anderen Arten der Oleaceen, Syringin isoliert. 8) Das Glykosid ist unter dem Namen Taxicatin von Ch. Lefebvre (i) isoliert und studiert worden. 12* 180 J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. in denen die Glykoside von allen geprüften Arten in den Blättern gefunden werden, während die anderen Organe dieselben bisweilen nicht enthalten (Wurzel von Sambucus Ehulus). Es geht hieraus hervor, daß die Blätter nahezu sicher diejenigen Organe sind, in denen die Glykoside gebildet werden. Es geht hieraus auch weiter hervor, daß die Glykoside Reserve-Nahrungsstoffe (besonders z. B. in dem Samen von Aucuba) sind; sie müssen vornehmlich Prinzipe sein, welche sich in unauf- hörlicher Weise an den interzellularen chemischen Reaktionen beteiligen. Das Emulsinverfahren ist, wie ich oben bereits gesagt habe, nicht nur eine Methode, welche zu der Entdeckung der Glykoside führt, vielmehr kann man dank derselben auch 1. sich versichern, ob ein Organ nur ein einziges Glykosid enthält — so hat Herissey gezeigt, daß die Samen des japanischen Mispelbaums nur Amygdalin enthalten — ; 2. das gleichzeitige Vorkommen verschiedener Glykoside nachweisen, wie es in einer großen Zahl von Fällen geschehen ist; 3. ein bekanntes Glykosid der Menge nach bestimmen, ein Umstand, der zu zeigen gestattet, wie es Vintilesco für das Syringin in dem Flieder getan hat, daß die Mengenverhältnisse der Glykoside mit dem Verlauf der Vegetation wechseln, sogar zu gewissen Epochen ganz verschwinden. Dieses Verschwinden, welches wahrscheinlich eine Nutzbarmachung ist, findet besonders statt infolge der Intervention des Emulsins, dessen Gegenwart im Verlauf dieser Untersuchungen in allen Organen, in denen man Glykoside fand, konstatiert wurde. Aus dem Laboratormm für galenische Pharmazie der Universität Paris. Von Professor Dr. Em. Bourquelot. Untersuchungen über die Glykoside einiger Pflanzen aus der Familie der Oleaceen. Von J. Vintilesco'). (Eingegangen den 15. II. 1907.) Obschon die Zahl der Glykoside eine ebenso große zu sein scheint, als die der Alkaloide, so fehlten doch bis vor kurzem für diese Pflanzenstoffe üntersuchungsmethoden, welche deren Auffindung methodisch gestatteten. Man kann mit Em. Bourquelot sagen, daß 1; Auszug aus der Tbese von J. Vintilesco, zur Erlangung des Diploms als Doktor der Universität IVris (Pbaraiacle), 1906 J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceon. 181 die zur Zeit bekannten Glykoside nicht entdeckt, sondern in der Mehrzahl dnrch Zufall gefunden worden sind. Erst in den letzten Jahren hat Em. Bourquelot versucht diese Lücke, wenigstens teil- weise, auszufüllen, imlera er 19ül eine biologische Älethode für die Untersuchung der Vegetabilien mitteilte, mit deren Hilfe sich der Rohrzucker und die durch Emulsin spaltbaren Glykoside darin nach- weisen lassen. Diese Methode basiert auf der eigenaitigen Wirkung der löslichen Fermente. Mit Hilfe dieses Verfahrens gelang es Em. Bourtiuelot und seinen Schülern nicht nur das Vorkommen von Rohrzucker in einer großen Zahl von Pflanzen zu konstatieren, sondern auch eine Reihe von neuen Glykosiden darin zu entdecken. Wie auch aus dieser Arbeit hervorgeht, gestattet diese biologische Methode, unter Anwendung von Emulsin, nicht allein, sich von der Gegenwart eines Glykosides in der iu Betracht gezogenen Pflanze zu versichern, sondern auch vor der in größerem Umfange ausgeführten Extraktion zu entscheiden, ob dieses Glykosid mit einem der bereits bekannten identisch ist oder nicht. So konnte ich mich z. B. ver- sichern, daß das Sy ring in nicht nur in der Rinde des Flieders (Syringa vulgaris) und des Ligusters (Ligusiriim vulgare) vorkommt, sondern sich in allen Organen dieser Pflanzen, besonders in den Blättern, findet, trotz der gegenteiligen Versicherung einzelner Autoren. Ich habe ferner auch das Syringin in anderen Gattungen, die bisher daraufhin noch nicht untersucht waren, nachweisen, sowie mich über- zeugen können, daß in einzelnen dieser Gattungen das Syringin nicht allein, sondern gemischt mit einem anderen Glykosid vorkommt. I. Syringin. (Ligustrin, Lilacin.) Petroz und Robinet'), welche nur die Früchte des Flieders (Syringa vulgaris) einer UntersucliuDg unterzogen, konnten daraus keine krj'^stallisierbare Verbindung isolieren. Sie fanden einen gärungsfähigen, von dem Rohrzucker verschiedenen Zucker, eine bitter schmeckende, nicht krystallisierbare Substanz, einen gelatinösen, bassorinähnlichen Stoff, äpfelsaures Calcium, Kaliumnitrat etc. Im Jahre 1839 isolierte alsdann G. Polex^) aus der Rinde von Ligustrum vulgare einen gelben, hygroskopischen, bitter schmeckenden Stoff, welchen er Ligustrin benannte. Ueber die glykosidische Natur dieses noch sehr unreinen Materials macht Pol ex keine An- 1) Journ. de Pharm. IX., 478 (1823) und X., 139 (1824). 3) Dieses Archiv XVII., 76. 182 J. Vintilesco: Glykoside der üleaceen. gaben. Erst im Jalre 1841 gelang es Bernays*), aus der Rinde des Flieders ein krystallisiertes, als Syringin bezeichnetes Produkt zu gewinnen und durch sein Verhalten gegen Schwefelsäure (Blau- färbung) zu kennzeichnen. Eine ähnliche, als Lilacin bezeichnete ►Substanz isolierte 1842 auch A. Meillet^) aus den Blättern und den Kapseln des Flieders. Die glykosidische Natur des Syringins der FJiederrinde und dessen Identität mit dem Ligustrin der Ligusterrinde erkannte erst A. Kromayer^). Durch verdünnte Säure sollte dasselbe im Sinne folgender Gleichung (alte Formeln) gespalten werden: (C88HS8O20+ 2H0) + 2H0 = (CjßHioOio-f 2H0) + C,aHiäO,2 Syringin. Syringenin. Zucker. Die Blätter des Flieders und des Ligusters enthalten nach Kromayer kein Syringin. Die Konstitution des Syringins und seiner Spaltungsprodukte wurde erst 1888 durch die Untersuchungen von Körner*) aufgeklärt. Körner erkannte dasselbe als ein Derivat des Coniferins, des in dem Cambialsafte der Nadelhölzer enthaltenen Glykosids, und zwar als Oxy methylconiferin: C17H24O9 + H2O, welches bei der Hydrolyse in Traubenzucker und Oxy methylconiferylalkohol übergeht: .0 CbHuOb oh (4) CeWso^cHa + H2O = CoHiaOe + C0H20! CHg (3) C8H4OH C8H4-OH(l) Syringin. Oxymethylconiferylalkohol. Zu meinen Untersuchungen diente zunächst ein Handelsprodukt, später die Glykoside, welche ich aus Ligustrum lucidum, Jasmiimm nudiflorum und J. fruticans isolierte. Ich habe besonders das Drehangs- vermögen und die Spaltung des Syringins durch Emulsin studiert, Dinge, welche für meine weiteren Untersuchungen von Wichtigkeit waren und bisher noch nicht untersucht sind. Den Schmelzpunkt des Syringins fand ich bei 191° (unkorrig.); nach Körner 191—192°. Ueber Schwefelsäure verlor das Syringin im Vakuum nicht an Gewicht; bei 100° gab es 1 Mol. H2O, ent- sprechend den Angaben von Körner, ab. Das so getrocknete Syringin ist amorph und gelb gefärbt; bei 115° verliert es nicht weiter an Gewicht. 1) Buchoer's ßep. d. Pharm. IL, XXIV., 348. 2) Journ. de Pharm, et Chim. 1842, 25. 8j Dieses Archiv CIX., 18 (1862). 4) Gaz. chim. ital. XVIIL, 209. J. Vintilesco: (llykoside der Oleaceen. 183 Das DrehuDgsvermögen der Syringine verschiedenen Ursprungs ergibt sich aus nachstehender Tabelle: L 1 für wasser- freies SyriDgio OfD] für wasser- haltiges Syriogin a i V 1 , P als wasser- haltiges Syringin Syringin (Schuchardt) umkrystallisiert . . — 16,960 - 16,190 -20' 25ccm 2 0,257 g Syringin a. Ligustrum lucidum .... - 17,180 — 16,400 -24' 25 „ - 0,305 „ Syringin aus Flieder -17,470 — 16,640 -28' 15 „ - 0,210 „ Syringin a. Jasminum nudiflorum . . . -17,380 - 16,570 -25' 15 „ - 0,188 „ Syringin a. Jasminum fruticans .... - 17,040 — 16,240 -22' 1 15 „ !- 0,169 „ Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, daß das wasserfreie Syringin ein DrehuDgsverDQögen besitzt, welches man ohne großen Fehler zu a[D] = — 17" abrunden kann. Dieser Wert ist den späteren Be- rechnungen zugrunde gelegt. Einwirkung des Emulsins auf Syringin. Das Syringin ist natürlich durch Emulsin nach der von Bourquelot und Herissey*) formulierten Regel spaltbar; da es linksdrehend ist, gibt es bei der Hydrolyse d-Glykose. Indem ich genau das Emulsin nutzbar machte, habe ich die Körner'sche Syringinformel dadurch bestätigen können, daß ich die Glykosemenge in Betracht zog, welche dieses Glykosid bei der Hydrolyse zu liefern vermag. Viele Autoren behaupten, daß die Glykoside nicht vollständig durch Fermente hydrolysierbar sind; in vielen Fällen gelangt man jedoch zu einer vollständigen Spaltung, wenn man Sorge trägt, unter Anwendung verschiedener Mittel, die schädliche Einwirkung der Spaltungsprodukte auf das Ferment zu vermeiden. Um diese Ansicht zu stützen, begnüge ich mich hier über einige Beobachtungen zu be- richten, welche ich bei dem Sinigrin oder myronsauren Kalium und bei dem Syringin selbst gemacht habe. Wie Gadamer^) bereits bemerkte, habe auch ich konstatiert, daß die Einwirkung des Myrosins auf das Sinigrin unter den gewöhnlichen Bedingungen immer aufhört, ehe die in Arbeit 1) Das Emulsin, wie man es aus den Mandeln erhält, ist ein Gemisch von mehreren Fermenten, Bull. soc. biol. LV., 219, 1903; Compt. rend. 133, 1901, 690 und 134, 1902, 1441; vgl. auch vorstehende Arbeit S. 175. 2) Dieses Archiv 1897, ö5. 184 J. Vintilesco: Glykoside der Oljaceen. genommene Menge des Glykosids vollständig gespalten ist. Mischt man zwei klare Lösungen von Sinigrin und von Myrosin, so bleibt das Geraisfh zunächst klar und behält gegen Lackmus neutrale Reaktion, jedoch schnell, besonders bei 30—40", trübt sich dasselbe milchig ucd nimmt saure Reaktion, sowie starken Senfölgeruch an. Bald hört jedoch die Wirkung des Fermentes auf und bewirkt auch ein weiterer Zusatz desselben keine weitere Spaltung des Glykosids. Dagegen bemerkt man, daü das Ferment seine spaltende Wirkung wieder aufnimmt und zu Ende führt, wenn man die saure Reaktion der Lösung durch Neutralisation beseitigt. Wenn somit das Aufhören der Wirkung des Myrosins auf das myronsaure Kalium auf die Einwirkung des bei der Spaltung gebildeten sauren Kaliumsulfats zurückzuführen ist, so kann der Stillstand der Einwirkung des Emulsins auf das Syringin nicht durch eine analoge Reaktion erklärt werden. Sicherlich ist jedoch in beiden Fällen das Aufhören der Fermentwirkung den gebildeten Spaltungsprodukten zuzuschreiben." Die Fermente bewahren jedoch hierbei ihren wesent- lichen Charakter, sich nicht mit dem zu spaltenden Glykosid, noch mit dessen Spaltungsprodukten zu verbinden. Das Syringin liefert bei der Spaltung ein in Wasser unlösliches Produkt, das Syringenin, welches sich auf dem Boden der Mischung niederschlägt. Auf die CTnlöslichkeit dieser Verbindung ist wahr- scheinlich der Stillstand der Einwirkung des Ferments auf das Syringin zurückzuführen, indem dieselbe die kleinen Mengen des in Lösung be- findlichen Ferments mit niederschlägt. Ich habe konstatiert, daß eine weitere Spaltung herbeigeführt werden kann durch erneuten Zusatz des Fermentes im Laufe der Hydrolyse. Es geht dies aus folgendem Versuch hervor: Eine Lösung von 0,61 g krystallisiertem Syringin zu 50 ccm Thymolwasser zeigte eine Anfangsdrehung von — 24' (für wasserfreies Syringin «[D] = — 17,18"). Der Lösung wurde 0,1 g Emulsin zugesetzt und sie alsdann bei 30" stehen gelassen. Die Lösung wurde alsdann jeden Tag auf ihr Drehungsvermögen geprüft und hierauf jedesmal von neuem 0,1 g Emulsin zugesetzt. Nach 5 Tagen war die Wirkung des Emulsins beendet, da ein erneuter Zusatz des Ferments keine weitere Spaltung mehr verursachte. Die Flüssigkeit war blaßrosa gefärbt, jedoch von neutraler Reaktion. Nach der Klärung durch Bleiacetatlösung: 1 ccm einer Lösung von lg für 4 ccm auf 10 ccm der Flüssigkeit, ergab sich eine Drehung von +20' und ein Gehalt von 0,282 g reduzierenden Zuckers (v = 55 ccm), während 0,61 g Syringin theoretisch 0,2815 g Glykose liefern müßten. .T. Vintilesco: (ilykoside der Oleaceen. Ifi5 Die Spaltung des Syringins kann somit durch Emulsin eine voll- ständige werden. Ein wenig anders verhält sich jedoch das Enoulsin, wie wir später sehen werden, bei den Auszügen frischer Pflanzen, welche dieses Glykosid enthalten. Trotz der geringen Löslichkeit des Syringins in Wasser und der beträchtlichen Menge, in der es sich in einzelnen pflanzlichen Organen findet, beobachtet man, daß das Emulsin, welches auf wässerige Syringinlösung nur schwer einwirkt, in weniger als 3 Tagen das Drehungsvermögen von links in 2" nach rechts (bei dem Flieder) und in 2,32® nach rechts (bei Ligustrum) in den flüssigen, aus frischen Organen bereiteten Auszügen umwandelt. Bezüglich der charakteristischen Blaufärbung, welche das Syringin und das ihm verwandte Coniterin liefert, sei auf die Arbeit von Körner (I. c.) verwiesen. Für die weitere Folge meiner Arbeit dienten folgende Daten als Grundlage: das krystallisierte Syringin hat die Formel C17H24O9 + H2O = 300; dasselbe enthält 4,61% Krystallwasser und liefert bei vollständiger Spaltung 4(3,15* Glykose. In meinen Be- rechnungen habe ich das wasserfreie Syringin C17H04O9 = 372 zugrunde gelegt, mit dem Drehungs vermögen 0[D] = — 17**, welches bei voll- ständiger Spaltung 48,387% Glykose liefert. II. Die analytische Methode. (Nachweis des Rohrzuckers in den Pflanzen mit Hilfe von Invertin und Narhweis der Glykoside mit Hilfe von Emulsin)'). Die jMethoden, welche ich im Begriff bin hier darzulegen, haben es Km. Bourquelot und seinen Schülern ermöglicht, den Rohrzucker in einer großen Zahl von Pflanzen nachzuweisen, sowie auch einige neue Glykoside zu entdecken. Ich beschränke mich an dieser Stelle darauf, diese Verfahren durch einige Beispiele zu erläutern. Bezüglich der ausgedehnten Anwendbarkeit dieser Methoden und der bei deren Benutzung zu beobachtenden Vorsichtsmaßregeln sei auf die Arbeiten von Em. Bourquelot^) verwiesen. Nehmen wir au, daß eine Flüssigkeit eine zuckerartige Substanz enthält, die durch Invertin hydrolytisch gespalten wird, sowie irgend ein Glykosid, so klärt man zunächst dieses Liquidum, ermittelt dann das Drehungsvermögen desselben und bestimmt lerner den darin ent- halteneu, reduzierend wirkenden Zucker. Hierauf fügt man Invertin zu, bestimmt nach beendeter Einwirkung dieses Ferments im Polari- ij E. Bourquelot, Joarn. d. Pharm, et de Chim. (6), XIV, 481 (1901) u. Compt. rend. 133, 690 (1901). 2; Siehe dieses Archiv ö. 164 u. 172. 186 J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. meter den Umschlag in der Drehung nach links, sowie die Zunahme an reduzierend wirkendem Zucker. Gemäß den Beziehungen, welche zwischen diesen beiden Faktoren obwalten, die für jede Zuckerart konstant sind, kann man auf Grund der beobachteten Zahlenwerte die Natur der zuckerartigen Substanz, welche durch das Invertin gespalten ist, beurteilen. Wenn das Invertin seine Einwirkung beendet hat, so läßt man auf dasselbe Liquidum ein glykosidspaltendes Ferment reagieren, es wird dann, wenn das vermutete Glykosid durch das Ferment spaltbar ist, eine Neubildung von reduzierend wirkendem Zucker, sowie gleich- zeitig eine Aenderung in den optischen Eigenschaften der Flüssigkeit eintreten. Wenn man z. B. Emulsin zugefügt hat, so wird bei ein- getretener Glykosidspaltung, im Polarimeter ein üebergang der Drehung in rechts, sowie bei der Zuckerbestimmung eine Vermehrung an reduzierend wirkendem Zucker zu konstatieren sein. In dem letzteren und in dem vorhergehenden Falle gestatten die konstanten Beziehungen, welche für jedes Glykosid zwischen der beobachteten Drehung und dem gebildeten Zucker obwalten, zu beurteilen, ob man es mit einem bekannten Glykosid zu tun hat oder nicht, oder endlich, ob ein Gemisch von Glykosiden vorliegt, die durch Emulsin spaltbar sind. Ich konnte mich durch Anwendung des Bourquelot'schen Ver- fahrens versichern, daß die in dem Flieder enthaltene zuckerartige Substanz, welche nur von Petroz und Robinet (1. c.) erwähnt wird, tatsächlich Rohrzucker ist. Dagegen konnte ich bei den Jasminen den Schluß ziehen, daß der vielleicht darin enthaltene Rohrzucker noch mit einer anderen, ebenfalls durch Invertin spaltbaren Zuckerart gemischt sein muß. Bezüglich des Nachweises der Glykoside in den Pflanzen sei bemerkt, daß ich mit Hilfe des Bourquelot'schen Verfahrens scharf in dem Flieder und den Ligustren das Syringin nachweisen konnte, und zwar in Organen dieser Pflanzen, in denen andere Autoren das Vorkommen desselben in Abrede stellten. Dagegen konnte ich bei den Jasminen durch dasselbe Verfahren konstatieren, daß hier neben Syringin noch ein oder mehrere, durch Emulsin spaltbare Glykoside vorkommen. Blätter des weißen Flieders (Syringa vulg.) Die Blätter wurden am 13. April 1906 vor der Blüte von einem jungen Strauch geerntet; dieselben waren noch nicht vollständig entwickelt. 30Ü g Blätter w^urden uumittelbar nach der Ernte in 1200 ccm Alkohol von 80%, welcher in einem Kolben im Sieden erhalten wurde, ein- J. Vintilesco: Glykoside der Oleacecii. 187 getragen. Dem Alkohol war zuvor eine kleine Menge Calciumkarbonat zugefügt, um die in den Blättern enthaltenen Säuren zu neutralisieren. Nach Vastiindigem Kochen und darauffolgendem Abkühlen, wurden die Blätter ausgepreßt und mit der Älaschine zerkleinert, um hierauf von neuem mit 600 ccm Alkohol von 80% Va Stunde lang am Rückfluß- kühler ausgekocht zu werden. Der nach abermaligem Auspressen erhaltene zweite Auszug wurde mit dem ersten vereinigt, filtriert und von dem Lösungsmittel durch Destillation unter vermindertem Druck bei möglichst niedriger Temperatur, unter Zusatz von etwas Calcium- karbonat, befreit. Der zur dicken Sirupskonsistenz konzentrierte Rückstand wurde schließlich im Thymolwasser zu 300 ccm gelöst und in zwei Teile geteilt (A und B). A diente nach der Klärung mit Bleiessig (4 ccm zu 20 ccm Flüssigkeit) zur Bestimmung des ursprünglichen Drehungsvermögens und des a priori vorhandeKen reduzierend wirkenden Zuckers. B wurde mit Invertin (1 g Hefepulver zu 100 ccm Flüssigkeit) versetzt und zwei Tage lang bei 30 — 3.5" stehen gelassen. Nach dieser Zeit war die Inversion des Rohrzuckers beendet, da nach Zusatz von weiterem Ferment und 24 stündigem Stehen keine Aenderung mehr eintrat. A zeigte eine Drehung (1 = 2) von + 4' und enthielt in 100 ccm 0,847 g reduzierenden Zucker. B zeigte unter den gleichen Bedingungen eine Drehung von — 50' und enthielt 1,412 g reduzierenden Zucker. Es sind somit in 100 ccm der Flüssigkeit 1,412 - 0,847 = 0,505 g reduzierender Zucker durch das Invertin gebildet worden, der nur Invertzucker sein kann, da 0,565 g Invertzucker rechnungsmäßig eine Drehung von — 0,22*^ hervorrufen (oi[D]17<> für Invertzucker = — 19,5"): 19,5X2X0,505 ^_.^.,o 100 ■-" • 0,565 g Invertzucker entsprechen 0,536 g Rohrzucker (360 = 342), deren Rechtsdrehung vor der Spaltung 0,71" (für atD] = +66,6") 66.6X2X0.536 ^^,„ betragen würde: ,7^^^ = 0,71 , Wenn dieser Schluß richtig ist, so hat die ursprüngliche Drehung von A (+ 4') einen Umschlag nach links erleiden müssen, entsprechend der Summe von 0,22" und 0,71" = 55,8'. Da das Polarimeter eine Ditferenz von 54' ergab, so ist die Uebereinstimmung so gut, wie möglich, so daß man behaupten kann, daß der Zucker, welcher aus den Fliederblättern durch das Invertin hydrolysiert ist, Rohrzucker war. Nachdem die Einwirkung des Invertins beendet war, wurde die Flüssigkeit B, zur Zerstörung dts Invertins, aufgekocht und nach dem Erkalten mit Emulsin (0,5 g auf 100 ccm) versetzt. Nach Verlauf 188 J. Vintilesco: Glykoside der 01?aceen. von drei Tagen war die Einwirkung beendet, da ein erneuter Emulsin- zusatz das Resultat nicht änderte. Die geklärte Flüssigkeit zeigte eine Drehung (1 = 2) von + 42/ und enthielt in 100 ccm 2,282 g reduzierenden Zucker. Es ergibt sich hiernach ein Umschlag der Drehung nach rechts von 1,32° und eine Neubildung von 0,87 g reduzierenden Zuckers (2,282 — 1,412). Der durch das Emulsin gebildete reduzierende Zucker kann nur durch Spaltung des Syringins, welches in den Fliedei blättern enthalten war, gebildet sein. Es entsprechen aber jene 0,87 g neu gebildeter, reduzierender Zucker einer Drehung von +0,91° (a[D] = 4"52,5° 52 5 X 2 X 87 für Glykose): — ' — tt^t- — ^ — = 0,91", ferner entspricht diese Glykose- menge, wenn man annimmt, daß sie nur aus dem Syringin stammt, 87 X .372 1,795 g Syringin: -^ — t^ = 1,795, dessen Drehung — 0,6P 17 X 2 X 1 795 betragen würde (apj = — 17° für Syringin): ürT^ ~ 0,GI°. Ist diese Annahme richtig, so muß das Drehungs vermögen, welches die Flüssigkeit vor der Einwirkung des Emulsins besaß, nach der Behandlung mit diesem Ferment einen Drehungsumschlag nach rechts erleiden, welcher gleich ist der Summe dieser beiden Drehungen: 0,91° + 0,61° = 1,52° oder 1° 31'. Der Versuch hat dagegen ergeben 50' + 42' = 1°32'. Es ist dies eine Uebereinstimmung, die keinen Zweifel läßt, daß das durch das Emulsin gespaltene Glykosid tatsächlich Syringin, und zwar allein Syringin war. Die von E. Bourquelot in demselben Ideengange ausgeführten Rechnungen gestatten noch auf eine andere Art festzustellen, ob die Glykose, welche aus einem gegebenen Glykosid durch Emulsin gebildet wird, aus einem bekannten oder unbekannten Glykosid stammt. Bourquelot stützte sich auf die Tatsache, daß die Menge der in 100 ccm einer Flüssigkeit gebildeten Glykose für einen Drehungs - Umschlag nach rechts von 1° (1 = 2) für jedes Glykosid, eine konstante und für die bekannten Glykoside berechenbare ist. Für das Syringin, beträgt diese Glykosemenge unter jenen Bedingungen (für 1° Umschlag 1 = 2) 0,57 g. Die nach vorstehenden Beobachtungen durch dieses Glykosid für 1,32° Drehungsumschlag gebildete Glykosemenge mußte also 0,87 g betragen. Gefunden wurde 0,87 g. Die frischen Blätter des Flieders, welche nach Kromayer (I. c.) kein Syringin liefern sollen, enthielten somit am 13. April, wenn man der durch die Klärung verursachten Verdünnung Rechnung trägt, in 100 g: 1,016 g reduzierenden Zucker, 0,643 g Rohrzucker und 2,184 g Syringin. J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. 189 Es ist bemerkenswert, daß das Syringia, welches in kaltem Wasser wenig löslich ist (1,4 g für 100 com bei 15°), sich ganz besonders reichlich in den vegetativen Organen vorfindet. D'e frischen Liguster- blätter (s. unten) enthalten davon .sogar 3,0 g in 100 g fiischen Blättern. IM. Untersuchungen über den Flieder (Syringa vulg.)- a) Weißer Flieder. 1. Rinde. Diese Rinde wurde am G. Februar geerntet und sofort zur Untersuchung verwendet. Die Untersuchung selbst erfolgte nach der im vorstehenden für die Fliederblätter beschriebenen Methode. 100 g fiischer Rinde enthielten 0,(J48 g reduzierenden Zuckers, 1,71 g Rohrzucker und 1,10 g Syringin. 100 g frische Rinde entsprechen 40,83 g bei 90—100^ getrockneter Rinde. 2. Zweige. Am V-\. April, wo ich die Untersuchung der ver- schiedenen Organe vor der Blüte begann, war die Vegetation bereits weit vorgeschritten, so daß die Blätter zar Hälfte entwickelt waren. Ich habe die verschiedenen Organe des Flieders von demselben Strauche gesammelt, da die Mengenverhältnisse der einzelnen Bestandteile bei den verschiedenen Pflanzen wechseln. Ich erntete und untersuchte zu gleicher Zeit die Blätter, die Rinde und das Holz eines Strauches (A), sowie die Blätter eines benachbarten Strauches (B). Strauch A. 1. Blätter. 100 g frischer Blätter enthielten 1,1.52 g re- duzierenden Zucker, 0,.51 g Rohrzucker und 1,-5 g Syringin. 2. Rinde. 100 g frischer Rinde enthielten 0,-38 g reduzierenden Zucker, 0,.ö8n g Rohrzucker und 0,837 g Syringin. 3. Holz. 100 g fri ches Holz enthielten g reduzierenden Zucker, 0,2 g Rohrzucker und 0,334 g Syringin. Strauch B. Blätter. Die am 13. April gesammelten Blätter enthielten in 100 g frischem Material 1,010 g reduzierenden Zucker, 0,043 g Rohr- zucker und 2,154 g Syringin. Rinde, am 0. Februar gesammelt, enthielt in 100 g frischem Material 0,048 g reduzierenden Zucker, 1,71 g Rohrzucker und 1,16 g Syringin. Rinde (6. Februar) Strauch A (13. April) Strauch B (13. April) Blätter Rinde Holz Blätter Reduzier. Zucker . . . || 0,648 g | 1,152 g I 0,380 g — | 1,016 g Rohrzucker ,1 1,710 „ \ 0,612 „ I 0,586 „ 0,2C0 g i 0,643 „ Syringin ■ 1,160 „ ' 1,.W „ ! 0,837 „ O.-'Sl „ : 2,154 „ 190 J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. Nach obigen Daten enthalten die Blätter von den untersuchten Stoffen die größten Mengen. Das gleiche ist auch bei dem persischen Flieder der Fall (siehe unten). Es ist bemerkenswert, daß die jungen Blätter mehr reduzierenden Zucker als Rohrzucker enthalten, während bei der Rinde das Gegenteil der Fall ist, b) Persischer Flieder (Syringa persica). Diese Fliedervarietät unterscheidet sich von der vorhergehenden durch die ovale, zugespitzte Form der Blätter und durch deren späte Entwickelung. Am 3. Mai, an dem ich die einzelnen Organe sammelte, war die Blüte schon in voller Tätigkeit, während die Blätter sich noch im Anfang ihrer Entwickelung befanden. Dieselben sind viel reicher an Syringin wie die des weißen Flieders. Von demselben Strauche wurden die Blätter und die violetten Blüten am 3. Mai gesammelt. 1. Blätter. 100 g frischer Blätter enthielten 0,765 g re- duzierenden Zucker, 0,375 g Rohrzucker und 3,072 g Syringin. 2. Blüten. 100 g der sorgfältig getrennten Blüten enthielten 1,999 g reduzierenden Zucker, 0,38 g Rohrzucker und 2,229 g Syringin. IV. Untersuchungen über Ligustrum. 1. Ligustrum vulgare. Von demselben Strauche wurden am 15. März Blätter und Rinde, am 18. Mai alte, zum Abtallen bereite Blätter, sowie junge, fast voll- ständig entwickelte Blätter gesammelt. Blätter, am 15. März gesammelt. 100 g frischer Blätter enthielten 0,264 g reduzierenden Zucker, 0,67 g Rohrzucker und 1,53 g Syringin (viertägige Emulsinwirkung). Rinde, am 15. März gesammelt. 100 g frischer Rinde enthielten 0,24 g reduzierenden Zucker, 0,364 g Rohrzucker und 0,967 g Syringin. Alte Blätter. 100 g frisch gesammelter Blätter enthielten 0,120 g reduzierenden Zucker, 0,073 g Rohrzucker und 0,232 g Syringin, Junge Blätter. 100 g frischer Blätter enthielten 0,856 g reduzierenden Zucker, 0,547 g Rohrzucker und 1,002 g Syringin. Die Blätter enthalten auch hier das meiste Syringin. In den alten, abfallenden Blättern schwindet jedoch die Menge dieses Glykosides, sowie auch des Zuckers. 15. März Blätter Rinde Reduzier. Zacker Rohrzucker . . . . Syringi;-. . . , . . 0,264 g 0,670 „ 1.530 „ 0,240 g 0,364 „ 0,967 „ 18. Mai Alte Blätter 0,120 g 0,073 „ 0,232 „ Junge Blätter 0,856 g 0,547 „ 1.602 „ J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. 191 2. Lifjustrum japonicum Thunh. Die erste Ernte der Blätter ii,'esch;ih, vor dem Erscheinen der neuen Blätter, am 15. März, die /weite am 18. Mai. Zu letzterer Zeit waren die neuen Blätter gut entwickelt, während die alten, blaßgrünen Blätter nur noch sehr wenig an den Zweigen festsaßen. Die nachstehende Tabelle ergibt den Gohalt von je 100 g frisch gesammelter Blätter. Reduzier. Zucker Rohrzucker . . . . Syringin 15. März Blätter 0,.S96 g 1,026 „ 2,354 „ 18. Mai Alte Blätter 1 Neue Blätter 0,180 „ 0,090 „ 0,967 „ 0,799 g 0,467 „ 3,600 „ 3. Ligustrum spicatum Buch-Harn. Blätter und Rinde wurden am 21. Februar von demselben Strauche gesammelt. Auch hier enthalten die Blätter mehr Syringin als die Rinde, und zwar in 100 g frischen Materials: Blätter .......ii i Rinde Reduzier. Zucker . . . Rohrzucker Syringin 0,600 g 1,502 „ 2,8ö9 „ 0,285 g 0,855 „ 0,781 „ 4. Ligustrum lucidum Buch-Harn. Blätter und Rinde wurden am 29. Januar, alte Blätter und Blätter, die sich erst im Beginn der Entwickelung befanden, am 23. Mai ge- sammelt. 100 g frisch, von demselben Strauche gesammeltes Material enthielt: 29. Januar Blätter Rinde Reduzier. Zucker Rohrzucker . . . . Syringin 1,230 g 1,424 „ 3,634 „ 23. Mai Alte Blätter {Junge Blätter 0,096 g 0,820 „ 1,461 „ 0,285 g 0,420 g 0,649 „ i 0,352 „ 1,904 „ i 2,604 „ Auch in dieser Pflanze sind in den Blättern die größten Mengen von Syringin enthalten, jedoch vermindert sich die Menge desselben mit dem Erscheinen der neuen Blätter. Bei den verschiedenen Arten ein und derselben Pflanze ist der Syringingehalt ein verschiedener. Dei.selbe wfch.selt mit der Eut- 192' j. Vintilesco: Glykoside der Oleaceeti, Wickelungszeit und dürfte wohl auch noch von anderen, äußeren Um- ständen beeinflußt werden. In den untersuchten Syiinga- und Ligustrumarten findet sich nur ein durch Emnlsin spaltbares Glykosid, das Sy ringin. V. Untersuchungen über die Jasmineen. Zu der Zeit, als ich meine Untersuchungen über die Bestand- teile der Zweige von Jasminum midiflorum begann, existierte meines Wissens keine Arbeit hierüber. Erst als ich daraus ein glykosidische?, krystallisierbares Produkt isoliert hatte, teilten Schlagdenhaufen und Reeb mit, das sie aus J. fruticans ein nicht krystallisiertes Glykosid, das Jas min in, isoliert hätten. Meine Untersuchungen wurden begonnen besonders mit J. midiflorum, später habe ich dieselben auch auf J. fruticans und ./. officinale aus- gedehnt. Aus den beiden ersteren Arten konnte ich Sy ringin isolieren, welches sich in diesen Pflanzen neben einem oder mehreren anderen, ebenfalls durch Emulsin spaltbaren Glykosiden findet. 1. Jasminum nudiflorum Lindl. Diese gelbblühende Art besaß Ende Januar, wo ich die Analyse der Zweige begann, weder Blätter, noch Blüten. Die jungen Zweige wurden nach der S. 186 beschiiebenen Methode untersucht'). Zweige. 1. Die durch Bleiessig geklärte Ausgangsflüssigkeit (4 ccm zu 20 ccm Flüssigkeit) zeigte ein Drehungsvermögen (1 = 2) von + 46' und enthielt in 100 ccm 0,166 g reduzierenden Zucker. 2. Nach zweitägiger Invertineinwirkung zeigte die geklärte Flüssigkeit ein Drehungsvermögen von — 59' und einen Zackergehalt von 0,943 g in 100 ccm, so daß 0,777 g reduzierender Zucker neu gebildet war. Annehmend, daß diese 0,777 g Zucker Invertzucker sind, die aus /0,777 X 342 \ 0,738 g Rohrzucker entstanden sind \^ ^-:^ = 0,738j, so würde man durch Rechnung für diese beiden Werte eine Drehung von 1" 16;8' erhalter. In dem Polarimeter wurde dagegen ein Umschlag nach links von 1" 40' beobachtet. Da hier eine Differenz von 23 Minuten obwaltet, so kann man hier nicht schließen, daß der durch Invertin hydrolysierte Zucker aus Rohrzucker bestand. ij Die hietb.i eriuitteUeD Einzel werte sind im ßachstebenden nochmals angeführt, da dieselben zu wesentlich anderen Schlüssen führen, als bei Syringa ui d ii'cuolrum. J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. 193 In diesem Falle ist die zackerartige Substanz entweder ein anderer Zucker als Rohrzucker oder, was wahrscheinlicher ist, es liegt ein Gemisch von Rohrzucker und einer anderen, ebenfalls durch Invertin spaltbaren Zuckerart vor. 3. Nach viertägiger Ämulsineinwirkung drehte die Flüssigkeit + 16' und enthielt 1,2 g reduzierenden Zucker in 100 ccm. Es hat somit ein Umschlag nach rechts von 1" 10' und eine Neubildung von 0,257 g reduzierenden Zuckers stattgefunden. Nehmen wir an, daß diese Glykose aus 0,531 g Syringin ent- /372 X 0,257 \ standen ist I ,pp. = 0,531 I, so beträgt die diesen beiden Werten entsprechende Drehung, Glykose und Syringin, 26,4', wogegen der Um- schlag nach rechts zu 1" 10', also fast dreimal so groß, beobachtet wurde. Man kann also hieraus nicht schließen, daß das durch Emulsin gespaltene Glykosid Syringin gewesen ist. In diesen Fällen kann man nach Bourquelot schließen, daß das gespaltene Glykosid ein anderes als Syringin oder ein Gemisch von Glykosiden war, oder endlich, wenn die Zweige von J. ntidiflorum Syringin enthalten, dieses von einem anderen, durch Emulsin ebenfalls spaltbaren Glykoside begleitet wird. Wurzel. Ich untersuchte ein Gemisch der terminalen Wurzeln und der Rinde der Hauptwurzel. 1. Die ursprüngliche, durch Bleiessig geklärte Flüssigkeit zeigte ein Drehungsvermögen von +1**24' und enthielt in 100 ccm 0,27 g reduzierenden Zucker. 2. Nach der Einwirkung von Invertin (2 Tage) zeigte die geklärte Flüssigkeit ein Drehungsvermögen von 0" und enthielt 0,83 g reduzieret den Zucker. Es war somit eine Neubildung von 0,58 g reduzierendem Zucker und ein Drehungsumschlag von 1"24' nach links eingetreten. Nach der Berechnung entsprechen 0,58 g Invertzucker 0,551 g Rohrzucker und einer respektiven Drehung von 57', wogegen 1°24' beobachtet waren. Es ist somit zwischen der theoretischen und der gefundenen Ablenkung eine Differenz von 0,27' vorhanden, welche nicht schließen läßt, daß der durch Invertin gespaltene Zucker Rohr- zucker war. Es stellt sich dieses Resultat dem zur Seite, welches bei der Untersuchung der Zweige gefunden war. 3. Nach der Ein- wirkung von Emulsin (4 Tage) zeigte die geklärte Lösung ein Drehungs- vermögen von +24' und enthielt in 100 ccm 1,086 g reduzierenden Zucker. Es hat hierbei homit ein Drehungsumschlag von 24' und eine Neubildung von 0,236 g reduzierendem Zucker stattgefunder. Arch. d. Pharm. CCXXXXV. «da. 3. Heft. 13 194 J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. Nehmen wir an, daß dieser Zucker Glykose war, die aus 0,487 g /372 X 23ü \ Syringin entstanden ist (^ r^x^ = 0,48?), so müßte sich eine Drehung von 24,7' ergeben, während 24' beobachtet wurden. Die UebereinstimmuDg zwischen Theorie und Beobachtung ist somit eine solche, daß hieraus hervorgeht, daß die Wurzel von J. nudiflorum Syringin, und zwar nur Syringin enthält. Zur gleichen Zeit hatte ich aus den Zweigen von J. nudiflorum ein krystallisiertes Glykosid isoliert, welches durch Emulsin gespalten wurde und ein Drehungsvermögen von — 37 " zeigte. Da das Syringin ein Drehungsvermögen von o[D] = —17" besitzt, so wird hierdurch meine frühere Annahme bestätigt, daß die Zweige von J. nudiflorum ein Gemisch aus Syringin mit einem viel stärker drehenden Glykosid enthalten. Eine neue biochemische Analyse der Zweige dieses Jasmins lieferte das gleiche Resultat, wie früher (siehe S. 192). Blätter. Die am 24. April gesammelten Blätter waren noch nicht voll- ständig entwickelt. Die bei der biochemischen Analyse gefundenen Werte differierten von den theoretischen noch weit mehr, als dies bei den Zweigen der Fall war. Die Blätter von J. nudiflorum enthalten daher jedenfalls noch größere Mengen eines stärker drehenden Glykosides, als die Zweige. Es würde hieraus weiter hervorgehen, daß die Blätter in der gleichen Entwickelungsperiode von den stärker drehemlen Glykosiden wesentlich mehr enthalten, als die übrigen Organe. Hieraus würde sich auch erklären, daß die Mengen von Syringin, welche icli Ende Mai aus gut entwickelten Blättern von .7. fruticanii isolierte, viel kleiner waren, als die, welche ich im Februar aus J. nudiflorum abschied. Zur Zeit, als ich die Analyse der Blätter von J. nudiflorum beendete, wußte ich bereits, daß dieselben tatsächlich Syringin enthalten, ebenso hatte ich festgestellt, daß das andere Glykosid, welches das Syringin darin begleitet, bei der Spaltung weniger reduzierenden Zucker liefert, als das Syringin. Die biochemische Analyse von J. fruticans und J. officinale bewies mithin, daß auch darin ein Gemisch von mehreren, durch Emulsin spaltbaren Glykosiden enthalten ist. VI. Isolierung der Glykoside. Im nachstehenden soll nur die von Bourijuelot üudHerissey vor- geschlagene Me;b'jdc dir^jelegt werden. T^ieses einfache und gemäß den J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceon. 195 Eigenschaften des Syringins leicht zu modifizierende Verfahren beruht auf der Eigenschaft, welche der Kssigäther besitzt, irgend einem Extrakt mehr oder minder leicht die Glykoside in der Wärme zu entziehen, ohne dabei erheblich die Zuckerarten etc. mit aufzunehmen. Dieses Lösungsmittel ist für jenen Zweck bereits von Petroz und Robinet (1. c), allerdings ohne den gewünschten Erfolg, angewendet worden. 1. Gewinnung des Syringins aus der Fliederrinde. 1000 g frischer Fliederrinde wurden in Stücke zerschnitten, all- mählich in 3 Liter kochendes, mit etwas Calciumkarbonat versetztes Wasser eingetragen und das Geroisch, zur Zerstörung der Fermente noch einige Minuten lang gekocht. Die Rinde wurde hierauf mit der Maschine zerkleinert und alsdann von neuem in dieselbe, zuvor wieder zum Kochen erhitzte Flüssigkeit eingetragen. Nachdem die Mischung noch einige Minuten gekocht hat, läßt man erkalten, preßt die Rinde aus, klärt die Flüssigkeit mit etwas Eiweiß und tiltriert dieselbe. An Stelle des siedenden Wassers läßt sich auch siedender Alkohol verwenden. Die erhaltenen Auszüge sind hierauf unter Zusatz von etwas Calciumkarbonat im luftverdünnten Räume bis zur Konsistenz eines weichen Extraktes abzudestillieren. Der 140 — 150 g betragende Rück- stand ist alsdann, bei Gegenwart von etwas Calciumkarbonat, wieder- holt am Rückflußkühler mit je 200 g Essigäther, der mit Wasser gesättigt ist, auszukochen. Die ersten, je heiß filtrierten Auszüge sind grün gefärbt; beim Erkalten trüben sich dieselben und scheiden dann eine kleine Menge krystallisiertes Syringin aus. Die Essigäther- auszüge sind hierauf stark einzuengen und 24 Stunden beiseite zu stellen. Nach dieser Zeit ist die größte Menge des Syringins krystallinisch ausgeschieden. Diese Ausscheidung ist zu sammeln, mit wenig kaltem Alkohol von 95% anzurühren, das ungelöst bleibende Syringin ab- zusaugen und nötigenfalls unter Zusatz von etwas Tierkohle aus siedendem Wasser umzukrystallisieren. Durch fünfmalige Extraktion mit Essigäther resultierte 1,25 g Syringin vom Schmp. 19G — 192" und dem Drehungsvermögen o[D] = — 17" 47' (für wasserfreies Syringin berechnet). 2. Syringin aus den Blättern von Ligustrum lucidum. 500 g der im Februar geernteten frischen Blätter lieferten nach obiger Methode 0,5 g Syringin. Hier ist das aus dem Essigäther ab- geschiedene Rohsyringin von einer amorphen, gelben, bitter schmeckenden Substanz, dem Ligustopicrin von Kromayer, begleitet, die sich jedoch leicht durch kalten Alkohol, worin sie leicht löslich ist, trennen läßt. 13» 196 J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceeo. 3. Untersuchung der Glykoside der Zweige von Jasminum nudiflorum. 1500 g der im Februar gesammelten Zweige wurden nach obiger Methode behandelt. Die Essigätherauszüge schieden hier beim Er- kalten eine durchsichtige, flüssige, gelbe Substanz ab, die sich all- mählich zu Tröpfchen vereinigte und schließlich krystallinisch wurde. Die nach 20 maligem Auskochen des Extraktes mit Essigäther und Einengen dieser Auszüge erhaltene Substanz bildete eine pastenartige mit Krystallen durchsetzte Masse. Zur Trennung dieses Glykosid- gemisches wurde dasselbe mit kaltem Alkohol von 95% behandelt, wodurch die gelbe, flüssige Masse in Lösung ging, während die Krystalle im wesentlichen ungelöst blieben. Dieselben wurden ab- gesaugt, mit absolutem Alkohol und mit Aether gewaschen und schließlich aus siedendem Wasser umkrystallisiert. Ausbeute 0,9 g. Letztere Krystalle erwiesen sich durch den Schmelzpunkt (190 bis 192°), das Drehungsvermögen und das Verhalten gegen Schwefel- säure als Syringin. Die bei der Reinigung des Syringins erhaltene alkoholische Lösung der gelben, amorphen Substanz enthielt noch beträchtliche Mengen jenes Glykosids, da die Löslichkeit desselben in kaltem Alkohol durch die Gegenwart dieser Substanz erhöht wird. Zur Trennung dieses Gemisches wurde die Lösung desselben verdunstet und der Rückstand (9 g) mit 40 ccm einer Mischung aus 3 Vol. Chloroform und 1 Vol. Alkohol heiß gelöst. Beim Erkalten schied sich von neuem Syringin in Krystallen aus. Eine vollständige Trennung des Syringins von dem anderen Glykoside konnte jedoch auf diese und auch auf andere Weise nicht erzielt werden. Eigenschaften des Glykosidgemisches. Das nach Möglich- keit von Syringin befreite Glykosidgemisch bildete nach dem Trocknen im A^akuumexsikkator eine gelbe, durchscheinende, hygroskopische Masse, welche sich als sehr leicht löslich in Wasser, mehr oder weniger leicht löslich in Alkohol, Chloroform, Aceton etc., unlöslich in Aether erwies. Die wässerige Lösung zeigte eine gelbbraune Farbe; sie reduzierte Fehling'sche Kupferlösung nur sehr wenig. Nach dem Kochen mit verdünnter Schwefelsäure schied sich ein Spaltungsprodukt aus, während sich gleichzeitig ein eigentümlicher Geruch entwickelte | die Flüssigkeit reduzierte alsdann Fehling'sche Kupferlösung sehr stark. Dieses Glykosidgemisch besaß ein Drehungsvermögen von a[D] = — 114**. Eine Lösung desselben von 1,017 g zu 100 ccm zeigte nach der Klärung durch Bleiacetat (4 ccm 1 : 4 für 10 ccm Lösung) eine J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. 197 Drehung (1 = 2) von — 1"20'; reduzierend wirkender Zucker war nicht vorhanden. Nach dreitägiger Behandlung mit Emulsin zeigte die geklärte Lösung eine Drehung von — 34' und enthielt 0,05 g reduzierenden Zucker. Es ergab sich somit ein Umschlag nach rechts von 52', ein Umschlag, der nicht durch Spaltung von Syringin bewirkt sein kann, da dieses für jenen Umschlag 0,494 g reduzierenden Zucker liefern müßte. Würde die geringe Menge reduzierender Zucker (0,05) von der Spaltung des Syringins (entsprechend 0,103 g) herrühren, so müßte ein Drehungsumschlag von 5' eintreten, während 52' beobachtet wurden. Da die Spaltung durch verdünnte Schwefelsäure eine viel größere Menge reduzierenden Zuckers lieferte, als die durch Emulsin, so kann entweder durch Emulsin nur eine unvollkommene Spaltung eingetreten sein, oder es ist dabei ein Polysaccharid von sehr geringem Drehungs- vermögen entstanden, welches erst durch die Einwirkung der verdünnten Schwefelsäure weiter hydrolysiert wird. Einen durch Invertin spalt- baren Zucker enthielt das vorliegende Glykosidgemisch nicht, dagegen zeigte das Verhalten desselben gegen Bleiacetat, daß es sich dabei um ein Gemisch von mehreren Stoffen handelt Neutrales Bleiacetat schied aus diesem Gemisch eine in "Wasser und Alkohol lösliche, braune, amorphe, hygroskopische Substanz ab, welche einen bitteren Geschmack besitzt: Jasmipikrin. Dieser Bitterstoff ist optisch inaktiv und durch verdünnte Schwefelsäure nicht spaltbar. 5 g des Glykosidgemisches enthielten davon 0,5 g. Bleiessig schied aus dem Filtrat des Jasmipikrin- Niederschlags ein Glykosid: Jasmiflorin, ab. Letzteres resultierte, nach Zerlegung dieses Bleiniederschlages mit verdünnter Schwefelsäure, als eine gelb- liche, amorphe, sehr bitter und zugleich wenig aromatisch schmeckende Masse. Das Drehungsvermögen betrug ungefähr «[dt = — 145°. Wird die wässerige Lösung über ein gleiches Volum konzentrierte Schwefel- säure geschichtet, so entsteht ein rotbrauner Ring. Beim Vermischen scheiden sich braune Flocken aus, während Syringin unter den gleichen Bedingungen blaue Flocken liefert. Beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure scheidet sich ein weißes Spaltungsprodukt aus, gleich- zeitig entwickelt sich ein starker aromatischer Geruch. Durch Emulsin ist das Jasmiflorin leicht spaltbar, jedoch bildet sich hierbei, wie bereits oben erwähnt ist, wenig reduzierender Zucker. 5 g des Glykosid- gemisches lieferten 1 g Jasmiflorin. Schlagdenhaufen und Reeb haben, wie bereits S. 192 erwähnt ist, aus Jasminum fruticans ein Glykosid isoliert, welches sich in seinen Eigenschaften dem Jasmiflorin zu nähern scheint, jedoch gestatten die bisher vorliegenden spärlichen Angaben dieser Autoren z. Z. keinen direkten Vergleich. 198 J. Vintilesco: Glykoside der Oleaceen. Das Filtrat vom Bleiessigniederschlage zeigte noch ein starkes Drehungsvermögen nach links. Das darin enthaltene Glykosid konnte durch Bleiessig und Ammoniak gefällt werden. Durch Zer- legung dieses Niederschlages und Eindnnsten der erhaltenen Lösung resultierte eine sirupartige Masse, in der sich allmählich eine kleine Menge von Krystallen ausschied, die wahrscheinlich aus Syringin bestanden. Beim Verdunsten der alkoholischen Lösung dieses Sirups und Trocknen des Rückstandes im Vakuum verblieb eine bitter- schmeckende, amorphe, hygroskopische Masse von ähnlichen Eigen- schaften wie das Jasmiflorin. Ich kann jedoch nicht behaupten, daß beide Glykoside identisch sind. 5 g des Glykosidgemisches lieferten 1 g dieses Glykosids. Jedenfalls enthalten die Zweige von J. nudiflorum mehrere Glykoside: Syringin, Jasmiflorin und vielleicht noch andere. Abscheidung von Syringin aus Jasminum fruticans L. Wie bereits S. 192 erwähnt ist, haben Schlagdenhaufen und Reeb aus den getrockneten Blättern dieser Jasminart ein amorphes, stark bitter schmeckendes Glykosid isoliert: Jasminin. Dasselbe soll in Glykose und weißes, harzartiges Jasminein spaltbar sein. Eine krystallisierbare Verbindung konnten genannte Autoren aus J. fruticans nicht isolieren. Mir gelang es ohne Schwierigkeit aus 1600 g frischen Zweigen und Blättern von J. fruticans nach dem im vorstehenden beschriebenen Verfahren eine für die Identifizierung genügende Menge (0,4 g) von krystallisiertem Syringin zu isolieren. Schmp. 190 — 192; o^d] = — 17,04 (wasserfrei). Aus Zweigen von Jasminum officinale, welche am 20. Mai ge- sammelt waren, gelang es eine kleine Menge von Krystallen unter Anwendung der Essigäthermethode zu isolieren, welche sich als ver- schieden von dem Syringin erwiesen. Zu einem weiteren Studium reichten dieselben jedoch nicht aus. Nach den Resultaten, welche ich bei den vorstehenden Unter- suchungen erzielt habe, kann ich nur schließen, daß Syringin kein Abfallprodukt der Lebenstätigkeit der Pflanze ist. Die jungen Blätter enthalten beträchtliche Mengen von Syringin, wogegen die alten Blätter, namentlich vor dem baldigen Abfall, viel kleinere Mengen davon noch enthalten. Da somit das Syringin das Bestreben zeigt, aus den alten. J. Vintilesco: Cilykoside der Oleaceen. 199 abfallenden Blättern zu verschwinden, so kann es nicht als ein Abfall- produkt der Pflanzen, welche dasselbe enthalten, betrachtet werden. Das gleichzeitige Vorkommen der Fermente mit den Glykosiden in der Pflanze führt vielmehr zu der Annahme, das dieselbe die Kiweiß- substanzen nicht verarbeitet, um sich der Spaltungsprodukte der Glykoside als Material des Schutzes gegen äußere Feinde zu bedienen, sondern vielmehr, um diese Spaltungsprodukte, nach ihrer Stellung in Reserve, wieder nutzbar zu machen zur Bildung anderer, viel komplexerer Stoffe, "Wenn die Pflanze die Glykoside spaltet, um die dabei gebildeten beträchtlichen Mengen von Glykose zu verzehren, so muß es wahrscheinlich sein, daß sie sich bemüht, die weiteren Spaltungs- produkte, deren schädliche Wirkung nicht zweifelhaft sein kann, zu anderen Stoffen wieder zu vereinigen. Ich möchte noch bemeiken, daß die jungen Blätter bei Beginn ihrer Entwickelung große Mengen reduzierenden Zuckers enthalten, neben verhältnismäßig kleinen Mengen von Rohrzucker. Das Um- gekehrte ist im Winter der Fall, wo die Mengen von Rohrzucker viel größer werden. Die Anwendung der Methode der Untersuchung und der Be- stimmung mit Hilfe des Emulsins auf andere Glykoside, dürfte in allgemeiner Weise gestatten, die Fluktuationen zu beurteilen, welche die Glykoside in den Pflanzen zeigen. Unter Anwendung von anderen glykosidspaltendcn Fermenten dürfte diese Untersuchungsmethode auch wertvolle Anhaltspunkte liefern über die Natur von Glykosiden, die man bisher nicht isolieren konnte. Bei Versuchen, die ich mit dem Myrosin anstellte, hat das Polarimeter stets einen Umschlag nach rechts angezeigt, soweit es sich um Auszüge aus Pflanzen handelte, die ein durch dieses Ferment spaltbares Glykosid enthielten, wie der schwarze und der weiße Senf, die Radieschen, der Rettig etc. Dagegen reagierte das Myrosin nicht unter Anwendung von Auszügen aus der Zwiebel, dem Knoblauch, der Sellerieknolle etc., da das Polarimeter keine optische Aenderung in denselben anzeigte. 200 Em, Danjou: Glykoside der CaprifoliaceeD. Aus dem Laboratorium für galenische Pharmazie der Universität Paris. Von Professor Dr. Em, Bourquelot. Anwendung der tiiochemischen Methode zur Auffindung und Bestimmung des Rohrzuckers und der Glykoside in den Pflanzen der Familie der Caprifoliaceen. Von Em. Danjou')- (Eingegangen den 15. II. 1907.) Die nachstehende Mitteilung erstreckt 8ich besonders auf die Studien, welche, unter AnwenduDg der von Em. Bourquelot aus- gearbeiteten Untersuchungsmethode ^), an den frischen Organen von Pflanzen aus der Familie der Caprifoliaceen gemacht wurden. Eines der Hauptresultate dieser Studien ist die Entdeckung eines neuen, Cyanwasserstoff abspaltenden Glykosids in den Blättern von Sanibucus nigra, welches von Em. Bourquelot und mir mit dem Namen Sambunigrin belegt ist. Dieses Glykosid kommt, zum Unterschied von anderen Glykosiden, nur in Sambucus nigra und seinen Varietäten, dagegen nicht in den anderen Alten dieser Familie vor. Dagegen konnte in allen Caprifoliaceen, weide untersucht wurden, die Gegen- wart von Enzymen und von Glykosiden, die durch Emulsin spaltbar sind, dargetan werden. Sambucus nigra. In den frischen Blättern von Sambucus nigra , welche am 8. Juni 1905 gesammelt waren, konnte nach dem Bourquelofschen Verfahren die Gegenwart von 0,755% Rohrzucker nachgewiesen und das Vorhandensein eines, durch Emulsin spaltbaren Glykosids konstatiert werden. Beide Verbindungen sind später von Bourquelot und mir daraus im krystallisierten Zustande abgeschieden worden, ein neuer Beweis für den Wert der Bourquelofschen Methode. Die ersten Mitteilungen über diese Beobachtungen: „Vorkommen eines cyanwasserstoffliefernden Glykosids in den Blättern von Sambucus nigra'', wurden am 1. Juli 1905 in der Biologischen Gesellschaft zu Paris gemacht. Am 3. Juli 1905 hat dann Guignard der Akademie 1) Auszug aus der These zur Erlangung des Diploms aJs Doktor der Universität Paris (Pharmazie) 1896 8; Dieses Archiv 19Ü7. Em. Danjou: Glykoside der (Japrifoliaceen. 201 der Wissenschaften zu Paris eine Note überreicht: „Ueber die Existenz einer cyanwasser.stoffliefeinden Substanz in dem schwarzen Flieder", so daß die Tatsache der Gegenwart eines blausäureliefernd' n Glykosids in einer Ptianze, in welcher man ein solches bis dahin niemals ver- mutet hatte, zu gleicher Zeit von zwei verschiedenen Seiten ent- deckt ist. Schon bei den die Einwirkung des Emulsins auf die Extrakt- lösung des Flieders betreffenden Operationen, besonders beim Filtrieren, machte sich ein starker Blausäuregerucb bemerkbar. Bei der Destillation dieser Flüssigkeit resultieite ein Destillat von dem Gerüche des Kirschlorbeerwassers, in welchem die Gegenwart der Blausäure durch die verschiedenen Reaktionen leicht dargetan werden konnte. Da der Geruch dieser Flüssigkeiten gleichzeitig auch auf das Vorhandensein des Benzaldehyds hinwies, wurde eine weitere Menge der mit Emulsin behandelten Estraktlösung hierauf untersucht. Die Gegenwart dieses Aldehyds wurde sowohl durch die allgemeinen Aldehydreaktionen, als auch durch die Ueberführung desselben durch alkoholisches Kalihydrat in Benzoesäure und Benzylalkohol, sowie endlich die Darstellung des Phenylhydrazons bewiesen. Letzteres schmolz bei 150—1.52". Der zu diesen Reaktionen benutzte Aldehyd war dem Destillat der durch Emulsin gespaltenen Extraktlösungen durch Ausschütteln mit Aether entzogen. Guignard und Houdas') haben in dem wässerigen Destillat des Flieders ebenfalls den Cyanwasserstoff und den Benzaldehyd als die Spaltungsprodukte einer blausäurelieferüden Substanz identifizieit und sich durch diese beiden Resultate berechtigt gefühlt, zu glauben, daß die Blätter des Flieders Amygdalin enthalten. Obschon wir außer diesen Stoffen, noch das Auftreten eines reduzierenden Zuckeis unter den Spaltungsprodukten der fraglichen Verbindung konstatierten, haben wir jenen Schluß für verfiüht erachtet, da das Amygdalin zu jener Zeit nicht das einzige bekannte Glykosid war, welches jenes Verhalten zeigt. Sowohl das Amygdonitrilglykosid, als auch das amorphe Laurocerasin, welches Lehmann^) aus den Kirschlorbser- blättern isolierte, zeigen das gleiche Verhalten. Wir haben uns daher in der ersten Mitteilung daiauf beschränkt zu sagen, daß das Glykosid des Flieders, wenn nicht Amygdalin, so doch eine demselben sehr nahestehende Verbindung ist. ij Compt. recd. 141, 236 (1905). ^) Nach den neuesten üntersuchung'^n von Herissey ist das Glykosid der Kirschlorbeerblätter krystallisierbar und isomer mit dem Amygdonitril- glykosid und dem Samburigrjn. Herissey bezeichnet dasselbe als Prulaurasin, 202 Em. Danjou: Glykoside der Caprifoliaceen. I Nachweis von Rohrzucker und Glykosiden in den anderen Organen von Sambucus nigra. Die Resultate, welche unter Anwendung der Bourquelo tischen Methode bei der UntersucLung der sonstigen Organe von Sambucus nigra erzielt wurden, ergeben sich aus der nachstehenden Tabelle. Die Zahlen beziehen sich auf 100 g der frischen Organe. Ursprüng- Einwirkung des der Ernte licher Rohr- Emulsins reduzier. zucker Umschlag der Neu- gebildeter Zacker Drehung (1 = 2) reduzier. Zicker Frische Blätter No. 1 . 8. Juni 0,235 g 0,755 g 36' 0,099 g „ No. 2 . 27. Juli 0,060 „ 1,020 „ 22' 0,260 „ Zweite Rinde 3 Juli 0,219 „ 1,110 „ 9' 0,174 „ Frische Blüten 4. Juli 1,064 „ 0,255 „ 9' 0,129 „ Grüne Früchte No. 1 . 4. Juli 0,528 „ Spuren ?2' ? „ No. 2 . 5. Augusi 0,600 „ 0,724 „ 14' 0,180 „ Rispen der grünen Früchte No. 2 .... 5. August 0,225 „ 0,611 „ 12' 0,070 „ Die verschiedenen Organe einer und derselben Pflanze zeigen somit eine sehr verschiedene Zusammensetzung. "Wie bereits J. Vintilesco für Syringa und Ligustrum beobachtete, liefern auch die Blätter von Sambucus den stärksten Umschlag der Drehung nach rechts. Wenn die verschiedenen Organe des Sambucus nur ein Glykosid enthalten, so müssen die Mengen desselben proportional der Menge des neugebildeten reduzierenden Zuckers sein. Das Gleiche müßte der Fall sein für die durch die Spaltung gebildete Blausäure. Wir haben jedoch diese Proportionalität nicht konstatieren können, da wir bisweilen einen starken Umschlag in der Drehung beobachteten, ohne eine bestimmbare Menge von Blausäure zu finden (Rispen, Früchte No. 2). Es scheint daher in Sambucus, außer dem Blausäure liefernden Glykosid, noch ein anderes, durch Emulsin spaltbares Glykosid in wechselnden Mengen vorhanden zu sein. Die von S. nigra gelieferten Blausäuremengen. Die Mengen, welche die verschiedenen Organe des Sambucus liefern, sind, selbst bei den Blättern, nur geringe. 1000 g der in der zweiten Hälfte des Juni von Jahreszweigen gesammelten, von den Stielen getrennter Blätter wurden zerschnitten und zerstoßen und alsdann mit 4000 g Wasser und 0,8 g Emulsin 24 Stunden lang bei 20 — 22® mazeriert, die Masse ausgepreßt und die Flüssigkeit auf freiem Feuer destilliert. In dem Destillate wurde Em. Daojoa: Glykoside der CaprifoUaceen. 203 hierauf die Blausäure nach Liebig-Deniges bestimmt. Es ergab sich 0,142 g HCN. Bei einem zweiten Versuch wurden die Blätter zunächst mit Alkohol erschöpft und die Lösung des Extraktes in Thymolwasser successive mit Invertin und Emulsin behandelt. Es ergab sich für 1000 g frischer Blätter 0,150 g HCN. In zwei anderen Versuchen wurden 0,148 und 0,203 g HCN für 1000 g frischer Blätter gefunden. Im Mittel beträgt die Menge HCX 0,160 g, während 1000 g frischer Kirschlorbeerblätter davon 1 g und mehr liefern. Guignard fand im Juni 0,1 g HCN für 1000 g frischer Sambucus- blätter. Bei Blättern, die im August bis zum September gesammelt waren, schwankte der Gehalt zwischen 0,1122 und 0,2333 g HCN für 1000 g frischer Blätter, van Itallie fand für 1000 g frischer Blätter 0,083 g HCN, Couperot dagegen im März 0,2344. im April 0,3051, im Mai 0,2776, im Juli 0,2592 g HCX für 1000 g frischer Blätter. Bei einem Sambucusbaum fand Couperot im März 0.2727, im April 0,2619, im Mai 0,2.54 und im Juni 0,156 g HCN für 1000 g frischer Blätter. Mit den frischen Blüten, den grünen Früchten und der zweiten Rinde wurden keine qualitativen Bestimmungen ausgeführt, jedoch sind die Mengen von Blausäure, welche diese Organe liefern, noch viel geringer als bei den Blättern. Nachweis des Invertins und des Emulsins im Sambucus nigra. Invertin. Die frischen Organe wurden zu diesem Zwecke mit dem gleichen Gewicht Quarzsand zerrieben, mit Alkohol von 95% er- schöpft und dann im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. 5 g dieses Pulvers wurden alsdann mit 50 ccm Thymolwasser und 25 ccm Rohr- zuckerlösung (16:100) versetzt und das Gemisch 24 Stunden bei 24" stehen gelassen. Nach dem Klären zeigte diese Flüssigkeit einen Umschlag in der Drehung (t = 2) von 40' nach links. Die frischen Sambucusblätter müssen also Invertin enthalten. Auch die übrigen Organe des Sambucus enthalten dieses Ferment, und zwar scheinen die frischen Blüten am reichsten, die ganz jungen Früchte am ärmsten daran zu sein. Emulsin. Bei früheren Versuchen war bereits konstatiert worden, daß die Blüten und die grünen Früchte des Sambucus kleine Mengen von Emulsin enthalten. Es war dies, unter Anwendung von Amygdalin, durch die Bildung von Blausäure bewiesen worden, nachdem die betreffenden Organe, wie oben angegeben ist, behandelt waren. Auch die Sambucusblätter enthalten kleine Mengen von Emulsin, wie bereits Guignard ermittelt hat, jedoch ist es zu dessen Nachweis 204 Em. Danjou: Glykoside der Caprifoliaceen. notwendig, die Maceration mit Wasser genügend lange Zeit fortzusetzen. Die Menge dieses Emulsins ist jedoch eine so geringe, daß sie beim Trocknen der Blätter, wie ein besonderer Versuch lehrte, keinen zer- setzenden Einfluß auf das blausäureliefernde Glykosid ausübt. Isolierung des Rohrzuckers aus den Sambucusblättern. Bei den ersten Versuchen, welche zur Isolierung des Sambunigrins angestellt wurden, bemerkten wir in dem alkoholischen Extrakte die Ausscheidung von prismatischen Krystallen. Dieselben erwiesen sich bei näherer Prüfung als Kaliumnitrat. Die Menge des Kaliumnitrats ist später von Couperot bf stimmt worden, und zwar ergaben sich 7—8 g für 1000 g der Blätter und 7 g für 1000 g der zweiten Rinde. Nachdem diese Krystalle sich aus der heiß gesättigten Lösung des Blätterextraktes in Alkohol von 90% abgeschieden hatten, lieferte die filtrierte Flüssigkeit nach dem Impfen mit Rohrzucker eine be- trächtliche Ausscheidung desselben. Die auf diese Weise erhaltenen Krystalle schmolzen, nach dem Abspülen mit Alkohol und Trocknen im Vakuum, bei 178° und zeigten ein Drehungsvermögen von +C5". Darstellung des blausäureliefernden Glykosids: Sambunigrin. 1000 g der zunächst an der Luft, dann bei 32° getrockneten Blätter (entsprechend 5710 g frischer Blätter) wurden grob gepulvert und V2 Stunde lang mit 12 Liter Alkohol von 90% gekocht. Nach dem Erkalten wurde das Blätterpulver ausgepreßt, nochmals mit 4 Liter Alkohol gekocht und von neuem ausgepreßt. Die vereinigten Auszüge wurden hierauf mit 300 ccm Wasser und einigen Gramm Calciumkarbonat versetzt und durch Destillation von Alkohol befreit. Nach dem Erkalten wird der filtrierte Auszug im luftverdünnten Räume bis zur Sirupkonsistenz eingedampft. Der Rückstand wird mit 350 ccm Alkohol von 95% aufgenommen und die Lösung 2 Tage beiseite gestellt. Nach Trennung von den in reichlicher Menge aus- geschiedenen Kaliumnitratkrystallen fügt man noch 4 Volumen Alkohol von 95% zu, läßt dann 4 Tage stehen und destilliert die filtrierte Lösung im luftverdünnten Räume bis zum nahezu flüssigen Extrakt ab. Dieses Extrakt wird hierauf am Rückflußkühler viermal mit je 200 ccm Essigäther, der mit Wasser gesättigt ist, ausgekocht. Diese, noch grün gefärbten Auszüge werden durch Destillation unter ver- mindertem Drucke zur Trockne gebracht, der Rückstand io 160 bis 180 ccm kaltem Wasser gelöst und nach dem Schütteln mit 3 — 4 g Calciumkarbonat filtriert. Die so erhaltene braune Lösung wird von neuem unter vermindertem Druck zur Trockne gebracht, der Rückstand Em. Danjou: Glykoside der Caprifoliaceeo. 205 in 80 ccm Essigäther, der mit Wasser gesättigt ist, gelöst, die Lösung eingedunstet und der Krystallisation überlassen. Die krystallinische Masse ist hierauf in der Wärme in wasserfreiem Essigäther zu lösen und die Lösung durch Abkühlen und Eindampfen von neuem zur Krystallisation zu bringen. Es resultieren alsdann lange, weiße Nadeln, die nach dem Absaugen und Waschen mit wassei freiem Aether das Aussehen von verfilzter Baumwolle haben. Ausbeute etwa 1,1 g, da davon in der Mutterlauge verbleibt. Zur weiteren Reinigung wurde das in mehreren Operationen ähnlich bereitete Sambunigrin in einem Gemisch gleicher Teile wasser- freiem Essigäther und Toluol (3 g Krystalle in 7.5 ccm dieser Mischung) heiß gelöst und die filtrierte Lösung möglichst langsam erkalten gelassen. Die ausgeschiedenen Krystalle sind nach dem Absaugen zunächst mit einem Gemisch von Essigäther und Aether, dann mit Aether aus- zuwaschen und schließlich im Vakuum über Schwefelsäure zu trocknen. Eigenschaften. Das Sambunigrin bildet lange, farblose, seiden- artige, geruchlose Nadeln von anfänglich süßlichem, später bitterem Ge- schmack. Es ist leicht löslich in Wasser (in weniger als 3,5 Teile bei 20°) und in Alkohol, ziemlich leicht löslich in Essigäther, fast unlöslich in Aether. Läßt man eine kleine Menge Sambunigrin in einen Tropfen reiner Schwefelsäure fallen, so beobachtet man eine rot violette Färbung; Amygdalin, Amygdonitrilgl3"kosid und Prulaurasin zeigen die gleiche Reaktion. Dasselbe ist linksdrehend, und zwar fast doppelt so stark als Amygdalin: «[D] = — 76,3" (1 = 2). Es schmilzt bei 150—152". Durch Emulsin und durch das Ferment von Aspergillus niger wird das Sambunigrin in Glykose, Benzaldehyd und Cyanwasserstoff gespalten. Die Dextrose wurde als solche isoliert und durch Fehlin g' sehe Kupferlösung bestimmt; gefunden 61,42 und 61,14%. Der Benzaldehyd wurde durch sein Phenylhydrazon identifiziert und von Herissey zu 34,82% bestimmt. An Cyanwasserstoff wurden 8,61 % gefunden. Die Molekulargröße ergab sich kryoskopisch zu 298,8. 0,1599 g Sambunigrin lieferten 0,3331 g COg und 0,0828 g H2O. Berechnet für C14H17NO6: Gefunden: Molekulargewicht 295 ^ 298,8 Glykose .... 61,016% 61,28% HCN 9,15 „ 8,61 „ C 56,94 „ 58,83 „ H 5,76 „ 5,83 „ Das Sambunigrin ist isomer mit dem Amygdonitrilglykosid von E. Fischer und dem Prulaurasin von Herissey. Ersteres zeigt ein Drehungsvermögen von «[D] = — 26,1°, letzteres von a[D] = — 53". Die Spaltung des Sambunigrins erfolgt im Sinne der Gleichung: C14H17NO0 + H9O = CaHiaOe + C7H8O -f HCN. 206 Em. Danjou: Glykdside der Caprifoliaceeö. Die Darstellung des Sambunigrins aus frischem Material ist umständlicher als aus getrocknetem. Die Ausbeute an diesem Glykosid ist hierbei noch geringer, als unter Anwendung des vorstehend be- schriebenen Verfahrens. Untersuchung anderer Sambucusarten. 1. SambucMS laciniata Mill. Die Blätter dieser Sambueusart gelangten im getrockneten Zustande zur Benutzung; dieselben waren am 12. Juli gesammelt. Die Untersuchung erfolgte nach dem Ver- fahren von Bourquelot. 100 g dieser Blätter enthielten 2,26 g Rohrzucker. Bei der Einwirkung von Emulsin auf den wässerigen Auszug trat Geruch nach Benzaldehyd und nach Blausäure auf, ein Beweis, daJ] auch diese Sambueusart ein blausäurelieferndes Glykosid enthält. Die Menge desselben scheint jedoch, unter Berücksichtigung der durch Spaltung entstandenen Blausäure, etwas kleiner zu sein, als in S. nigra (1000 g frischer Blätter: 0,133 g HON). Guignard fand 0,14 g HCN für 1000 g frischer Blätter, van Itallie dagegen nur 0,077 g HCN; Couperot ermittelte im April 0,1808 g, im Mai 0,2005 g, im Juni 0,187 g HCN für 1000 g frischer Blätter. 2. Samhucus pyramidalis. Die Blätter waren im Anfang Juli gesammelt und getrocknet. 100 g derselben enthielten 0,843 g Rohr- zucker. Auch diese Sambueusart enthält ein blausäurelieferndes Glykosid, und zwar in größerer Menge als S. nigra, da 1000 g trockener Blätter 1,074 g, bezw. 1000 g frischer Blätter 0,3679 g HCN lieferten. In der Tat ließ sich Sambunigrin daraus auch ohne Schwierigkeit gewinnen. Kaliumnitrat findet sich ebenfalls darin in beträchtlicher Menge. 8. Samhucus racemosa L. Die Blätter waren ebenfalls im Anfang Juli gesammelt und getrocknet. 100 g derselben enthielten 2,539 g Rohrzucker. Dieselben enthalten zwar in kleiner Menge ein durch Emulsin spaltbares Glykosid, jedoch findet sich darin kein blau- säurelieferndes Produkt. Auch Guignard konnte in dieser Sambueusart Cyanwasserstoff nicht sicher nachweisen. 4. Samhucus Ebulus L. Bei den ersten Versuchen, welche wir mit einer kleinen Probe der am 29. Juli gesammelten Blätter (50 g) anstellten, konnten wir die Abspaltung von Blausäure durch Emulsin nicht nachweisen. Guignard gibt dagegen an, daß die Untersuchung von 200 g Wurzelrinde und von 100 g Blättern keinen Zweifel über das Vorhandensein eines blausäureliefernden Stoffes gelassen habe, wenn auch nur in verhältnismäßig geringer Menge. Wir haben daher Em. Danjou: Glykoside der Caprifoliaceen. 207 die Untersuchungeo des Samhucus Ehulus in größerem Umfange wieder aufgenommen und dieselben auf die frischen Blätter, Blüten und grünen Früchte ausgedehiit, ohne jedoch in einem dieser Organe ein* blausäurelieferndes Glykosid g'efunden zu haben. Besonders für die Blätter wurden diese Versuche unter verschiedenen Bedingungen wiederholt, jedoch ohne Erfolg. Diese Tatsache ist später von van Itallie bestätigt und auch von Guignard anerkannt worden. Die nachstehende Tabelle enthält die bei der Untersuchung von S. Ebulus erzielten Resultate für je 100 g der betreffenden Organe: «H Emulsin- Organe Zeit der Ernte Anfangs- , o s drehung '2 ^ (1 = 2) ti 0) u CJ Wirkung ! • « '=* * CT ~ S ^ 1 i i 1"^ P3 2 S s, g| Frische Blätter. . . ' 13. Juni -52' 0,403 g 0,729 g ' 19' 0,064 g n n • • • 27. Juni -10 14' 0,571 „ 0,830 „ 22' 0,080 „ n n • • • 15. Juli —20 16' 1,816 „ 1,441 „ 39' 0,163 „ Getrocknete Blätter -50 30' 2,630 „ 2,415 „ 10 12' 0,498 „ Frische Blätter . . . 1 -10 7' 1,500 „ 0.766 „ 14' 0,056 „ Grüne Früchte . . . 15. August —20 52' 0,857 „ 0,711 „ 32' 1 0,200 „i Wurzel (nach 1 M. Harlay) . . . Juli + 44' 0,286 , 0,417 „ Samhucus Ebulus enthält somit in allen Organen Rohrzucker, dagegen kein Blausäure lieferndes Glykosid. Ein durch Emulsin spalt- bares Glykosid ist jedoch in demselben vorhanden, obschon ein solches nach den Versuchen von Harlay nicht in der Wurzel vorkommt. Bemerkenswert ist, daß die Wurzel allein ein rechtsdrehendes Extrakt liefert, während dasselbe bei den übrigen Organen linksdrehend ist. Bei den frischen Blättern läßt sich konstatieren, das sich die Glykosidmenge mit der Eotwickelung vermehrt. Dieses Glykosid muß nach der Bourquelot' sehen Regel linksdrehend sein. Die Versuche, dieses Glykosid in einer ähnlichen Weise zu isolieren wie das Sambu- nigrin, haben bisher zu keinem Resultat geführt, dagegen konnte in den Blättern von S. Ebulus das Vorkommen von Invertin und von kleinen Mengen von Emulsin nachgewiesen werden. Untersuchungen über einige Viburnumarten. In einer üntersuchungsreihe, welche ich bereits mit Em. Bourquelot publiziert habe'), sind in den frischen und ge- trockneten Blättern von Viburmim Lantana und V. Opulus der Rohr- ') C,>iHpt. rond. Söc. de Biolog. 60, 83 (1906). 208 Em. Danjou: Glykoside der Caprifoliaceeo. Zucker, die Glykoside und die Enzyme, welche dieselben zu spalten ver- mögen, uctersucht. V. Times ist in ähnlicher Weise geprüft worden. 'Aus den Blättern letzterer Art habe ich versucht, das betreffende Glykosid zu isolieren. 1. Viburnum Lantana L. Die am 25. Juli gesammelten Blätter enthielten 57,5 % Wasser. Es konnte darin für 100 g frischer Blätter 1,39 g Rohrzucker, sowie die Gegenwart eines durch Emulsin spalt- baren Glykosides nachgewiesen werden. Die getrockneten, im September gesammelten Blätter enthielten 4,34 % Rohrzucker. Dieselben sind somit reicher an Rohrzucker als die im Juli geernteten, dagegen enthielten sie weniger Glykosid als letztere. Die im Juni gesammelten Blätter enthielten ferner Invertin, sowie ein Enzym, welches Amygdalin zu spalten vermag. 2. Viburnum Opidus L. 100 g frischer, am 10. Juni gesammelter Blätter enthielten 0,982 g Rohrzucker, sowie ebenfalls ein durch Emulsin spaltbares Glykosid. Die im September geernteten, getrockneten Blätter enthielten 4,73% Rohrzucker, dieselben sind somit reicher an Rohrzucker als die im Juni gesammelten. Das Gleiche ist auch bei dem Glykosidgehalt der Fall. Bezüglich des Enzymgehaltes stellen sich die Blätter von V. Opulus denen von V. Lantana zur Seite. 3. Viburnum Tinus L. Die am 12. Dezember gesammelten Blätter enthielten nur 55 % Wasser und 1,03 % Rohrzucker. 100 g getrockneter, Ende November geernteter Blätter enthielten 3,65 g Rohr- zucker. Beide Blättersorten enthalten ein durch Emulsin spaltbares Glykosid. Invertin und ein dem Emulsin entsprechend wirkendes Enzym konnte auch in V. Tinus nachgewiesen werden. Die nach- stehende Tabelle enthält die für diese drei Viburnumarten gefundenen Werte, berechnet auf 100 g der betreffenden Organe: Zeit der Ernte Ursprüng- licher reduzier. Zucker Rohr- zacker Einwirkung des Emulsins Umschlag der Drehung (1 = 2) Neu- gebildeter reduzier. Zucker V. Lantana, irische | Blätter i 10. Juni F. Lantana, getrock- nete Blätter Ib. Sept. F. Opulus, frische Blätter I 10. Juni F. Opulus, getrocknete ii Blätter 15 Sept. F. TtnMS, frischeBlätter 12. Dez. F. Tinus, getrocknete Blätter 25. Nov. 0,681 g 1,390 g 3,600 „ 1,639 „ 4,185 „ 1,630 „ 3,600 „ 4,340 „ 0,982 „ 4,730 „ 1,030 „ 3,650 „ 22' 36' 22' 79' 69' 168' 0,162 g 0,320 „ 0,120 „ 0,612 „ 0,180 „ 0,480 „ Em. Danjou: Glykoside der Caprifoliaceen. 209 Wenn man den Effekt der Emulsinwirkung auf die optischen Eigenschaften der Lösungen mit entsprechenden Mengen von re- dozierendem Zucker vergleicht, so ergibt sich, daß V. Lantana und V. Opulus wahrscheinlich dasselbe Glykosid enthalten, welches jedöch verschieden von dem in V. Tinus ist. Das Glykosid aus Viburnum Tinus. Bei der biochemischen Analyse der Blätter von V. Tinus fiel es auf, daß die mit Emulsin behandelten Extraktlösungen saure Reaktion und einen eigenartigen Geruch zeigten. Das Gleiche war bei dem betreffenden Destillat der Fall. Da diese Erscheinung nur auf ein Spaltungsprodukt des vorhandenen Glykosides zurückzuführen war, wurde versucht dasselbe zu isolieren. Es gelang jedoch nicht dieses Glykosid nach dem für die Darstellung des Sambunigrins verwendeten "Verfahrens in krystallisierter Form zu gewinnen. Der Geruch des fraglichen Spaltungsproduktes erinnerte an Valeriansäure, eine Säure, die 1880 bereits von H. von Allen*) in der Rinde von V. prunifolium und von V. Opulus entdeckt war. Franrois^) hat allerdings 1897 behauptet, daß die aus V. prunifoliuyn darstellbare Säure Capronsäure sei, jedoch ist deren Identität mit Valeriansäure 1897 von Schamelhout^) abermals bewiesen werden. Zur Identifizierung der aus dem Glykosid von V. Tinus ab- gespaltenen Säure, wurden 600 g zerkleinerter frischer Blätter mit 1800 ccm Wasser und 0,4 g Emulsin 17 Stunden lang maceriert, die Flüssigkeit (A) abgegossen und Blätterrückstand (B) dann abgepreßt. Beide Flüssigkeiten wurden hierauf destilliert und von A 600, von B 400 ccm Destillat gesammelt. A zeigte bei der Titration mit Vio Normal- Natronlauge einen Gehalt von 0,0816%, B von 0,0836% Valeriansäure. Die in den Destillaten A und B enthaltene Säure wurde eines- teils nach der Methode von Duclaux*), andererseits durch Ueber- führung in das Baryumsalz als Valeriansäure gekennzeichnet. Das aus dem Destillate dargestellte Baryumsalz stimmte in der Krystall- form überein mit der des valeriausauren Baryums, welches zum Ver- gleich unter den gleichen Bedingungen zur Krystallisation gebracht war. Auch die Blätter von V. Lantana scheinen ein Glykosid zu ent- halten, welches bei der Spaltung Valeriansäure liefeit, wenigstens zeigten die mit Emulsin behandelten Extrakte den Geruch dieser Säure. 1) Americ. Journ. of Pharm. 52, 441. 2) Journ. de Pharm. d'Anvers 53, 1. 8) Annal. de Pharm, de Louvain 2, 113. *) Tratte de Microbiologie III, 385, Paiis. A.rch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. 3. rXeft. 14 210 Em. Danjou: Glykoside der Caprifoliaceen. Untersuchungen über einige Lonicereen. Die nach vorstehenden Angaben untersuchten Pflanzen gehören zu den Sambucineen, dem ersten Tribus der Caprifoliaceen. Im nach- stehenden sind die Ergebnisse verzeichnet, welche die in der gleichen Richtung ausgeführte Untersuchung einiger Lonicereen, des zweiten Stammes der nämlichen Familie, ergeben haben. 1. Symphoricarpos racemosa. Die am 15. Mai gesammelten Blätter enthielten 64,8% Wasser und 2,297 g Rohrzucker. Nach der Ein- wirkung des Emulsins lieferte die Extraktlösung ein neutral reagierendes Destillat, welches mit fuchsinschwefliger Säure und mit essigsaurer Phenylhydrazinlösung typische Aldehydreaktionen ergab. Da das Destillat der ursprünglichen Extraktlösung diese Reaktionen nicht lieferte, so ist anzunehmen, daß die Blätter von S. racemosa ein Glykosid enthalten, welches durch Emulsin ein Spaltungsprodukt ergibt, das ähnliche Eigenschaften besitzt, wie die Aldehyde. Die Gegenwart eines, dem Invertin und dem Emulsin in der Wirkung ähnlichen Ferments konnte auch in diesen Blättern dargetan werden. 2. DierviUa japonica. Die Diervillablätter, welche am 15. Mai geerntet wurden, enthielten 69,7 % Wasser und 0,979 g Rohrzucker. Auch diese Blätter enthalten neben Invertin und Emulsin ein Glykosid, welches durch Emulsin unter Bildung eines aldehydartigen Stoffes gespalten wird. 3. Lonicera Periclymenum L. Die am 15, Mai gesammelten Blätter enthielten 72% Wasser und 1,947% Rohrzucker. Dieselben enthalten zwar Invertin, jedoch kein Emulsin oder ein anderes glykosidspaltendes Ferment. Das in den Blättern von L. periclymenum enthaltene Glykosid liefert durch Einwirkung von Emulsin ebenfalls ein aldehydartiges Spaltungsprodukt. Unter Anwendung der für Sambunigrin benutzten Methode gelang es uns ein amorphes, hellgelb gefärbtes, linksdrehendes Glykosid zu isolieren, welches durch Emulsin spaltbar war. Es konnte jedoch auf diese Weise nur etwas mehr als die Hälfte von dem Glykosid ge- wonnen werden, welches in den untersuchten Blättern enthalten war. Auch bei Anwendung einer größeren Menge der Blätter von L. Periclymenum gelang es nur ein sehr schwach gelb gefärbtes Produkt abzuscheiden, welches in Wasser, Alkohol und Essigäther löslich war. Aether verursachte in den beiden letzten Lösungen eine reichliche weiße Fällung, die jedoch bald zu einer sirupartigen, blaß- gelben Masse zusammenfloß. Ueber die chemische Natur dieses Glykosids und seines aldehydartigen Spaltungsproduktes konnten bisher weitere Untersuchungen noch nicht angestellt werden. E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. 211 Mitteilung aus dem Laboratorium für angewandte Chemie der Universität Leipzig. Anwendung der Kryoskopie zur Beurteilung von Gewürzen und anderen Drogen. Von Ernst Beckmann. (Eingegangen den 21. III. 1907.) Als auf der Jahresversammlung der Freien Vereinigung Deutscher Nahrungsmittel -Chemiker in Dresden im Anschluß an ein von Dr. E. Spaeth erstattetes Referat die Leitsätze für die Untersuchung der Gewürze diskutiert wurden, habe ich zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß auf ebullioskopischem oder kryoskopischem Wege bequeme Aufschlüsse über den Gehalt an löslichen Stoffen und be- sonders auch an ätherischen Oelen erhalten werden können. Die in Angriff genommene Untersuchung hat dieses auch alsbald bestätigt. Bereits auf dem Internationalen Kongreß für angewandte Chemie in Rom 1906 konnte ich über einige Resultate berichten, die gemeinsam mit Herrn P. Danckwortt erhalten waren. Im nach- stehenden wird ein Verfahren beschrieben werden, welches ebensowohl dazu dienen kann, die mit verschiedenen Lösungsmitteln extrahierbaren Stoffe, als auch den Anteil derselben zu bestimmen, welcher sich daraus nach Art der ätherischen Oele mit Wasserdampf verflüchtigen läßt. I. Untersuchung, gemeinsam ausgeführt mit P. Danclt nach dem Zusatz einiger Tropfen Wasser auf den Gefrierpunkt zu prüfen. Wird von der mit trockenem Aethylenbromid hergestellten Lösung zunächst direkt der Gefrierpunkt bestimmt, und sodann die Bestimmung nach Zusatz von einigen Tropfen Wasser wiederholt, so wird dieses Wasser eine umso geringere Depression hervorbringen, je feuchter die Droge war. Dadurch ist man nebenbei in den Stand gesetzt, den Feuchtigkeitsgrad von Drogen abzuschätzen. Ist die Gefahr vorhanden, daß die in den Gewürzen vorhandenen Stoffe durch Wasser zersetzt werden, wie z. B. das Amygdalin der bitteren Mandeln oder das myronsaure Kalium des schwarzen Senfs, so muß man natürlich das Extraktionsmittel trocken verwenden. C. UntersDchung von Gewürzen. a) Vorschrift zur Extraktion mit Aethylenbromid und Bestimmung der Depressionswerte der Extraktlösungen. h g gemahlenes Gewürz bezw. Droge werden im Erlenmeyer- kolben mit 30 g wasserfreiem Aethylenbromid einen Tag lang stehen gelassen. Wegen des hohen spezifischen Gewichtes des Aethylen- bromids, 2,18 bei 15", schwimmt das Pulver obenauf und wird ohne viel Schütteln in 8 — 10 Stunden vollständig extrahiert. Das Pulver wird zweckmäßig nicht mit in das Gefrierrohr gebracht; zu seiner Entfernung genügt es, auf dieses einen Trichter mit Watte Verschluß zu befestigen und durch denselben unter Ansaugen an dem seitlichen Stutzen mit der Luftpumpe die Mischung zu filtrieren. Die gelb bis grün gefärbte Lösung, welche nicht völlig klar zu sein braucht, wird sodann mit ein paar Tropfen Wasser versetzt und zum Gefrieren 216 E. Beckmann: Eryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. gebracht. Die Temperatur des Kühlbades hält man auf 5 — 6°. Als Depression betrachtet man die Differenz der Gefriertemperator der Lösung und der Gefriertemperatur des wasserhaltigen Aethylenbromids. Depression der mit Aethylenbromid gewonnenen Extraktlösungen. Gewürz Heimat Depression Anis . ' Rußland 0,975« Anis Alicante 0,825° Anis I Deutschland 0,920° Kardamomen . . . , . . , . .1 Malabar 1,230° Kardamomen ' Ceylon 0,803° Coriander ! Thüringen 0,575° Diu i Deutschland 0,860° Fenchel jj Thüringen 0,820° Fenchel Kreta 0,775° Kümmel Holland 0,930° Macis i Banda 2,085° Macis i' Bombay 0,860° Nelken 1 Zanzibar 2,080° Nelken Amboina 2,115° Die gefundenen Depressionswerte laufen wiederum mit den früheren bei der Benzol- und Bromoformextraktion gefundenen nicht parallel, man sieht also, daß jedes Lösungsmittel seine besonderen charakteristischen Werte geliefert hat, und es fragt sich, ob diese Werte nicht ebensogut zur Charakterisierung der Drogen Verwendung finden könnten, als die viel umständlicher zu erhaltenden Extraktwerte bei der Alkohol- oder Aetherextraktion. b) Bestimmung der Depressionswerte der flüchtigen Anteile. (Aetherische Oele.) Bei genügender Extraktion gehen in Aethylenbromid die ätherischen Oele vollkommen über. Um ihren Depressionswert gesondert zu er- fahren, ist es am zweckmäßigsten, dieselben in der gleichen Weise wie es praktisch geschieht, unter Anwendung einer besonderen Probe, durch Wasserdampf auszutreiben und nach Extraktion des Rückstandes mit Aethylenbromid durch Neubestimmung des Gefrierpunktes den Depressionswert der flüchtigen Stoöe als Differenz zu bestimmen. Auf diese Weise werden Fehler, die aus der Flüchtigkeit des Materials sich ergeben, leicht ausgeschlossen werden können. Statt das ätherische Oel bei der Destillation verloren zu geben, kann es natürlich, wenn seine nähere Prüfung erwünscht scheint, auch E. Beckmann: Kryoskopie zur Beorteilang der Gewürze etc. 217 kondensiert und aufgefangen werden. Man kann auch so ver- fahren, daß die ätherischen Oele direkt bestimmt werden, indem man die destillierten Wässer mit Aethylenbromid extrahiert und die Depression feststellt. Dieses umständlichere Verfahren wird man aber gern auf die später zu erwähnende Untersuchung der fertigen destillierten Wässer beschränken. Mit der Destillation und Kondensation großer Mengen Flüssigkeit sind immer leicht Verluste an flüchtigen Steifen verknüpft. In welcher Weise jedes Gewürz bezw. Droge am zweckmäßigsten destilliert wird, um daraus alles ätherische Oel auszutreiben, muß die Praxis ent- scheiden, der darüber eine große Erfahrung zur Seite steht. Wenn aber den Autoritäten, wie größeren Fabriken ätherischer Oele, das letzte Wort vorbehalten bleiben muß, so ist doch im allgemeinen so zu verfahren, daß zunächst mit strömendem Wasserdampf die Droge durchweicht, sowie von der größten Menge des ätherischen Oeles befreit wird und sodann durch Wasserdampf von höherer Temperatur die letzten Reste ätherischen Oeles beseitigt werden. Vorrichtung zum Abtreiben der ätherischen Oele aus Drogen mit Wasserdampf. V« wirkl. Größe. , Zu den hier mitgeteilten Versuchen ist der in Fig. 2 abgebildete Apparat benutzt worden. Das die Substanz aufnehmende Rohr von 15 cm Höhe und 3 cm Durchmesser ist in Fig. 3 abgebildet. 5 g Gewürz werden in eine Filtrierpatrone gebracht und mit dieser in den 218 E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. oberen Teil des Rohres geschoben, wo sie auf Glaseinstülpungen ruht. Nach Einsenken des Suhstanzrohres in ein Becherglas mit Paraffinöl wird unter gleichzeitigem Anheizen des Paraffinölbades Wasserdampf in das seitliche Rohr eingeleitet, welches etwa 1 cm über dem Boden des Substanzrohres ausmündet. Der Wasserdampf durchfeuchtet die Droge und treibt die größte Menge ätherischen Oeles ab. Allmählich steigert man die Temperatur des Paraffinbades auf 140 — 150°, wodurch dann der Dampf das Pulver mit einer Temperatur von etwa 130° Fig. 3. Gefäß zur Aufnahme der Filtrier- patrone mit DampfeinleituDgsrohr. Vb wirkl. Größe. fRANZHÜütPSHOrP, LEIPZIG. Fig. 4. Beck 'scher Dampfzerstäuber, Vio wirkl. Größe. durchströmt, was mit einem Thermometer besonders kontrolliert wird. Die Destillation setzt man fort, solange noch das Destillat Geruch zeigt. Statt der gewöhnlichen Dampfentwickeier findet besser ein im hiesigen Institut von Dr. K. Beck*) konstruierter Dampfentwickeier Verwendung. Bei demselben wird das Leitungswasser einem Körting 'sehen Zerstäuber zugeführt (siehe Fig. 4 und 5). Sobald der Wasserstaub an die Wandungen des angeheizten Apparates gelangt, entweicht bei D ein Dampfstrom. Durch Abdrosselung bei i> wird der Druck des Dampfes gesteigert, bis dieser durch T und 1) Vergl. Ztschr. f. angew. Chemie 19, 758 (1906). E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. 219 B die vorgelegte Flüssigkeit, Wasser oder Quecksilber, passiert; es ist mithin leicht, den Druck des Danapfes von der Atmosphäre bis auf eine Temperatur zu steigern, daß er die Filtrierpatrone mit einer Temperatur von ungefähr 130° trifft. Bei Anwendung dieses Zer- stäubers braucht das Paraffinbad nicht erheblich über 100° erhitzt zu werden, da es nur als Wärmeschutz zu dienen hat. Nach Beendigung J? )? v: ■ ( r > ^r : -^^-^ — — J r ^ . Fig. 5. Beck'scher Dampfzerstäuber. Vs wirkl. Größe. der Destillation ist das in der Patrone vorhandene Pulver trocken und kann ohne weiteres wieder mit 30 g Aethylenbromid extrahiert werden. Der Depressionswert des ätherischen Oeles ergibt sich, wie schon gesagt, als Differenz aus der Gesamtextraktlösung und der Extrakt- lösung nach Entfernung des ätherischen Oeles. Bestimmt man nun die Depressionen, welche von den reinen ätherischen Oelen des Handels oder eigener Produktion geliefert 220 E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilang der Grewürze etc. werden, in feuchtem Aethylenbromid , so läßt sich daraus ohne weiteres der Gehalt ableiten, denn die Depressionen sind den Gehalten proportional. c) Depressionswerte von ätherischen Oelen. Um die Grundlagen für die Bestimmungen ätherischer Oele in den Drogen zu erhalten, wurden zunächst reine Oele, welche von der Firma Schimmel & Co. in Miltitz durch Wasserdampfdestillation gewonnen waren, auf den Depressionswert untersucht, den dieselben in Aethylenbromidlösung bei verschiedener Konzentration ergeben. Die Proportionalität der Zahlen mit dem Ansteigen der Konzentration gestattete von dem ersten Wert der verdünntesten Lösung, der natur- gemäß mit den meisten Fehlern behaftet ist, abzusehen. Diese ersten Werte sind in den folgenden Tabellen nicht angegeben. Um die erhaltenen Depressionen auf ein einheitliches Maß zurück- zuführen, wurde die spezifische Depression berechnet, d. h. diejenige Depression, welche 1 g des gelösten Stoffes in 100 g Lösungsmittel hervorbringen würde. Da im vorliegenden Fall immer 30 g Aethylen- bromid zur Verwendung kamen, ist die spezifische Depression C = _ 0j3A s worin A die beobachtete Depression, s die Anzahl Gramme des in 30 g Aethylenbromid gelösten Stoffes bedeuten. Das Molekulargewicht des letzteren ist dann K M = C (K = molekulare Depression). 30 g wasserhaltiges Aethylenbromid. K = 118. 1. Anisöl (Rußland). 2. Cardamomenöl (Ceylon). s A spez. Depression s A spez. Depression C 0,512 i 0,7865 1,0578 1,362 2,022 2,682 0,798 0,771 0,761 0,öU40 1,14U 0,7586 1,668 1,0198 2,193 0,679 0,660 0,64& 0,2653 0,5393 0,8247 0,700 1,410 2,092 Mittelwert : 0,792 0,784 0,761 0,4888 1 1,118 0,7944 i 1,7.33 1,0560 2,233 Mittelwert : 0,686 0,654 0,634 U,77« 0,660 (Moh 5kul arge wicht 152.) (Mole skulargewicht 179.) E. Beckmaon: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. 221 3. Corianderöl (Rußland). 4. Dillöl (Deutschland). spez. Depression C spez. Depression C 0,4729 0,6843 0,9Ü71 0,4673 0,7029 0,9347 1,230 1,670 2,115 1,169 1,692 2,157 Mittelwert: 0,780 0,7.32 0,699 0,760 0,722 0,699 0,4462 0,7010 0,9383 0,5173 0,7629 ],0103 0,729 (Molekulargewicht 162 ) 5. Fenchelöl (Galizien). 1,186 1,817 2,415 1,-329 1,972 2,670 Mittelwert : 0,797 0,778 0,772 0,771 0,775 n.763 0,776 (Molekulargewicht 162.) 6. Kümmelöl (Holland). 0,6492 0,7620 1,0380 0,4670 0,7278 0,9616 1,443 1,959 2,649 1,258 1,900 2,608 Mittelwert: 0,6016 0,7982 1,2182 0,4860 0,7220 1,4334 0,783 (Molekulargewicht 161.) 7. Macisöl (Niederl. Indien). 1,380 2,110 3,120 1,264 1,864 3,640 Mittelwert: 0,826 0,793 0,768 0,780 0,775 n.7ß9 0,784 (Molekulargewicht 151.) 8. Nelkenöl (Zanzibar). 0,2232 0,5208 0,8172 0,3092 0,.5460 0,8610 0,587 1,355 2,060 0,817 1,404 2,155 Mittelwert: 0,5322 0,8684 0,2634 0,7864 1,6672 1,230 1,930 0,605 1,742 3,702 Mittelwert: 0,774 (Molekulargewicht 152.) 9. Pfefferöl (Sumatra). 0,693 0,667 0,689 0,666 U,676 (Molekulargewicht 175.) 10. Pfefferminzöl (Mitcham). 0,6434 0,7848 1,0680 0,6168 0,7762 1,0400 1,043 1,460 1,898 0,963 1,427 1,845 Mittelwert: | 0,553 (Molekulargewicht 213.) 0,2754 0,4322 0,5766 0,2568 0,4027 0,5486 0,688 1,034 1,340 0,618 0,938 1,246 Mittelwert: 0,749 0,718 0,697 0,722 0,699 O.fiKI 0,711 (Molekulargewicht 166.) 222 E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. 11. Cassiaöl (China) 12. Zimmtöl (Ce ylon). s A spez. Depression C s A spez. Depression C 0,4790 0,7435 0,9863 0,5318 0,7948 1,0568 1,305 1,962 2,529 1,465 2,135 2,755 Mittelwert : lekulargewich 0,817 0,792 0,769 0,826 0,806 0.782 0,5384 0,7770 1,0208 0,5850 0,8410 1,0874 0,2362 0,7312 0,9856 (Molt 1,522 2,142 2,760 1,649 2,313 2,925 0,680 2,045 2,690 0,848 0,827 0,811 0,846 0,825 0,807 (Mo 0,799 t 148.) 0,864 0,839 0.819 Mittelwert: | 0,83a ikalargewicht 142.) Ueberblickt man die im vorstehenden mitgeteilten spezifischen Depressionswerte der ätherischen Oele, so fällt die nahe Uebereinstimmung auf. Sehen wir vom Kardamomen-, Nelken- und Pfeflferöl ab, welche niedrigere Werte liefern, so beträgt der durchschnittliche Erniedrigungs- koeffizient aller Oele 0,774, entsprechend einem Molekulargewicht von 152. Von diesem mittleren Erniedrigungskoeffizient weicht bei den einzelnen Oelen der Mittelwert um 7,5 % nach oben, um 8,1 % nach unten im Maximum ab. Diese Uebereinstimmung kommt daher, daß die Einzelbestandteile der hier in Betracht kommenden ätherischen Oele im Molekulargewicht nicht sehr von einander abweichen. Man hat es hier mit Terpenen von der Zusammensetzung CioHje, Mol. -Gew. = 136, oder solchen Derivaten derselben zu tun, welche durch Anlagerung von Sauerstoff, von Wasserstoff, oder auch den Bestandteilen von 1 oder 2 Molekülen Wasser hervorgehen, und also kein erheblich abweichendes Molekular- gewicht besitzen. Unter diesen Umständen dürfte es gewöhnlich auch keinen großen Fehler bedingen, wenn in ein und derselben Droge das ätherische Oel in der Zusammensetzung etwas variiert. Mittleres Molekulargewicht sowie Depressionswert bleiben dabei ziemlich unverändert und hängen wesentlich nur von der Menge des Oeles ab. Uebrigens bleibt noch genauer zu untersuchen, wie weit die Depressionswerte von Oelen ver- schiedener Herkunft und Darstellung variieren können, deren nähere Prüfung der Praxis anheimgegeben werden muß . Um zu zeigen, daß mit Hilfe obiger Depressionswerte mit einer gewissen Annäherung das ätherische Oel in den betreffenden Drogen bestimmt werden kann, sind in der nachfolgenden Tabelle die gefundenen £. Beckmann: Kryoskopie zar Beorteilung der Gewürze etc. 22S a 9 if 1 CM 1 1 «* 00 CO i-H •«*« 1 1 1 1 1 1 lO co" 1 1 00 1 ■ JS o a ■■^2 3 1 cm" 1 c* 00 ec o" 1 1 1 1 1 Oi o ^ — ^— s .- — •>- — V bc *j^ -"% ' ü * '1 □ CO N •c Ja , «c •^ o ■" CO c*- Tj< CM CM CO 1—1 oo_ 00_ ■Tj« 1-1 1-1 r- D- 2® o M CM eo" « -' CO o ec ec' o -«l« ec •<*" ■^" Tt 1-1 CM CO CO ft4 .4-1 ^ 1-t 1-H 1-1 QL4 le« . i 1 a <<-' .2 00 o (X> CO ec s ■>* CO 'm 'S c* CO '>i t^ 00 C^ c* a> P. CO ^ ii ö" CD o" o" o" CO ■<3 CO CO lO CO M 00 Tj< ec 05 >0 r-t OS lO 1—1 OS O t> lO ^^ «? ■<* CT5 . CM OC ) tJ< 1—1 r- OJ ^.^ CM CM s CQ CO 00 00 TK CM 00 00 1 " !! 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Beckmann: Eryoskopie zur Beurteilang der Gewürze etc. Prozentgehalte mit denjenigen verglichen, welche in dem Lehrbuch von Gildemeister und Hoff mann als Resultat der technischen Destillation sich ergeben haben. Die vorstehend untersuchten Gewürze waren teils von der Firma Theuerkauf & Scheibner, Leipzig, teils von der Firma Caesar & Loretz, Halle a. S., geliefert. Bei der Destillation kam im wesentlichen überhitzter Wasserdampf zur Anwendung. Eine Anzahl anderer Gewürze wurde gütigst von der Firma Schimmel & Co. zur Verfügung gestellt; bei deren Destillation ist nach dem Rat dieser Firma zuerst mit Wasserdampf von Atmosphärendruck zur Durch- feuchtung des Gewürzes, sodann mit Wasserdampf von ISO** gearbeitet worden. Auch hier schlössen sich im allgemeinen die Resultate den in der Literatur mitgeteilten an. Prozent- Name Ai Aj Ai-A, Spezifische gehalt an äther. Oele 6 des Heimat vor der nach der = Depression berechnet Gewürzes Destillation Destillation D C 6 D c 1 A.nis Kleinasien 0,901 0,603 0,298 0,778 2,8 2 Anis Saloniki 0,832 0,579 0,253 2,0 3 A.nis I. . . . Rußland 0,760 0,379 0,381 2,9 4 A.nis II . . . Rußland 0,828 0,549 0,279 2,2 5 Coriander Thüringen 0,445 0,829 0,116 J 0,729 1,0 6 Coriander Ungarn 0,546 0,469 0,077 0,6 7 Dill .... — 0,761 0,329 0,432 0,776 3,3 8 Fenchel . . Rumänien 0,984 0,469 0,515 / 0,783 3,9 9 Fenchel . , Galizien 1,077 0,431 0,646 5,0 10 Fenchel . . Lützen 0,890 0,477 0,413 3,2 11 Fenchel . . Mähren 0,977 0,509 0,468 3,6 12 Kümmel . Holland 1,135 0,437 0,698 "k 5,3 13 Kümmel . Tilsit 1,290 0,384 0,906 \ 0,784 6,9 14 Kümmel . Anhalt 1,075 0,400 0,675 5,2 15 Kümmel . Norwegen 1,185 0,382 0,803 6,1 16 Macis . . . Banda 2,141 0,821 1,320 0,774 10,2 17 Nelken . . Zanzibar 2,086 0,119 1,967 } 0,676 17,6 18 Nelken . . Amboina 2,070 0,243 1,827 16,2 19 Nelkenstiele — 0,817 0,129 0,688 0,676 6,1 Die auffallend hoch gefundene Zahl für Malabar-Kardamomen (11,1%), gegen 2 — 8% der Literatur, ist dadurch zu erklären, daU hier nur der Samen nach Entfernung der Kapsel untersucht wurde. Auf die Verschiedenheit der Werte bei Banda-Macis (11,1%; 10,2%) und bei Bombay-Macis (2,1%), sowie bei Nelken (16,2 — 17,6%) und bei Nelkenstielen (6,1 %) mag hier ebenfalls besonders hingewiesen werden. E. ßeckmänn: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. 225 Drogen, die ätherisches Oel nicht fertig gebildet enthalten, sondern dasselbe erst nach dem Zerkleinern durch Behandeln mit Wasser durch Enzymwirkung entwickeln (bittere Mandeln , schwarzer Senf u. a.), können natürlich nicht einfach mit Aethylenbromid extrahiert werden, ebenso verlangt z. B. schwarzer Pfeffer, welcher bei der Destillation neben ätherischem Oel fliichtiees Piperidin abgibt, eine spezielle Be- handlung, worauf im folgenden Abschnitt eingegangen werden wird. D. Bestimmung der ätlierisclien Oele in aromatischen Wässern. Nach den bereits oben gemachten x^ndeutungen kann in aromatischen Wässern, welche durch Destillation der Droge mit Wasserdampf her- gestellt worden sind, das ätherische Oel ohne weiteres mit Aethylen- bromid ausgeschüttelt und aus dem Gefrierpunkt der erhaltenen Lösung ermittelt werden. Dabei ist allerdings in Betracht zu ziehen, daß die dem Wasser zugesetzte Menge Aethylenbromid, infolge der Löslichkeit des Aethylenbromids in Wasser, sich etwas vermindet, sodaß die er- haltenen Depressionen wegen der erhöhten Konzentration zu groß aus- fallen. Ein Pfefferminzwasser, welches mit abgewogener Quantität Pfefferminzöl hergestellt war, ergab tatsächlich zu große Depressions- werte. Daß nur die Löslichkeit des Aethylenbromids diese Abweichung bedingt, folgt daraus, daß der Gefrierpunkt einer Lösung von ätherischem Oel in Aethylenbromid sich beim Durchschütteln mit Wasser erniedrigte, und zwar proportional der Menge des verwendeten Wassers. Zur Ausführung des Versuches verfährt man in folgender Weise: 250 g aromatisches Wasser werden im Scheidetrichter mit 30 g Aethylen- bromid von bekanntem Gefrierpunkt in feuchtem Zustande einige Sekunden kräftig durchgeschüttelt. Nach der bequemen Abtrennung wird der Gefrierpunkt ermittelt. Für 2.50 g Wasser sind 0,03° Depression in Abzug zu bringen. In der Praxis werden die aromatischen Wässer jetzt meist nicht durch Destillieren, sondern durch einfache Mischung von ätherischem Oel mit Wasser dargestellt. Um das Oel besser in dem Wasser ver- teilen zu können, läßt man es von Watte aufsaugen, durch die nun Wasser hindurchgegossen wird, Oder man reibt das Del mit Calcium- phosphat, Magnesiumkarbonat, Zucker, Talk, Kieseiguhr an und schüttelt diese Pulver mit Wasser. Ohne weiteres können auch so hergestellte Wässer mit Aethylenbromid auf ihren Oelgehalt geprüft werden. Anders ist es, wenn das ätherische Oel durch Zusatz von Alkohol löslicher gemacht und dadurch die sogen, konzentrierten Wässer er- zeugt werden. Beim Ausschütteln mit Aethylenbromid geht Alkohol in dieses über und würde die Depression vermehren. Man kann aber den Fehler korrigieren, indem das alkoholhaltige Aethylenbromid Aroh d. Pharm. CCXXXXV. Bds 3. Heft 15 226 E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. nochmals mit 250 g reinem Wasser durchgeschüttelt wird ; der Alkohol geht dann genügend vollständig mit etwas Aethylenbromid in das Wasser über. Der Versuch hat gezeigt, daß sich die nun ergebende Gefrierpunktsbestimmung direkt brauchen läßt. Die Erhöhung des Gefrierpunktes durch Entfernung von Alkohol und die Erniedrigung durch teilweises Lösen von Aethylenbromid kompensieren sich. Wiederholt man das Ausschütteln mit je 250 g Wasser, so wird der Gefrierpunkt um die Korrektionsgröße 0,03" sinken, sobald die Aethylen- bromidlösung ganz von Alkohol befreit war. Zur näheren Information können die folgenden Versuche dienen: I. Das abgewogene ätherische Oel wird nach Verreiben mit Zucker in 1000 g Wasser übergeführt. Zum Versuch dienen 2ß0 g des aromatischen Wassers und 30 g Aethylenbromid. Wasser ab- gewogene Menge äther. Oel A abgelesen 1 ^ Spez. . . Depression korrigiert ^ Promille- gehalt an äther.Oel*) Fenchelwasser . . . Pfefferminzwasser . 0,4978 0,4502 0,360 0,295 0,330 0,265 0,783 0,711 0,506 0,447 Wie man sieht, ist das verwendete ätherische Oel mit genügender Genauigkeit wiedergefunden worden. 11. Die gleichen Wässer nach den Vorschriften des Deutschen Arzneibuches IV, durch Destillation der Drogen mit Wasserdampf her- gestellt, gaben erheblich weniger ätherisches Oel. Wasser esen A korrigiert Spez. Depression C Promille- gehalt an äther. Gel Fenchelwasser . . Pfefferminzwasser 0,170 0,237 0,140 0,207 0,783 0,711 0,21 0,35 III. Das ätherische Oel wurde zunächst in Alkohol gelöst und bis 1000 g mit Wasser versetzt. Nach dem Ausschütteln von 250 g mit Aethylenbromid wurde die Erniedrigung bestimmt, und nach Waschen der Aethylenbromidlösung mit 250 g reinem Wasser die Bestimmung wiederholt. *) In 250 g des aromatischen Wassers seien s Gramm ätherisches Oel. 0,3 A Dann ist Promillegehalt = 4 s. Nun ist s Promillegehalt = -^, — • (vergl. S. 220). Also E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilung der Gewürze etc. 227 ab- Wasser gewogene ^^^^^"^ . Menge 1 ither. Oel A A nach dem Waschen mit Wasser Spez. Depression C Promille- gebalt an &ther. Oal Fenchel wasser . . . 0,4112 Pfeflferminzwasser . 0,5914 0,320 0,390 0,270 0,340 0,783 0,711 0,414 0,574 Mit lOü facher Essenz dargestellte Wässer ergaben bei analoger Behandlung die folgenden Werte: Wasser abgewogene Menge A ^ Spez. Promille- WascSr «^«P»-««^'»" ?«h^^'«" mit Wasser C äther. Oel Fenchelwasser . . . Pfefferminzwasser . aus 100 fach er Essenz aus 100 facher Essenz 0,195 0,227 0,165 0,783 0,24 0,197 0,711 0,33 Bestimmung des ätherischen Oeles in Pfeffer. Wie schon oben erwähnt wurde, wird beim Destillieren von Pfefferpulver mit Wasserdampf aus dem vorhandenen Piperin zum Teil Piperidin abgespalten, welches sich mit dem ätherischen Oel verflüchtigt. Gibt man aber zum Pfefferpulver Wasser und Bisulfat hinzu, so läßt sich mit Wasserdampf von 100" ein aromatisches Wasser gewinnen, aus welchem das ätherische Oel mit Aethylenbromid ausgeschüttelt werden kann. Aus 5 bezw. 10 g Droge konnte in 500 g Destillat alles ätherische Oel übergetrieben werden. Ausgeschüttelt wurde mit je 30 g Aethylenbromid, von den Depressionen kommen 0,06" als Korrektion in Abzug. Menge und Handelssorte abgelesen korrigiert Spez. j Prozent- Depression gehalt an C äther. Oel I. Schwarzer Singapoie 5 g 0,260 II. Schwarzer Lampong 10 g ]' 0,415 111. Weißer Singapore 10 g 0,360 0,200 0,355 0,300 0,553 0,553 0,553 2,17 1,93 1,63 Eine von Herrn Dr. Will gütigst ausgeführte Kontrollbestimmung nach der Methode von K. Mann ergab folgende Werte: Handelssorte I. Schwarzer Singapore II. Schwarzer Lampong III. Weißer Siogapore . Prozentgehalt an ätherischem Oel nach Will-Mann 2,24 1,94 1,70 15* 228 E. Beckmann: Kryoskopie zur Beurteilung der Grjwürze etc. Es versteht sich von selbst, daß die Korrektionsgröße für gelöstes Aethylenbromid sieh mit der Konzentration der Lösung ändert. Hier handelt es sich aber immer um ganz verdünnte Lösungen, für die sie als konstant angenommen werden mag. E. Prüfung von StofiFen, welche fette Oele oder feste Fette enthalten. Prinzipiell lllOlt ™^* ^•''''lo Ferrum glycerin-phosphoric. Wl9vll - llal;l ^UinCl die Cose von 1/2 kg Inhalt Mk. 1.80. €i$eD--fiäl)rzu(ker--Wahao^^*irÄrvo°nÄiÄ^^^^ Leicht verdiiuliclie Eisenpräparate. Den H.H. Aerzten Literatur und Proben kosten- und spesenfrei. Nährmittelfabrik München, 6. m. b. H., in Pasing bei München. Einliegend eine Beilage der Firma Karl Block, Buchhandlung in Breslau I. Druck von Denter & Nicolas, Berlin C, Neue Friedrichstrasse 48. J/V^'^^7»"'- ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben D eutBclien Ap oth.eker - Yerein unter Redaktion von E. Schmidt und H. Beckurts. Band 245. Heft 4 BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1907. Ausgegeben den 26. Juni 1907. INHALT. Seite N. H. Cohen, Lupeol, a- und ß-Amyrin aus Bresk (Schluß) 241 Derselbe, ß-Amyrinacetat aus Balata 2d5 R. Lnclns, lieber die Darstellung quatärer Ammoniumbasen mittelst Alkali aus Additionsprodukten tertiärer Amine mit Alkylenbibromiden 246 L. Rosenthaler, Ueber die adsorbierende Wirkung des Bleisulfids . . 259 A. Schüler, üeber Biphenylderivate aus Oxyhydrochinontrimethyläther und über die Einwirkung von Salpetersäure auf Oxyhydrochinontri- methyläther 262 H. Thoms und A. Schüler, Erfahrungen über das Verhalten von Salpetersäure gegen Phenoläther 284 0. A. Oesterle, Ueber einen Bestandteil des Holzes von Morinda citrifolia L 287 A. Wiebold, üeber Hefe-Extrakte 291 W. Schwabe jan., Ueber einige Alkylderivate des Theophyllins . . . 312 Eingegangene Beiträge. T. Asahina, Untersuchung der Frucht von Styrax Obassia Sieb, et Zuc. W. Schwabe, Fseudotheobromin. E. Schmidt, Ueber Xanthinbasen. E. Schmidt und A. Meyer, Die Wanderung der Alkaloide aus dem Pfropf- reise in die Unterlage. (Geschlossen den 20. VI. 1907.) Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (In der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—. Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A^rchiiv- f^ed.a,k:tioii Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreflfenden Mitteilungen an den Deutschen A-potheker -Verein Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 einzusenden. A n zeigen, */i Seite zum Preise von M 60.— ; 1/2 Seite zum Preise von M 80.—; V4 Seite zum Preise von M 20.— ; V» Seite zum Preise von M 10. — . Die Grundschrift ist Petit. Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. Z. 4300 — M 10.—. Für Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv" entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. N. H. Cohen: Lupeol, a und ß-Amyrin aus Bresk. 241 Außer Lupeol, fand ich im Bresk noch zwei andere Körper, nämlich a- und ß-Amyrin. Dem Alstonin und Isoalstonin bin ich niemals begegnet. Ihre Icdividnalität ist daher recht zweifelhaft, um- libi somehr da sie von Sack viel weniger genau als Alstol, das wie mew gesagt, kein einheitlicher Körper ist, beschrieben sind. Sie bedürfen ijot/* also wohl einer näheren Bestätigung, bevor sie in die Reihe der (.^^ PflanzenstoflFe aufgenommen werden. Das Lupeol würde in relativ großer Menge in folgender Weise erhalten: Der Bresk wurde mit Alkohol extrahiert, nach dem Ab- kühlen setzte sich daraus eine große Menge einer weißen Substanz ab, welche ohne weiteres Umkrystallisieren mit alkoholischem Kali (ungefähr 5% Kali) während einiger Stunden erhitzt wurde. Darauf wurde der größte Teil des Alkohols abdestilliert und die konzentrierte Lösung in viel Wasser gegossen. Nach dem Absaugen und Trocknen der in Wasser unlöslichen Harzalkohole wurde diese Menge nun in wenig Benzol gelöst, mit überschüssigem Benzoylchlorid und Pyridin benzoyliert und das Reaktionsprodukt mit verdünntem Alkohol aus- gezogen, wie schon beschrieben wurde. Um das Lupeolbenzoat rein zu erhalten, wurde das Produkt wiederholt auf dem Wasserbade unter Schütteln mit Aceton erhitzt, bis das Aceton eben kochte, und die erzielte Lösung heiß filtriert; diese Operationen wurden wiederholt, bis sich alles aufgelöst hatte. Ausgehend z. B. von 75 g des ver- seiften Produktes, war nach ungefähr 8 — 10 Extraktionen, jedesmal mit ca. 300—400 ccm Aceton, alles in Lösung gegangen. Aus der ersten Extraktion schieden sich nach dem Erkalten Krystalle aus, welche bei ca. 180*^ schmolzen, die folgenden Extraktionen schieden immer höher schmelzende Krystalle aus, bis die letzten ziemlich reines Lupeolbenzoat gaben. Die Krystalle, welche höher als 220° schmolzen, wurden durch weiteres Umkrystallisieren aus Aceton noch auf Lupeol- benzoat verarbeitet. Die Ausbeute an reinem Lupeolbenzoat betrug nach dieser Methode ungefähr 's des Gewichtes der verarbeiteten Substanz. Es wurden also 20% der Harze als Lupeol isoliert. Der Lupeolgehalt in dem in Alkohol löslichen Anteil ist selbstverständlich größer, und ich glaube sagen zu dürfen, viel größer. Erstens wurde das Lupeol nicht quantitativ durch Umkrystallisieren aus den Benzoaten isoliert, da der Zweck war, mit wenig Mühe möglichst viel Lupeol zu bekommen, zweitens wurde der in Alkohol nicht lösliche Teil der Harze nicht auf Benzoate verarbeitet, da dieses einige Schwierigkeiten verursachte. Einzelne Versuche ließen jedoch vermuten, daß dieser Teil noch viel Lupeol enthält. Da diese Isolierungsmethode für größere Mengen Lupeol noch ziemlich umständlich ist, wurde versucht, ob wiederholtes üm- CvJ A.rch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. i. Heft. 16 242 N. H. Cohen: Lupeol, a- und ß-Amyrin aus Bresk. krystallisieren des Harzes aus Aceton, nicht direkt eine Krystallisation mit einem großen Gehalte an Lupeol geben würde. Zu diesem Zwecke wurden 850 g Bresk mit Alkohol ausgezogen. Die Alkoholextraktionen schieden nach dem Abkühlen Krystalle ab, deren Gewicht 570 g betrug. Die übrigen 280 g bestanden aus dem in Alkohol unlöslichen Teile: 175 g, und dem, was in den Alkoholmutterlaugen gelöst blieb. Die 570 g wurden nun wiederholt aus 3 — 4 1 Aceton umkrystallisiert, bis zum Schluß noch ungefähr 120 g übrig geblieben waren. Dieses war jedoch noch durchaus kein einheitlicher Stoff; er fing schon bei 160° an zu sintern und war erst bei 200° zu einer klaren Flüssigkeit geschmolzen. Diese 120 g wurden daher verseift und 25 g davon benzoyliert. Ich erhielt daraus aber nur Va g Lupeolbenzoat. Der größere Teil dieser Benzoate schmolz in der Nähe von 190°. Dieser Teil wurde wieder verseift und aus Aceton umkrystallisiert; daraus setzten sich lange, seidenglänzende Nadeln ab, welche bei 180 — 181° schmolzen. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus Alkohol erhöhte sich der Schmelzpunkt bis 184 — 185°, der sich durch Umkrystallisieren aus Aceton und Aethylacetat nicht änderte. Dieses Produkt war also ein zweiter, bisher nicht von Sack in Bresk aufgefundener Stoff, der, wie eine nähere Untersuchung lehrte, o-Amyrin war. Die oben- erwähnten 120 g, welche nach dem Umkrystallisieren aus 570 g Harz übrig geblieben waren, bestanden also hauptsächlich aus a-Amyrin (-acetat?). Also dürften in dem Harze auch ungefähr 20% a-Amyrin vorhanden sein, obgleich der Gehalt daran viel größer sein muß, da gewiß sehr viel a-Amyrin in den Acetonmutterlaugen zurückgeblieben ist. Von diesen vereinigten Mutterlaugen, welche also 570 — 120=450 g Harz enthielten, wurde ein Teil des Acetons abdestilliert. Nach dem Abkühlen setzte sich an der Wand des Kolbens eine Kruste ab. Der Kolben wurde nun unter Schütteln auf dem Wasserbade erhitzt, bis das Aceton zu kochen anfing. Die Lösung wurde hierauf schnell ab- gegossen und die Krystalle wiederholt mit kleinen Mengen Aceton in derselben Weise ausgekocht. Es blieb ein Krystallpulver, das in Alkohol und Aceton schwer löslich war, zurück. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus Aceton bildeten sich schöne, lange, prismatische Nadeln, welche bei 235°, korr. 240—241°, schmolzen. Dieses Produkt war also ein dritter, nicht von Sack in Bresk aufgefundener Stolf. Eine nähere Untersuchung zeigte, daß dieser Stoff ß-Amyrinacetat war. Hiervon wurden nur etliche Gramm rein erhalten. Der Gehalt an ß-Amyrinacetat wird aber wohl beträchtlicher sein. Dieser Stoff löst sich nämlich sehr leicht in Alkohol und Aceton, wenn er noch nicht rein ist, während er in reinem Zustande in denselben Lösungsmitteln schwer löslich ist. Ich habe denn auch den Eindruck bekommen, daß N. H. Cohen: Lapeol, a- und ß-Amyrio aus Bresk. 243 Lupeol, a- und ß-Amyrio, die Hauptbestandteile des in Alkohol löslichen Harzes des Bresk sind. lieber die chemische Untersuchung dieser Stoffe, insbesondere des Lupeols, aus welchem unter anderem krystallisierte Oxydationsprodukte dargestellt sind, wird an anderer Stelle berichtet werden. Noch sei hier bemerkt, daß dem Lupeol nicht die Formel C26H42O zukommt, w^ie Likiernik*) und Sack^) annehmen. Nach meinen Unter- suchungen halte ich die Formel CsiHsoO für wahrscheinlich. Bemerkenswert ist, wie verbreitet diese gut definierten Körper in der Pflanzenwelt aufgefunden sind. Das Lupeol wurde zuerst durch Likiernik (1. c) aus Schalen von Lupinus luteus rein dargestellt, späten wurde es durch Sack (1. c.) in der Rinde von Roucheria Gi-iffitliiana aufgefunden, und durch v. Romburgh^) im Harze von verschiedenen Guttaperchasorten als Zimmtsäure-Ester. VanRomburgh vermutete, daß das Krystallalban von Tschirch*) auch Lupeolcinnamat war, was ein Vergleich dieser Körper bestätigte. Während früher von verschiedenen Chemikern aus dem Elemi- harze ein Stoff isoliert wurde, welchen sie Amyrin nannten, zeigte Yesterberg°) durch seine schönen und genauen Untersuchungen, daß das Amyrin kein einheitlicher Stoff ist, sondern aus a- und ß-Amyrin zusammengesetzt ist. Seitdem sind diese Stoffe auch durch viele andere üntersucher aufgefunden. Tschirch®) fand gemeinschaftlich mit anderen «• und ß-Amyrin im Harze von Protium carana und in vielen anderen Elemisorten, Hesse") fand Palmetyl-ß-Amyrin in Cocablättern, v, Romburgh^) 1) Ztschr. f. physiol. Chem. 15, 415(1891); S c h u l z e fand Lupeol auch in den Samenschalen von Lupinus albus. Ztschr. f. physiol. Chem. 41, 474 (1904). 2j Dissert. Göttingen. Diese Arbeit wurde durch Sack und Teilens publiziert. Ber. 37, 4105 (1904). 3) Ber. 37, 3440 (1904). Versl. Konink!. Akad. v. Wet. 1905, 120. *) Arch. d. Pharm. 241, 653 (1903). 5) Ber. 20, 1242, 3201 (1887); 23, 3186 (1890); 24, 3834, 3836 (1891). 8) Arch. d. Pharm. 241, 149 (1903); 240, 205 (1902); 242, 117, 348, 352 (1904). Tschirch gibt an, inaktive Amyrine gefunden 2U haben, welche übrigens in den anderen Eigenschaften mit den Amyrinen von Vesterberg völlig übereinstimmen, während alle anderen Untersucher, insoweit sie das Drehungsvermögen bestimmten, die Amyrine aktiv fanden. Dies ist bemerkens- wert, umsomehr, als er das Krystallalban auch inaktiv fand, während Likierrik, Sack, v. Romburgh und ich nur aktive Lupeolpräparate fanden. Eine nähere Bestätigung dieser Tatsachen bleibt also wünschenswert. 7) Liebigs Annalen 271, 214 (1892). 8) Ber. 37, 3443 (1904); P. v. Romburgh en N. H. Cohen, Versl. Koninkl. Akad. v. Wet. 1905, 495. 16* 244 N. H. Cohen: Lupeol, a- und ß-Amyrin aus Bresk. fand ß-Amyrinacetat in Guttapercha von Fayena Leerii, Mauren - breclier') fand cc-Amyrin in Getah kenari. J. Marek") beschreibt einen Stoff aus dem Milchsafte von Äsclepias syriaca, der nach wiederholtem ümkrystallisieren bei 239 bis 240"^ schmolz; durch Verseifen erhielt er Essigsäure und einen bei 192 — 193^ schmelzenden Alkohol, C30H50O, dessen Benzoat bei 229 bis 230° schmolz. Vesterberg fand für den Schmelzpunkt von ß-Amyrin, -acetat und -benzoat, resp. 193—194°, 235° und 230°. Ohne Zweifel ist dieser Stoff', welcher durch Marek genau beschrieben wurde, und welchem er vorläufig keinen definitiven Namen geben wollte, nur ß-Amyrinacetat gewesen. Wie aus folgender Mitteilung folgt, ist auch das a-Balalba« von Tschirch nur ß-Amyrinacetat gewesen. Wenn man in Betracht zieht, daß a- und ß-Amyrin, Lupeol und natürlich auch das gewöhnliche Phytosterin sehr verbreitet im Pflanzen- reiche vorkommen, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß es durch eine genaue Untersuchung sich zeigen wird, daß viele als einheitliche, kry- stallisierende^) Körper beschriebene Phytosterine, welche aus Pflanzen, aus Rinden, Samen, Sekreten von Bäumen und Pflanzen isoliert sind, nur Gemische oder unreine Stoff'e sind. Die große Zahl der als einheit- liche Stoffe beschriebenen Phytosterine wird dann wahrscheinlich auf eine viel geringere beschränkt werden. Die meisten dieser Phytosterine sind völlig ungenau untersucht. Man hat sich öfters damit begnügt kleine Quantitäten rein darzustellen, bisweilen nur einige Dezigramme, und diese Stoffe zu analysieren. Weiter sind diese cholesterinartigen Körper äußerst schwierig zu analysieren, da sie mit Kupferoxyd verbrannt, leicht zu niedrige Werte für Kohlenstoff*) liefern. Dazu kommt noch, daß man aus den Analysendaten dieser Stoffe und ihrer Ester sich nicht für eine 1) Dissert. Göttingen 1906, S. 36. 2) Journ. f. prakt. Chem. 68, 449 (1903). 8j Untersuchungen und Beschreibungen von nicht krystallisierenden phytosterinartigen (cholesterinartigen) Körpern hat durchaus keinen Zweck, da selbst gut krystallisierende Phytosterine äußerst schwer rein zu bekommen sind. So hat neulich Wind aus, Ber. 39, 4378 (1906), bewiesen, daß das Calabarphytosterin ein Gemenge von zwei anderen Phytosterinen ist. *) Verschiedene üntersucher haben schon darauf hingewiesen bei den Cholesterinderivaten, Diels und Abderhalden, Ber. 36, 3178 (1903); Mauthner und Suida, Monatsh. f. Chem. 17, 49, 586 (1896); Windaus, Ber. 36, 3752 (1903). Van Romburgh fand auch bei den Analysen cholesterinartiger Körper, u. a. Lupeol, daß Kupferoxyd geringere Werte für Kohleastoff gab, als Bleichromat. Bei allen Analysen habe ich denn auch Bleichromat gebraucht, und fand den Kohlenstoflfgehalt von Lupeol auch N. H. Cohen: ß-Amyrinacetat aus Balata. 245 bestimmte Formel entscheiden kann, da bei diesen hochmolekularen Stoffen mit hohem Kohlenstoffgehalte der Unterschied der für Formeln, welche durch mehrere CH2-Gruppen differieren, berechneten Werte innerhalb der Fehlergrenzen fällt. Für diese Stoffe können nur die Analysen von Derivaten, wie zum Beispiel von Halogenderivaten, für die Formel entscheiden. Bei der Untersuchung solcher Körper soll man sich also nicht begnügen, wenn beim Umkrystallisieren der Schmelzpunkt konstant bleibt, sondern man überzeuge sich durch Verestern und darauffolgendes Verseifen des Stoffes, ob eine einheitliche Substanz vorliegt. Weiter soll man beim Analysieren unbekannter cholesterinartiger Körper mit Bleichromat, und dabei sehr vorsichtig, verbrennen. Org.-chem. Laboratorium der Universität Utrecht. P-Amyrinacetat aus Balata. Von N. H. Cohen. A^or kurzer Zeit teilte Tschirch') eine Untersuchung über die Bestandteile der Balata mit. Unter anderem wurde daraus ein in Nadeln krystallisierender Stoff' isoliert, von Tschirch a-Balalban genannt, welcher bei 230—231° schmolz, und dessen Analyse zur Formel C27H42O2 führte. Durch Verseifen fand Tschirch keine Säure in diesem Harze, da er nur nach krystallisierten Säuren suchte. Dies Verhalten lieferte mir Fingerzeige, daß vielleicht in Balata auch Acetate anwesend sein könnten, und das sogenannte a-Balalban mit ß-Amyrinacetat identisch sein könnte. Unschwer wurde auch nach der von Tschirch beschriebenen Methode die bei 231° schmelzende Substanz gefunden. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aas Aceton fand ich den Schmelzpunkt bei 235°. Verseifen mit alkoholischem Kali gab Essigsäure und einen bei 195° schmelzenden Alkohol. Ester und Alkohol mit resp. ß-Amyrinacetat und ß-Amyrin gemischt, gaben keine Schmelzpunktserniedrigung, wodurch bewiesen ist, daß a-Balalban nichts anderes als ß-Amyrinacetat ist, und der Name a-Balalban gestrichen werden muß. Org.-chem. Laboratorium der Universität Utrecht. höher als Likiernik und Sack. Auf der Verwendung von Kupferoxyd anstatt Bleichromat wird auch wohl beruhen, daß Tschirch für den Stoff, welchen er a-Balalban nannte, ufld welcher mit ß-Amyrinacetat identisch ist, 0,8% Kohlenstoff zu wenig fand (der Mindergehalt von 0,55% H2O kann natürlich nicht daher rühren), und daß Mauren brechet für das o-Amyrin und seine Derivate 0,7—1 % Kohlenstoff zu wenig fand. 1) Arch. d. Pharm. 243, 358 (1905). R. Lucias: Darstellung von Ammoniumbasen. Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. Mitgeteilt von H. Thoms. lieber die Darstellung quartärer Ammoniumtiasen mittels Alkali aus Additionsprodukten tertiärer Amine mit Alkylenbibromiden. Von Dr. R. Lucius. (Eingegangen den 6. IV. 1907.) Wegen der großen Beständigkeit der Halogensalze der quartären Ammoniumbasen gegen Alkalihydroxyde gelingt es bekanntlich nicht, die Basen mit wässeriger Kali- oder Natronlauge daraus frei zu machen. Zu ihrer Darstellung bedient man sich allgemein der Methode von A. W. V. Hof mann, indem die Halogensalze der Basen mit feuchtem Silberoxyd behandelt werden. Man erhält so die freien Ammonium- hydroxydbasen : 2R4NX + AgaO -f H2O = 2R4NOH -f 2AgX. Wie neuerdings Walker und Johnston') fanden, werden die genannten Basen, im Gegensatz zur wässerigen, durch alkoholische Kalilauge leicht in Freiheit gesetzt. Ein gleiches Verhalten gegenüber wässerigem Alkali zeigen die- jenigen quartären Ammoniumbasen, die eine halogensubstituierte Alkyl- gruppe enthalten. Aus diesen Verbindungen kann das Halogen ebenfalls leicht durch Behandeln mit feuchtem Silberoxyd eliminiert werden. Auch durch Erhitzen mit Wasser auf 140—150° wird, wie E. Schmidt^) sowie auch Krüger und Bergell^) feststellten, ein Austausch der Halogenatome gegen Hydroxyl bewirkt. Es lag nun die Vermutung nahe, daß die halogensubstituierten Basen gleichfalls mit alkoholischer Kalilauge in Reaktion treten würden. Auf Veranlassung und unter Leitung von Herrn Professor Thoms habe ich daher im Pharma- zeutischen Institut der Universität Berlin eine Anzahl derartiger Ver- bindungen durch Kondensation von tertiären Aminen mit Alkylen- bibromiden dargestellt und ihr Verhalten gegenüber alkoholischer Kali- auge studiert. ») See. 87, 955. 2) Annal. d. Chem. 337, 51. 3; Ber. d. d. chem. Ges. 36, 2903. R. Lucius: Darstellung von AmmoDiumbasen. 247 Es zeigte sich dabei, daß analog wie bei der Behandlung mit feuchtem Silberoxyd das an Stickstoff gebundene Bromatom durch die Hydroxylgruppe ersetzt wird, während das Bromatom des Alkyls als Brom Wasserstoff austritt, wodurch doppelte Bindung zwischen den zugehörigen Kohlenstoffatomen stattfindet. Die Reaktion wurde an den im folgenden beschriebenen Körpern durchgeführt. Die salzsauren Salze der bei der Einwirkung der alkoholischen Kalilauge erhaltenen ungesättigten und gesättigten Basen erwiesen sich fast sämtlich als stark hygroskopisch. Sie eigneten sich nicht zur Analyse und wurden deshalb in die entsprechenden Platindoppelsalze tibergeführt und als solche analysiert. Die sämtlichen Platinsalze krystallisierten ohne Krystallwasser. Trlmethy Ibromäthylammoniumbromid : CHa Br CHa • N (CH8)8. Br Die Darstellung des Trimethylbromäthylammoniumbromids erfolgte nach der von A. W. v. Hof mann*) gegebenen Vorschrift durch Be- handeln von 33%iger alkoholischer Trimethylaminlösung mit über- schüssigem Aethylenbromid im Einschlußrohr bei 50°. Platindoppelsalz : [Ca H« Br • N (CH3)8 Cl]a PtCU. Zur Darstellung der Platinverbindung wurden 1,5 g des Salzes in wässeriger Lösung mit überschüssigem Chlorsilber digeriert und die so erhaltene salzsaure Base nach dem Abfiltrieren vom Halogensilber mit Platinchloridlösung versetzt. Der entstandcLe, gelbe Niederschlag bildete nach dem Umkrystallisieren aus heißem salzsäurehaltigen Wasser kleine, orangegelbe Oktaeder, die in kaltem Wasser sehr schwer löslich sind. Die Krystalle schmelzen, im Einklang mit den Angaben von J. Bode^), unter Zersetzung bei 248 — 249^. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3810 g gaben 0,09;^8 g Ft. Gefunden: Berechnet für CioHaeNaUraPtCJa: Pt = 25,93 26,26%. Trimethyl viny lammoniumplatinchlorid : [ Ca Hs • N (CH8)3 Cl Ja PtCU. 2,5 g Trimethylbromäthylammoniumbromid wurden in 15 ccm Alkohol gelöst, mit einer Auflösung von 1,25 g Kaliumhydroxyd in 15 ccm Alkohol versetzt und eine Stunde im Wasserbade erwärmt. 1) Chem. Centralbl. 1858, 913. 8) Annal. d. Chem. 267, 270. 248 R. Lucius: Darstellung von Ammoniumbaseo. Die Flüssigkeit färbte sich dabei unter Abscheidung von Bromkalium gelblich. Das nach Trimethylamin riechende Reaktionsprodukt wurde bis zur schwach sauren Reaktion mit Salzsäure versetzt, von dem ab- geschiedenen Kaliumsalz abfiltriert und im Wasserbade zur Trockne verdampft. Der so erhaltene, stark hygroskopische Krystallbrei wurde zur Darstellung des Platindoppelsalzes in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und mit Platinchloridlösung versetzt. Nach einiger Zeit schieden sich aus der Flüssigkeit oi'angefarbene Krystalle ab, die in Wasser ziemlich leicht löslich sind und nach dem Umkrystallisieren kleine, wohlausgebildete Oktaeder darstellen, deren Schmelzpunkt unter Zersetzung bei 213° liegt. Nach J. Bode (1. c.) schmilzt Neurin- platinchlorid bei 213—214°. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3312 g gaben 0,1108 g Pt. Gefunden: Berechnet für CioHaiNgPtOa: Pt = 33,45 33,59%. Trimethyloxäthylammoniumplatinchlorid: [C2H4OH • N(CH8)3Cl]2PtCl4. 2,5 g Trimethylbromäthylammoniumbromid wurden in gleicher Weise in 15 ccm Alkohol gelöst, mit einer Auflösung von 1,25 g Kaliumhydroxyd in 15 ccm Alkohol versetzt und im Einschlußrohr eine Stunde lang auf 120° erhitzt. Beim Oeffnen des Rohres war in demselben nur ein geringer Druck vorhanden. Die Flüssigkeit hatte eine braunrote Färbung angenommen und roch stark nach Trimethyl- amin. Nach dem Ansäuern mit Salzsäure wurde die von dem Kalium- salz abfiltrierte Lösung im Wasserbade zur Trockne verdampft. Der Rückstand wurde in salzsäurehaltigem Wasser aufgenommen, von den ungelösten, braunen Zersetzungsprodukten abfiltriert und mit Platin- cbloridlösung versetzt. Beim Eindampfen schied sich aus der Flüssigkeit anfangs ein schwer lösliches Platinsalz aus, das aus Trimethylvinyl- ammoniumplatinchlorid bestand; später konnte eine reichliche Menge eines sehr leicht löslichen Platinsalzes gewonnen werden, das in rubin- roten Nadeln krystaliisiert und bei 234—235° unter Zersetzung schmilzt. Krystallform und Schmelzpunkt stimmen mit den in der Literatur für Cholinplatinchlorid angegebenen überein. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3708 g gaben 0,1184 g Pt. Gefunden: Berechnet für CioHsgOaNaPtOB: Pt = 31,42 31,63%. R. Lucius: Darstellung von AmmoDiumbasen. 249 Hexamethyltrimethylendiammoniumbromid: CH2<^|]3 • N (gH8)8Br Das Hexamethyltrimethylendiaramoniumbromid wurde naf-h den Angaben von Roth^) durch Stunden langes Erhitzen eines Gemisches von 14 g 33%iger, wässeriger Trimethylaminlösung, 16 g Trimethylen- bromid und 20 g absolutem Alkohol auf ö5° im Wasserbade dargestellt, Platindoppelsalz : Ca He [N (CH8)8 Cl I2 Pt CI4. 0,75 g Hexamethyltrimethylendiammociumbromid wurden durch Behandeln mit frisch gefälltem Chlorsilber in das Chlorid verwandelt und das Filtrat mit Platinchloridlösung versetzt. Das erhaltene Platin- doppelsalz bildet nach dem Umkrystallisieren aus heißem, salzsäure- haltigem Wasser orangerote Blättchen, die sich in kaltem Wasser schwer lösen. Das Salz schmilzt unter Zersetzung bei 274—27.0°. Analyse der bei 100 ** getrockneten Verbindung: 0,3562 g gaben 0,1218 g Pt. Gefunden: Berechnet für C9 Hss N.3 Pt Oe : Pfc = 34,19 34,30%. Beim Einwirken alkoholischer Kalilauge auf das Hexamethyl- trimethylendiammoniumbromid entstand die entsprechende freie Base von der Formel CH2< CHa.N(CH3)8ÜH CH2-N(CHb)8 0H' die nach dem üeberfiihren in das Hydrochlorid durch ihr Platindoppel- salz, das mit dem vorhergehenden identisch war, identifiziert wurde. Analyse des bei 100** getrockneten Platinsalzes: 0,2772 g gaben 0,0944 g Pt. Gefunden: Berechnet für CflHaiNoPtOe: Pt = 34,05 34,30%. Trimethyl • 7 - brompropylammoniumbromid : CHaBr • CH3 • CH« • N (CH8)8. Br Aus der Lauge vom Hexamethyltrimethylendiammoniumbromid wurde beim Hinzufügen von Aether anfangs ein Körper von nicht konstanter Zusammensetzung gefällt. Später wurden beim erneuten Hinzufügen von Aether und längerem Stehenlassen Krystalldrusen von gelblichweißer Farbe erhalten, die zerrieben ein rein weißes Pulver bilden und bei 208° schmelzen. Die Krystalle sind in absolutem Alkohol, ebenso in Wasser leicht löslich. ») Ber. d. d. ehem. Ges. 14, 1351. 250 R. Lucius: Darstellung von AmmoDiumbasen. Analyse der bei 100° getrockneten Substanz: 0,1936 g gaben 0,1970 g COg und 0,0982 g HgO. 0,2314 g gaben 11,2 ccm N (180 und 760 mm). 0,1524 g gaben 0,2201 g AgBr. Gefunden: Berechnet für CßHitNBra: C = 27,75 27,57% H = 5,69 5,83 „ X = 5,59 5,37 „ Br = 60,98 61,24 „. Platindoppelsalz: [CsHeBr • N(CHa)8Cl]3PtCl4. Das aus 0,75 g des Trimethyl-Y-brompropylammoniumbromids nach dem Ueberführen in das Chlorid dargestellte Platindoppelsalz ist in kaltem Wasser schwer löslich und bildet nach dem Umkrystallisieren aus heißem salzsäurehaltigen Wasser orangerote Nadeln und rhombische Tafeln, die unter Zersetzung bei 258 — 259" schmelzen. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,2668 g gaben 0,0672 g Pt. Gefunden: Berechnet für CiaHBoNaBraPtClß: Pt = 25,19 25,30%. TrimethylallylammonJumplatinchlorid: [C3H5 • N(CH8)3Cl]aPtCl4. Zur Darstellung dieses Salzes wurden 1,5 g Trimethyl-7-brom- propylammoniumbromid mit 0,75 g Kaliumhydrosyd, in 15 ccm absolutem Alkohol gelöst, eine Stunde auf dem Wasserbade erwärmt. Die so in Freiheit gesetzte Base wurde mit Salzsäure neutralisiert und von dem abgeschiedenen Kaliumsalz abfiltriert. Nach dem Verdunsten des Alkohols wurde die wässerige Lösung mit Platinchloridlösung versetzt. Beim allmählichen Verdampfen der Lösung wurde das Trimethylallyl- ammoniumplatinchlorid in Form orangeroter, in Wasser leicht löslicher Oktaeder erhalten. Die KrystaUe schmelzen unter Zersetzung bei 215—216»; nach J. Weiß^) bei 215°. Analy.se der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3217 g gaben 0,1038 g Pt. Gefanden: Berechnet für CiaHjgNaPtClg: Pt = 32,27 32,04%, CHa-N(C2H5)3Br Hexäthyldimethylendiammoniumbromjd : | CH2-N(CaH5)8Br. Ein Gemisch von 7,5 g Triäthylamin, 15 g Aethylenbromid und 10 ccm absolutem Alkohol wurden in der Druckflasche 6 Stunden auf 1) Annal. d. Chem. 268, 149. R. Lucios: Darstellung von Ammoniumbasen. 251 30 — 90° erhitzt. Beim Erkalten schieden sich aus der schwach gelb- lichen Flüssigkeit Krystallnadeln in reichlicher Menge aus. Der er- haltene Körper wurde nach dem Absaugen aus heißem absolutem Alkohol umkrj^stallisiert und so in Form schön ausgebildeter, derber Prismen erhalten, die in kaltem Alkohol schwer, in Wasser leicht löslich sind Der Schmelzpunkt der Verbindung liegt bei 24.5—240°. Analyse der bei 100° getrockneten Substanz: 0,2102 g gaben 0,3300 g COg und 0,1627 g HjO, 0,2184 g gaben 13,7 com N (16° und 763 mm). 0,1673 g gaben 0,1615 g AgBr. Gefanden: Berechnet für Ci4H84N9Bra: C = 42,82 43,04% H = 8,75 8,79 „ N = 7,34 7,19 „ Br = 41,07 40,96 „. Platindoppelsalz: C2H4[N(C2H5)8Cl]2PtCl4. Das aus 1 g Hexäthyldimethylendiammöniumbromid mit Chlor- silber hergestellte Chlorid gab beim Versetzen mit Platinchloridlösung nach einigem Stehen ein in orangeroten Kadeln krystallisierendes Platindoppelsalz, das unter Zersetzung bei 211° schmilzt. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,2754 g gaben 0,0844 g Pt. Gefunden: Berechnet für C;4HB4N3PtC)8: Pt = 30,65 30,53%. Durch Behandeln des Hexäthyldimethylendiammoniumbromids mit alkoholischer Kalilauge entstand die freie Base CH3.N(C,H5)80H I CHa.N(C9H6)8 0H, deren salzsaures Salz eine mit der vorhergehenden identische Platin- verbindung liefert. Analyse de? bei 100° getrockneten Platinsalzes: 0,2999 gaben 0,0912 g Pt. Gefanden: Berechnet für Ci4H84NaPtC)9: Pt = 30,41 80,53%. Triäthylbromäthylammonlumbromid: CHgBr • CHa • N(C2H5)8. Br Die Lauge vom Hexäthyldimethylendiammoniumbromid wurde mit Aether versetzt und das dabei zuerst ausfallende Salz abfiltriert. Die beim weitereu Hinzufügen von Aether sich abscheidenden Krystalle 252 R. Lucius: Darstellung von AmmoniumbaseD. bildeten kleine weiße Nädelchen, deren Schmelzpunkt bei 241 — 242*^ liegt. Der Körper wird von absolutem Alkohol, ebenso auch von Wasser leicht gelöst. Analyse der bei 100° getrockneten Substanz: 0,1765 g gaben 0,2163 g COa und 0,1038 g HgO. 0,2262 g gaben 9,6 com N (15° und 767 mm). 0,1895 g gaben 0,2453 g AgBr. Gefunden: Berechnet für CsHjoNBrg: C = 33,42 32,20% H = 6,59 6,63 „ N = 5,02 4,85 „ Br = 55,09 55,30 „. Platindoppelsalz : [C2H4 Br • N (C2H5)3 ClJa Pt CI4. 0,75 g Trimethylbromäthylammoniumbromid wurden in das Chlorid durch Behandeln mit Chlorsilber übergeführt und mit Platinchlorid- lösung versetzt. Nach einigem Stehen schieden sich aus der Lösung orangegelbe, in Wasser schwer lösliche, säulenförmige Krystalle aus, die bei 237 — 238'' unter gleichzeitiger Zersetzung schmelzen. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3125 g gaben 0,0734 g Pt. Gefunden: Berechnet für CiBHegNaBraPtClB: Pt = 23,49 23,58%. Triäthylvinylammoniumplatinchlorid: [Ca H3-N (02115)3 ClJaPtCU. 1,5 g Triäthylbromäthylammoniumbromid wurden mit einer Auf- lösung von 0,75 g Kaliumhydroxyd in 15 ccm Alkohol etwa eine Stunde auf dem Wasserbade erwärmt. Die Flüssigkeit wurde hierauf mit Salzsäure neutralisiert und die Lösung von dem ausgeschiedenen Kaliumsalz abfiltriert. Nach dem Verdampfen des Alkohols wurde der Rückstand in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und mit Platin- chloridlösung versetzt. Aus der auf ein kleines Volumen eingedampften Flüssigkeit schieden sich orangerote Oktaeder und tafelförmige Rhomboeder von Triäthylvinylammoniumplatinchlorid aus. Die Krystalle sind in Wasser ziemlich leicht löslich; ihr Schmelzpunkt liegt unter Zersetzung bei 208°. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,2945 g gaben 0,0871 g Pt. Gefunden: Berechnet für CioHBaNaPtOc: Pt = 29,58 29,34%. R. Lucius: Darstellung von AmmoniumbaseD. 253 Hexäthyltrimethylendiammoniumbromid: CH2<^^2N(C2H5)8Br Eine Mischuug von 7 g Triäthylamin, 15 g Trimethylenbromid und 10 ccm absolutem Alkohol wurde in einer Druckflasche ü Stunden lang im Wasserbade auf 80 — 90® erwärmt. Die schwach gelblich ge- färbte Flüssigkeit wurde hierauf zur Trockne verdampft und der Rückstand in wenig heißem absoluten Alkohol gelöst. Aus dieser Lösung schied sich beim Erkalten eine reichliche Menge von prisma- tischen Krystallen aus, deren Schmelzpunkt nach nochmaligem Um- krystallisieren bei 245° liegt. Analyse der bei 100° getrockneten Substanz: 0,1831 g gaben 0,2979 g COg und 0,1454 g HgO. 0,21 )7 g gaben 12,3 ccm N (14o und 765 mm). 0,2004 g gaben 0,1871 g AgBr. Gefunden: Berechnet für CisHeflNaBra: C = 34,37 44,51% H = 8,90 8,99 „ N = 6,82 6,94 „ Br = 39,73 39,54 „. Platindoppelsalz : Cg Hg [N (C2 H5)3 ClJa Pt CI4. Nach dem üeberführen von 0,75 g Hexäthyltrimethylendiammonium- bromid in das Chlorid wurde nach dem Hinzufügen von Platinchlorid- lösung beim Eindampfen der Flüssigkeit ein in Wasser leicht lösliches Platindoppelsalz erhalten, das in orangefarbigen Nadeln krystallisiert und unter Zersetzung bei 220° schmilzt. Analyse der bei 100** getrockneten Verbindung: 0,2698 g gaben 0,0799 g Pt. Gefunden: Berechnet für CisHgjNaPtCle: Pt = 29,61 29,88%. Durch Behandeln mit alkoholischer Kalilauge entstand aus dem Hexäthyltrimethylendiammoniumbromid unter Abscheidung von Brom- kalium Hexäthyltrimethylendiammoniumhydroxyd : P„^CH9-N(CaH8>8 0H ^"2'^CH2-N(CaH5)8 0H' dessen salzsaures Salz mit Platinchloridlösung ein dem obigen ent- sprechendes Platindoppelsalz lieferte. Analyse des bei 100° getrockneten Platinsalzes: 0,2801 g gaben 0,0834 g Pt. Gefunden: Berechnet für CiBHeuNaPtCla: Pt = 29,78 29,88%. 264 R. Lucius: Darstellung von Ammoniumbasen. Triäthyl Y brompropylammoniumbromid: CH2Br- CHg CHg ■ N(C2H5)3. I Br Durch Hinzufügen von Aether zur Lauge vom Hexäthyltrimethylen- diammoniumbromid fiel anfangs ein Körper, dem nochHexäthyltrimethylen- diammoniumbromid beigemengt war. Später konnte Triäthyl-7-brom- prcpylammoniumbromid in Form kleiner, weiUer Kryställchen, die in Alkohol leicht löslich sind, erhalten werden. Der Schmelzpunkt der Verbindung liegt bei 227—228". Analyse der bei 100" getrockneten Substanz: 0,1756 g gaben 0,2312 g COa und 0,1117 g H9O. 0,2574 g gaben 10,8 com N (20° und 760 mm). 0,1837 g gaben 0,2266 g ÄgBr. •* Gefunden: Berechnet für CgHaiNErg: C = 35,91 35,62% H = 7,13 6,99 „ • N = 4,80 4,63 „ Br = 52,51 52,74 „. Platindoppelsalz : [G3 He Br • N (Ca H5)8 ClJa Pt Cl*. 0,75 g Triäthyl-7-brompropylammoniumbromid wurden durch Be-* handeln mit Chlorsilber in das Chlorid übergeführt und aus diesem das Platindoppelsalz dargestellt. Dasselbe bildet in kaltem Wasser schwer lösliche, orangefarbige Krystallblättchen, die bei 247 — 249" unter Zer- setzung schmelzen. Analyse der bei 100" getrockneten Verbindung: 0,2819 g gaben 0,0637 g Pt. Gefunden: Berechnet für Ci8H42NaBraPtC)6: Pt = 22,60 22,81 %. Triäthy lallylam moniumplatinchlorid : [C3 H5 • N (Ca Hb)3 ClJa Pt CI4. 1,5 g Triäthyl-7-brompropylammoniumbromid wurden mit einer Auflösung von 0,75 g Kaliumhydroxyd in 15 ccm absolutem Alkohol eine Stunde lang in der Wärme behandelt. Die Flüssigkeit wurde alsdann mit Salzsäure neutralisiert und nach dem Abfiltrieren vom ausgeschiedenen Kaliumsalz der Alkohol im Wasserbade verdampft. Der Rückstand wurde in wenig salzsäurehaltigem Wasser gelöst und mit Platinchloridlösung versetzt. Beim Eindampfen dieser Flüssigkeit wurde ein in orangeroten Oktaedern krystallisierendes, in Wasser leicht lösliches Platindoppelsalz erhalten, dessen Schmelzpunkt unter Zersetzung bei 213" liegt. Analyse der bei 100" getrockneten Verbindung: 0,3076 g gaben 0,0871 g Pt. Gefunden: Berechnet für Ci8H4oNgPtC)9: Pt= 28,32 28,15%. R. Lucius: Darstellung von Ammoniumbasen. 255 Tribenzylbromäthylammoniumbromid: CHo Br ■ CHs-N (Co H5 0112)8. Br Im Einschlußrohr wurde eine Auflösung von 5 g Tribenzylamin in 5 g Aethylenbromid, 7,5 ccm absolutem Alkohol und 7,5 ccm Aether 18 Stunden lang auf ca. 150° erhitzt. Die Flüssigkeit hatte dabei eine gelbliche Farbe angenommen und eine reichliche Menge von farblosen Krystallen abgeschieden. Nach dem Verdampfen der Lösung wurde der Rückstand aus heiUem absoluten Alkohol umkrystallisiert. Die so erhaltenen Krystalle bildeten kleine, weiße Nädelchen, die bei 263" schmelzen. Die Verbindung ist sowohl in kaltem Alkohol als auch in kaltem Wasser schwer löslich. Beim Krystallisieren aus verdünntem Alkohol wird sie in Form derber Prismen erhalten. Analyse der bei 100° getrockneten Substanz: 0,1990 g gaben 0,4250 g COa und 0,0930 g HgO. 0,3348 g gaben 8,8 ccm N (16 und 761 mm). 0,1901 g gaben 0,1496 g AgBr. Gefunden: Berechnet für CsBH25NBr3: C = 58,25 58,07 % H = 5,24 5,31 „ N = 3,07 2,95 „ Br = 33,49 33,65 „. Platindoppelsalz: [C2H4Br-N(C6H5- CH2)3Cl]2PtCl4. Das aus 0,75 g des Tribenzylbromäthylammoniumbromids her- gestellte Chlorid gab ein in kaltem Wasser schwer lösliches, in orange- gelben Nadeln krystallisierendes Platindoppelsalz, dessen Schmelzpunkt unter Zersetzung bei 226—227° liegt. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,2622 g gaben 0,0423 g Pt. Gefunden: Berechnet für C46H6oNaBr3PtCl6: Pt = 16,13 16,26%. TribenzyJvinylammonJumplatlnchiorid: [C2H8 NCCeHg- CH2)8Cl]2PtC]4. Zur Darstellung dieser Verbindung wurden 1,5 g Tribenzyl- bromäthylammoniumbromid mit einer Lösung von 0,75 g Kaliumhydroxyd in 15 ccm absolutem Alkohol eine Stunde gelinde auf dem Wasserbade erwärmt. Nach dem Neutralisieren mit Salzsäure wurde der Alkohol, nachdem das ausgeschiedene Kaliumsalz vorher abfiltriert worden war, verdampft, und der Rückstand mit salzsäurehaltigem Wasser auf- genommen. Beim Hinzufügen von Platinchloridlösung fielen beim Ein- dampfen uadelförmige, schön orangerote Krystalle aus, die unter Zer- setzung bei 216° schmelzen. 256 R. Lucius: Darstellung von Ammoniambasen. Analyse der bei 100° getrockneten Yerbindang: 0,2724 g gaben 0,0510 g Pt. Gefunden: Berechnet für Q6H48NaPtC'6- Pt = 18,72 18,80 ■>,. Tribenzyl-y-brompropyiammoniumbromid: CH2BrCH.rCH.2X(C6H5-CH2)3. I Br Eine Lösung von 5 g Tribenzylamin in 7,5 ccm absolutem Alkohol und 7,5 ccm Aether wurde zusammen mit 6 g Trimethylenbromid 24 Stunden im Einschlußrohr auf ca. 130° erhitzt. Die Flüssigkeit, in der sich eine reichliche Menge von Nadeln abgeschieden hatte, wurde zur Trockne verdampft und der Rückstand in heißem absoluten Alkohol gelöst. Beim Erkalten schieden sich aus der Lösung weiße, nadei- förmige KrystaUe aus, deren Schmelzpunkt bei 259 — 260* liegt. Analyse der bei 100° getrockneten Substanz: 0,1876 g gaben 0,4024 g COg und 0,0919 g HjO. 0,3148 g gaben 8,1 ccm N (i60 und 758 mm). 0,1994 g gaben 0,1538 g Ägßr. Gefunden: Berechnet für Ca4H27NBra: C = 58.78 58,86 "o H = 5,52 5.57 „ N = 2,99 2;86„ Br = 32:82 32,68 „. Platindoppelsalz: [C3H6BrN(C6H5CH2)8Cl]2PtC]4. 0,75 g Tribenzyl-f-brompropylammoniumbromid wurden in das Chlorid verwandelt und die Lösung mit Platinchlorid versetzt. Aus dieser Flüssigkeit schied sich beim Stehen das Platindoppelsalz in orangeroten Xadeln ab, die bei 230 — 231 ° unter Zersetzung schmelzen. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3423 g gaben 0,0537 g Pt. Gefunden: Berechnet für C48H54N2PtC*e: Pt = 15,69 15,88%. Tribenzylallylammoniumplatlnchlorjd: [C3H5 N(C6H5CH2)Cl]2PtCl4. Diese Verbindung wurde erhalten, indem 1,5 g Tribenzyl-Y-brom- propylammoniumbromid auf dem Wasserbade mit 0,75 g in 15 ccm absolutem Alkohol gelöstem Kaliumhydroxyd behandelt wurden. Nach- dem die Flüssigkeit mit Salzsäure neutralisiert und der Alkohol nach dem Filtrieren verdampft worden war, wurde der Rückstand in salz- säurehaltigem Wasser gelöst. Nach Hinzufügen von Platinchloridlösung wurde die Flüssigkeit eingedampft, wobei das Platindoppelsalz in orangeroten, nadeiförmigen Kry stallen ausfiel. Die Verbindung schmilzt unter Zersetzung bei 218—219°. R. Lucius: Darstellung von Ammoniumbasen. 257 Aufjlyse des bei lOO" getrockneten Salzes: 0,2940 g gaben 0,0543 g Pt. Gefunden: Berechnet für CisllBaNaPlCIo Pt = 18,47 18,30% Tropinbromäthylammoniumbromid: CHgBrCHgNCgHiäO. Br Das Tropinbromäthylammoniambromid wurde nach dem Verfahren von A. van Son') darch Erhitzen von 5 g Tropin mit 10 g Aethylen- bromi'i im Einschlußrohr auf 100° dargestellt. Platindoppelsalz : [Ca H4 Br ■ N • Cg Hjs • C1J.3 Pt CU- Das durch Digestion von 0,75 g Tropinbromäthylaramoniurabromid mit Chlorsilber erhaltene Chlorid wurde mit Platinchloridlösung ver- setzt. Xach längerem Stehen schieden sich aus der Lösung orange- farbige Krystallnadeln ab, deren Schmelzpunkt bei 215 — 210° liegt; nach van Son (1. c.) bei 215°. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3225 g gaben 0,0702 g Pr. Gefunden: Barechnet für CjoUssOa^J^aßraPttJ'e • Pt = 21,77 21,50%. Tropjnvinylammoniumplatinchlorid : [C2H3 • N • CgHijO • Cl].2Pt CI4. Das Tropinvinylammoniumplatinchlorid wurde erhalten durch Behandeln von 1,5 g Tropinbromäthylammoniumbromid mit einer alkoholischen Lösung von 0,75 g Kaliumhydroxyd unter Erwärmen im Wasserbade und Neutralisieren der alkalischen Flüssigkeit mit Salz- säure. Das nach dem Filtrieren und Eindampten gewonnene h3'gro- skopische Salz wurde in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und in das Platindoppelsalz übergeführt. Das letztere schied sich aus der stark eingeengten Lösung in Form orangeroter Täfelchen ab, die, in Ueber- einstimmung mit den Angaben von van Son (1. c), unter Zersetzung bei 214° schmelzen. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,2903 g gaben 0,0766 g Pt. Gefunden: Berechnet für CajHgaOsNaPtOa: Pt = 26,39 26,18%. Tropin - , • brompropylammoniumbromid : CHa Br • CHa • CHo • N • Cg HjsO. I Br Zur Darstellung dieser Verbindung wurden 5 g Tropin und 8 g Trimethylenbromid in 10 ccm Alkohol gelöst und im Einschlußrohr »j Arch d. Pharm. 235, 688. Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Kds. 4 lieft 17 258 ^. Lucius: Darstellung von Ammoniumbasen. Stunden lang auf 100° erhitzt. Aus der Flüssigkeit, die dabei eine gelbliche Farbe angenommen hatte, schied sich in der Kälte ein weißes Krystallmehl ab. Durch ümkrystallisieren aus heißem absoluten Alkohol wurde der Körper in Form feiner, weißer Krystallblättchen erhalten. Das Tropin-7-brompropylammoniumbromid ist in kaltem absoluten Alkohol schwer löslich und schmilzt bei ca. 310°. Analyse der bei 100° getrockneten Substanz: 0,1921 g gaben 0,2697 g COg und 0,1049 g HgO. 0,27.53 gaben 9,8 ccm N (140 und 762 mm). 0,1758 g gaben 0,1927 g AgBr. Gefunden: Berechnet für CnHgiONBfj: C = 38,29 38,46% H = 6,12 6,18 „ N = 4,20 4,09 „ Br = 46,66 46,60 „. Platindoppelsalz : [Ca He Br N Cg H,5 • Clja PtCl«. 0,75 g Tropin-Y-brompropylammoniumbromid wurden durch Be- handeln mit Chlorsilber in wässeriger Lösung in das Chlorid über- geführt und letzteres durch Hinzufügen von Platinchloridlösung in das Platindoppelsalz verwandelt. Das Salz krystallisiert in orangegelben Nädelchen, deren Schmelzpunkt bei 255° liegt. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,3198 g gaben 0,0659 g Pt. Gefunden: Berechnet für CjaHiaOaNjBrsPtClo'. Pt = 20,61 20,85%. TropinallylammonJumplatinchlorid: [Ca Hg • N CsHisO - Cl]aPtC]4. 2 g Tropin-^-brompropylammoniumbromid wurden mit einer Lösung von 1 g Kaliumhydroxyd in 20 ccm absolutem Alkohol im Wasserbade einige Zeit erwärmt. Die erkaltete Flüssigkeit wurde mit Salzsäure neutralisiert und nach dem Abfiltrieren vom ausgeschiedenen Kalium- salz zur Trockne verdampft. Das so erhaltene Tropinallylammonium- chlorid wurde in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und mit Platinchlorid- lösung versetzt. Nach dem Eindampfen auf ein kleines Volumen schieden sich beim Stehen aus der Flüssigkeit orangerote Oktaeder ab, deren Schmelzpunkt nach dem ümkrystallisieren aus salzsäurehaltigem Wasser bei 253—254° liegt. Analyse der bei 100° getrockneten Verbindung: 0,2881 p gaben 0,0732 g Pt. Gefunden: Berechnet für CraHioOaNaPtCI«: Pt = 25,41 25,23%. L. Rosenthaler: Adsorbierende Wirkung des Bleisalfids. 259 Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Strassburg i. E. Ueber die adsorbierende Wirkung des Bleisulfids. Von L. Rosenthaler. (Eingegangen den 9. IV. 1907.) In einigen Zweigen der analytischen Chemie, besonders in der Pflanzen-, Nahrungsmittel- und Harnchemie verwendet man als Reinigungs- und Entfärbungsmittel die Bleimethode. Man behandelt dann bekanntlich die zu reinigenden Flüssigkeiten mit Bleiacetat, Blei- essig oder Bleihydroxyd und zerlegt Filtrate oder Niederschläge (oder beides) meistens mit Schwefelwasserstoff. Das dabei entstehende Blei- sulfid kann färbende Körper adsorbieren und so eine, wenn auch häufig nicht vollständige, Entfärbung der Flüssigkeit herbeiführen. Darüber, ob gleichzeitig auch andere Körper adsorbiert werden können, scheint eine spezielle Untersuchung nicht vorzuliegen. Wohl vereinzelte Beob- achtungen. Mehrmals wurde festgestellt, daß Saponin vollständig oder fast vollständig durch Bleisulfid adsorbiert wurde, so von Christophsohn 0> Atlaß^) und mir**). Das von mir untersuchte Verbaskumsaponin wird, wie ich seinerzeit festgestellt habe, so fest an das Bleisulfid gebunden, daß man es durch seine Lösungsmittel nicht wieder herausbekommen kann, wenn man nicht das Bleisulfid durch Wasserstoflfperoxyd oxydiert. Prof. E. Schmidt fand (laut gütiger schriftlicher Mitteilung), daß die Alkaloide Chelerythrin und Sanguinarin in besonders großem Umfang, bisweilen vollständig, durch Bleisulfid adsorbiert werden, und daß dieses auch für das Rhamnoglykosid Rutin ein großes Adsorptionsvermögen besitzt. Es schien mir von Interesse, auch eine Anzahl anderer Substanzen auf ihr Verhalten gegen Bleisulfid zu untersuchen. Verwendet wurden: Mannit, Glykose, Weinsäure, Kodein, Koffein, Amygdalin und Salicin. Zur Ausführung der Untersuchung wurden die Substanzen in einer wässerigen 3,3% igen Lösung von Bleiacetat aufgelöst; die Flüssigkeiten wurden durch Schwefelwasserstoff vom Blei, die Bleisulfid-Filtrate vom Schwefelwasserstoff durch Einleiten von Kohlensäure befreit. In einem bestimmten Teil der Flüssigkeit wurde dann die gelöst gehliebene Substanz (auf später näher angegebene Weise) bestimmt. Bei dieser *) Vergl. Untersuchungen über das Saponin. Inaug.-Dissert. Dorpat (1874), S. 20. S) Arbeiten des pbarmakol. Instituts Dorpat (1888), Bd. I, S. 63. 8) Arch. d. Pharm. 1902 (240), S. 59. 17* 260 L. Rosenthaler: Adsorbierende Wirkung des Bleisnlfids. Art der Versuchsausführung ist ein prinzipieller Fehler nicht zu ver- meiden. Nimmt man an, daß die Essigsäure nach der Behandlung der Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff noch ungefähr denselben Raum einnimmt, wie in der Lösung des Bleiacetats, so muß infolge der Ent- fernung des Bleies die Lösung der zu untersuchenden Substanz konzentrierter sein als ursprünglich, wenn eine Adsorption durch das Bleisulfid nicht stattgefunden hatte. Die Steigerung der Konzentration kann jedoch, wie folgende Versuche zeigen, praktisch nicht in Betracht kommen und ist zu vernachlässigen. 1. Löst man 3,3 g Bleiacetat in Wasser zu 100 ccm Flüssigkeit, so gebraucht man (bei 12" C.) 98,7 ccm Wasser. Die 3,3 g nehmen somit einen Raum von 1,3 ccm ein. Von diesem Volumen kann indes nur ein geringer Teil auf das Blei selbst entfallen, da im Bleiacetat Pb zu Pb(C2Ha02)2 + 3H2O sich verhält wie 207:379 und das spezifische Gewicht des Bleies beträchtlich höher ist, als das der Essigsäure. •2. 0,9953 Baryumnitrat wurden in 3,3%iger Bleiacetatlösung zu 100 ccm Flüssigkeit gelöst und diese weiter behandelt, wie oben geschildert. Je 20 ccm des Filtrats hinterließen a) 0,1990» b) 0,1995 Baryumnitrat; berechnet 0,1990. Eine Steigerung der Konzentration war also nicht festzustellen. Es ließe sich nur noch der Einwand erheben, daß sie durch eine Adsorption des Baryumnitrats gerade aufgehoben wurde. Das ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Im folgenden teile ich die Ergebnisse der Adsorptions versuche mit. Die Substanzen wurden bei 100" vorgetrocknet und, wenn nichts anderes bemerkt, in 3,3%iger Bleiacetatlösung gelöst. I. Mann it. Lösung 1,2855 «ig. Je 20 ccm der vom Schwefel- wasserstoff befreiten Flüssigkeit wurden zur Bestimmung des Mannits in tarierten Schälchen eingedampft; der Rückstand wurde bei 100° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Gefunden a) 0,257(3, b) 0,2571; berechnet 0,2571; adsorbiert 0. II. Glykose. In 100 ccm einer wässerigen l,0921%igen Glykose- lösung, von der 20 ccm 10,6 ccm alkalische Kupferlösung verbrauchten, wurden 3,335 g Bleiacetat aufgelöst. Das Volum stieg dadurch auf 101,3 ccm. Je 20 ccm der, wie angegeben, behandelten vom Schwefel- wasserstoff befreiten Flüssigkeit verbrauchten 10,45 ccm alkalische Kupferlösung. Gefunden 0,2153; berechnet 0,2155; adsorbiert 0. III. Weinsäure. 50 ccm einer l,988%igen Lösung wurden mit 50 ccm einer 6,(5% igen Bleiacetatlösung gemischt und Flüssigkeit samt Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zersetzt. 20 ccm des Filtrats wurden zur Trockne eingedampft und der Rückstand mit "Ao Kalilauge titriert. Gefunden 0,1977; berechnet 0,1988; adsorbiert praktisch 0. L Rosenthaler: Adsorbierende Wirkung des Bleisulfids. 261 IV. Kodein. Lösutg 0,9910% ig. Zur Bestimmung wurde alkalisch gemacht und mit Chloroform ausgeschüttelt; das Chloroform wurde mit wasserfreiem Natriumsulfat entwässert und im tarierten Kölbchen abdestilliert. Das Gewicht der bis zur Gewichtskonstanz bei 00° getrockneten Rückstände, die aus je 20 com der vom Schwefel- wasserstotf befreiten Flüssigkeit erhalten wurden, betrug a) 0,1040, b) 0,1040; berechnet 0,1082: adsorbiert 2,12%. Y. Koffein. Lösung l,1676%ig. Bestimmung wie bei IV. (Trocknung der Rückstände bei 70°). Gefunden a) 0,2233, b) 0,2226; berechnet 0,2335; adsorbiert 4,5%. VI. Amygdalin. Lösung 0,9Sl8%ig. Bestimmung wie bei I., nachdem durch einen Vorversuch, ebenso wie bei Salicin, gefunden wurde, daß die bei dem Versuch frei werdende Essigsäure unter den Versuchsbedingungen eine Spaltung nicht herbeiführen kann. Gefunden a) 0,1880, b) 0,1881; berechnet 0,1963; adsorbiert 4,18%. VIT. Salicin. Lösung 1,0162% ig. Bestimmung wie bei I. Gefunden a) 0,2012, b) 0,2013; berechnet 0,2032; adsorbiert 0,984%. Für Kodein und Amygdalin wurde noch ermittelt, ob das im Blei'iulfid Adsorbierte durch Wasser herausgewaschen werden konnte. 1. 20 ccm einer 0,0900% igen Kodeinlösung wurden wie oben behandelt; das Bleisulfid wurde einigemal mit Wasser ausgewaschen, bis der Verdampfungsrückstand einiger Tropfen des Waschwassers keine Färbung mit Formaldehydschwefelsäure zeigte. Filtrat und Waschwässer wurden vereinigt. Bestimmung wie bei IV. Gefunden 0,1080; berechnet 0,1980. 2. 20 ccm einer 1,0243% igen Amygdalinlösung wurden wie oben behandelt; das Bleisulfid wurde einigemal mit Wasser ausgewaschen, bis einige Tropfen des vom Schwefelwasserstotf befreiten Filtrats mit Neßler's Reagens keine Reaktion mehr gaben ^). Rückstand vom Filtrat samt Waschwasser: Gefunden 0,2050; berechnet 0,2010. Die Festigkeit, mit der diese Substanzen durch das Bleisulfid fixiert werden, ist also eine äußerst geringe. Doch zeigen die angestellten Versuche im ganzen, daß die adsorbierende Wirkung des Bleisulfids nicht ignoriert werden darf, daß man insbesondere bei quantitativen Bestimmungen, bei denen die Bleimethode angewendet wird, nicht ohne weiteres von bestimmten Teilen des Filtrats ohne Berücksichtigung einer etwaigen .Adsorption ausgehen darf. 1) Vergl. Pharm. Centralh. 1906, S. 581. 262 A. Schüler: Derivate des OxybydrochiDontriinetliyläthers. Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. Mitgeteilt von H. Thoms. I. Ueber Biphenylderivate aus Oxyhydrodünon- trimethyläther und üter die Einwirkung von Salpeter- säure auf Oxyhydrochinontrimethylätlier. Von Dr. Adolf Schüler. (Eingegangen den 6. IV. 1907.) In Verfolg der im Pharmazeutischen Institut der Universität Berlin von Thoms und seinen Schülern in den letzten Semestern aus- geführten Studien über Phenoläther, in Sonderheit über deren Verhalten gegenüber Salpetersäure, wurde mir von Herrn Professor Thoms die Aufgabe, das Verhalten von Salpetersäure gegen Oxyhydrochinon- trimethyläther zu studieren, in der besonderen Erwartung, möglicher- weise von einem Mono- oder Dinitrokörper des Oxyhydrochinontrimethyl- äthers aus zu einem vierwertigen und zu einem fünfwertigen Phenol bezw. Phenoläther zu kommen. Von besonderem Interesse mußte es sein, auf diesem Wege zu dem fünfwertigen Phenol zu gelangen. Wenn- gleich das erhoffte Ziel auch nicht in vollem Umfange erreicht wurde so führten doch die angestellten Versuche unter Berücksichtigung der früheren auf diesem Gebiete gemachten Beobachtungen zu Schlüssen, die das Mißlingen des eigentlichen End Vorhabens erklären und auf ein typisches Verhalten von Salpetersäure gegen Phenoläther schließen lassen. Zur Darstellung des Oxyhydrochinontrimethyläthers ging ich vom käuflichen Chinon aus, das nach dem Verfahren von Thiele') in das Triacetat des Oxyhydrochinons übergeführt wurde. Aus diesem gewinnt man nach Kulka^) das Natrium.salz des Oxyhydrochinons, indem man das Acetat in die alkoholische Lösung einer berechneten Menge Natrium- äthylat oder -methylat einträgt. Das frisch bereitete Oxyhydrochinon- natrium wird entweder durch längeres Kochen mit Jodmethyl oder bequemer mittels Dimethylsultat methyliert. Ich erhielt bei dieser Art der Darstellung des Oxyhydrochinon- trimethyläthers einen Nebenkörper, der von Kulka nicht beobachtet worden ist. ' 1) Thiele. Annal. Chem. 311, 341 (1899). 2) Kulka. Chem.-Ztg. 1903, 407. A. Schüler: Derivate des Oxyhydrochinontrimethyläthers. 263 Biphenylbildung des Oxyhydrochinontrimethyläthers. Das Auftreten des erwähnten Nebenkörpers macht eine genaue Beschreibung der Gewinnung des Oxyhydrochinontrimethyläthers wünschenswert. In die alkoholische Lösung von Natriumäthylat oder -methylat wird feingepulvertes Oxyhydrochinontriacetat schnell eingetragen — 3 Mol. Natriumalkoholat auf 1 Mol. Acetat. Unter lebhaftem Auf- schäumen und starker Wärmeentwickelung bildet sich Oxyhydrochinon- natrium neben Essigsäure&thyl- bezw. methylester. Wird die Reaktion in äthylalkohoüscher Lösung bewirkt, so fällt das Oxyhydrochinonnatrium aus, in methylalkoholischer Lösung dagegen bleibt es in Lösung. Infolge einer Oxydation durch die Luft färbt sich die Flüssigkeit in beiden Fällen schnell braun. Das frisch bereitete Oxyhydrochinonnatrium wird durch kräftiges Schütteln unter all- mählichem Zusatz von Dimethylsulfat — Mol. — methyliert und das Reaktionsprodukt in überschüssige, verdünnte (5% ige) Natronlauge eingetragen, um das unvollständig methylierte Produkt in Lösung zu halten. Nach dem Abdestillieren des Alkohols wird mittels Aether ausgeschüttelt, die abgezogene ätherische Lösung des Trimethylathers des Oxyhydrochinons über Chlorcalcium getrocknet und nach dem Ver- dampfen des Aethers die zurückbleibende braune, dicke Flüssigkeit über freier Flamme unter gewöhnlichem Druck oder im Vakuum ab- destilliert. Durch nochmalige Destillation im Vakuum erhält man den Oxyhydrochinontrimethyläther farblos. Siedepunkt 247° unter gewöhnlichem Druck. Abweichend von dieser Vorschrift von Kulka trieb ich in einzelnen Fällen den Trimethyläther aus der alkalischen Flüssigkeit mittels Wasserdampf über. Es wurde hierbei die Beobachtung gemacht, daß die Ausbeute an Trimethyläther stets eine wesentlich schlechtere war, als wenn man den Trimethyläther aus der alkalischen Flüssigkeit ausätherte. Der Grund für die schlechteren Ausbeuten liegt in der Bildung des oben erwähnten Nebenkörpers. Es wurde nämlich beobachtet, daß nach dem üebertreiben des Trimethyläthers mittels Wasserdampfes Krystalle aus der rückständigen, abgekühlten Flüssigkeit sich ausschieden. Durch Einstellen in Eis fielen sie in reicher Menge aus, wurden abgesaugt, mit Alkohol nach- gewaschen und dabei schon nahezu völlig weiß erhalten. Für die Analyse krystallisiert man sie aus Alkohol, worin sie äußerst schwer löslich sind, um. Fp. 177" (unkorr.). Da die Krystalle zunächst beim Arbeiten in äthylalkoholischer Lösung erhalten wurden, lag die Vermutung nahe, daß möglicherweise 264 A. Schüler: Derivate des OxybydrochinoDtrimethyläthers. darch die starke Reaktionswärme neben der Methylierung gleichzeitig eine teilweise Aethylierung stattgefunden habe. Eine dahingehende Untersuchung zeigte jedoch, daß dies nicht der Fall war. Nach Zeisel wurde eine qualitative Methoxy- bezw. Aethoxybestimmung ausgeführt mit der Abänderung, daß nach Angabe von Feist') an Stelle von Silbernitrat alkoholische Dimethylanilinlösung vorgelegt wurde. In der Vorlage bildete sich das glatt bei 211° schmelzende Trimethylphenyliumjodid. Diraethyläthylphenyliumjodid dagegen schmilzt nach Claus und Howitz^) bei 124,5 — 126°. Somit war erwiesen daß der Nebenkörper nur die Methylgruppe enthält. Methoxy Ibest im mung, Elementaranalyse und Molekulargewichts- bestimmung, die mit dem Körper vorgenommen wurden (s. Experimenteller Teil), sprechen dafür, daß hier ein Biphecylderivat vorliegt. Bei der Darstellung des Oxyhydrocliinontrimethyläthers nach der Vorschrift von Kulka fällt, nachdem alles Dimethylsulfat zugesetzt und die Methjiierung vollendet ist, beim Abkühlen des Reaktions- gemisches Natrium methylsulfat mit 1 Mol. Krystallalkohol aus. Auf Zusatz von Wasser gebt dieses glatt in Lösung, und eine Ausscheidung erfolgt nicht, selbst wenn die Flüssigkeit durch Eis längere Zeit hindurch abgekühlt wird. Wäre der Biphenylkörper bereits vorhanden, so müßte er ausfallen. Wird jedoch die Flüssigkeit alkalisch gemacht und erhitzt, so tritt der Nebenkörper auf und zwar in geringer Menge, wenn die Flüssigkeit nur kurze Zeit erhitzt wird, wie beim bloßen Abdestillieren des Alkohols, dagegen in reicher Menge, wenn die Flüssigkeit längere Zeit erhitzt wird, wie beim Uebertreiben des Trimethyläthers mittels Wasserdampf. In letzterem Falle geht zugleich die Ausbeute an Oxyhydrochinontrimetbyläther wesentlich zurück. Wurde nach dem Abdestillieren des Alkohols der Trimetbyläther aus der alkalischen Flüssigkeit direkt ausgeäthert, so gaben: 1. 50 g Triacetat 18 g Trimeth. und 0,8 g BipheDylkörper 2. 50 „ „ 22 „ „ „ 0,2 „ 3. 50 „ „ 24 „ „ „ unbedeut. Mengen Biphenylkörper *• ''O „ „ 25 „ „ „ „ „ n Wurde hingegen der Trimethyläther mittels Wasserdampf über- getrieben, so gaben: 1. 50 g Triacetat 8,5 g Trimeth. und 4,05 g Biphenylkörper 2. 50 „ „ 8,1 „ „ „ 4,70 „ 3. 50 „ „ 7,1 „ „ „ 5,00 „ 1) Feist. Ber. d. d. ehem. Ges. 33, 2094 (1900). 2) Claus u. Howitz. Ber. d. d. ehem. Ges. 17, 1325 (I884j. A. Schüler: Derivate des Oxyhydrochinontrimethyläthers. 265 Die Bildung des Biphenylkörpers aus dem Trimethyläther beruht vielleicht auf einer indirekten Autoxydation, von Engler und Weißen - berg') auch Pseudoautoxydation genannt. Das unvollständig methylierte Oxyhydrocliinon wird nämlich als mehrwertiges Phenol beim Erhitzen an der Luft besonders bei Gegenwart von Natronlauge außerordentlich leicht oxydiert, was sich an der reichlichen Teerbildung des erhitzten Reaktionsgemisches zu erkennen gibt, und erst dieser lebhafte Oxydations- vorgang könnte sekundär die Oxydation des Trimethyläthers zum Biphenylkörper bewirken. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht der negative Verlauf von Versuchen, bei denen der Trimethyläther ohne das unvollständig methylierfe Oxyhydrochinon, im übrigen aber unter denselben Bedingungen wie im Methylierungsgemisch erhitzt wurde. Aehnliche Fälle von Biphenylbildung infolge von Autoxydation, wie im vorliegenden Fall, sind bei mehrwertigen Phenolen schon früher beobachtet worden. tSo gelang es Harries^), aus Pyrogallol unter den von ihm gewählten Bedingungen „als fast einziges Reaktionsprodukt" der Aut- oxydation in Gegenwart von Barythydrat Hexaoxybiphenyl zu erhalten, das dabei als unlösliches Baryumsalz ausgeschieden wurde. Barth und Schreder^) erhielten beim Schmelzen von Resorcin oder Phenol mit Natron Biresorcin, beim Schmelzen von Hydrochinon*) mit Natron in geringerer Menge Dihydrochicon und neben Oxyhydro- chinon „ein neues Hexaoxybiphenyl"*, das die Entdecker für ein ßi- oxyhydrochinon erklären, aber nicht als ein solches bezeichnen wegen verschiedener durch die Biphenylbindung bedingter Isomeriemöglichkeiten. Sie nennen es o Hexaoxybiphenyl und unterscheiden es dadurch von einem «-Hexaoxybiphenyl, das aus dem Coerulignon: ^^v^^l^ J OH Das bei der Behandlung mit Jodwasserstoffsäure zunächst ent- standene Hexaoxybiphenj'l hat also ein Molekül Wasser abgespalten. Was die Konstitution des Hexamethoxybiphenyls betrifft, so weiß man aus seiner Entstehungsweise aus Oxyhydrochinontrimethyläther, daß die Methoxygruppen der beiden Benzolreste sich zueinander in der Stellung des Oxyhydrochinons befinden. Hinsichtlich der Biphenylbindung war es wahrscheinlich, daß sie an einem Kohlenstoffatom stattgefunden hat, welches zu der einen Methoxylgruppe sich in Parastellung befindet. Es ge- lang, einen Anhalt für diese Annahme durch Einwirkenlassen von Salpetersäure auf diesen Körper zu gewinnen. Das paraständige Kern- wasserstoffatom ist nämlich außerordentlich beweglich. Es läßt sich daher z. B. leicht durch eine Nitrogruppe ersetzen. Wäre diese Stelle A. Schüler: Derivate des Uxyhydrochinontrimethyläthers. 267 im Biphenjlkörper noch frei, so sollte man unter den gleichen Ver- hältnissen in ihn eine Nitrogruppe einführen können. Dies gelang jedoch nicht. Demnach ist dem Hexamethoxybiphenyl wohl die folgende Kon- stitution zuzuschreiben: CHgO OCH, CllaO/ V/ ^OCIIs CHbO OCHs Fp. 1770. Diese Formel läßt ersehen, daß der Körper nicht identi.sch sein konnte mit den bisher bekannten Hexamethyloxybiphenylen, die ja Pyrogallolderivate sind CHbQ OCHb I. CHaO/ ^-/ ^OCHg CHgO ÖCHs Fp. 1260. Dargestellt aus Hydrocoerulignon *) und aas Trimethylgallussäure^J. CHgO OCHg II. CHao/ V/ VcHe CHaO OCH3 Fp. 1230. Dargestellt aus Trimethylpyrogallolcarbonsäure^) und aus dem durch Schmelzen mit Kali aus der Ellagsäure^) erhaltenen Hexaoxybiphenyl mittels Dimethylsulfat. Eirfwirkung von Salpetersäure auf Oxyhydrochinontrimethyläther. Zur Darstellung eines Mononitrokörpers des Oxyhydrochinon- trimethyläthers erwies sich auf Grund einer Reihe von Yorversuchen das folgende Verfahren als das geeignetste. Es wurde einerseits ein Teil Oxyhydrochinontrimethyläther in zehn Teilen Eisessig, andererseits ein Teil Salpetersäure von 65,3% in ebensoviel Eisessig gelöst und beide Lösungen auf etwa +5* abgekühlt. Die Salpetersäurelösung wurde alsdann der Trimelhylätherlösung unter Umrühren allmählich zugefügt. Die Reaktion verlief ziemlich ruhig. Nach vorübergehender Schwärzung nahm die Flüssigkeit eine dunkel- ») Ewald. Ber. d. d. ehem. Ges. 11, 1623. 2) Graebe u. Moritz Suter. Ancal. Chem. 340, 222—231. ») Graebe u. Moritz Suter. Annal. Chem. 340, 222—231. 268 A. Schüler: Derivate des Oxybydrochinontrimethyläthers. rotbraune Farbe an und erstarrte sehr bald zu einer breii^^en Masse. Beim Eintragen in viel eisgekühltes Wasser fiel ein hellgelber Körper reichlich aus. Nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol wurde er in langen, seidenglänzenden, intensiv gelb gefärbten Nadeln erhalten. Fp. 129". Elementaranalyse, Stickstoffbestimmung und Methoxylgehalt er- gaben, daß sich in normaler Weise ein Mononitrokörper gebildet hatte von der Formel: C6H2(OCH3)3(N02). Um zu ermitteln, an welcher Stelle die Nitrogruppe eingetreten war, wurde beabsichtigt, den Nitrokörper in ein Amin zu verwandeln, dieses zu diazotieren und durch Kochen mit Wasser in ein bekanntes Phenol oder durch weiteres Metbylieren in ein bekanntes Tetra- methoxybenzol überzuführen. Zur Reduktion des Nitrokörpers zum Amin wurde zunächst Aluminiumamalgam verwendet, das sich aber im Gegensatz zu den guten Erfahrungen, die bei frühereu Gelegenheiten*) im Pharmazeutischen Institut damit gemacht waren, im vorliegenden Fall nicht bewährte. Es bildete sich nämlich neben dem Amin ein blauer Farbstoff, der nur unter größten Verlusten an Amin entfernt werden konnte. Sehr glatt dagegen gelang die Reduktion in saurer Lösung, z. B. mit Zinn und Salzsäure. Das so erhaltene Amin krystallisierte in langen, weichen, seidenglänzenden, weiß, zuweilen schwach rötlich gefärbten Nadeln. Fp. 94,5—95". Die Base ist leicht oxy dabei; sie färbt sich an der Luft, besonders in feuchtem Zustande, sehr bald blau, hält sich aber, völlig trocken, in geschlossenem Gefäß weiß. Durch Eisenchlorid färbt sie sich sofort schwarz. H im Das Chlorhydrat der Base ist an der Luft wenig beständig, es färbt sich sehr schnell blau. Es krystallisiert in kurzen, derben Nadeln, die sich bei hoher Temperatur unter Schwärzung zersetzen, ohne zu schmelzen. Zwecks Charakterisierung des Amins wurde ein Benzoylderivat dargestellt, und in kurzen, farblosen Nadeln vomFp. 139,5 — 140" erbalten. Das Amin wurde in der üblichen Weise mit salpetriger Säure aus Natriumnitrit und Schwefelsäure diazotiert. Beim Zusatz der ersten Menge Nitritlösung färbte sich die Flüssigkeit sofort blauschwarz UQd behielt diese Farbe bei, bis sie nach Zugabe aller Nitritlösung auf dem Wasserbade vorsichtig auf 50" erwärmt wurde. Sie nahm jetzt eine hellgelbe Farbe an unter gleichzeitiger Abscheidung kleiner, gelber Nadeln. Diese wurden aus siedender Essigsäure umkrystallisiert. Sie zeigten keinen Schmelzpunkt, sondern zersetzten sich beim Erhitzen übpr 200" allmählich unter Dunkel- bis Schwarzfärbung. ») Arb. a. d. pbarm. Inst. d. Univ. Berlin, Bd. I, S. 5, 8, 32. A. Schüler: Derivate des Oxybydrochinontrimetbyläthers. 269 Da3 Ausbleiben eiaer Phenolreaktion mir FeCia ließ vermuten, daß das gewünschte Phenol nicht erhalten war. Diene Annahme wurde durch die Analysenzahlen bestätigt. Es hatte sich ein Chinon unter Eliminierung einer OCHs-Gruppe gebildet. Die Salpetrigsäure hatte demnach im vorliegenden Falle oxydierend gewirkt, eine Eigenschaft, die ihr zuweilen zukommt')- In wesentlich besserer Ausbeute wurde das Chinon durch direkte Oxydation des Amins mit 50%iger Salpetersäure erhalten. Ausbeute 90 :« der Theorie. Aus dieser Chinonbilducg ließ sich schon ein Schluß auf die Konstitution des Nitroxyhydrochinontrimethyläthers ziehen. Da in Chinonen die beiden Chinonsauerstoflfatome erfahrungsgemäß fast ausschließlich sich in Parastellung zu einander befinden, so dürfte die Aminogruppe der Aminbase in diesem Falle die Parastellung zu der fort oxydierten OCHs-Gruppe des Oxyhydrochinontrimethyläthers eingenommen haben: OCHb OCHg UCHs UGÜ3 Daraus folgt weiterhin, daß die Nitrogruppe an Stelle 5 des Oxyhydro- chinontrimethyläthers getreten ist. Da es jedoch immeihin noch fraglich erscheinen konnte, ob dem erhaltenen Dimethoxychinon die obige Konstitution zukam, so wurden weitere experimentelle Beweise erbracht. Das erhaltene Dimethoxychinon hat keinen Schmelzpunkt, läßt sich daher auch nicht nach dem Schmelzpunkt mit einem der drei theoretisch möglichen Dimethoxychinone, soweit sie bekannt sind, identifizieren. Dagegen sind die zugehörigen Hydrochinone sämtlich bekannt und durch Schmelz- bezw. Siedepunkt wohl charakterisiert. I. II. III. OH OH OH '^'^OCHa CHbO^"^OCH3 •^"^pCIIg .^^'OCHs ^^ CHgO^^^ UH OH OH Flüssigk. Sp 2830 2) Fp. 1580 3). Fp. 1660slich in Alkohol, Aether und viel kaltem Eisessig. Es gaben: 1. 0,2023 g Substanz 0,3779 g COg und 0,0938 g H,0 2. 0,1813 „ „ 0,3356 „ „ „ 0,0860 „ „ 3. 0,1620 „ „ 9,9 com feuchten N bei 17" und 764 mm Druck 4. 0,1322 „ „ 7,4 „ „ „ „ 16» „ 757 Berechnet für CöHnOßN: C 50,70 H 5,16 N 6,57 - - 7,13 6,51%. Bei der Methoxylbestimmung nach Zeisel ergaben: 0,1564 g Substanz 0,5104 g AgJ. Berechnet für AgJ: 0,5176 g. n r, » 16» , Gefunden: 1. 2. 3. 50,94 50,48% - 5,18 5,30 „ - — — 7,13 A. Schüler: Derivate des Oxyhydrochinontrimethylätliers. 277 5-Amido-l, 2, 4-Oxyhydrochinontrimethyläther. OCH, I^^.OCH, ÖCHb Reduktion mittels Zinn und Salzsäure. lU g Nitrooxyhydrochinontrimethyläther, 10 g granuliertes Zinn und 100 g *J5% ige Salzsäure werden in einem geräumigen Erlenmeyer- kolben zum Sieden erhitzt. Kurze Zeit nach beginnendem Sieden tritt lebhafte Reaktion ein, das Gefäß wird sofort von der Flamme genommen, um ein Ueberschäumen der Flüssigkeit zu verhindern. Ohne weiteres Erwärmen vollendet sich die Reaktion von selbst. Nach dem Ahfiltrieren des überschüssigen Zinns wird die Flüssigkeit in Eis gut gekühlt, eine Schicht Benzol darauf gegossen und unter Schütteln 33% ige Kalium- hydroxydlösung zugefügt, bis das anfänglich ausgeschiedene Zinn- hydroxyd wieder in Lösung gegangen ist. Der größte Teil des Amins fällt dabei in weißen Nadeln aus. Die Benzolschicht übt eine schützende Wirkung gegen die Luftoxydation aus. Die gesamte Flüssigkeit wird nunmehr in einen Schütteltrichter gegossen und zweimal mit Benzol ausgeschüttelt. Die rötlich gefärbten Benzolausschüttelungen werden auf dem Wasserbade in einer Porzellanschale konzentriert, dann in Eis gestellt und mit einer reichlichen Menge Ligroin versetzt. Das Amin fällt dabei in langen, weißen, zuweilen schwach rötlich gefärbten, seidenglänzenden Nadeln aus, die schnell abgesaugt und im Vakuum- exsikkator von dem anhaftenden Benzol und Ligroin befreit werden. Das Amin ist besonders vor Feuchtigkeit zu schützen, da sonst durch Oxydation sofort Blaufärbung eintritt. Im trockenen Zustande hält sich die Base in geschlossenen Gefäßen unverändert. An der Luft färbt sie sich bald blau. Ausbeute 7,5 g. Fp. 94,5—95". Sie ist sehr leicht löslich in Benzol, leicht löslich in Methyl-, Aethyl-, Amylalkohol, Chloroform, Aceton, löslich in Aether, schwerer in Wasser, sehr schwer in heißem Ligroin. Bei der Analyse ergaben: 1. 0,1338 g Substanz 0,2886 g COj und 0,0862 g HjO 2. 0,1267 „ „ 0,2745 „ „ „ 0,0806 „ „ 3. 0,1274 „ „ 8,6 com feuchten N bei 16° und 756 mm Druck. Berechnet für Gefunden: CgHiaOsN 1. 2. 3. C 59,02 68,83 59,09% — H 7,10 7,21 7,11 „ — N 7,65 - - 7,83%. 278 A. Schüler: Derivate des Oxyhydrochinontrimetbyläthers. Chiorhydrat der Base. In eine Lösung von 1 g Amin in 100 g Benzol wird trockenes Salzsäuregas geleitet. Der größte Teil des salzsauren Amins fällt hierbei aus. Vervollständigt wird die Fällung durch Zusatz von Ligroin. Der Niederschlag wird abgesaugt, zwecks Reinigung in wenig Alkohol heiß gelöst und mittels Aether ausgefällt. Es resultieren kleine, schwach bläulich gefärbte Nadeln, die unter Zersetzung bei 210° schmelzen. Bei einer Chlorbestimmung ergab 0,1563 g Substanz 0,1010 g AgCl = 15,816% Cl. Berecbnet für CoHaCOCHj^eCNHalHCl: 01021 AgCl = 15,98% Cl. Das Chlorhydrat des Amins ist sehr leicht oxydabel. Deshalb mißlang auch der Versuch, ein Platindoppelsalz zu erhalten. Benzoylamidooxyhydrochinontrimethyläther. OCHs OCHg 1,4 g Amidooxyhydrochinontrimethyläther wurden mit 14 com lo%iger NaOH geschüttelt, mit 2 g Benzoylchlorid versetzt und längere Zeit in einem weithalsigen R-ragensglase vorsichtig erwärmt. Die anfangs dunkelblaue Farbe der Flüssigkeit ging in schmutzig Violett über, während der Benzoylkörper sich in grauweißen Brocken ab.schied. Letzterer wurde abgesaugt, mit Wasser und Alkohol gewaschen und schließlich auf dem Tonteller abgepreßt. Rohausbeute: 1,2 g. Darch Umkrystallisieren wurden kurze, derbe farblose Krystalle erhalten vom Fp. 139,5". Das Benzoylderivat ist leicht löslich in Essigäther, Chloroform, Benzol, Toluol, löslich in Alkohol, schwer löslich in Ligroin, unlöslich in Aether. Bei der Analyse ergaben 0,1239 g Substanz 0,3029 g COg und 0,0674 g HgO. Berechnet für Ci8ni7 04N: Gefunden: C 66,67 66,67% H 5,90 6,08 „ . Die Diazotierong des Amidooxyhydrocbinontrimethyläthers führte zu einem Chinon, dem A. Schüler: Derivate des üxyhydrochinontrimethylathers. 27') I, 4 - Dimethoxy - 2, 5 - Chinon. OCHg OCHb Die aus der Diazolösung erhaltenen Nadeln sind in Wasser, Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Esaigäther so gut wie unlöslich, desgleichen in kaltem Eisessig, sehr schwer löslich in siedendem Eis- essig, im Verhältnis 1 : 175. Mit FeCle trat keine Reaktion ein. 1. 0,1177 g Substanz gaben 0,2443 g CO3 und 0,0487 g HaO. 2. 0,1290 „ „ „ 0.2687 „ „ „ 0,0548 „ „ Diese Werte passen auf ein Chinon der Formel C6H2(OCll8)2 03 Gefunden : Berechnet: 1. 2, C 57,16 58,63 56,81% H 4,76 4,63 4,75 „. Eine Methoxylbestimmung nach Z e i s e 1 bestätigte die Anwesenheit von nur noch zwei Methoxylgruppen: 0,0850 g Substanz gaben 0,2345 AgJ = 36,39% OCHg. Berechnet 0,2378 „ = 36,9 „ Oxydation des Amidooxyhydrochinontrimethyläthers zu vorstehendem Chinon. In 50 g einer genau 50% igen Salpetersäure (spez. Gew. 1,316), die auf + 5° abgekühlt wird, werden allmählich 2,5 g Amidooxyhydro- chinontrimethyläther unter ständigem Umrühren eingetragen. Beim Eintragen größerer Mengen verbrennt ein Teil des Materials infolge zu lebhafter Reaktion und verschlechtert dadurch die Ausbeute. Auch muß mit dem Zusatz einer neuen Menge Amin gewartet werden, bis die Reaktionsflüssigkeit nach vorübergehender Schwärzung wieder eine dunkelrote Farbe angenommen hat. Zum Schluß werden 100 ccm Wasser zugefügt und das Ganze auf dem Wasserbade vorsichtig auf 40° erwärmt, bis eine hellgelbe Flüssigkeit entstanden ist. Hierbei scheidet sich das Chinon in reichlicher Menge aus. Es wird abgesaugt, mit Alkohol und Aether gewaschen und aus Essigsäure umkrystallisiert. Erhalten wurden sattgelbe, große Nadeln in einer Ausbeute von 1,7 g, entsprechend 90% der Theorie. Die Analysen bestätigten, daß das Chinon der Formel C6H2(OCf?s)2 0, entstanden war. 280 A. Schüler: Derivate des Oxyhydrochinontrimethyläthers. Es gaben: 1. 0,2184 g Substanz 0,4546 g CU2 und 0,0918 g H3O. 2. 0,1741 „ „ 0,3632 „ „ „ 0,0738 „ „ 3. 0,1774 „ „ 0,5013 AgJ. Gefunden : Berechnet; 1. 2. 3. C 57,14 56,77 56,90% - H 4,76 4,70 4,74 „ — ■ OCHg 36,9 — - 37,3%. I, 2, 4, 5 - Phentetrol - 1, 4 - dimethyläther. OCHb ^^ OH OCH3 3 g l,4-Dimethoxy-2, 5-Chiiion werden mit 450 g Wasser an- geschättelt und letzteres unter gleichzeitigem Einleiten eines kräftigen Stromes schwefliger Säure eine Stunde lang unter zeitweiligem Ersatz des verdampfenden Wassers im Sieden erhalten. Das Chinon geht dabei allmählich in Lösung. Die so erhaltene bräunliche Flüssigkeit wird etwas eingeengt und zur Krystallisation beiseite gestellt. Das sich ausscheidende Phenol wird aus schwefligsäurehaltigem Wasser umkrystallisiert und in Form farbloser, langer, spröder Nadeln erhalten. Es ist leicht löslich in Alkohol, warmem Chloroform, schwer löslich in Wasser, Benzol, sehr schwer in Ligroin, auch in Laugen durch Erwärmen mit roter Farbe allmählich löslich. Fp. 170". Bei der Analyse gaben: 1. 0,1683 g Substanz 0,3458 g COg und 0,0854 g HsO. 2. 0,1921 „ „ 0,3963 „ „ „ 0,0998 „ „ Berechnet für Gefunden; C«Ha(OGH8)ä(OH)3: 1. 2. C 56,47 56,04 56,26% H 5,88 5,68 5,81 „. Der Schmelzpunkt 170° liegt 4° höher, als er für den 1,4 -Di- methyläther des 1,2, 4, 5-Pheutetrols (Fp. 166°) in der Literatur an- gegeben ist. Der Grund für diesen Schmelzpunktunterschied liegt vermutlich in der größeren Reinheit des Materials, das zur Ver- fügung stand. A. öcLülcr: Derivate des Oxyhydrochinontrimethylälhers. 281 I, 2, 4, 5-Phentetroltetramethyläther. OCHb i-^^i OCHb CHbO' "ÖCHb 1,5 g 1,2, 4, 5-Pheritetrol-l,4-Dimethyläther werden mit 2 g festem Kaliumhydroxyd, G g Jodmethyl und g Methylalkohol S'/a Stunde lang auf 100° im Einschlußrohr erhitzt. Das Reaktions- produkt wird mit Wasser versetzt, durch Verdampfen auf dem Wasser- bade vom überschüssigen Jodmethyl und vom Methylalkohol befreit, schließlich auf ein kleines Volumen eingeengt und zur Krystallisation beiseite gestellt. Nach dem ümkrystallisieren aus wenig heißem Wasser werden lange, spröde, farblose Nadeln erhalten. Fp. 102,5". Sie sind leicht löslich in Chloroform, Alkohol, Benzol, wenig löslich in kaltem Wasser, leicht löslich in heißem Wasser, schwer löslich in Ligroin. 33% ige KOH bewirkt keine Veränderung, auch nicht beim Erwärmen. Eine Methoxylbestimmung nach Zeisel spricht für die Formel CaUa(OCH3)4- 0,1488 g Substanz gaben 0,7020 g AgJ, entsprechend 62,23% CHgO. Berechnet 0,7064 „ „ „ 62,62 „ „ Durch Einwirkung von Salpetersäure auf den 1, 2, 4, 5-Phentetrol- tetramethyläther ließ sich kein Nitrokörper gewinnen. Es trat viel- mehr Oxydation ein, höchst wahrscheinlich unter Bildung des 2,5- Dimethoxychinons. Das gleiche Ergebnis hatten verschiedene Versuche mit 65,3%iger Salpetersäure, ferner mit der gleichen Säure in Gegenwart von konzentrierter Schwefelsäure. Die Bildung von Oxalsäure haben übrigens Barth und Schreder ') bei der Einwirkung starker Salpetersäure auf eine kalte, mäßig ver- dünnte, wässerige Oxyhydrochinonlösung auch beobachtet. Darstellung des Chinons 5 g Trimethyloxyhydrochinon in 20 g Eisessig gelöst, wurden in kleinen Mengen allmählich in 100 g 25 % iger Salpetersäure eingetragen. 1) Barth und Schreder. Monatsh. f. Chem, 5, 596. 882 A. Schüler: Derivate des Oxyhydrochinontrimethyläthers. Bei gewöhnlicher Temperatur fand keine Reaktion statt, erst durch vorsichtiges Erwärmen auf 30" mußte sie angeregt werden. Die Flüssigkeit färbte sich hierbei schwarz, wurde sofort vom Wasserbade genommen und gekühlt. Unter Umrühren entstand eine dunkelrote Lösung. Dieser wurde von neuem eine geringe Menge Trimethyl- ätherlösung zugeiügt und die Reaktion wie zuvor geleitet. Nach Zusatz der ganzen Trimethylätherlösung wurden 250 ccm Wasser zugefügt und die so erhaltene rote Lösung auf 40** erwärmt, bis sie eine gelbe Farbe angenommen hatte. Hierbei fielen kleine, gelbe Nadeln aus. Ausbeute 0,3 g. Derselbe Körper wurde auch gewonnen, wenn etwas stärkere Salpetersäure zur Anwendung kam. Die Reaktion verlief dann heftiger. Daneben freilich wurde auchNitrooxyhydrochinontrimethyläther erhalten, der durch Schütteln mit viel kalter Essigsäure in Lösung gebracht werden konnte. Das Chinon ist unlöslich in Wasser, schwer löslich in siedendem Alkohol, löslich in siedendem Eisessig, Chloroform, Benzol, leicht löslich in Essigäther. Aus siedender Essigsäure wurden goldglänzende Nadeln erhalten, die sich an der Luft gelbrot färbten. Bei 205° beginnt das Chinon sich zu zersetzen und ist bei etwa 240° nahezu vollständig zersetzt, ohne geschmolzen zu sein. 1. 0,1283 g Substanz gaben 0,2858 g COa und 0,0443 g HgO. 2. 0,1538 „ Berechnet für « 0,3434 „ „ r, 0,0507 „ „ ^ /C8Ha(OCH8)02. Gefunden : "" ^C6H2COGH8)Oa- 1. 2. C 61,31 60,75 60,89% H 3,65 3,86 3,69 „ Bei der Methoxylbestimmung nach Zeisel gaben: 0,2200 g Substanz 0,3766 g AgJ, entsprechend 22,60% OCHg, berechnet: 0,3774 g AgJ, entsprechend 22,63% OCHg. Zwecks Reduktion wurden 0,5 g Chinon mit 300 ccm Wasser angeschüttelt und letzteres unter Durchleiten eines kräftigen Stromes SOa dauernd im Sieden erhalten. Die Reduktion erfolgte sehr langsam. Es bildete sich eine schmutzigviolettfarbene Mischung, aus der nach dem Erkalten rotbraune, vierzipfelige Sterne krystallisierten. Die Lösung wird mit Aether ausgeschüttelt und so ein weiterer Teil des Reduktionsproduktes gewonnen. Letzteres ist leicht löslich in Aether, wenig löslich in kaltem, leicht in heißem Alkohol, unlöslich in Chloroform. Kalilauge löst sehr leicht mit gelber Farbe, die allmählich in Rotbraun übergeht. Durch Umkrystallisieren aus Alkohol werden mikroskopisch kleine, schwach schiefwinkelige, fast quadratische Rhomben erhalten. Pp. 179°. A. Schüler: Derivate des Oxyhydrochinontrimetbyläthers. 283 Ergebnisse der Arbeit. 1. Bei der Darstellung von Oxyhydrochinontrimethyläther nach der Vorschrift von Kulka wird anscheinend infolge von indirekter Autoxydation aus dem fertigen Oxyhydrochinontrimethyläther ein neues llexamethüxybiphenyl vom Fp. 177° erhalten. Die Biphenylbindung ist an dem zu der einen Methoxylgruppe paraständigen Kernkohlen- stofF erfolgt. ■ 2. Bei der Abspaltung der Methylgruppen aus dem Hexamethoxy- biphenyl wird statt des zu erwartenden Hexaoxybiphenyls unter Wasser- abspaltung ein bisher unbekanntes Tetroxybiphenylenoxyd erhalten. 3. Durch Einwirkung von Salpetersäure tritt eine Nitrogruppe in den Oxyhydrochinontrimethyläther und zwar in die freie Para- Stellung zu der einen Methoxylgruppe. Der von Will beschriebene Dinitroxyhydrochinontrimethyläther vom Fp. 131° konnte unter keinen Umständen erhalten werden, weder durch Einwirkung von Salpetersäure auf den Oxyhydrochinontrimethyl- äther selbst, noch durch Einwirkung von Salpetersäure auf Nitrooxy- bydrochinontrimethyläther. Es ist daher wohl nicht zweifelhaft, daß der Will'sche vermeintliche Di nitrokörper vom Fp. 131° identisch ist mit dem M o n o nitrokörper vom Fp. 129°. 4. Durch vorsichtige Oxydation mit schwacher Salpetersäure wurde aus dem Oxyhydrochinontrimethyläther ein Bi-Methoxychinon erhalten. 5. Der Schmelzpunkt des 1, 2, 4, 5-Tetroxybenzol- 2, 5-Dimethyl- äthers liegt bei 170° und nicht bei 16(3°, wie in der Literatur an- gegeben. ü. Als letztes der drei möglichen Isomeren wurde das 1,2,4,5- Tetramethoxylbenzol vom Fp. 102,5° dargestellt. 28i H. Thoma u. A. Schüler: Phenoläther. II. Erfahrungen über das Verhalten von Salpetersäure gegen Phenoläther. Von H. Thoms und A. Schüler. (Eingegangen den 6. IV. 1907.) Die von dem einen von uns (Th.) mit seinen Mitarbeitern unter- nommenen Studien über die Phenoläther *), insbesondere hinsichtlich des Verhaltens dieser gegen Salpetersäure haben Beobachtungen zu Tage gefördert, welche ein gesetzmäUiges Verhalten der auf einander agierenden Körper erkennen lassen. Salpetersäure wirkt auf Phenol- äther bald nitrierend, bald oxydierend ein- Die unter Heranziehung der neuerdings beim Oxyhydrochinontrimethyläther gewonnenen Er- fahrungen (s. vorstehende Mitteilung) sind in der nachfolgenden Tabelle von uns zusammengestellt worden. Die drei Gruppen dieser Tabelle ergeben das folgende: Gruppe I der Tabelle zeigt, daß Dimethoxybenzole mit Salpeter- säure glatt Nitroprodukte liefern, gleichgültig, welche Stellung die OCHa-Gruppen zu einander einnehmen. Bei einer Häufung von Methoxylgruppen am Benzolkern wird der Eintritt von Nitrogruppen in denselben erschwert. So zeigen Gruppen II und III, daß Tri- und Tetramethoxybenzole vornehmlich zur Chinonbildung neigen. Ein Eintritt von Nitrogruppen erfolgt hier .nur dann , wenn Para Stellungen noch frei sind. A-lkyl- (Propyl-) Gruppen scheinen den Eintritt von Nitro- gruppen zu begünstigen (s. II. 4. 7.). Dies tritt ganz besonders in die Erscheinung bei dem Dihydroasaron (s. II. 5o und 7.). Obwohl hier je zwei Parastellungen bereits besetzt sind, erfolgt dennoch bei der Einwirkung der Salpetersäure unter gewissen Reaktionsbedingungen eine Nitrierung, indem in die Parastellung zu der vorhandenen Alkyl- gruppe unter Beseitigung einer Methoxylgruppe eine Nitrogruppe ein- geführt wird. Fehlt, wie bei dem Nitrooxyhydrochinontrimethyläther der dirigierende Einfluß einer Alkylgruppe, so tritt keine zweite Nitro- gruppe ein, vielmehr zerfällt das Molekül. "' 1) Arb. a. d. pharm. Inst. d. Univ. Berlin, Bd. I, S. 3—39; Bd. II, S. 46, S. 100-126. t}. Tboms u. A. Schüler: Pbenolätber. Salpetersäure gibt mit Gruppe I. OCHb OCHs OCHa 285 l. a) OCH« -> ß) -.OCHg OCIIp Veratfol ^^Oj MO9 Stellung der N()2-Oruppe: bei ß !)nbc--tiniin< ; b?i 7 ob 3,4 oder -1,5 ungewiß OCH. OCH. 2. o) OCHa ^ ß) NO, lOCH, Resorcin- dimetbylätber OCHb 3. et) — ß) NO. OCHß Hydrocbinon- dimetbyläther C8H7 OCHfl OCHa CpH? N02 •-♦ t) 4, a) ^^OCHs OCHe Dibydrometbyl- eugenol ß) NO2, NOo NOo OCHs ^NOa" ^CHg C.B NO2, NoJ. »"7 ^^'OCIIa 1)CH8 NO, OCHb NO9 NOa I )C OCHg OCHa ^^NOa OCHa C8H7 ''^.NOa ^^'oCHg ^)CHa Gruppe II. ^ ß) OCIIa "■^jOCHa ^^OCHa Pyrogailol- »-♦^ 7) trimethyläther 1. a) ^^OCHg ^ OCHa ^0 OCHa ^^^OCHa 2. a) OCHa CIIsO'^ OCHa O CHgO OCH. NOa " Nitrokörper . mit Sicberheit *~*^ ^^ bisher nicht bekannt Gruppe I. Iß. Mourcu. Bl. [3J, 15, 647; 1 7. Brüggemann. J. pr. [2] 53, 252; Mourcu. Bl. [3], 15, 646, 2ß. Honig. B. 11, 1041; 3 ß-8. Habermann. B. 11, 1037; 4ß— 0. Tboms und Zernik. B. 36, 854. Gruppen. 1 ß-7. Will. B. 21, 608-613; 2 ß. Mannicb. Arch. d. Pharm., 242, 501 (19C4). 286 H. Thoms u. A. Schüler: ThenolätW. Gruppe 11. '■^.OCHb O 3. a) OCH OCIJs j ^OCHs ^ Dinitrokörper unmöglich; •-♦■('> ^ ■-♦ o) Zerfall der Moleküle unter NOg'^^^ Bildung von Oxalsäure. uOHfi CgH, Jk^l ß) Oi 4. «) I CbH, 5. a) OCHs OCH, 5"'__„ nTT„f»i ! C«H, CIIaOl-^/loCHo .--"^.OCHa CllaO'^^ /"^orn CIIbO^^'oCHb ^'^y^'"^" *"" PH oL J NOa asaron " ^^^-q^ Gruppe in. ^"^•OCHb r^^OCIls OCHg i^^^OCHb oCHg CIl80'\^ -^"-^.OCHg ^ r^^OCII« ^ 1. «) I 2. o) i !^ JoCIIb OCH3 CJIgOk J OCH3 NOg^ ^lOCHs OCHs .^ Nitrokörper Apionol ■^■^)..ni loPH 1,2,4,5-Phentetrol. «nmöghch "^<^ tetramethyläther OCHb Gruppe II. 3 ß-o Vorliegende Arbeit. 4 ß-7. Thoms. B. 36, 2, 1716, 5. 5p. Ciamician und Silber. B. 23, 2283 (1890); 5 ß-7 Thoms und Herzog. B. 36, 884. Gruppe HI, Iß. Will. B. 21, 1, 608. I7 Ciamician und Silber. B. 23, 2, 2291. 2 ß. Vorliegende Arbeit. O. A. Oesterle: Holz von Morinda citrifolia L. 287 Ueber einen Bestandteil des Holzes von Morinda citrifolia L. Von 0. A. Oeaterle. (Eingegangen den 24. IV. 1907.) Von den ziemlich zahlreichen Morindaarten (Rubiaceen) werden in Indien namentlich Morinda citrifolia und Morinda unihellafa zu Färbezwecken benützt und z. T. kultiviert. Als B^ärbematerial dient die Wurzelrinde, welche in den Produktionsgebieten mit zahlreichen Namen belegt wird, von denen die Bezeichnungen Soranji und Mang- Koudu die bekanntesten sind. Die chemische Untersuchung') dieser I^inden hat ergeben, daß sie eine Reihe von Anthrachinonderivaten enthalten, und daß unter denselben das Morindon resp. dessen Glykosid das Morindin quantitativ vorherrscht. Das Holz der Morindaarten findet zu Färbezwecken nur eine sehr beschränkte Verwendung. Es wird höchstens als Zusatz zur Rinde benützt um dadurch eine Nüancierung des Farbentones zu erzielen. Das Holz selbst scheint nur ein geringes Färbevermögen zu besitzen. Welchem Bestandteil dieses Vermögen zuzuschreiben ist, wurde noch nicht festgestellt, überhaupt ist das Holz noch nicht untersucht worden. Durch die freundliche Vermittelung der Herren Eyken in Samarang und Treub in Buitenzorg bin ich in den Besitz von Wurzel und Stammholz von Morinda citrifolia gelangt. Ich habe die Unter- suchung des Holzes in erster Linie mit Rücksicht auf das von Anderson^) zuerst aus der Rinde von Morinda citrifolia isolierte Morindin unternommen. Den Angaben Anderson's gemäß habe ich das zerkleinerte Holz mit Alkohol ausgekocht. Aus den etwas eingeengten alkoholischen Auszügen schied sich nach einiger Zeit eine braune Masse aus, die mit 70%igem Alkohol ausgezogen wurde. Aus der ziemlich stark gefärbten Flüssigkeit konnten weder durch Abkühlen noch durch Eindampfen Krystalle gewonnen werden. Da Morindin bei der Hydrolyse mit Säuren Morindon liefert und dieses an der blau- violetten Farbe, mit der es sich in Alkalien löst, leicht zu erkennen ist, wurde ein Teil der verdünnten alkoholischen Lösung mit Säure 1) Vergl. Rupe, Die Chemie der natürlichen Farbstoffe, Braunschweig, 1900. Greshoff, Schetsen van nuttige indische Planten, Amsterdam, 1894. 2) Anderson, Ann. Cbem. u. Pharm 71 [1849], 216. 288 0. A. Oesterle: Holz von Moriada citrifolia L. gekocht und mit Alkali übersättigt. Eine blauviolette Färbung war dabei nicht bemerkbar. Auch in dem heiß bereiteten wässerigen Auszug des Holzes konnte kein Morindin nachgewiesen werden. Die alkoholischen Auszüge des Holzes wurden nun vollständig eingedampft und das trockene Extrakt mit Chloroform ausgezogen. Nach dem Abdestillieren des Chloroforms hinterblieb eine dunkelbraune Masse, die am Rückflußkühler mit Benzol ausgekocht wurde. Eine nicht unbeträchtliche Menge harzartiger Substanzen konnte, da sie ungelöst blieb, dadurch entfernt werden. Beim Einengen der Benzollösung worden krystallinische Ausscheidungen erhalten, die aber noch stark mit Harz ver- mengt waren. Diese harzigen Verunreioigungen lassen sich nur äußerst schwer entfernen. Löst man die aus Benzol ausgeschiedenen unreinen Krystalle in Eisessig und fügt man der siedenden Lösung vorsichtig Wasser zu, so gelingt es schv/arzes Harz auszuscheiden, und man erhält einen anscheinend reinen Körper, der aus Eisessig in schönen gelbroten Nadeln krystallisiert. Der Schmelzpunkt ist jedoch nicht konstant; er schwankt zwischen 200 und 207° und erst durch zahllose, mit großen Verlusten verbundene Krystallisationen aus Eisessig gelingt es einen konstanten Schmelzpunkt zu erhalten. Die Entfernung des verunreinigenden Harzes ist auch bei Anwendung anderer Lösungs- mittel nur sehr schwierig zu erreichen. Am raschesten gelangt man zum Ziele, wenn man die aus Eisessig gewonnenen Krystalle durch Kochen in Kaliumkarbonatlösung löst. Aus der tiefrot gefärbten Lösung scheiden sich beim Erkalten Krystalle aus, welche mit Kalium- karbonatlösung gewaschen und wieder aus demselben Lösungsmittel umkrystallisiert wurden. Es hat sich dabei als vorteilhaft erwiesen, die Kaliumkarbonatlösung zuerst ziemlich konzentriert anzuwenden oder der verdünnten Lösung, um die Ausscheidung zu befördern, Kaliumkarbonat in Substanz zuzufügen. Zuletzt wurde eine 10% ige Lösung verwendet. Das Umkrystallisieren wurde solange wiederholt, bis die über den Krystallen stehende Lauge nicht mehr stark gefärbt war. Schließlich wurde aus Eisessig krystallisiert. Auf diese Weise konnten lange, goldig glänzende, bräunlich gelbe Krystalle erhalten werden, welche bei 210*' schmolzen. Aus Aceton oder verdünnter Essigsäure erhält man Kiystalle von etwas hellerer Farbe, der Schmelzpunkt ist aber derselbe. Die Krystalle lösen sich io konzentrierter Schweielsäure mit gelber Farbe. Mit Ammoniak entsteht eine rötlich gelbe Lösung, aus der sich die Substanz allmählich wieder ausscheidet. Werden die Krystalle mit Natron- oder Kalilauge Übergossen, so färbt sich die Lauge gelb; vollständige Lösung tritt erst beim Kochen ein, dabei geht die gelbe Farbe in Gelbrot über. Aus diesen Lösungen scheiden sich beim Etkalten rote Niederschläge 0. K. Oesterle: Holz von Morinda citrifolia L. 28d aus, und zwar amorph aus Natronlauge, krystallinisch aus Kalilauge. Ganz ähnlich verhält sich Barytwasser. In der Kälte färbt sich Baryt- wasser gelb ohne die Krystalle vollständig zu lösen; erst beim Kochen entsteht eine rot gefärbte Lösung. Aus dieser Lösung scheiden sich aber sofort rote Flocken aus und die Flüssigkeit entfärbt sich allmählich. In Chloroform, Benzol, Eisessig ist die Substanz leicht löslich, in Alkohol und Aceton löst sie sich schwerer, in Aether und Petroläther fast gar nicht. Wasser löst beim Kochen nur Spuren und färbt sich gelb. Die Analyse ergab folgendes: 0,1180 Substanz lieferten 0,3168 COg und 0,0403 HgO 0,1769 „ „ 0,4746 „ „ 0,0617 „ entsprechend C 73,19% 73,17% H 3,82 „ 3,91 „. Die Behandlung mit Jodwasserstoflfsäure nach Z ei sei ergab die Anwesenheit von Methoxyl, und zwar lieferten 0,2226 Substanz 0,ir)99 AgJ, entsprechend 9,482% OCH3. Durch Acetylierung mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat entsteht ein in gelben Nadeln vom Schmp. 184—185° krystallisierendes Acetat. Die Analyse desselben ergab aus 0,1626 Substanz 0,3881 COj und 0,0785 HgO, entsprechend C 65,09% II 6,40 „. Die Resultate der Analysen erlauben den Körper als Monomethyl- äther eines Trioxymethylanthrachinones der Formel CioHiaOfi an- zusprechen : CißHiaOs Ci8Hio06(C2H80)a gefunden: berechnet: gefunden: berechnet: C 73,19 73,17 73,54% C 65,09 65,19% H 3,82 3,91 ■ 3,48 „ H 5,40 5,52 „ . OCHs 9,48 8,94 „ Körper derselben Zusammensetzung sind von Perkin und Hummel aufgefunden worden in der Chay - Wurzel ') (Oldenlandia umbellata [Rubiac.]), in der Rinde von Morinda umbellata^) und in der Rinde von Ventilago madraspatana ^) (Rhamnac). Von den Verbindungen aus *) Journ. ehem. soc. 63, 1160. 2) Journ. ehem. soc. 65, 851. 8) Journ. ehem. soc. 65, 940. Arch d. l'harm. CCXXXXV. Bds. 4 Haft. 19 290 0. A. Öesterle: Holz von Morinda citrifolia L. den beiden erstgenannten Drogfen unterscheidet sich der aus dem Morinda -Holz dargestellte Methyläther ganz bestimmt. Mit dem Trioxymethylanthrachinonmonomethyläther aus Ventilago zeigt er da- gegen einige üebereinstimmung, so namentlich im Schmelzpunkte des Diacetylderivates. Nach Perkin und Hummel schmilzt die Diacetyl- verbindung bei 185—186°, der Monomethyläther selbst bei 200°. Da, wie auch Perkin und Hummel hervorheben, die Reindarstellung der Substanzen aus Ventilago madraspatana ziemlich umständlich und mit Schwierigkeiten verknüpft war, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß der Schmelzpunkt infolge geringer Verunreinigung etwas herab- gedrückt wurde. Die Angabe von Perkin und Hummel, daß sich der Aether mit roter Farbe in Alkalien löst, spricht nicht gegen die Identität der beiden Substanzen. Ich konnte beobachten, daß bei nur ganz geringen Verunreinigungen der Aether sich in Alkalien in der Kälte statt mit gelber, mit roter Farbe löst. Wie ein vorläufiger Versuch zeigte, wird der Methyläther beim halbstündigen Erwärmen mit konzentrierter Schwefelsäure auf 160° verseift. Das entstandene Produkt ist im Gegensatz zum Ausgangs- material in Benzol und Chloroform schwer löslich, leicht löslich dagegen in Alkohol, Aceton und Eisessig. Es sublimiert in kleinen gelbroten Nadeln, welche erheblich höher (268°) als das Ausgangs- material (216°) schmelzen. In konzentrierter Schwefelsäure lösen die durch Sublimation gewonnenen Krystalle sich mit gelber, in Alkalien mit roter Farbe. Zur näheren Charakterisierung dieses Körpers, der als Trioxymethylanthrachinon ein Isomeres der Emodine darstellt, reichte das Material nicht aus. Mit der Darstellung von neuem Material bin ich beschäftigt. Herr Ed. Tisza, der mich bei dieser Untersuchung wirksam unterstützte, hat festgestellt, daß der isolierte Methyläther gebeizte Stoffe kaum anfärbt. Es ist daher wahrscheinlich, daß die färbenden Substanzen in den in Alkalien schon in der Kälte mit roter Farbe löslichen Anteilen des alkoholischen Holzauszuges zu suchen sind. Vielleicht liegen die Verhältnisse ähnlich wie bei Ventilago, wo der eigentliche Farbstoff, das Ventilagin, eine nicht krystallisierbare, harz- artige Substanz ist. A. Wiebold: Ilefe-Extrakte. 291 Ueber Hefe -Extrakte. Von Adolf Wiebold. (Eingegangen den 8. V. 1907.) Mit der zunehmenden Entwickelung der Industrie und dem sich immer schärfer geltend machenden Wettbewerb in allen Zweigen der Technik ist die Frage der Verwertung der Abfallstoffe eine stets dringendere geworden. Man sucht nicht nur die bei der Herstellung der Produkte sich oft in großen Mengen anhäufenden und lästig werdenden Abfälle auf möglichst billige Weise los zu werden, sondern wenn irgend angängig, aus ihnen einen tunlichst großen Nutzen heraus- zuziehen und damit die Herstellungskosten des Haupterzeugnisses zu entlasten. Infolge dieser Bestrebungen sind häufig sekundäre Industrien von der größten Bedeutung entstanden, ich eriiuiere nur an die Industrie des wichtigsten Abfallproduktes der Leuchtgasbereitung, des Stein- kohlenteers, an die Verwertung der Abfall-Laugen der Zuckerraffinerien in der Cyanindustrie, an die Herstellung der Schlackensteine aus den früher unbenutzten und zu hohen Bergen um die Werke sich auf- türmenden Hochofenschlacken, und so noch viele dergleichen Industrien. Ein solches Abfallprodukt ist nun auch die Brauerei-Hefe, welches, obwohl es die wertvollsten Eigenschaften in sich birgt, jetzt noch in seiner weitaus größten Menge unbenutzt verloren gegeben wird. Nach den Angaben Peron's wurden im Jahre 1900 nicht weniger als 170 Millionen Kilogramm dieses zu 00 — 10% aus den vor- züglichsten Eiweiß-Nährstoffen bestehenden Stoffes und mit ihm Millionen an Kapital einfach weggeworfen. Vor der Entwickelung der Preßhefe-Fabrikation und dem riesigen Aufblühen des Großbrauerei-Gewerbes, in dessen Gefolge eine Massen- produktion von Hefe einherging, fand die Brauereihefe noch eine lohnende Verwendung im Brennereibetriebe, im Bäckergewerbe und in der Hauswirtschaft. Seit aber die für den Backprozeß weitaus geeignetere obergärige Preßhefe eigens für diese Zwecke in großen Mengen hergestellt oder als Abfallhefe der Brennereien in den Handel gebracht wird, und seit die Brennereien nach den modernen Verfahren mit für ihre Zwecke geeigneteren und selbst gezüchteten Heferassen arbeiten, findet die untergärige Hefe zu den genannten Zwecken nur noch eine beschränkte Verwendung, während die größte Menge mangels lohnenden Absatzes als Viehfutter verwendet oder ganz verworfen wird. 19* 392 A. Wiebold: Hefe-Extrakte. Und doch ist diese Verschleuderung der Hefe gleichbedeutend mit der Vernichtung einer ungeheuren Menge des wertvollsten Nahrungs- mittels, welches unserer wichtigsten Stickstofifnahrung, dem Fleische, an Nährwert wenig nachsteht und dieses bei geeigneter Zubereitung vielfach zu ersetzen im stände sein würde. In der Tat ist die chemische Zusammensetzung der Hefe der- jenigen des fettfreien Muskelfleisches außerordentlich ähnlich, wenn man berücksichtigt, daß in der Hefe als einer vegetabilischen Lebens- form das Material der Zellwände aus einem Kohlehydrat, der Zellulose, besteht, während im tierischen Körper die Wände der Zellen und Gefäße des Muskels aus stickstoffhaltiger, aber ebenfalls teilweise un- verdaulicher Substanz gebildet sind. Man erkennt dies leicht aus der folgenden Nebeneinanderstellung der Analysen von Fleisch und Hefe, berechnet auf Trockensubstanz. Fleisch Hefe Mageres Ochsetfleisch Untergärige Bierhefe nach König nach Nägeli u. Low Stickstoffsubstanz 88,5% 60-60 % Zellulose und Pflanzenschieim . — 27—37 „ Fett 6,4 „ 5,0 „ Stickstofffreie Extraktivstoffe . — 1—4 „ Asche 5,1 „ 7-10 „ ia letzterer rho?pborsäure PaOs . . . . 42,5 „ ö4,7 „ Kalk 2,8 „ 4,5 „ Magnesia 3,2 „ 4,1 „ Kali 41,3 „ 35,2 „ Eisenoxyd 0,7 „ 0,6 „ Also nicht nur die stickstoff'haltigen organischen Nährstoffe, die Proteinkörper, sondern auch die für den Aufbau der Zellen und Organe des menschlichen Körpers wichtigsten Mineralstoffe sind im Fleische wie in der Hefe in annähernd demselben Verhältnis vorhanden. Die Hauptmasse der stickstoffhaltigen Bestandteile der Hefe bildet das Protoplasma, welches hauptsächlich aus Nucleoproteiden besteht, neben wenig Albumin, Peptonen, Amiden etc.; daneben enthält sie als wichtige Stickstoffverbindungen eine Anzahl Enzyme, teils amyloly tische, wie die Cytase, die Invertase, die Zymase, die Maltase, teils oxydierend wirkende, wie die Katalase, teils proteolytische Enzyme, wie die Peptase und Endotryptase, welche beiden letzteren bei der Verarbeitung der Hefe zu Nahrungsmitteln von besonderer Wichtigkeit sind Endlich enthält die Hefe als weiteren Stickstoff körper das für die Ernährung der Nervensubstanz so wichtige Lecithin, welches nach Sedlmayr bis zu 2% in der Hefetrockensubstanz vorkommt. — Unter A. Wiebold: Ilefe-Extrakte. 293 den Kohlehydraten der Hefe ist noch das auch im Muskellh'isch sich findende (Jlykogen zu nennen. — Bemerkenswert ist ebenfalls der hohe Gehalt der Hefe an Phosphorsäure und Kali, welche für das Leben der Zelle, speziell des Plasmas, und damit für den Aufbau des Körpers von großer Bedeutung sind. Nimmt man mit Voit den mittleren Stickstoflfgehalt von magerem Fleisch mit 7h% Wassergehalt zu 3,4%, und denjenigen der gepreßten Hefe mit ebenfalls 75% Wasser zu 2,5% an, so würde l kg Hefe ungefähr % kg Rindfleisch entsprechen. Die Biererzeugung im Deutschen Reiche beläuft sich auf ca. 70 Millionen Hektoliter, woraus sich nach Abzug der in der Brauerei selbst wieder verwerteten Stellhefe eine Hefeerzeugung von ca. 1 Million Meterzentnern ergibt, da nach den Untersuchungen von Prof. Reinke und Brauereibesitzer Weymar in Mülhausen i. Thür. 1 Hektoliter Bier bei einer Aussaat von '/i kg eine Ernte von 2 kg Hefe ergibt. Diese Million Doppelzentner Hefe entspricht aber nach obiger Annahme in ihrem Nährwert ungefähr 750000 Doppelzentnern Fleisch. Die rationelle Verwertung dieser ungeheuren Quantitäten Hefe würde, wie leicht ersichtlich, nicht nur für die Brauereien von eminenter finanzieller Wichtigkeit sein, sondern auch, namentlich in Zeiten der Fleischteuerung, von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung sein, indem sie einen billigen Ersatz unseres hauptsächlichsten Eiweiß- nährstoflfes, des Fleisches, lieferte und damit einer rationellen Volks- ernährung wesentliche Unterstützung liefert. Dann fiele den Brauereien die hohe Aufgabe zu, die Menschheit nicht nur mit einem der wichtigsten Genußmittel, sondern auch mit einem der unentbehrlichsten Nahrungs- mittel zu versorgen. Erst vor etwa 10 Jahren hat man begonnen, dem Problem der Verwertung der Hefe als Nahrungsmittel seine Aufmerksamkeit zu schenken, nachdem schon vorher wissenschaftliche Untersuchungen vieler namhafter Physiologen und Chemiker, wie Schützenberger, Kossei, Salkowski u. a. mehr sich mit den Eigenschaften und den Zersetzungsprodukten der Hefe • Eiweißstoffe beschäftigt und dargetan hatten, daß, wie bei der peptischen Verdauung des Fleisches, auch die Proteine des Hefeplasmas durch Enzyme zunächst in Albumosen und Peptone und dann in Tyrosin, Leucin, Alloxurbasen (Caruin, Xanthin, Sarkin, Guanin) und Hexonbasen (Arginin, Hystidin, Lysin), in Amide und Amidosäuren wie Arsparaginsäure gespalten werden. Sie zeigten auch, daß dieser Abbau schon bei der Selbstverdauung der Autolyse der Hefe durch die in ihr enthaltenen proteolytischen Enzyme erfolgt. — An diese Forschungen reihten sich dann in neuerer Zeit die Arbeiten über das Wesen und die Wirkungen der Hefeenzyme und wiesen so 294 A. Wiebold: Hefe-Extrakte. den Weg, auf welchem eine rationelle Verarbeitung der Hefe zu einem Nahrungsmittel erfolgen konnte. In der Tat gründen sich die meisten der zahlreichen seitdem publizierten und patentierten diesbezüglichen Verfahren auf die Ergebnisse dieser Untersuchungen über die Selbst- verdauung der Hefe. "Was nun diese Verfahren betrifft, so kann man sie mit Bezug auf das erzielte Produkt einteilen in solche, bei welchen die gesamte Hefesubstanz in mehr oder weniger aufgeschlossener Form in das dargestellte Nahrungsmittel eintritt, und in solche, welche die löslichen oder löslich gemachten Bestandteile der Hefezelle enthalten, und welche man als Hefeextrakte bezeichnet. Die ersteren, obwohl sie das Ideal einer rationellen Hefe-Verwertung darstellen, insofern Proteine und Kohleh3'drate der Hefe der Ernährung dienstbar gemacht werden, sind bis heute wenig ausgebaut und können hier übergangen werden. Desto größer und mannigfaltiger ist aber die Anzahl der Verfahren zur Darstellung der Hefeextrakte, in denen neben Mineralstoffen nur die Eiweißkörper der Hefe eine wesentliche Rolle spielen. Diese Verfahren kann man nach der Art der Gewinnung des Hefeextraktes in vier, natürlich nicht streng begrenzte Gruppen einteilen: I. Einfache Extraktion ohne Zuhilfenahme von Hefe- oder fremden Enzymen. II. Benutzung der proteolytischen Enzyme der Hefe oder fremder Enzyme zur Aufschließung des Heteplasmas. III. Verwendung chemischer Agentien, wie Säuren, Basen, Salze oder indifferenter, die Plasmolyse befördernder Stoffe, wie Zucker, Gummi, Aether etc. IV. Kombinationen von I bis III. I. Einfache Extraktion. Diese Verfahren benutzen meistens hohe Temperaturen und Drucke oder mechanische Vorrichtungen, um einerseits die Zellwände der Hefen zu sprengen und dadurch den Zellinhalt bloßzulegen und andererseits eine teilweise Löslichmachung der Hefebestandteile zu be- wirken, la diese Gruppe gehört das Verfahren von Wahl und Henius (Amerik. Pat. 540471 v. J. 1895), welches wohl auch das älteste ist. Die Erfinder kochen die Hefe eine halbe Stunde lang mit Wasser und ver- wenden das zum Extrakt eingedampfte Filtrat. Ferner das Verfahren von Watson (Pat. 22846 v. J. 1897), welcher die Hefe unter Zusatz wasser- bindender Stoffe, wie Stärke etc., trocknet, fein vermahlt und hiernach mit Wasser auszieht, Der Auszug wird zum Extrakt verdampft. Dormeyer erhitzt die Hefe auf 58—80" um die Eiweißstoffe zu koagulieren. Das abgepreßte Extrakt wird eingedampft und als Pflanzen- fleischextrakt verwertet. Die im Rückstande befindliche Hauptmenge der A. Wiebold: Ilefe-Extrakte. 296 Eiweißstoffe wird mit gespannten Wasserdämpfen aufgeschlossen und als Pepton-Nährmittel verwendet. Zur Herstellung des Ovos-Hefeextraktes wird die gepreßte Hefe mit Dampf gekocht und der abgepreßte Saft eingedampft. Dieses Extrakt ent- hält ca. 41% Eiweißstoffe und 5% Phosphorsäure. Hill- Jones extrahiert die Hefe bei 180—200° im Autoklaven. M. Elb (D. R. P. 130362) trägt die Hefe in kleinen Mengen in Wasser von solchen Temperaturen ein, daß die Hefe sofort getötet wird und die Zellen platzen, aber die Eiweißkörper nicht koaguliert werden (?) und dampft das Filtrat zu Extrakt ein. Auch ein anderes von Dormeyer angegebenes Ver- fahren kann zu dieser Gruppe gerechnet werden. Nach diesem wird die zum Gefrieren gebrachte Hefe in warmes Wasser von 40 o C. übergeführt, in solchen Mengen, daß die Temperatur des Wassers nicht sinkt, was durch ent- sprechendes Anheizen der Mischung erreicht wird. Durch das plötzliche Auftauen werden die Zellwände zerrissen, und der Zellinbalt wird freigelegt. Durch Abpressen und Eindampfen erhält man ein eiweißreiches Extrakt. Bei den Verfahren der II. Gruppe wird die Einwirkung der in der Hefe schon enthaltenen Enzyme oder künstlich zugesetzter proteolytischer Fermente, wie Pepsin, Papain, Pankreasauszug, auf das Hefeplasma benutzt und da- durch eine bessere Aufschließung und Löslichmachung und damit größere Ausnutzung der Hefe erzielt. Kressel erwärmt (D. R.P. 89819 vom 28. 11, 1896) die Hefe 3 Stunden lang auf 58", preßt ab und dampft zum Extrakt ein. Er erhielt so nur 5 kg gepreßte Hefe, 0,75 kg dickes Extrakt mit 38% Eiweiß und Pepton und 8,4% sonstigen stickstoffhaltigen Extraktivstoffen. Cornelius O'Sullivan nahm 1897 das englische Patent 19161, nach welchem er Hefe 8 bis 10 Tage bei 26—38° der Selbstverdauung überläßt und den abgepreßten Saft eindampft. Watson (Engl. Pat. 22846) vertlüssigt die Hefe bei 25— 37«, setzt dann ein Antisepticum (Salicylsäure) hinzu und läßt 20—40 Stunden bei obiger Temperatur stehen. Es soll fast die Gesamtmenge der Eiweißstoffe gelöst werden und ein Extrakt mit 60—70% Albuminoiden resultieren. Eichelbaum (D.R.P. 116127) tötet die Hefe durch Erhitzen und bewirkt die Peptonisierung des Zellinhaltes durch Aspergillus Oryzae oder A. Wentil. Overbeck trägt die Hefe in siedendes Wasser ein und kocht bis alle Zellhäute zerrissen, dann kühlt er auf 55—60° ab und setzt zur Peptonisierung des Plasmas Malzkeime zu (Engl. Pat. vom 20. Juli 1898). Bei den Verfahren der III. Gruppe werden den Hefen eine ganze Reihe der verschiedenartigsten Chemikalien zugesetzt, welche teils eine chemische Einwirkung auf die Proteinstoffe ausüben können, wie Säuren und Basen, teils vielleicht direkt lösend wirken, wie gewisse Salze, oder welche, wie die chemisch indifferenten Stoffe, eine Beschleunigung oder Vermehrung der osmotischen Vorgänge bewirken. — Freymann führte unter Reinke eine große Reihe von Untersuchungen unter Einwirkung von organischen und an- organischen Säuren, Salze, von Alkohol, Aether, Benzol auf Hefe und Eß- pilze aus. Diese Untersuchungen wurden bei 15 — 140° C. unter besonderer 2y6 A. Wiebold: Hefe-Extrakte. Berücksichtigung der Plasmolyse aasgeführt. — Zu dieser Gruppe gehört das Verfahren von Johnson (Engl. Pat. 29183 von 1897), der die Hefe mit ^% Salzsäure oder Phosphorsäure bei 2^4 Atmosphären bis zu 1% Stunden erhitzt, mit Alkali neutralisiert, filtriert und eindampft. Das so gewonnene Produkt soll 54% Stickstoifverbindungen enthalten. De Nayer (Engl. Pat. 13032 vom Jahre 1898) dämpft die Hefe bei 3 Atmosphären unter Zusatz von Weinsäure. Van der Stiechele will die Proteinstoffe durch Behandeln mit Bor- säure resp. Borsalicylat in Lösung bringen (Belg. Patente vom 3. und 25. September 1898). Van La er (Belg. Pat. vom 3. Oktober 1898) verwendet zu demselben Zwecke Zucker, Alkaliphosphate, Chloralkalien etc. De Nayer (Belg. Pat. vom 28. November 1898) zerreißt die Hefezellen in rotierenden Trommeln mit Sand und erhitzt die Masse mit Kochsalz. Büchner und Gruber verflüssigen (D. R. P. 113181 und 137643) die Hefen durch Einwirkung der Dämpfe von Aethyläther, Benzol, Toluol, Chloroform, Fettsäure-Estern, Aceton oder durch Zusatz von Formaldehyd, Glyzerin u. dergl. Heß (Amer. Pat. 785733/34) verwendet zu demselben Zweck Essigäther. Die zuletzt genannten Verfahren bilden den üebergang zur IV. Gruppe der kombinierten Methoden, da bei ihnen, sofern sie bei Temperaturen unter 600 ausgeführt werden, sicherlich nicht allein die chemische oder physikalische Wirkung der zugefügten Substanz zur Erreichung des Zieles dient, sondern auch der proteolytische Einfluß der Hefenenzyme in Erscheinung tritt. Dasselbe ist der Fall bei den folgenden Verfahren. E. de Meulemester (D. R. P. vom 26. 10. 1898) verflüssigt die Hefe durch Zusatz von Gummi arabicum bei Temperaturen zwischen 4 und 30° und überläßt das Gemisch 36 bis 80 Stunden der Selbstgärung. Aubry stellt sein Hefeextrakt Obron nach D. R. P. 120346 durch Verflüssigung der Hefe mittels 5—10% Chlornatrium oder anderer Salze bei Eellertemperatur, zwei- bis dreistündiges Erwärmen auf 50° und darauf folgendes zweistündiges Kochen her. Nach dem D.R. P. 122168 der Force, Socidtd Anonyme Anvers wird gepreßte Hefe bei 5—150 unter Zusatz von Kochsalz, Gummi arabicum, Soda, Zucker oder anderer Stoffe der Selbstgärung überlassen. Peeters setzt nach Engl. Pat. 26985 der gewaschenen Hefe gewisse Säuren, Alkalien oder Salze und dann Pepsin, Pankreation etc. hinzu und erhitzt ca. 48 Stunden auf 40«. Aehnlich verfährt Goodfellow (Engl. Pat. 13722), indem er die Hefe in getrennten gleichen Portionen mit den verschiedenen Fermenten behandelt. Die 1. Portion wird mit Milchsäure, Salzsäure oder Alkali 24 Stunden bei 49—600 behandelt. Die 2. Portion wird mit Salzsäure und Pepsin 6 Stunden bei 38» digeriert. Die 3. Portion wird alkalisch gemacht und dann 6 Stunden lang bei 380 der Einwirkung eines Pankreasauszuges unterworfen. A. Wiebold: Hefe-Extrakte. 2ü7 Endlich gehört noch hierher das Verfahren von Hill- Jones und Kressol (Engl. Pat 15145 und 18714). Diese erhitzen die Hefe zunächst mit Kochsalz auf 60—65" C. während drei Stunden; dann kühlen sie auf 40—450 ab und setzen Pepsin, Pankreatin, Ptyalin oder Diastase, Salzsäure und Milchsäure zu und lassen die Enzyme bei dieser Temperatur 3 Stunden einwirken. Anstatt der Enzyme verwenden sie auch Formaldehyd. Wie aus der vorstehenden ZusammenstelluDg von patentierten Verfahren ersichtlich, sind eine große Anzahl von Versuchen zur Aus- nützung der Bierhefe als Nahrungsmittel gemacht, und alle möglichen Prozesse und Chemikalien des Hefeplasmas in Anwendung gebracht worden. Daß auch verschiedene Patente im Großbetriebe ausgebeutet werden, beweist die große Anzahl der unter verschiedenen Namen im Handel befindlichen Pflanzen - Nährextrakte oder Pflanzen - Pleisch- extrakte. Auf Veranlassung des Herrn Prof. Dr. Reinke habe ich die im folgenden zu beschreibenden Versuche ausgeführt und habe dabei nicht nur auf die erzielte Ausbeute an den einzelnen Bestandteilen der Hefe- extrakte, sondern auch auf die organolytischen Eigenschaften des Produktes meine Aufmerksamkeit gerichtet. — Geruch und Geschmack sind ja bei einem Nahrungsmittel von ausschlaggebender Bedeutung, und gerade in dieser Hinpicht hat die Hefe von allen anderen pflanz- lichen Eiweißquellen den großen Vorzug, daß sie bei entsprechender Behandlung ein Produkt liefert, welches in diesen beiden Eigen- schaften der Fleischbrühe oder dem gebratenen Fleisch außerordentlich ähnelt. Es wurde zunächst eine Reihe orientierender Versuche mehr qualitativer Natur ausgeführt und von diesen dann einige ausgewählt, um an der Hand quantitativer Bestimmungen sich über die Ausbeute, sowie über den Grad des Abbaues der Hefen-Eiweißstoff"e, wie er bei den einzelnen Verfahren sich ergibt, zu informieren. In allen Fällen wurde die frisch aus der Brauerei bezogene Hefe zunächst sofort einer mechanischen Reinigung unterzogen, um sie von dem den Geschmack des darzustellenden Präparates beeinflussenden Hopfenbitterstoffe resp. Harze zu befreien. Zu dem Zwecke wurde die mit wenig Wasser verdünnte Hefe durch ein feines Sieb gepreßt, der Hefebrei mit 0,5% Ammoniumkarbonat versetzt, an der Luftpumpe mit möglichst wenig kaltem Wasser ausgewaschen und bis auf einen Wassergehalt von 75% abgesaugt. — Es ist von Wichtigkeit, zu dieser Reinigung nur das unumgänglich nötige Wasserquantum zu verwenden, um der Hefe nicht schon vor der eigentlichen Verarbeitung eine zu große Menge wertvoller Nährstoffe zu entziehen. Eine Analyse des Wasch Wassers ergab folgende Resultate: 298 A. Wiebold: Hefe-Extrakte. Extrakt 0,73 % Asche 0,23 „ PjOß 0,008 „ Stickstoff 0,054 „ = 0,34% Protein. Die ersten 6 Versuche wurden dazu unternommen, die Wirkung von verdünnter Salzsäure (0,25%) bei verschiedenen Temperaturen, so- wie des Pepsins bei 40° auf das Hefeplasma zu studieren, sowie, um zu beobachten, ob die in verschiedenen Patenten behauptete Sprengung der Zellwände durch Hitze stattfinde. Zu allen 6 Versuchen wurde eine wie oben gereinigte Hefe ver- wendet, welche in -100 Teilen 75 Teile Wasser, 25 Teile Trocken- substanz und 2,54% Stickstoff enthielt. 50 g dieser Hefe wurden mit 100 g Salzsäure mit 0,25% Chlorwasserstoff auf verschiedene Weise behandelt, einige auch mit 0,5 g Pepsin Ph. G. Ill und dann an dem Stickstoffgehalte der Filtrate der Grad der Aufschließung des Hefe- EiweiJJes verfolgt. — Da die Versuche nur orientierender Art sein wollten, wurde der Stickstoffgehalt des Pepsins vernachlässigt und auch der Extraktgehalt der Filtrate nicht bestimmt, demnach nur eine annähernde Ausbeuteberechnung ausgeführt. I. Versuch. 50 g Hefe wurden mit 100 g Salzsäure von 0,25% 12 Stunden bei 40° digeriert, dann wurde auf das ursprüngliche aufgefüllt und in 25 ccm des Filtrates der Stickstoff nach Kjeldahl unter Zusatz von 1 Tropfen Queck- silber und nachheriger Destillation mit Schwefelkalium und Natronlauge bestimmt. Es wurden gefunden 0,1348 g Stickstoff. Da das Gesamtvolumen des Extraktes = 100 + 37,5 (Wasser der Hefe) = 137,5 ccm war, so ent- sprechen 50 g Hefe 0,7414 g gelöste Stickstoff- Verbindungen, und da in 50 g Hefe 0,1272 g Gesamtstickstoff enthalten sind, so ist die Ausbeute an Stickstoff- körpern der Hefe = 58,3%. Geruch und Geschmack des Extraktes waren fade, wenig angenehm. H. Versuch. 50 g Hefe wurden mit 100 g Salzsäure von 0,25% und 0,5 g Pepsin Ph. G. III 12 h bei 40 o digeriert, nach dem Auffüllen filtriert und in 25 ccm des Filtrats der Stickstoff wie oben bestimmt. Es wurden erhalten 0,1489 g Stickstoff, entsprechend 0,8189 g Stickstoff aus 50 g Hefe, das ist eine Aus- beute von 64,4%. III. Versuch. 50 g Hefe wurden mit 100 g Salzsäure von 0,25% 1 Stunde auf 100 o erhitzt, dann abgekühlt und noch mehrere Stunden mit 0,5 g Pepsin Ph. G. III bei 40° digeriert. 25 ccm des wie vorher gewonnenen Filtrates ergaben 0,06024 g N, entsprechend 0,3313 g Stickstoff aus 50 g Hefe oder eine Stickstoffausbeute von 26,05 %. A. Wiebold: Hefe-Extrakte. 299 Geruch und Geschmack waren angenehmer als bei 1 und 11. Ein Platzen der Zellwände und eine Freilegung des Plasma.s konnte weder hier noch in I und IT nachgewiesen werden. Dag mikroskopische Bild bei Versuch 111 war das abgestorbener Hefezellen. IV. Versuch. 50 g Hefe wurden mit 100 g Salzsäure von 0,25% im Autoklaven J4 Stunde bei 2 Atmosphären Druck behandelt, nach dem Erkalten wurden 0,5 g Pepsin Ph.-G. III zugesetzt und dann die Mischung noch 4 Stunden bei 40° digeriert. 25 ccm des wie oben erhaltenen, tiltrierten Extraktes ergaben nach Kjeldahl 0,1642 g Stickstoff, also aus 50 g Hefe 0,6517 g gelösten Stickstoff oder 71,0% des Gesamtstickstoffs. Geruch und Geschmack waren angenehm, bouillonartig. Ein Platzen der Hefezellen war nicht zu konstatieren, sondern nur leichte Schrumpfung. V. Versuch. 50 g Hefe wurden 2^4 Stunden mit Wasserdampf von 3^ Atmosphären im Autoklaven belassen, dann mit 100 g Salzsäure von 0,25% 8 Stunden im siedenden Wasserbade erhitzt. Nach dem Auffüllen und Filtrieren ergaben 10 ccm des Extraktes nach Kjeldahl 0,047 g Stickstoff, entsprechend 0,6517 g aus 50 g Hefe, oder eine Ausbeute von 51,2%. VI. Versuch. 50 g Hefe wurden wie in V im Autoklaven behandelt, nach dem Er- kalten wurden 100 g Salzsäure von 25% und 0,5 g Pepsin Ph. G. III zu- gesetzt und die Masse bei 40° 8 Stunden lang digeriert. In 10 ccm des aufgefüllten und filtrierten Präparates wurden gefunden 0,05424 g Stickstoff, entsprechend 0,7458 g gelöstem Stickstoff aus 50 g Hefe, oder 58,6% des Gesamtstickstoffs. Die Zellen waren bei V und VI zum größten Teil nur stark geschrumpft, zum kleineren Teil waren sie zerstört und in eine Detritus- masse umgewandelt. — Geruch und Geschmack waren bratenartig, scharf, ziemlich unangenehm. In der folgenden Tabelle sind die Resultate der vorstehend beschriebenen 6 Versuche zusammengestellt. No. i Versuchsbedingungen Löslicher N aus 50 g Hefe Ausbeute des lös- I liehen N in Prozenten , G-esamt-N i Organoleptische Eigenschaften I .j 0,25% HCl bei 40° II j id. id. -|- Pepsin m [1 0,25% HCl bei 100° !' Pepsin bei 40° IV 1 0,25% HCl ^2 '^ 2 Atmosph. I Pepsin bei 40° V I Hefe 2^ i' 3% Atmosph. 0,25% HCl bei 100° VI wie V -I- Pepsin bei 40° 0,7414 g 0,8189 „ 0,3318 „ 0,9031 „ 0,6517 „ 0,7458 „ 58,3 i 64,4 26,05 71,0 51,2 58,6 li Geruch u. Geschmack fade id. id. etwas angenehmer als I und II bouülonartiger Geruch und Geschmack I bratenähnlicher Geruch und Geschmack, dunkle Färbung 300 A. Wiebold: Hefe-Extrakte. Aus dieser Tabelle lassen sich mancherlei für die rationelle Ver- arbeitung der Hefe wichtige Schlüsse ableiten. Bezüglich der Pepsin- wirkung ersieht man durch Vergleichung von I und II, sowie von V und VI, daß diese nicht sehr beträchtlich ist, während die peptische Aktion der proteolytischen Enzyme der Hefe eine sehr energische sein muß, wie Versuch I zeigt, in welchem 58,3 % des gesamten Hefestickstoffs löslich geworden sind, während im Parallelversuch II mit Pepsin nur eine Plusausbeute von kaum 6% erreicht wurde. Wenn auch nicht die ganze Menge der gelösten Stickstoffkörper ihre Lösung den Endoenzymen der Hefe verdankt, da die Hefe ja schon an und für sich lösliche Stickstoffverbindungen enthält und auch die Salzsäure zum Teil die Lösung der Proteine durch Bildung von Acidalbuminen bewirkt haben mag, so zeigt doch der Vergleich mit Versuch III anschaulich die Selbstpeptonisierung der Hefe. Denn dadurch, daß im III. Versuche durch sofortiges Erhitzen der Hefe auf 100° die Hefeenzyme getötet waren, wurde die Ausbeute an löslichem Stickstoff auf weniger als die Hälfte herabgesetzt (26,05% statt 58,3%) trotz der Anwendung von Pepsin. — Diese geringe Wirksamkeit des künstlich zugesetzten Pepsins ist auch leicht erklärlich dadurch, daß es die Zellwände nur schwer durchdringen und so auf die zu lösenden Proteine nicht oder nur langsam einwirken kann, während dies bei der in der Zelle enthaltenen Endopeptase natürlich der Fall ist. Und daß die Zellwände selbst bei längerem Erhitzen auf 100° intakt bleiben, ist bei den obigen Versuchen, entgegen den Angaben verschiedener Patentschriften, durch die mikroskopische Untersuchung nachgewiesen. Ein weiterer Grund für die geringe Wirkung des Pepsins auf Hefe- plasma ist seine Unfähigkeit, das Nuklein weiter zu verdauen, wovon noch weiter unten die Rede sein wird. Soll also das Hefeprotein durch künstlich zugesetzte Enzyme abgebaut werden, so ist eine vorherige Sprengung der Zellmembran unbedingt erforderlich. Daß dies nicht durch hohe Temperatur möglich ohne Schädigung des zu gewinnenden Präparates, zeigen die obigen sechs Versuche. Dieses Ziel läßt sich aber erreichen durch mechanisches Zerreiben der Hefe mit Sand, Kieselgur etc., wie es Buchner oder De Nayer tun, oder durch Sprengung der Zellwände mittels plötzlichen Erwärmens der gefrorenen Zellen, wie es in dem Verfahren von Dormeyer und Rückforth angegeben ist. Solcher künstlicher Zusatz von peptischen Enzymen ist aber bei der Hefe gar nicht nötig, da sie diese selbst in genügender Menge und vortrefflicher Wirkung erzeugt, so daß sie unter gewissen Be- dingungen nahezu ihre gesamten Eiweißkörper selbst verdaut, wie dies Effront in seiner Arbeit über die Selbstverdauung der Hefe vor A. Wiebold: Ilefe-Extrakte. 301 kurzem dargetan hat. Er fand, daß bei seiner Hefe mit 11,2% Gesamt- stickstoff nach 10 Tagen 9,807%, d. h. 87,0% des Gesamtstickstoffs, und nach 30 Monaten 10,01%, d. i. 8l»,.*{% in Lösung gegangen waren. Was die Wirkung erhöhten Druckes und erhöhter Temperatur anbetrifft, so ergibt sich aus Versuch IV, daß sie bei kurzer Ein- wirkung von Vorteil sind, da sowohl die Ausbeute als auch Geruch und Geschmack des Präparates bedeutend besser als bei den übrigen Versuchen siod. Wie es scheint, bewirkt die verdünnte Salzsäure unter diesen Bedingungen eine Peptonisierung des Plasmas und auch eine Lockerung der Zellmembran, so daß eine Diffusion der gelösten Eiweißkörper aus der Zelle in die umgebende Flüssigkeit und auch ein Eindringen des Pepsins in die Zelle erleichtert wird. Bei lang- andauernder Einwirkung von hoher Temperatur und hohem Druck, wie in Versuch V und VI, findet zwar eine Zerstörung der Zellwände statt, damit scheint aber auch ein Verlust an Stickstoff' körpern, viel- leicht durch Verflüchtigung von Ammoniak oder Aminen Hand in Hand zu gehen, denn die Ausbeute an löslichem Stickstoff ist geringer als bei einfacher Digestion wie in Versuch I und IL Geruch und Geschmack leiden ebenfalls unter zu hoher Temperatur. Nach diesen Vorversuchen, die über die Richtung orientiert hatten, in welcher weitere Versuche anzustellen zweckmäßig sei, und welche als bestes Mittel zur Aufschließung des Hefeplasmas die Verwendung der Hefeenzyme ergeben hatten, wurden noch eine Reihe von Vorversuchen unternommen zu dem Zweck, die Einwirkung einer Reihe von Chemikalien, hauptsächlich Säuren, Basen und Salze, auf den Selbstverdauungs- prozeß der Hefe zu studieren. Es wurden dabei nur die technische Ausbeute und die organoly tischen Eigenschaften des Produktes be- rücksichtigt, um dann die besten Verfahren behufs näheren Studiums auszuwählen. Es genügt daher, an dieser Stelle das Endresultat der zahlreichen Versuche zu erwähnen, ohne auf die Einzelheiten näher einzugehen. Untersucht wurde die Wirkung von Zucker, Alkohol, Salzsäure, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Milchsäure, Natriumhydroxyd, Kalk und Kochsalz, sowie Hefe ohne jeden Zusatz. Es stellte sich heraus, daß die mit Kochsalz bereiteten Präparate sowohl qualitativ wie quantitativ die besten Resultate ergaben, daher wurde dieses Verfahren in verschiedenen Modifikationen zum näheren Studium gewählt. Die in der Folge zu beschreibenden fünf Hauptversuche wurden in der Absicht ausgeführt, die quantitative Ausbeute an den einzelnen wichtigen Nährstoffen, welche das Hefeextrakt bilden, zu erfahren und dabei festzustellen, wie weit der Abbau der Eiweißstoffe stattgefunden hatte. Zu diesem letzteren Zwecke wurden außer dem Gesamtstickstoff Soä A. Wiebold: Hefe-Extrakte. noch der Eiweißstickstoff, der Peptonstickstoff und der Amidstickstoff je für sich quantitativ bestimmt durch Fällen des Hefeextraktes mit Stutz er'schem Kupferoxydhydrat und mit Phosphorwolframsäure in salzsaurer Flüssigkeit. Nach der jetzigen Auffassung und den bisherigen Befunden bestehen die Proteinkörper des Hefeplasmas neben wenig eigentlichem Albumin der Hauptsache nach aus Proteiden, teils Glykoproteiden, teils Nukleoproteiden, welche durch die Einwirkung proteolytischer Enzyme zunächst in Albumine resp. Nukleine und in nicht eiweißartige Körper gespalten werden. Die Albumine werden dann durch die weitere Ein- wirkung des Enzyms in immer einfachere Eiweißkörper gespalten, deren Endglied das Pepton ist. Die zwischen Albumin und Pepton liegenden Uebergangsstadien bilden die Albumosen oder Propeptone, von denen die primären, die Proto- und Heteroalbumosen dem Eiweiß näherstehen, und wie dieses durch Kupfersalze gefällt werden, während die durch Kupfersalze nicht fällbaren, sekundären oder Deuteroalbumosen sich den Peptonen nähern und früher auch als Peptone bezeichnet wurden. — Bei weiterer Einwirkung der Enzyme, speziell des auch in der Hefe enthaltenen tryptischen Ferments, der Endotryptase, zerfällt schließlich das Pepton in Hexonbasen, wie Lysin, Arginin, in Amido- säuren, wie Leucin, Tyrosin, Asparaginsäure und in andere einfach gebaute Stickstoffkörper. Die Nukleine liefern bei der tryptischen Verdauung außer Albumin auch noch die Nukleinbasen oder Xanthin- körper, wie Xanthin, Sarkin, Carnin, Guanin, wie dies von Kossei für die Hefe nachgewiesen wurde. Endlich wurde von Kutscher und Lohmann auch die Muttersubstanz des Lecithins, das Cholin, als Verdauungsprodukt der Hefe gefunden. Je nach dem Grade des Abbaues des Proteinmoleküls verhalten sich nun diese zahlreichen Spaltungsprodukte verschieden gegen Reagentien, so daß man sie darnach in Gruppen einteilen kann. Bei den folgenden Untersuchungen wurde das Verhalten der Stickstoffkörper des Hefeextraktes gegen Kupferbydroxyd und Phosphorwolframsäure zu Grunde gelegt. Letztere ist ein allgemeines Gruppenreagens auf Eiweißkörper und Stickstoffbasen, wie Alkaloide, Nukleinbasen und Hexonbasen, welche dadurch gefällt werden, während die Amide und Amidosäuren in Lösung bleiben. Diese letzteren, wie Leucin, Tyrosin, Asparagin werden also beim Versetzen des mit einer Mineralsäure an- gesäuerten Hefeextraktes mit Phosphorwolfrarasäure nicht gefällt und können im Filtrate bestimmt werden. Der Niederschlag dagegen ent- hält alles Albumin, die Albumosen und Peptone, sowie die Niiklein- und Hexonbasen, welche wiederum durch ihr Verhalten gegen Kupfer- hydroxyd in 2 Gruppen getrennt werden können. Die eine Gruppe A. Wiebold: Hefe-Extrakte. 303 bilden diejenigen Stickstoflfkörper, welche in schwach saurer oder neutraler Lösung durch dieses Reagens nicht gefällt werden, wie die Deuteroalbumosen, Peptone und die Produkte noch tieferer Zersetzung des Proteins, die Nuklein- und Hexonbasen; die andere Gruppe umfaßt diejenigen StickstoflFverbindungen, deren Moleküle noch komplizierter zusammengesetzt sind, das Albumin und die primären Albumosen, und welche sich mit Kupferhydroxyd zu in neutralen und schwach sauren Flüssigkeiten unlöslichen Verbindungen vereinigen. Durch Anwendung der beiden Fällungsmittel kann man also die Spaltungsprodukte des Proteins nach dem G-rade ihres Abbaues fraktionieren und durch Bestimmung des Stickstolfgehaltes der einzelnen Fraktionen sich ein Bild von dem Grade der Spaltung des Protein- moleküls machen. Die Gewinnung und Berechnung der einzelnen Fraktionen geschah bei allen 5 Versuchen nach tolgenden Methoden: I. Bestimmung des Gesamt-Stickstoffs im Hefeextrakt nach der Methode von Kjeldahl. II. Bestimmung des Eiweißstickstoffs nach Stutzer mit Kupferhydroxyd. 12 g Hefeextrakt wurden mit Wasser verdünnt, mit 40 ccm Kupferhydroxyd -Brei versetzt und zum Sieden erhitzt. Die siedende Flüssigkeit wurde auf ein N-freies Filter gebracht und der Niederschlag mit siedendem Wasser gewaschen, bis das Filtrat mit Salzsäure und Phosphorwolframsäure keine Trübung mehr gab. Der abgesaugte Filterinhalt wurde dann noch feucht mit samt dem Filter mit konzentrierter Schwefelsäure nach Kjeldahl verbrannt und der Stickstoff als Ammoniak bestimmt. Die so gefundene Menge Stickstoff repräsentiert den Stickstoff des Albumins und der primären Albumosen, welche in der angewandten Menge Extrakt enthalten sind, und welcher im folgenden stets kurz als Eiweißstickstoff bezeichnet werden soll. III. Bestimmung des Peptonstickstoffs und des basischen Stickstoffs durch Fällen mit Phosphorwolframsäure. 4 g Hefeextrakt wurden mit Wasser verdünnt, bei gewöhnlicher Temperatur mit 10 ccm Salzsäure von 1,125 und 30 ccm einer ca, 20 folgen Phosphorwolframsäure-Lösung versetzt, der Niederschlag nach ein- stündigem Absitzen auf ein N-freies Filter von 11 cm Durchmesser gebracht und zweimal mit je 25 ccm einer Lösung, welche aus 5 ccm HCl von 25%, 15 ccm der 20%igen Phosphorwolframsäurelösung und 80 ccm Wasser bestand, kalt gewaschen. Filter samt Niederschlag wurden noch feucht mit konzentrierter Schwefelsäure verbrannt und der Stickstoff darin nach Kjeldahl bestimmt. Die gefundene Menge ent- s])richt dem Eiweiß-N + Pepton-N + Nukleinbasen-N + Hexon- 304 A. Wiebold: Hefe-Extrakte. basen-N. Zieht man von der im Phosphorwolframsäure-Niederschlag gefundenen und auf 100 Extrakt berechneten Stickstoffmenge die in II gefundene und ebenfalls auf 100 Extrakt berechnete Stickstoffmenge ab, so erhält man in Prozenten des Extrakts die aus den Deutero- albumosen, dem Pepton, den Nucleinbasen und den Hexonbasen stammende Stickstoffmenge, welche fernerhin kurz als Peptonstickstoff angeführt werden soll. IV. Die Bestimmung des Säureamid-, Amidosäuren- und Ammoniakstickstoffs, welche im Filtrate vom Phosphor- wolframsäure-Niederschlag vorgenommen werden kann, wurde nicht ausgeführt, sondern aus der Differenz zwischen Gesamtstickstoff und Albuminstickstoff + Peptonstickstoff berechnet und im folgenden als Amidstickstoff bezeichnet. V. Bestimmung der Trockensubstanz, der Asche und der Phosphorsäure. Zur Ermittelung der Trockensubstanz wurde eine gewogene Menge Extrakt zuerst auf dem Wasserbade und dann bei 105 '^ bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Behufs Aschenbestimmung wurde die Trockensubstanz verkohlt, der Rückstand mit heißem Wasser erschöpft, die restierende Kohle verascht, der wässerige Auszug der Asche hinzugefügt, zur Trockne verdampft und gelinde geglüht. Nach Befeuchten mit Ammonkarbonat wurde nochmals gelinde erhitzt. In der Asche wurde die Phosphorsäure mit Molybdänlösung und Magnesiamixtur in der üblichen Weise als MgaPgOv bestimmt. Zu den Versuchen wurde dieselbe Hefe wie zu den Vorversuchen benutzt und auch ebenso gereinigt. Sie hatte dieselbe Zusammen- setzung, nämlich: Wasser. . . . 75,0% Trockensubstanz 25,0%, darin Stickstoff . . . 2,544%, entsprechend 10,18% Stickstoff, oder 63,63% Protein in der Trockensubstanz. Da in der Hefe verschiedene Enzyme wirksam sind und das Temperaturoptimum ihrer Wirksamkeit verschieden ist und zwischen 40" und 60° C. variiert, so wurde bei den Versuchen zuerst eine Zeitlang eine Temperatur von 40° innegehalten, diese dann allmählich bis 60** gesteigert und das P/äparat bei dieser Temperatur noch 1 Stunde digeriert. I. Haupt-Versuch. 2000 g Hefe und 40 g Kochsalz wurden gemischt und % Stunde bei 40" im Wasserbade digeriert, die Masse erweichte hierbei und nahm eine breiige Konsistenz an. Nach Ablauf der halben Stunde wurde das Wasserbad stärker erhitzt, so daß der Hefebrei sich in jeder Minute um ca. 10 erwärmte. Hierbei wurde beständig umgerührt. Nachdem 60" erreicht A. Wiebold: Hefe-Extrakte. 30h waten, wurde die inzwischen flüssig gewordene Masse ohne amzurübren eine Stande bei dieser Temperatur belassen, dann das verdampfte Wasser durch Auffüllen auf das ursprüngliche Gewicht ersetzt, die gut durchmischte Flüssigkeit auf ein Filter gegeben und schließlich von den ungelöst gebliebenen Resten der Hefe abgesaugt. Das Präparat stellte eine dickliche, schwach opalisierende, bräunlich- gelbe Flüssigkeit von sehr angenehmem, bouillonartigen Geschmack dar. Mit 4 — 5 Teilen heißem Wasser verdünnt, lieferte es ein vorzüglich schmeckendes, von Fleischbrühe kaum zu unterscheidendes Getränk. Die Analyse des so gewonnenen Extraktes No. I ergab folgende Zahlen: 100 Gew.-Teile Extrakt enthielten Trockensubstanz 15,02 G.-T. Asche 4,602 „ PaOfi 1,145 „ Gesamtstickstoff 1,412 „ Eiweißstickstoff 0,193 „ Peptonstickstoff 0,536 „ Amidstickstoff 0,683 „ Aus dem Trockensubstanz- Gehalt des Extraktes ergibt sich die Ausbeute an löslichen Stoffen zu 45,04% in folgender Weise: Der Extrakt besteht in 100 Teilen aus 15,02 T. Trockensubstanz und 84,08 T. Wasser und die Hefe aus 25 T. Trockensubstanz und 75 T. Wasser, welcher noch 2 T. Kochsalz zugesetzt wurden; das Hefe- Kochsalz-Gemisch besteht also nach Beendigung der Digestion und vor dem Filtrieren in 100 Teilen ans 75 T. Wasser, 2 T. Kochsalz, X T. gelöster Trockensubstanz und 25 — x T. ungelöster Trockensubstanz» Erstere drei bilden das Extrakt, und da in diesem das Verhältnis von Trockensubstanz : Wasser wie 15,02 : 34,98 ist, so entsprechen 75 T. 15,02 . 75 Wasser in der Hefe-Kochsalz-Mischung q. q^, T. = 13,26 T. Trocken- substanz, in welcher noch die zugesetzten 2 T. Kochsalz enthalten sind. Die Menge x der gelösten Hefetrockensubstanz beträgt demnach 11,26 T., diejenige der ungelöst gebliebenen 25 — 11,26 — 13,74 T. Auf 100 T. Hefetrockensubstanz berechnet, sind also 45,04% in Lösung gegangen; ungelöst blieben 54,90%, die zum größten Teile aus Zellulose bestehen. N?ch vorstehendem entspricht 100 T. Hefe einer theoretischen Extraktausbeute von 75 T. Wasser + 13,26 T.Trockensubstanz = 88,26 T. mit einem Gesamtstickstoflfgehalt von 1,412% =- 1,240 T. Stickstoff. Da nun der Gesamtstickstofi in 100 T. Hefe = 2,544 T. ist, so ergibt sich eine Gesamtstickstoff- Ausbeute von 48,99%. Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. 4. Heft. 20 306 A, Wiebold: Hefe-Extrakte. In den 1,412% Gesamtstickstoff sind enthalten 0,193% Eiweiß- stickstoff, 0,536% Peptonsticksto£f und 0,683 Amidstickstoff, oder in Prozenten des Gesamtstickstoffs: Eiweißstickstoff 13,67% Peptonstickstoff 37,96 „ Amidstickstoff 48,37 „ Die tryptische Verdauung der Proteinsubstanzen der Hefe ist also eine sehr weitgehende gewesen, trotz der kurzen Zeit von kaum 2 Stunden, während welcher die proteolytischen Enzyme ihre Wirkung ausüben konnten, II. Haupt-Versuch. Mit diesem Versuche sollte festgestellt werden, ob nicht durch Einwirkung freier Salzsäure eine bessere Auf Schließung der Hefe erreicht würde. Es wurden 2000 g Hefe solange mit konz, Salzsäure von 1,125 versetzt, bis die Mischung auf Methylorange sauer reagierte. Es wurden 68,3 g Säure, entsprechend 27,41 g Kochsalz, verbraucht, und die Masse verflüssigte sich sehr schnell. Sie wurde wie im Versuch I 34 Stunde bei 40o digeriert, dann unter stetem Rühren in 20 Minuten auf 60° erwärmt und dann 1 Stunde bei dieser Temperatur stehen gelassen. Dann wurde die der Salzsäure äquivalente Soda zugesetzt, bis zum Entweichen der Kohlensäure stehen gelassen, aufgefüllt und filtriert. Der Extrakt hatte eine Saccharometeranzeige von 10,3, war im Aussehen dem No. I ähnlich, hatte aber einen weniger angenehmen Geruch und Geschmack als dieser. Die Analyse ergab, daß in 100 Gewichtsteilen Extrakt vorhanden waren: Trockensubstanz 9,2 T. Asche 3,382 „ P2O5 1,142 „ Gesamtstickstoff 0,662 „ Eiweißstickstoff 0,170 „ Peptonstickstoff 0,177 '„ Amidstickstoff' 0,315 „ Die Ausbeute an Trockensubstanz der Hefe war demnach = 24,92% unter Berücksichtigung eines Kochsalzzusatzes von 1,37%. Die Stick- stoffausbeute in Prozenten: des Gesamtstickstoff war = 21,02%. Das Verhältnis zwischen Albumin-, Pepton- und Amid- Stickstoff ist in Prozenten Gesamtstickstoff: Eiweißstickstoff., 25,68% Peptonstickstoff 26,74 „ Amidstickstoff 47,58 „ 111. Haupt versuch. Dieser Versuch wurde in derselben Weise wie Versuch II aasgeführt, nur wurde die Soda nach der Filtration zugefügt und zwar nur soviel, daß keine bleibende Trübung eintrat. Der Extrakt spindelte A. Wiobold: llefe-Extrakto. 307 lü,ü Saccb., sein Geschmack und (Jeruch waren bei weitem nicht so un- angenehm wie diejenigen von I. Die Analyse ergab folgende Zahlen: In 100 Gewichtsteilen Extrakt waren enthalten: Trockensubstanz 8,U T, Asche 2,i)8 „ mit 1 T. Ivochsalz PaOß 1,155 „ Gesamtstickstoif 0,672 „ Eiweißstickstoflf 0,206 „ Peptonstickstoff 0,162 „ AmidstickstofF 0,304 „ Die Ausbeute an Hefetroekensubstanz betrug also 23,2%. Die Stickstoffausbeute war 21,61 % des Gesamtstiokstoffs. Auf 100 Teile der letzteren kamen Eiweißstickstoir 30,65 T. Peptonstickstoff 24,11 „ AmidstickstofF 45,24 „ IV. Haupt versuch. In Erwägung, daß die Hauptmasse des Hefe- plasmas aus Nukleoproteiden besteht, welche den Charakter einer Säure haben und mit Alkalien wasserlösliche Salze bilden, regte den Versuch an, die Einwirkung verdünnter Natronlauge auf die Hefe zu studieren. Die Menge der anzuwendenden Natronlauge wurde so berechnet, daß nach Zusatz einer äquivalenten Menge Salzsäure sich 2 g Kochsalz auf 100 g Hefe bildeten. Es wurden daher 2000 g Hefe mit 110 g einer 25% igen Natronlauge gemischt. Unter Berücksichtigung des Wassergehaltes der Hefe war die einwirkende Natronlauge ca. 1,84% ig. Es trat rasch Veiflüssigung ein. Die Masse wurde wieder wie vorher bei 40 o und 60° behandelt, dann wurden 100 g Salzsäure von 25% zugefügt, gut gemischt und filtriert. Die Saccharometeranzeige des Extraktes war 14,1%, es war bräunlich- gelb, fast klar, Geruch und Geschmack angenehm, doch weniger als bei I. Die Aualysenresultate waren für 100 Gewichtsteile Extrakt. Trockensubstanz 11,12 T. Asche 3,863 „ (einschl. 2,37 T. Na Cl) PsOfi 1,236 „ Gesamtstickstoff 0,945 „ Eiweißstickstoff 0,181 „ Peptonstickstoff 0,389 „ Amidstickstoff 0,375 „ Extraktausbeute in Prozenten der Hefetrockensubstanz 29,3.'i%, Ausbeute an Gesamtstickstoflf 31,34%. Verhältnis der Stickstoff Verbindungen in Prozenten des Gesamt- stickstoffs: Eiweißstickstoff 19,15% Peptonstickstoff 41,17,, Amidstickstoff 39,68 „ 20* 308 A. Wiebold: Hefe-Extrakte. Der V. und letzte Hauptversuch wurde mit liefe alieio olinü Zusatz irgend welcher Chemikalien ausgeführt. 2000 g Hefe wurden in einem Wasserbade von 45 — 50" verflüssigt unter fleißigem Rühren. Die Verflüssigung ging zwar etwas langsamer als bei den vorhergehenden Versuchen vor sich, war aber in ca. 1 Stunde erreicht. Die dickflüssige Masse wurde dann noch % Stunde bei 40° digeriert, danach langsam auf 60° gebracht und bei dieser Temperatur eine Stunde .^ich salbst überlassen. Die während dieser Zeit ziemlich dünnflüssig gewordene Masse wurde dann nach dem Auffüllen mit Wasser auf das ursprüngliche Gewicht filtriert. Der Extrakt spindelte 14,5 Sacch., war bräunlich-gelb, wenig opalisierend und hatte einen ausgezeichneten, bouillonartigen Geruch und ebensolchen, nur etwas faden Geschmack, der aber nach Zugabe von etwas Kochsalz demjenigen von No. I nicht nachstand. Die Analyse ergab folgende Resultate: 100 Gewichtsteile Extrakt enthielten: Trockensubstanz 15,23 T. Asche 2,27 „ PaOB 0,774 „ Gesamtstickstoff 1,680 „ Eiweißstickstoff 0,182 „ Peptonstickstoff 0,802 „ Amidstickstoff 0,696 „ Die Extraktausbeute in Prozenten der Hefetrockensubstanz 53,88%. Die Stickstoffausbeute in Prozenten des Gesamthefe- stickstoffs 58,42%. Das Stickstoffverhältnis in Prozenten: Gesamtstickstoff des Extrakts war: Eiweißstickstoff 10,83% Peptonstickstoff 47,74 „ Amidstickstoff' 41,43 „ In den folgenden 3 Tabellen sind zwecks größerer üebersichlichkeit die vorstehend mitgeteilten Resultate zusammengestellt. Tabelle A enthält die unmittelbaren Ergebnisse der chemischen Analyse der 5 Extrakte, mit der Beschränkung, daß in ihr der wahre Trockensubstanz- und Aschegehalt, erhalten durch Verminderung der direkt gefundenen Werte um die Menge des jeweils zugesetzten, resp. aus den Komponenten entstandenen Kochsalzes aufgeführt ist. In Tabelle B sind die Ausbeuten an den einzelnen Extrakt- bestandteilen, berechnet auf 100 Teile Hefetrockensubstanz sich gegen- übergestellt. Tabelle C endlich zeigt den Grad des Abbaues des Plasmas, wie er durch die verschiedenen Prozesse erreicht wird, durch Zusammen- A. Wiebold: llefe-Extraktc. 309 Stellung der Verhältnisse zwischen Eiweiß-, Pepton- und Anüdstick- stoff, ausgedrückt in Prozenten des Gesamtstickstotfs des Extraktes. Tabelle A. In ICO Göwichtstcilen Hefeextrakt (Lösunp) sind enthalten: No. Verfahren Trocken- substanz Na Gl Asche Na Gl PjOß Gesamt- stickstoir I Hefe + NaGl 12,75 2,232 1,145 1,412 II Hefe + HGI neutralisiert vor dem Filtrieren 7,54 1,723 1,142 0,622 111 Hefe 4- HCl neutvaliaieit nach dem Filtrieren 7,11 1,981 1,155 0,672 IV Hefe + Na OH 8,75 1,493 1,236 0,945 V Hefe für sich 15,23 2,273 0,774 1,680 Tabelle B. Ausbeute, berechnet auf lüO T. Hefetrockensubstanz, sowie Stickstoflf- luisbeute auf (Jesamtstickstoff der Il-^fe. No Verfahren Trocken- substanz NaG! Asche Na Gl o Gesamt- - tickstoff '• 1 Hefe + Na Gl 48,04 7,89 4,05 4,99 II Hefe + 11 Gi neutralisiert vor dem Filtrieren 24,92 5,70 3,77 2,19 III Hefe 4- HGI neutralisiert nach dem Filtrieren 23,20 6,46 3,77 2,19 IV Hefe -f Na OH 29,33 5,00 4,14 3,17 V Hefe für sich 53,88 8,03 2,74 6,94 !00 Gesamt- stickstofi' der liefe Reben M-Au8beuto 48,99 21,02 21,61 31,34 58,42 Tabelle G. Verhältnis zwischen Eiweiß-, Pepton- und Amidstickstoff, ausgedrückt in Prozenten des GesamtstirkRtofFs im Extrakt. No. Verfahren Eiweiß- Pepton- Amid- stickstoff stickstofi Stickstoff I II HI IV V 1 Hefe -f Na Gl Hefe -H HGI neutralisiert vor dem Filtrieren Hefe + HGI neutralisiert nach dem Filtrieren Hefe + Na Uli Hefe für sich 13.67 37,96 48,37 25.68 26,74 47,58 30,65 ! 24,11 45,24 ! 19,15 41,17 ;iü,tJ8 10,83 1 47,74 1 41,43 31Ü A. Wiebold: Hefe-Extrakte. Eine Vergleichung der vorstehenden Tabellen A und B zeigt auf den ersten Blick, daß Verfahren V, also Hefe für sich ohne jedes chemische Agens in Bezug auf Ausbeute sowohl an Trockensubstanz als auch an Stickstoff weitaus die besten Resultate ergab. Dann folgt Präparat T, Hefe mit Kochsalz, welches Präparat V an Wohlgeschmack überlegen war, welcher Umstand aber durch nachträglichen Zusatz von Kochsalz vollkommen ausgeglichen wurde. Hiermit ist auch die Aubry'sche Hypothese widerlegt, welche dem Darstellungsprozeß des „Obrin" zu Grunde liegt, daß nämlich der Kochsalzzusatz die Bildung von Fuselölen aus Glykose verhindert, während nach den Arbeiten Ehr lieh 's anzunehmen ist, daß die Fuselöle gar nicht der Glykose entstammen, sondern ihren Ursprung an Abbauprodukten der Eiweißkörper, speziell den Amidosäuren „Leucin" etc. verdanken. In größerem Abstände folgt Präparat IV und ganz wider Er- warten ungünstig sind die Ergebnisse bei II und III. Wenn wir dann weiter unsere Aufmerksamkeit der Tabelle C zuwenden, so sehen wir auch hier das Präparat V als bestes in dem Verhältnis seiner Stickstoffverbindungen. Es enthält nicht nur die geringste Menge an koagulierterem Eiweiß, dessen Vorhandensein für manche Zwecke der Verwendung des Hefe-Extraktes, z. B. zur Bereitung von Bouillon, Suppen etc., nicht erwünscht ist, und welches daher häufig durch Erhitzen des Extraktes entfernt wird, sondern auch die höchste Menge von für die Ernährung wünschenswerten, nicht koagulablen Eiweißstoffen, Deuteroalbumose und Pepton, während wiederum die nicht .so wertvollen Produkte einer tieferen Eiweiß- spaltuDg, Amide etc. in relativ geringer Qualität zugegen sind. Diese letzteren Stickstoffkörper fluden wir dagegen in unerwünschter Weise vorwiegend in den Extrakten II und III, sowie, wenn auch in geringerem Grade in I. Auch der Eiweißstickstoff findet sich in II und III in verhältnismäßig großer Menge. Während in Extrakt V das Verhältnis Eiweiß-N : Pepton-N annähernd 1 : 5 ist, ist es in II ungefähr 1:1 und in III 5:4. Eine Erklärung dieses Faktums, sowie der geringen Ausbeute an Trockensubstanz und Gesamtstickstoff läßt sich folgendermaßen geben. Die proteolytischen Fermente der Hefe werden durch die freie Salzsäure, die in einer Konzentration von ca. 2% angewandt wurde, in ihrer Wirkung gehemmt, wie dies von Bockorny für 0,.5%ige Schwefelsäure und Natronlauge in Bezug auf Maltose und Zymase nachgewiesen wurde. Dagegen wirkt die Salzsäure spaltend auf die Nukleoproteide und Nukleoalbumine, indem sie aus ihnen lösliche Albumine und unlösliche Nukleine abscheidet, welche letzteren dann A. Wiebold: Hefe-Extrakte. 311 durch die in ihrer Wirkung gelähmte Triptase nicht weiter angegriffen werden, während die wahrscheinlich in salzsaarer Flüssigkeit wirksam gebliebene Peptase bekanntlich auf Nuklein überhaupt nicht einwirkt, dagegen im Verein mit der Salzsäure eine weitgehende Spaltung der Eiweiß- und Peptonkörper ausübt und sie in Amide, wie Leucin, Tyrosin etc., überführt. Eine ähnliche Hemmung der enzymatischen Wirkung übt auch verdünnte Natronlauge aus, dagegen wirkt sie auf die Nukleoproteide und Nukleoalbumine lösend, auch wird in der alkalischen Lösung die Endotryptase nicht so geschwächt, so daß ein Abbau des Nukleins zu Eiweiß und Nukleinsäuren erfolgt; eine weitere Spaltung dieser letzteren tritt aber nicht ein, da in alkalischer Lösung die Peptase vollkommen unwirksam geworden ist und der tiefspaltende Einfluß ver- dünnter Säuren fehlt. Wir sehen daher bei IV einmal eine bessere Geaamtausbeute an Trockensubstanz und Stickstoff und dann ein günstiges Verhältnis von Eiweiß- + Peptonstickstoff zu Amidstick- stoff, welches bei IV wie 3 : 2, bei II und III wie 9 : 8 resp. 'lparabaüsäure, Kobleusäureanhydrid, Ammoniak und Methylamin. Es war zu erwarten, daß das damit isomere Aethyl- Theophyllin, als Abkömmling des symmetrischen Dimethylxanthins (Theophyllins), unter den gleichen Versuchsbedingungen Dimethyl- parabansäure (Cholestrophan), Kohlensäureanhydrid, Ammoniak und Aethylamin liefern würde. Der Versuch hat diese Annahme bestätigt. 10 g Aethyl-Theophyllin wurden zu diesem Zwecke mit einem Gemisch von 14,2 g Kaliumdichromat, 18,7 g Schwefelsäure und 150 g Wasser 6 Stunden lang am Rückfluflkühler gekocht. Der Oxydations- vorgang verlief unter Entwickelung von Kohlensäureanhydrid. Zur Isolierung der bei dieser Oxydation gebildeten alkylierten Parabansäure wurde das erkaltete Reaktionsprodukt so oft mit Aether ausgeschüttelt, als letzterer noch etwas davon aufnahm. Nach dem Abdestillieren des Aethers resultierte ein weißer, kristallinischer Rück- stand, welcher durch Umkristallisieren aus heißem Wasser leicht in farblose, glänzende Blättchen übergeführt werden konnte. Dieselben schmolzen bei 151" und lieferten die Parabansäurereaktion (s. unten). 0,1758 g lieferten 0,2711 g COg und 0,0672 g HgO. Gefunden: Berechnet für C8(CH8)sNs09: C 42,05 42,25 H 4,25 4,22. Nach diesem Befund ist die analysierte Verbindung als Dimethyl- pafabansäure (Cholestrophan) anzusprechen, obschon der Schmelzpunkt dieser Verbindung in der Literatur meist zu 145" angegeben wird. Ein aus Koffein dargestelltes Cholestrophan zeigte jedoch den gleichen Bchtnelzpunkt wie das aus Aethyl-Theophyllin erhaltene Produkt, febenso stimmten die Spaltungsprodukte desselben qualitativ und quantitativ mit denen des Cholestrophans überein. 0,4488 g dieser Dimethylparabansäure wurden zu diesem Zwecke mit 100 ccm Vio Normal-Kalilauge auf dem Wasserbade erwärmt und hierauf der üeberschuß davon mit Vio Normal- Salzsäure zurücktitriert. Es wurden hierbei 0,3548 g KOH durch die bei der Spaltung gebildete Oxalsäure gebunden, entsprechend 79,05% KOH. Für 100 Teile Cholestrophan würden sich nach der Gleichung: CHs-N-CO OKH CO OK CHg-NH I CO + 4- CO CH|-N— CO OKH CO OK CH 77,88 Teile KOH berechnen. (Fortsetzung folgt.) NU Die ' Apothekengesetzgebung. Ein Leitfaden zur A'orbereituiig auf die i)harmazeutischen Prüfungen, von Apothekenbes. Lenken in Süchteln bearbeitet. Wiederholt hat sich, sowolil bei Prüfungen der Lehrlinge, bei Besichtigung, wie bei staatlichen Prüfungen, auf dem Gebiete der Gesetzes- kunde der Mangel einer übersichtlichen Zusammenstellung aller die Pharmazie betreö'endcn gesetzlichen Bestimmungen bemerkbar gemacht. Die vielen und vortrefl'lichen Gesetzsammlungen erfüllen nach der Ansicht der betreffenden Kreise, sowohl der Examinanden wie der Lehrherren und Examinatoren, weil zu umfangreich, die Vorbereitung auf die Prüfungen nur unvollkommen. Wenn das Werkchen auch in erster Linie für die preußischen Pharmazeuten geschrieben ist, so ist dasselbe doch dadurch, daß Raum gelassen ist zur schriftlichen Eintragung der wenigen Sonderbestimmungen, die für andere Bundesstaaten gültig sind, für weitere Kreise verwendbar. Das Register ist sehr ausführlich angelegt und kann deshalb bei dem Repetieren gute Dienste leisten. Durch dieses Register, sowie die vollständige Wiedergabe der verschiedenen „Verzeichnisse" und die genaue Angabe der Gesetzesstellen und Daten, dürfte die Zusammenstellung sich auch für die Praxis des Apothekers eignen. In geschmackvollem, flexiblem Einbände, Taschenbuchformat, inkl. Porto und Verpackung Mk. 2, — . Zu beziehen vom: Deutschen Apotheker-Verein, Berlin G.2. ä M m Wl M M M ^ Chemische Fabrik Cotta E. HEUER empfiehlt als zuvei^lässigste Anaesthetica Aether pro narcosi I » |^ r u Chloroform, puriss. | Zu beziehen durch die {Medizinal -Drogenhäuser. — « ICHTHYOL. Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche ohendrein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch un-erer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit Icbthyol oder Ammonium sulfo - iclitliyolicuni gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit- teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. Iclitliyol- Gesellscliaft Cordes, Hermanni & Co. HAMBURG. Dieser Nummer unseres Blattes liegt eine Beilage der Firma Georg Leisegang, Berlin C, Schloßplatz 4, bei, welche denjenigen Geschäften, die mit photo- grapliischen Apparaten und Objektiven handeln, eine ganz eigenartige Offerte macht. Es handelt sich meist um neue Apparate, welche durch günstigen Einkauf aus Konkursmassen, Ausstellungen etc. Sapolentum Hydrarg. 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LIHK NEW BOTAf (JARI cdie in ihrer Bildungs weise und in ihren Gesamteigenschaften einander Arch, d. Pharm. CCXXXXV. Rds. 5. Heft. 21 CS) 322 W. Schwabe: Alkylderivate des Theophyllins. sehr ähnlichen Aethyl-Dimethylxanthine nach den im vorstehenden beschriebenen Versuchen, sowie nach den bezüglichen Angaben von van der Slooten (1. c.) zeigen. Aethyl-Theophyllin (Aethy.) Aethyl-Theobromin (Aetho.) Freie Base Hydrochlorid . Hydrobromid . Sulfat Golddoppelsalz Platindoppelsalz Quecksilberdoppelsalz . . Qaecksilbercyanid- verbindung Silbernitratverbindung. . Methyljodid Golddoppelsalz Platindoppelsalz Brom-Aethyltheophyllin . Aethoxyverbindung . . . Oxydationsprodukte . . . Weiße Nadeln, Sdp. 1540 (Aethy.) HCl + 2 Hg (Aethy.) HBr (Aethy.) H2SO4 (Aethy) HCl, AuOg; Sdp. 2240 1 [(Aethy.) HCl].aPt 04 + 3HaO I (Aethy.) Hg Cla I (Aethy.) Hg (CN)2 (Aethy,) AgNOa + HgO (Aethy.) CHgJ i (Aethy.) CH3CI, Au CJa ' [(Aethy.) HC)]9PtCl4 C7H9Br(CaH5)N4 02; Sdp. 1700 'C7H6(OC2H6)(C2H6)N402; Sdp. 780 ' Dimethylparabansäure, I C02,NH8,NH2.CjH6 Weiße Nadeln, Sdp. 164-1650 (Aetho.) HCl 4- 2 Hau (Aetho.) HBr (Aetho.) HCl, Au eis; Sdp. 2260 [(Aetho.) HClJaPt 04 (Aetho.) Hg CI2 (Aetho.) Hg(CN)a (Aetho.) AgNOg (Aetho.) CHsJ (Aetho.) CHgCl, AuClg [(Aetho.) HCiJgPtCli C7H8Br(C2H6)N4 02 C7He(OC8H5)C2H5N402; Sdp. 1540 Metbylätbylparaban- säure, COg, NHg, NH2 ■ CHg Der Umstand, daü sich mit Leichtigkeit Methj'l nnd Aethyl in das Molekül des Theophyllins einfügen läßt, gab Veranlassung auch die Reaktionsfähigkeit kohlenstoffreicherer Alkyljodide zu prüfen. Es wurde daher zunächst versucht, Normal-Propyl- und Isopropyl- Theophyllin und im Anschluß hieran Benzyl-Theophyllin darzustellen. II. Normal- Propyl-Theophy Hin: C7H7(CH2-CH2-CH3)N4 02. Die Darstellung dieser Verbindung erfolgte in ähnlicher Weise, wie die des Aethyl-Theophyllirjs. Trockenes Theophyllinkalium wurde zu diesem Zwecke mit etwas Alkohol und einer äquivalenten Menge von Normal-Propyljodid etwa 6 Stunden lang im geschlossenen Rohre im Wasserbade erhitzt, das Reaktionsprodukt alsdann zur Trockne verdampft uad mit Chloroform im Soxhletschen Apparate extrahiert. Der nach dem Abdestillieren des Chloroforms erhaltene, etwas braun gefärbte Rückstand wurde schließlich durch wiederholtes Um- W. Schwabe: Alkylderivate des Theophyllins. 323 krystallisieren aus stark verdünntem Alkohol gereinigt. Es resultierten hierbei kleine krystallwasserfreie, weiße, bei 1)9—100° schmelzende Nadeln, welche in Wasser wesentlich leichter löslich sind als das Aethyl-Theophyllin. 0,2382 g lieferten 0,4707 g COg und 0,1378 g HaO. Gefanden: Berechnet für C7 II7 (Cg H7) N4 Oj : C 63,89 54,05 H 6,42 6,30. Golddoppelsalz: C7H7(C8H7)N4 02, HCl + AuCls + 2H2O. Goldgelbe, in kaltem Wasser ziemlich leicht lösliche, wasserfrei bei 214° schmelzende Nadeln. 0,3727 g dieses Salzes verloren bei 100° 0,023 g an Gewicht. Gefunden : Berechnet für C7 H7 (Cg H,) N4 Og, HCl + Au CIb + 2 H2O : H2O 6,17 6,02. 0,2974 g wasserfreier Substanz enthielten 0,1036 g Au. Gefunden : Berechnet für C7 H7 (Cg H7) N4 O3, HCl + Au Ck : Au 34,83 34,99. Platindoppelsalz: [C7H7(C3H7)N402, HClJaPtCU + 2H2O. Orangerote, zu Drusen vereinigte, in Wasser leicht lösliche Nadeln. 0,1606 g verloren im Vakuumeksikkator 0,007 g an Gewicht. Gefunden : Berechnet für [C7 H7 (Cg H7) N4 O2, HCl], Pt C»« + 2 Hg : HaO 4,35 4,18. 0,1498 wasserfreier Substanz enthielten 00339 g Pt. Gefunden: Berechnet für [C7H7(C8H7)N4 03,HCl]jPtCl4: Pt 22,63 22,78. III. Isopropyl-Theophyllin: C7H7(cHCH I II ^Cü CHg.N-C-N^^ CH8-N-C-N^=^ Theobromin Aethyl-Theobromin zukommen. Die üeberführung des Theobromins in Aethyl-Theobromin stellt sich der Umwandlung des Theobromins in Koffein, welche ich früher, unter Anwendung von Jodmethyl, unter denselben Bedingungen realisiert habe, zur Seite*). Kurze Zeit nach der Veröffentlichung der von van der Slooten und von Pommerehne (1. c) bei der Untersuchung des Aethyl-Theo- bromins erzielten Resultate teilten H. Brunner und H. Leins^) einige weitere Beobachtungen über die Alkyl-Theobromine mit. Diese Forscher erhielten diese Homologen des Koffeins durch 24 stündiges Erhitzen von scharf getrocknetem Theobrominsilber mit den ent- sprechenden Jodalkylen auf 100*'. Die hierbei gebildeten Basen resultierten, ebenso wie das Theobromin, als körnig-krystallinische Pulver, wenig löslich in kaltem Alkohol und in kaltem Wasser, etwas leichter löslich in Chloroform und Aether, leichter löslich in heißem Alkohol und in siedendem Wasser. Die Schmelzpunkte der von H. Brunner und H. Leins dar- gestellten Basen: Normal-Propyl-, Isopropyl-, Normal-Butyl- und Amyl-Theobromin, lagen, ebenso wie die des Theobromins selbst und des von L. Philips dargestellten Aethyl-Theobromins, sämtlich über 270°. Auch die wässerige Lösung dieser Basen wurde, ebenso wie die des Theobromins und jenes Aethyl-Theobromins, durch Silbernitrat gefällt. H. Brunner und H. Leins machen bereits auf die relativ niedrigen Schmelzpunkte aufmerksam, welche die von van der Slooten dargestellten Alkyl-Theobromine im Vergleich zu den von ihnen ge- wonnenen Basen zeigen. Es ist diese Verschiedenheit um so auffälliger, als sich sonst an zahlreichen organischen Verbindungen konstatieren läßt, daß durch den Eintritt einer Alkylgruppe der Schmelzpunkt des 1) E. Schmidt und H. Preßler, Annal. d. Chem. 217, 295. 2) Ber. d. d. chem. Ges. 30, 2584. 392 E. Schmidt: lieber Xanthinbasen. Ausgangsmaterials herabgedrückt wird, und zwar umsomehr, je kohlenstoffreiclier die eingetretene Alkylgruppe ist. Bei den unter Anwendung von Theobrominsilber erhaltenen Alkyl-Theobrominen würde nach den Untersuchungen von L. Philips, sowie von H. Brunner und H. Leins das Gegenteil von dieser sonst vielfach beobachteten Erscheinung zu verzeichnen sein. Während das krystallinische Theobromin bei 290° sublimiert ohne zu schmelzen, schmilzt das viel leichter lösliche, in langen Nadeln krystallisierende Methyl-Theobromin (Koffein) bereits bei 230®, und zwar gleichgültig, ob dasselbe naturell oder durch Einwirkung von Jodmethyl auf Theobrominsilber oder auf Theobrominkalium dargestellt hierbei zur Anwendung kommt. Die kohlenstoffreicheren, unter An- wendung von Theobrominsilber dargestellten Homologen, das Aethyl-, Propyl-, Butyl- und Amyl-Theobromin, sollen dagegen nach L. Philips, bezw. nach H. Brunner und H. Leins sämtlich erst über 270" schmelzen. Sie bilden ferner sämtlich nur schwer lösliche, dem Theobromin ähnliche, körnig-krystallinische Pulver, während die unter Anwendung von Theobrominkalium dargestellten entsprechenden Verbindungen sämtlich in dem Aeußeren und in den Löslichkeits- verhältnissen dem Koffein ähneln. Mit der Zunahme des Kohlenstoff- gehaltes der in das Theobrominmolekül eingetretenen Alkylgruppen sinkt bei letzteren Basen der Schmelzpunkt und erhöht sich zugleich meist auch die Löslichkeit in Wasser. Die nachstehende Zusammenstellung der Schmelzpunkte und der Löslichkeiten der unter Anwendung von Theobrominkalium alkylierten Xanthinbasen mag dies angedeutete Verhalten noch weiter illustrieren : „ , , , Löslichkeit in Wasser Schmelzpunkt h ' TS" Theobromin über 290° 1 : 3282 Methyl-Theobromin . . . Aethyl-Theobromin . . . Normal-Propyl-Theobromin Isopropyl-Theobromin . . Normal-Butyl-Theobromin . Sek. Butyl-Theobromin Isobutyl-Theobromin . . Isoamyl-Theobromin . . . 230° 1 : 80 165° 1:35») 136° 1:36,5') 153°') 1:40') 120—121°') 1:60') 116—117°') 1:22') 129—130° — 111°') 1:120') Aehnlich liegen nach den vorstehenden Untersuchungen von W. Schwabe auch die Verhältnisse bei dem Theophyllin und seinen Homologen : ») Riedel's Bericht 1906, 31. £. Schmidt: Ueber XanthinbaseD. 39S Schmelzpunkt Theophyllin ^Oa» Methyl- Theophyllin . . . 230° Aethyl-TheophylliQ . . . 154° Normal-Propyl-Theophyllin . 100° Isopropyl-Theophyllin . . . 140°. Die Differenzen, welche in den Eigenschaften der Alkyl-Theo- bromine verschiedenen Ursprungs obwalten, dürften nach der Ansicht von H. Brunner und H. Leins kaum dadurch eine Erklärung finden, daü die von Philips und von jenen Forschern dargestellten Derivate vielleicht noch Spuren von unverändertem Theobromin enthielten. Vielmehr scheint nach H. Brunner und H. Leins die Annahme be- rechtigt, daß das Theobrominsilber bei der Alkylierung zu anderen Ergebnissen führt, als das Theobrominkalium, so daß eine Wieder- holung im vergleichenden Sinne an Tiiteresse gewinnt. Wenn ich mich auch dem ersten Teile der Darlegungen von H. Brunner und H. Leins vollständig anschließen kann, so ist dies doch bei dem zweiten Teile derselben nicht der Fall. Da Theobromin- silber und Theobrominkalium bei der Methylierung das gleiche Methyl- theobromin, das Koffein, liefern, so dürfte sich das Silber- und das KaUumatom im Purinkern in derselben Stellung und zwar in beiden Salzen in der Stellung (1) befinden: (6) (1) BN CO CHg - X CO I I (7) II (2) CO (5) C-N • CHj CO C-N • CHg I li ^Cü (8) I II .-^CH (3) CHg X C-X^^ ^ ^ CHg • N C-X^=^ (4) (9) Theobromin. Koffein. Es muß daher a priori sehr unwahrscheinlich erscheinen, daß Jodäthyl unter sonst gleichen Yersuchsbedingungen in anderer Weise auf jene gleich konstituierten Verbindungen reagieren soll, als Jod- methyl. Vielmehr ist zu erwarten, daß Theobrominsilber und Theo- brominkaliam bei der Einwirkung von Jodäthyl, unter den gleichen Versuchabedingungen, auch das gleiche Aethyl-Theobromin, wenn auch in verschieden glatter Weise, liefern. Die Entscheidung dieser Frage ist für die chemische Konstitution der Alkyl - Theobromine von einer gewissen Bedeutung. Ich habe daher zunächst die das Aethyl-Theobromin betreff'enden Versuche von L. Philips wiederholt und den Reaktionsverlauf zwischen Theo- brominsilber und Jodäthyl von neuem studiert. Diese Versuche haben ge- lehrt, daß das Theobrominsilber dasselbe Aethyl-Theobromin, 394 E. Schmidt: lieber Xanthinbasen. wenn auch in geringerer Ausbeute liefert, wie das Theo- brominkalium. Das oberhalb von 270° schmelzende Aethyi- Theobromin von L. Philips dürfte nichts anderes sein, als Theobromin, welches bei der Einwirkung von Jodäthyl aut Theobrominsilber aus letzterem in großer Menge regeneriert wird. Ob die Verhältnisse bei den, unter Anwendung von Theobromin- silber dargestellten Propyl-, Butyl-, Amyl-Theobromin-Verbindungen, welche in den von H. Brunner und H. Leins angegebenen Eigen- schaften eine sehr große Aehnlichkeit mit dem Aethyi- Theobromin von L. Philips zeigen, anders liegen, als bei letzterer Base, soll gelegentlich auch noch untersucht werden. Experimenteller Teil. Da frühere Versuche gelehrt hatten, daß Jodäthyl auf Aethj'l- Theobromin bei 100° nicht addierend wirkt, so habe ich zur Darstellung des Aethyl-Theobromins von Philips zunächst 10 g bei 120° ge- trockneten Theobromin Silbers mit soviel Jodäthyl zusammengebracht, daß ersteres vollständig davon imprägniert war und dieses Gemisch dann etwa 30 Stunden lang im geschlossenen Rohr im Wasserbade er- hitzt. Der üeberschuß an Jodäthyl wurde alsdann abdestilliert und der Rückstand nach Angabe von Philips wiederholt mit Alkohol aus- gekocht. Beim Erkalten dieser Auszüge schied sich ein weißes, aus kleinen Prismen bestehendes Krystallpulver aus. Das Gleiche war der Fall, als das mit Alkohol extrahierte Reaktionsprodukt wiederholt mit Wasser ausgekocht und das Filtrat in den Eisschrank gestellt wurde. Die Menge dieses Krystallpulvers (A) vermehrte sich noch beträchtlich, als die betreffenden, an sich silberfreien Lösungen auf ein kleines Volum eingedampft wurden. Dieses Krystallpulver stimmte in seinen Eigenschaften sowohl mit denen des Aethyl-Theobromins von Philips, als auch mit denen des Theobromins selbst überein. Als keine weitere Ausscheidung dieser Verbindung (A) mehr er- folgte, wurde die alkoholische Lösung zur Trockne verdampft, der Rück- stand in der Mutterlauge der wässerigen Auszüge gelöst, diese Lösung hierauf mit Natronlauge alkalisch gemacht und alsdann wiederholt mit Chloroform ausgeschüttelt. Nach dem Abdestillieren des Chloroforms restifrte eine weiße, krystallinische Masse, welche sich in heißem Wasser sehr leicht auf- löste. Beim Erkalten erstarrte diese Lösung zu einem Brei von weißen, seideglänzenden, dem Koffein ähnlichen Nadeln (B), Letztere wurden abgesogen und aus heißem Wasser umkrystallisiert. Die E. Schmidt: lieber Xanthinbasen. 385 Matterlauge der ersten Krystallisation lieferte noch eine kleine Menge derselben Verbindung. Dieses Reaktionsprodukt (B) erwies sich bei weiterer Prüfung als x\ethyl-Theob romin vom Schmelzpunkt 105°, welches in allen seinen Eigenschaften mit der früher in großem Umfange, unter An- wendung von Theobrominkalium, dargestellten Base übereinstimmte. Die Ausbeute an diesem Aethyl-Theobromin war eine geringe, da 10 g Theophyllinsilber nur 0,76 g der reinen Verbindung lieferten. Die Ausbeute an Aethyl-Theobromin gestaltete sich nicht wesentlich besser als die gleiche Menge des bei 120° getrockneten Theobromin- silbers nur mit etwas mehr als der berechneten Menge von Jodäthyl etwa 30 Stunden lang im Wasserbade erhitzt wurde. Zur weiteren Identifizierung führte ich dieses Aethyl-Theobromin in das Golddoppelsalz über. Letzteres resultierte in kleinen, gelben, zu kleinen Rosetten gruppierten, krystallwasserfreien Nadeln, die in Ueber- einstimmung mit den bezüglichen Angaben von W. van der Slooten bei 226" schmolzen. 0,297 g enthielten 0,1072 g Au Gefunden: Berechnet für C7H7(CaHB)N4 02, HCl + AuCle': Au 36,09 35,89. Da das ursprüngliche Reaktionsprodukt nach wiederholtem Aus- kochen mit Alkohol und mit Wasser noch nicht die Beschaffenheit des reinen Jodsilbers zeigte, habe ich zunächst die vollständige Umsetzung des angewendeten Theobrominsilbers dadurch zu konstatieren gesucht, daß ich einen kleinen Teil des Jodsilbers mit verdünnter Salpetersäure, worin das Theobrominsilber leicht löslich ist, auskochte. Diese Lösung «rwies sich jedoch ebenfalls frei von Silber, ein Beweis, daß un- zersetztes Theobrominsilber in dem unter Anwendung von Jodäthyl im Ueberschüß erhaltenen Reaktionsprodukte nicht mehr vorhanden war. Zur Isolierung der dem Jodsilber beigemengten Produkte habe ich dasselbe dann zunächst mit verdünnter Salzsäure ausgekocht und schließlich mit verdünnter Natronlauge extrahiert. Beim Erkalten des Salzsäure enthaltenden Auszuges schieden sich beti ächtliche Mengen einer chlorfreien Verbindung aus. Das Gleiche war der Fall, als das Filtrat davon mit Soda neutralisiert und der alkalische Auszug mit Essigsäure schwach angesäuert wurde. AUe diese Produkte erwiesen sich bei näherer Prüfung als identisch mit der als (A) bezeichneten, in Wasser schwer löslichen Verbindung. Dieselben wurden daher ver- einigt und zusammen aus siedendem Alkohol von 80 % umkrystallisiert. Es resultierte auf diese Weise ein weißes, krystallinisches Pulver von alle den Eigenschaften, welche L. Philips für das Aethyl-Theo- 396 E. Schmidt; üeber Xanthinbasen. bromin angibt, zugleich aber auch von den Eigenschaften, welche da» reine Theobromin zeigt, wie ein direkter Vergleich lehrte. Gegen das Vorliegen eines Aethyl-Theobromins sprach jedoch die Pällbarkeit der wässerigen Lösung der fraglichen Verbindung durch Silbernitrat, welche bei allen alkylierten Theobrominen, infolge des Fehlens einer NH- Gruppe, nicht mehr vorhanden ist. Auch die leichte Löslichkeit dieser Base in verdünnter Natronlauge und die Wiederabscheidung derselben bei der Neutralisation dieser Lösung mit Essigsäure, wies auf Theobromin und nicht auf ein Aethyl-Theobromin hin. Zur Identifizierung dieser Base stellte ich zunächst das Gold- und Platindoppelsalz derselben dar. Golddoppelsalz. Feine, gelbe, zu kleinen Büscheln gruppierte,, krystallwasserfreie Nadeln. Schmp. 241°. 0,2338 g enthielten 0,088 g Au. (jrefunden: Berechnet für C7H8N4O2, HCl -f- AuC's"- Au 37,63 37,86. Platindoppelsalz. Orangegelbe, kleine Nadeln bei direkter Ausscheidung aus heißer Lösung, durchsichtige Prismen bei freiwilliger Verdunstung. 0,489 g verloren bei lOQo 0,0415 g HgO = 8,49%. 0,1615 „ „ „ 1000 0,0175 „ „ = 10,83 „ 0,4505 „ getrocknetes Salz enthielten 0,1142 g Pt = 25,35%. Berechnet für (C7 Hg N4 Og, HCI)2 Pt CI4 -f 4 HaO -f- 5 Hg : HgO 8,53 10,47. Berechnet für (C7H8N4O2, HClJaPtCJ«: Pt 25,51. Nach den s. Z. von H. PreJJler und mir (1. c.) gemachten Beobachtungen krystallisiert das Theobrominplatinchlorid bald mit 4, bald mit 5 Mol. H2O. Die Analyse der freien Base ergab folgende Daten: 0,191 g lieferten 0,3257 g COg und 0,0845 g HgO. Gefunden: Berechnet für CvHgNiOa: C 46,50 46,66 H 4,91 4,44. Auch die Silberverbindung dieser Base stimmte in dem Verhalten und in den Eigenschaften mit Theobrominsilber überein. Dieselbe verlor bei 115° 8,45% H2O und enthielt getrocknet 36,22% Ag. L. Philips (1. c.) fand in der Silberverbindung des „Aethyltheobromins" 34,2% Ag. Das Hydrochlorid jener Base entsprach der Formel C7H8N4O2, HCI + H2O; dassellje verlor bei 100°, ebenso wie das Theobromin- hydrochlorid, seinen Gehalt an HCI + H2O vollständig. E. Schmidt: Ueber Xanthinbascn. 397 Obschon diese analytischen Daten, sowie die Silber-, Gold- und Platindoppelsalze durch die Form und die Zusammensetzung kaum einen Zweifel darüber lassen, daß es sich bei der vorliegenden Base nur um Theobromin handelt, habe ich es doch nicht ftir überflüssig erachtet, noch einen Teil derselben nach der früher von H. Preß 1er und mir angegebenen Methode in Koffein überzuführen. Letzteres resultierte in den typischen, bei 230" schmelzenden Nadeln. Dieselben lieferten die Araalinsäurereaktion und ergaben mit Goldchlorid das charakteristische, in feinen, glänzenden Nadeln kry-stallisierende Koflfein- goldchlorid vom Schmp. 242— 243^ 0,2628 g verloren bei 100° 0,017 g an Gewicht. Gefunden: Berechnet für CgHioNiOa, HCl -)- AuCla + 2H2O: H2O 6,46 6,31. 0,2458 g wasserfreier Substanz enthielten 0,0908 g Au. Gefunden: Berechnet für CgHioNiOg, HCl + AuCls: Au 36,94 36,85. Ein Aethyl-Theobromin von den Eigenschaften, welche nach L. Philips dieser Verbindung zukommen sollen, habe ich aus dem Einwirkungsprodukt des Jodäthyls auf das Theobrominsilber nicht isolieren können, gleichgültig, ob ersteres im großen Ueberschuß oder in einer Menge, die die theoretisch berechnete nur wenig überstieg, zur Anwendung gelangte. In beiden Fällen bestand die Hauptmenge des Reaktionsproduktes aus Theobromin, welches aus seiner Silber- verbindung wohl zunächst als Hydrojodid regeneriert und daraus durch die zur Isolierung angewendeten Lösungsmittel alsdann hydrolytisch abgespalten worden war. Sowohl der alkoholische als auch der wässerige Auszug des zuvor durch Destillation von Jodäthyl befreiten Reaktions- produktes zeigten infolge eines Gehaltes an Jodwasserstoff saure Reaktion. Die Reaktionsprodukte, welche unter Anwendung von Jodäthyl in etwas mehr als der berechneten Menge erhalten wurden, enthielten nach der Extraktion mit verdünnter Natronlauge und darauffolgendem sorgfältigen Auswaschen noch Theobrominsilber. Der Reaktionsverlauf zwischen dem Theobrominsilber und dem Jodäthyl ist nach den im vorstehenden niedergelegten Beobachtungen kein glatter und einheitlicher. Es erhellt dies einesteils aus der geringen, nur etwa 10% der Theorie betragenden Ausbeute an Aethyl- theobromin, anderenteils aus der Bildung von Jodwasserstoff und von Theobromin. Es unterscheidet sich somit das Jodäthyl in seinem Verhalten gegen Theobrominsilber wesentlich von dem relativ glatt reagierenden, unter den gleichen Versuchsbedingungen Koffein bildenden 398 W. Schwabe: Pseudotheobromio. Jodmethyl. Dieses abweichende Verhalten jener beiden Jodalkyle gegen Theobrominsilber erinnert in gewisser Beziehung an den Reaktionsverlauf, welcher sich zwischen dem Koffein und dem Jod- methyl bezw. Jodäthyl abwickelt. Während Jodmethyl, wie ich früher gezeigt habe, das Koffein bei 130° glatt in Koffeinmethyljodid ver- wandelt, wirkt Jodäthyl auf Koffein unter den gleichen Bedingungen nicht addierend ein. Die Menge an reinem Theobromin, welche aus dem Reaktions- produkte Jodmethyl- Theobrominsilber isolieren würde, schwankte zwischen 3 und 3,5 g für je 10 g des angewendeten, bei 120° ge- trockneten Theobrominsilbers. Ein Teil des Theobromins bezw. Theo- brominsilbers scheint bei der Einwirkung von Jodmethyl einer tiefer- greifenden Zersetzung anheim zu fallen, wenigstens weist das Auf- treten von Ammoniak und Methylamin, sowie von anderen leicht löslichen basischen Stoffen in den letzten Mutterlaugen darauf hin. Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut der Universität Marburg. Von Ernst Schmidt. 205. lieber das Pseudotheobromin. Von Dr. Will mar Schwabe jun. (Eingegangen den 2. VI. 1907.) Die nachstehenden Untersuchungen über das mit dem Theobromin, dem Theophyllin und dem Paraxanthin isomere Pseudotheobromin gelangten zur Ausführung, um die chemische Natur dieses Dimethyl- xanthins etwas mehr aufzuklären, als dies durch die früheren Arbeiten, welche H. Pommerehne') über diese Base ausführte, geschehen war. Als Ausgangsmaterial für die Darstellung des Pseudotheobromins diente einesteils Xanthin, welches ich der Liebenswürdigkeit der Herren Boehringer & Söhne in Waldhof bei Mannheim verdankte, anderen- teils Xanthin, welches ich selbst nach den Angaben von W. Traube^) aus Guanidin synthetisch darstellte. Zu letzterem Zwecke löste ich Guanidinhydrochlorid in absolutem Alkohol, fügte dieser Lösung Natrium äthylat in berechneter Menge zu. 1) Dieses Archiv 1896, 371; 1898, 105. 2) Ber. d. d. ehem. Ges. 33, 1371, 3035. W. Schwabe: Pseudotheobrociin. 399 und versetzte die von dem ausgeschiedenen Chlornatrium getrennte, freies Guanidin enthaltende Flüssigkeit mit Cyanessigäther. Nach Verlauf von einigen Stunden erfolgte alsdann die Ausscheidung von reinem Cyanacet3'lguanidin, während Diamino-Oxypyrimidin in Lösung blieb. Um auch das ausgeschiedene Cyanacetylguanidin in das damit isomere Pyrimidinderivat zu verwandeln, wurde dasselbe in heiße, sehr verdtinnte Natronlauge eingetragen und die abgekühlte Lösung mit ver- dünnter Schwefelsäure angesäuert. Es ist zweckmäßig, auch das direkt gebildete Diamino-Oxypyrimidin sofort in das Sulfat zu verwandeln. Durch Auflösen dieser vereinigten Sulfate in Wasser und Ver- setzen dieser Lösung mit überschüssiger Natriumnitritlösung scheidet sich alsdann direkt ein roter Niederschlag der Isonitrosoverbindung aus. Zu deren Reduktion suspendiert man diesen roten Niederschlag in Wasser, fügt Ammoniumsulfidlösung zu und erhitzt das Gemisch zum Sieden, wodurch sofort Entfärbung, unter Abscheidung von Schwefel, eintritt. Nach dem Verjagen des Schwefelwasserstoffs wird das in Lösung befindliche Triaminooxypyrimidin in Gestalt seines schwer löslichen Sulfats abgeschieden und letzteres alsdann durch Kochen mit Natrium- formiat und Ameisensäure von 90% in Guanin verwandelt. Nach Beendigung der Reaktion verdampft man zur Trockne, löst den Rück- stand in mäßig verdünnter Schwefelsäure, entfärbt die Lösung durch Tierkohle und fällt schließlich das Guanin durch Ammoniak. Die üeberführung des auf diese Weise gewonnenen, nur noch schwach gelb gefärbten Guanins in Xanthin erfolgte nach den Angaben von E. Fischer*) durch Lösen in heißer verdünnter Schwefelsäure und Zufügen von Natriumnitritlösung. Zur weiteren Reinigung wurde dasselbe in Natronlauge gelöst und durch Essigsäure wieder gefällte Das Xanthin resultierte hierbei als ein blaßgelb gefärbtes Pulver. Xanthinsilber. Die Darstellung dieser Verbindung erfolgte nach dem Verfahren von Strecker^). Das Xanthin wurde zu diesem, Zweck in einer genügenden Menge Ammoniakflüssigkeit unter Erwärmen gelöst und diese Lösung nach starker Verdünnung mit Wasser durch Silbernitrat im Ueberschuß gefällt. Der hierdurch gebildete, sehr voluminöse Niederschlag wurde zunächst durch Dekantieren mit ammoniakhaltigem Wnsser gereinigt, alsdann auf dem Filter aus- gewaschen und schließlich getrocknet. Die Analyse der lufttrockenen Verbindung ergab 55,90 und 56,24% Ag, während sich für die Formel CsH.aAggN^Oa + HgO 56,25% Ag berechnen. 1) Ann. d. Cham. 215, 309. ^j Ibid. 108, 148. 400 W.Schwabe: Pseudotheobromin. H. Pommerehne^) erhielt bei der Analyse des von ihm dar- gestellten Xanthinsilbers Werte, welche zwischen 52,69 and 55,23% Ag schwankten. Zur Ueberführung des Xanthinsilbers in Pseudotheobromin ver- fuhr ich zunächst nach dem von H. Pommerehne^) angegebenen Verfahren. Das bei 120° getrocknete Xanthinsilber wurde zu diesem Zweck mit etwas mehr als der berechneten Menge Jodmethyl im geschlossenen Rohre zunächst einige Stunden im Dampfbade und als- dann noch ebenso lange bei 130—140" erhitzt. Nach dem Verjagen des geringen Ueberschusses an Jodmethyl wurde das Reaktionsprodukt fein zerrieben, hierauf wiederholt mit Wasser ausgekocht und die erzielten Lösungen eingeengt. Beim Erkalten derselben erfolgte die Ausscheidung eines gelben, pulverigen, aus Xanthin bestehenden Stoffes, welcher auch nach dem Ansäuern mit Salzsäure im wesentlichen ungelöst blieb. Das Filtrat hiervon lieferte beim weiteren Verdunsten feine, zu Drusen vereinigte Nadeln von den Eigenschaften des Pseudo- theobrominhydrochlorids. Die Ausbeute an dieser Verbindung war jedoch eine sehr mäßige; sie entsprach bei weitem nicht dem Resultate, welches H. Pommerehne unter den gleichen Bedingungen erzielte (20% vom angewendeten Xanthin). Nach den günstigen Erfahrungen, welche ich bei der Methylierung des Theophyllins mit Methylsulfat gemacht hatte, versuchte ich daher mit Hilfe dieses Agens zu glatteren Resultaten zu gelangen. Ich brachte zu diesem Zwecke Xanthinsilber mit Methylsulfat in solcher Menge zusammen, daß dasselbe in eine breiartige Masse verwandelt wurde. Hierbei konnte eine schwache Wärmeentwickelung konstatiert werden. Nachdem das Gemisch 24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur gut verschlossen gestanden hatte, wurde das im Ueberschuß angewendete Methylsulfat durch Erhitzen im Sandbade nach Möglichkeit verjagt und der trockene Rückstand alsdann im Soxhl et sehen Apparate mit Chloroform erschöpft. Es ging jedoch nichts von Belang in dieses Lösungsmittel über. Der Rückstand wurde daher wiederholt mit Wasser ausgekocht, die erzielten Lösungen durch Salzsäure von Silber befreit und zur Krystallisation eingedampft. Es resultierte hierbei eine geringe Menge feiner, weißer Nadeln, die nach ihrem Verhalten wohl als Pseudo- theobrominhydrochlorid anzusprechen waren. Eine weitere Identifizierung scheiterte jedoch an der geringen Ausbeute, in welcher diese Kryställchen nur erhalten wurden. (Fortsetzung folgt.) 1) Dieses Archiv 1896, 369. 2) Ibid. 1898, 107. Rlypin IVeuos A.iiit.si:li.oticum. Vollwertiger ICrsntz für Cocain, bei gleich anaesthcsierendor Kraft erheblich ueiiiK'er xiftlS' «li Cocain. Kuft am Aii;;e keine StöruiiK'en hervor, deicht löslich, gut reaorbierbar. Die viillig neutralen Ijösungen lassen sich .sterilisieren | und mit Nebennierenpräparaten combinieren. Dos.: 1 — 2—6 — lOO/p Tii'>sungen oder Salben. Cita nn harnsäurelösendes Formaldehydderivat. Neues Mittel gegen Gicht, prompt wirkend, unschädlich, angenehm im Geschmack. IHesotan wirksamster Salicylester zur lokalen Behandlung von rheumatischen Af- fektionen; auch gegen Fus.ssclnveiss empfohlen Anw.: ra. Oliveniil gemischt aufzupinseln oder als 250/3 Vaselinsalbe einzureiben, unter Wechsel der Ajiplikationsstelle. IProtargol Ciseit' Soniatose }lri$to(l)in tl)eo(in' liatr. acet. 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Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit Ichthyol oder Ammonium sulfo - ichthyolicum gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit- teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. Ichtliyol- Geseilscliaft Cordes, Hermanni & Co. HAMBURG. ■•r Die geehrten Leser werden gebeten, bei Bestellungen auf die Anzeigen unserer Zeitschrift Bezug nehmen zu wollen. SapolentumHydrarg. 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Quincke, Quantitative Bestimmung der haupt- sächlichsten im Wein vorkommenden Säuren neben Alkohol und Glyzerin 458 L. Lewin, Ueber die angebliche Wanderung von Hyoscyamin aus einem Datura-Pfropfreis auf Kartoffelknollen 462 H. H6ri8sey, Ueber das Prulaurasin, das Blausäure liefernde Glykosid der Blätter von Prunus laurocerasus 463 Derselbe, Ueber das Blausäure liefernde Glykosid der Samen von Eriobotrya japonica 469 Derselbe, Ueber das Vorkommen des Prulaurasins in Cotoneaster microphylla Wall 473 Em. Bonrqnelot und H. Herissey, Ueber die Isomerie bei den Blau- säure liefernden Glykosiden Sambunigrin und Prulaurasin .... 474 Eingegangene Beiträge. E. Rieben, Ueber den Zerfall der Pillen im Magendarmkanal. H. Haehn, Eine bequeme Darstellung von Trimethylen. A. Partbeil, Ueber Mennige und deren Prüfung. K. Kof und H. Haebn, Ein interessanter Weg, um äußerst kleine Mengen von Quecksilberchlorid nachzuweisen. P. Hank, Erwiderung. (Geschlossen den 9. X. 1907.) Handelsgesellschaft Deutsclier Apotheker m. b. H. Berlin C.2, Neue Friedrichstr. 43 Köln — München empfiehlt den Herren Apothekenbesitzern folgende unter eigener Kontrolle stehende Medizinal-Weine und Cognacs: Ungarwein, Sherry, Portwein, Malaga, Rotweine, Rhein- und Mosel- weine, deutsche und französische Cognacs und Schaumweine. Außer diesen genannten können sämtliche anderen Weine und Spirituosen von der Handelsgesellschaft bezogen werden, man verlange ausführliche Preisliste. Die Lieferung erfolgt für Groß -Berlin frei Haus, nach außerhalb frei Bahnhof Berlin. Den Mitgliedern der Handelsgesellschaft werden alle gefl. Wein- einkäufe bei der Gewinnverteilung in Anrechnung gebracht, weshalb wir bitten, auch den Bedarf in Weinen für den Privatgebrauch bei der Handelsgesellschaft zu decken. W. Schwabe: Pseudotheobromin. 401 Das Resultat änderte sich auch nicht wesentlich, als das Xanthin- silber mit Methylsulfat mehrere Stunden lang im Dampfbade erhitzt wurde. Erst als die Temperatur bei dem Erhitzen auf löO** gesteigert '^"^' wurde, war ein glatterer Reaktionsverlauf zu konstatieren. NEW Nachdem das im Ueberschuß angewendete Methylsulfat von dem '»öTa Reaktionsprodukte möglichst abgetropft war, wurde letzteres in heißem ^aR Wasser gelöst, die erzielte Lösung durch Salzsäure von Silber und durch Chlorbaryum von Schwefelsäure befreit und hierauf eingedampft. Beim Erkalten schieden sich reichliche Mengen von feinen Nadeln aus, welche durch Umkrystallisieren aus heißem, salzsäurehaltigem Wasser leicht gereinigt werden konnten. Die Ausbeuten an Pseudotheobromin- hydrochlorid betrugen hierbei anfänglich etwa 20% vom angewendeten Xanthin, allmählich gelang es jedoch, dieselben auf 35 — 40% zu steigern. Es erwies sich jedoch als zweckmäßig, nur je 4—5 g Xanthinsilber mit Methylsulfat in Reaktion zu versetzen. Ferner war es erforderlich, die Niederschläge von Chlorsilber und Barynmsulfat wiederholt mit Wasser auszukochen, da dieselben beträchtliche Mengen von Pseudo- theobrominhydrochlorid zurückhielten. Zur Isolierung des in den letzten Mutterlaugen enthaltenen, nur schwierig auskrystallisierenden Pseudotheobrominhydrochlorids fällte ich dasselbe in Gestalt seines sehr schwer löslichen Golddoppelsalzes aus, wusch letzteres nach dem Absaugen mit kleinen Mengen Wasser aus, suspendierte es hierauf in Wasser und zerlegte es schließlich unter Erwärmen mit Schwefelwasserstoff. Aus den eingeengten Lösungen krystallisierte dann das Hydrochlorid leicht wieder aus. Die auf diese Weise erhaltene Verbindung erwies sich als identisch mit dem Hydrochlorid des von H. Pommerehne dar- gestellten Pseudotheobromins. Pseudotheobrominhydrochlorid: C7H8N4O2, HCl + H2O. Das nach obigen Angaben als direktes Reaktionsprodukt erhaltene Hydrochlorid bildete nach dem Umkrystallisieren 1 — 2 cm lange weiße Nadeln. 0,2674 g des bei 100° getrockneten Salzes erforderten zur Neutralisation 9,9 com Normal-Kalilauge (Phenolphthalein als Indikator). Gefunden : Berechnet für C7 Hg N4 Og, H Cl : HCl 16,67 16,85. 0,6469 g eines aus freiem Pseudotheobromin dargestellten Hydrochlorids verlorer. bei 100° 0,0501 g an Gewicht. Der Trockenrückstand erforderte zur Neutralisation 27,8 com Vio Normal-Kalilauge (Phenolphthalein als Indikator). Gefunden : Berechnet für C7 Hg N4 Og, H Cl + HjO : H2O 7,74 7,67 HCl 17,00 16,86. Aroh. d. Pharm. CCXXXXV. Bds. 6. Heft. 26 402 W. Schwabe: Paeudotheobromin. Das Pseudotheobrominhydrochlorid stimmt somit, entsprechend den Angaben von H. Pommereline (1. c), in seiner Zusammen- setzung mit den Hydrochloriden des Theobromins, Theophyllins und Paraxanthins, denen sämtlich die Formel C^ Hg N4 O2, HCl -|- Ha O zukommt, überein. Während letztere Hydrochloride jedoch, wie ich mich von neuem durch einen direkten Versuch überzeugte, beim Trocknen bei 100° ihren Gehalt an HCl + HgO vollständig verlieren, gibt das Hydrocblorid des Pseudotheobromins unter den gleichen Be- dingungen nur das Krystallwasser ab. Pseudo theo bromin: C7H8N4O2. Zur Darstellung des freien Pseudotheobromins wurde das reine Hydrochlorid nach Angaben von H. Pommerehne (1. c.) in heißem Wasser gelöst, die Lösung mit Natronlauge neutralisiert und dann der Krystallisation überlassen. Beim Erkalten und längeren Stehen schied sich dann das Pseudo- theobromin in kleinen, zu Drusen vereinigten, weißen Nadeln aus, die durch wiederholte ümkrystallisation aus heißem Wasser, unter An- wendung von wenig Tierkohle, gereinigt wurden. Dieses Pseudotheobromin entsprach in seinen Eigenschaften durchaus den Angaben, welche H. Pommerehne (1. c.) über diese Base macht. Beim Erhitzen verhielt es sich wie das Theobromin. Bei 290" war es im Kapillarrohr noch nicht geschmolzen; bei höherer Temperatur sublimierte es ohne Zersetzung. Abgesehen von den im vorstehenden dargelegten Verhalten der Hydrochloride, zeigt Theobromin und Pseudotheobromin eine wesent- liche Verschiedenheit in der Löslichkeit in Wasser. Unter gleichen Versuchsbedingungen hergestellt enthielten bei gewöhnlicher Temperatur: 10,5818 g Pseudotheobrominlösung 0,1629 g Base = 1,54% 11,7741 „ Theobrominlösung .... 0,0075 „ „ = 0,06 „. Umgekehrt liegen die Löslichkeitsverhältnisse bei dem Chloro- form, von welchem Pseudotheobromin nur in minimaler Menge ge- löst wird. 0,2665 g Pseudotheobromin lieferten 0,4545 g CO2 und 0,113 g HgO. Gefunden: Berechnet für C7H8N4 0a: C 46,51 45,66 H 4,71 4,44. Pseudotheobrominhydrobromid:C7H8N4 02, HBr + H2O . Feine, weiße, dem Koffein ähnliche Nadeln, welche bei 100° nur das Krystallwasser abgeben. 0,2208 g verloren bei 100« 0,0145 g HgO. Gefunden: Berechnet für C7H8N4O2, HBr -f HaO: H2O 6,56 6,45. W. Schwabe: Psaudotheobromin. 403 Der Trockenrückstand wurde in Wasser gelöst und die Lösung mit Vio Normal-Kalilauge (Phenolphthalein als Indikator) titriert. Gefunden: Berechnet für €7118X402, IIBr: HBr 30,73 31,03. Das Theobrominhydrobromid: C7H8X4O2, HBr + H2O, verliert bei 100", abweichend von dem Pseudotheobroniinhydrobromid, wie ich mich durch einen direkten Versuch überzeugte, nicht nur das Krystallwasser, sondern auch einen großen Teil des Bromwasserstoflfs. Da über das Verhalten der Hydrobromide des Theophyllins und des Paraxanthins beim Trocknen bisher in der Literatur keine Angaben vorliegen, schabe ich dieselben dargestellt und einer Prüfung unterzogen. Theophyllinhydrobromid: C7H8N4O2, HBr + H2O. Kleine, weiße Krystallblättchen, die bei 100° das Krystallwasser und einen Teil des Bromwasserstoffs verlieren. Gewichtsverlust: 15,08%; Bromwasserstoflf, durch Titration ermittelt: ^''*^*' Gefunden: Berechnet für C7H8X4OS, HBr + Ha 0: HaO + HBr 35,49 35,48. Paraxanthinhydrobromid:C7H8iSr4 02, HBr + H2 O. Durch- sichtige Krystalle, die bei 100° nur das Krystallwasser, nicht dagegen den Bromwasserstoflf verlieren. 0,3142 g verloren 0,020 g an Gewicht. Gefunden: Berechnet für C7H8N4 0a, HBr -|- H9O: HjO 6,36 6,45. Der Trockenrückstand erforderte zur Neutralisation 11,2.5 ccm. ' 10 Normal-Kalilauge (Phenolphthalein als Indikator) = 30,97% HBr; berechnet für C7H8N4O2, HBr 31,03%. Von den vier isomeren Hydrobromiden der Formel C7H8N4 02r HBr -f- H2O sind somit bei 100" nur das Pseudotheobrominhydrobromid und das Paraxanthinhydrobromid beständig, wogegen das Theobromin- hydrobromid und das Theophvllinhydrobromid bei 100° bereits einen großen Teil des Bromwasserstoflfs verlieren. Die letzteren beiden Dimethylxanthine zeigen mithin einen schwächeren basischen Charakter als die beiden ersteren. Pseudotheobrominsulfat: C7H8N4O2, H2SO4 + 2H2O. Zur Darstellung dieser Verbindung damptte ich die Lösung des Pseudo- theobromins in verdünnter Schwefelsäure zunächst auf ein kleinesVolum ein, um alsdann diese Lösung im Exsikkator der Krystallisation zu überlassen. Hierbei schieden sich allmählich große, anscheinend rhombische Tafeln aus. 0,418 g verloren bei 100« 0,0472 g an Gewicht. Gefunden : Berechnet für C7H8N4 0a, H2SO4 -f- 2 HgO : flaO 11,29 11,46. 26* 404 W. Schwabe: Pseudotheobromin. 0,177 g des getrockneten Sulfats erforderten zur Neutralisation 12,65 ccm Vio Normal-Kalilauge (Phenolphthalein als Indikator) und lieferten 6,149 g BaSOi. Gefunden: Berechnet für C7H8N4O2, HaS04: HgSOi 35,02 35,31 35,25. Vou dem Theobromin konnte bisher ein krystallisches Sulfat nicht dargestellt werden. Golddoppelsalz: C7H8N4O2, HCl + AuCla. Die wässerige Lösung des Pseudotheobrominhydrochlorids erleidet durch Goldchlorid- lösung direkt eine Fällung. Durch Umkrystallisieren aus heißem, salz- säurehaltigem Wasser, w^orin der Niederschlag ziemlich schwer löslich ist, läßt sich derselbe in kleine, gelbe, bei 251 " schmelzende Blättchen verwandeln. Theobromingoldchlorid schmilzt bei 243°. 0,2652 g enthielten 0,101 g Au. Gefunden : Berechnet für C7 Hg N4 O2, H Gl + Au Cla : Au 38,08 37,84. Platindoppelsalz: (C7H8N4O2, HC1)2 PtCl4 + 4H2 0. Rot- gelbe, in Wasser ziemlich schwer lösliche, prismatische Krystalle. 0,2771 g verloren bei 100« 0,0224 g an Gewicht. Gefunden: Berechnet für (C7H8N4O2, HCl)2PtCJ4 -f 4H2O: H2Ö 8,08 8,53. 0,2124 g wasserfreier Verbindung enthielten 0,0541 g Pt. Gefunden: Berechnet für (C7H8N4O2, HGl)2PtCl4: Pt 25,46 25,51. Ueberblickt man die Resultate, welche die erneute Untersuchung des Pseudotheobromins ergeben haben, so bestätigen dieselben in jeder Beziehung die Beobachtungen, welche s. Z. von H. Pommerehne (1. c.) gemacht wurden. Es erhellt hieraus, daß durch Einwirkung von Methylsulfat auf Xanthinsilber dasselbe Dimethylxanthin gebildet wird, wie durch Einwirkung vou Jodmethyl. Es ergibt sich aber auch von neuem die Verschiedenheit dieses Reaktionsproduktes von Theobromin, Theophyllin und Paraxanthin. Oxydation des Pseudotheobromins. Zur Ermittelung der Stellung, in welcher die Methylgruppen sich im Molekül des Pseudotheobromins befinden, wurde dasselbe der Oxydation mit Kaliumdichromat und Schwefelsäure unterworfen. 4 g Pseudotheobromin wurden zu diesem Zwecke mit 7,1 g Kalium- dichromat, 9,35 g Schwefelsäure und 75 g Wasser 5 Stunden lang am Rückflußkühler erhitzt. Hierbei war die Entwickelung von Kohlensäure- W.Schwabe: Pseudotheobroniin. 405 anhydrid zu konstatieren. Nach beendeter Oxydation wurde das er- italtete Reaktionsprodukt so oft mit Aether ausgeschüttelt, als von letzterem noch etwas gelöst wurde. Nach dem Abdestillieren des Aethers restierte eine weiße, krystallinische, dem Cholestrophan sehr ähnliche Masse, welche sich durch Urakrystallisieren aus heißem Wasser leicht in glänzende, bei 151° schmelzende Blättchen verwandeln ließ. 0,148 g lieferten 0,2019 g COa und 0,0392 g HgO. Gefunden: Berechnet für C4H4Na02: C 37,20 37,50 H 2,94 3,12. Nach diesen Daten und nach dem sonstigen Verhalten (Paraban- säurereaktion) lag in dem analysierten Produkte Methylparaban- säure vor. Zur Isolierung der sonstigen Oxydationsprodukte wurde da3 mit Aether ausgeschüttelte Reaktionsprodukt mit Kalilauge alkalisch gemacht, alsdann mit Wasserdämpfen destilliert und die alkalisch reagierenden Dämpfe in Salzsäure aufgefangen. Bei der Ueberführung des Destillats in Platindoppelsalze resultierten zunächst schwer lösliche, oktaedrische Krystalle vom Typus des Platinsalmiaks (1) und beim weiteren Eindampfen glänzende, sechsseitige Blättchen (II). Letztere konnten durch Umkrystallisieren leicht vom Platinsalmiak befreit werden. 0,4971 g des Doppelsalzes (I) enthielten 0,2173 g Pt. Gefunden: Berechnet für (NH4Cl)aPtC)4: Pt 43,71 48,85. 0,2316 g des Doppelsalzes (II) enthielten 0,0882 g Pt. Gefunden: Berechnet für (NHa- CHg, HCl)9PtGl4: Pt 41,28 41,55. In den analysierten Produkten lagen somit die Doppelsalze des Ammoniaks und Methylamins vor, sodaß bei der Oxydation des Pseudotheobromins dieselben Verbindungen resultieren, wie bei der des Theobromins, nämlich Kohlensäureanhydrid, Methylparaban- säure, Ammoniak und Methylamin. Hieraus folgt, daß das Pseudo- theobromin, ebenso wie das Theobromin und das Paraxanthin, in dem Harnstoffrest nur eine Methylgruppe enthält. Ueber das sonstige Verhalten des Pseudotheobromins, sowie über die Versuche, welche zur Autklärung der Konstitution dieser Base zur Ausführung gelangten, soll in einer weiteren Abhandlung berichtet werden. 406 H. Solereder: ADatomische Vorkommnisse bei Drogen. Bemerkenswerte anatomische Vorkommnisse bei einigen Drogen. Von Hans Solereder- Erlangen. (Eingegangen den 28. VII. 1907.) I. Die inneren haarartigen Sekretdrüsen des Patschuliblattes. Die Sekretzellen des von Pogostemon Patckouly Pellet. (=■ Pog. Heyneanus BentJi. ex Kew Index) stammenden Patschuliblattes haben eine besondere, bisher noch nicht bekannt gewesene Struktur, von der im folgenden wesentlich die Rede sein soll. Zur Untersuchung diente Drogenmaterial der Firma C aesar & Loretz, dessen Blätter ganz dieselbe Form besitzen, wie das in Wies n er, Rohstoffe, II, 1903, S. 610 in Figur 189 abgebildete Blatt; außerdem eine Kulturpflanze des Erlanger Botanischen Gartens. An dem eben angegebenen Orte ist die aus Wiesner, Rohstoffe, I. Auflage, 1873, S. 686 entnommene Anatomie des Blattes besprochen, jedoch in einer recht unvollständigen Weise. Abgesehen von anderen Angaben werden dort lediglich „zahlreiche zusammengefallene, in Kalilauge aufquellende bräunliche Drüsen" erwähnt, welche „das kleinzellige sternförmige Parenchym" enthält; die Außen- driisen der Blattflächen sind nicht berücksichtigt. Dagegen sind in der Arbeit von Paschkis „Folia Patchouli des Handels" (in Zeitschr. d, allg. Österreich. Apotheker- Ver. XVII, 1S79, S. 415 sqq.) die Außen- drüsen als Groß- und Kleindrüsen beschrieben und abgebildet, die Innen- drüsen aber ganz übersehen worden. Die Sekretzellen des Patschuliblattes sind nun, kurz gesagt, dadurch ausgezeichnet, daß sie mit ein paar kurzen Stielzellen versehen sind und in die Interzellularräume des Mesophylls hineinragen, sohin mit den Stielzellen zusammen echte innere Drüsenhaare bilden. In ihrer näheren Struktur stimmen sie mit den Köpfchen der großen blasigen Außendrüsen des Blattes überein. Nebenden schon von Wiesner und Paschkis(ll. cc.) beschriebenen einzellreihigen, ziemlich dickwandigen und dabei weitlumigen, oberflächlich fein gestrichelten Deckhaaren, welche sich zumeist über 2 oder mehreren sockelartig vorspringenden Epidermiszellen erheben, gewöhnlich aus 1 — 4 schenkelknochenartig gegeneinander abgegliederten Haarzellen bestehen und mit einer spitzen Endzelle abschließen, und neben kleineren, mit einzelligem kurzem Stiel der Epidermis aufgesetzten und mit einem durch eine Vertikalwand geteilten, zweizeiligen Köpfchen versehenen Außendrüsen, finden sich nämlich an dem Patschuliblatt, insbesondere H. Solereder: Anatomischo Vorkommnisso bei Drogen. 407 in Grübchen der Blattunterseite, größere blasige Hautdrüsen mit einer niederen, der Epidermis aufsitzenden Stielzelle und mit einer annähernd kugeligen, zwischen der Cellulosemembran und der blasig abgehobenen Cuticula reichliches Sekret ansammelnden Köpfchenzelle (Fig. la) '). Diese blasigen Hautdrüsen sind am lebenden Blatt als eingedrückte Punkte der Blattunterseite mit freiem Auge oder mit der Lupe zu erkennen. Die inneren Drü.sen, welche dem Mesophyll zugehören, sind nun in ganz analoger Weise, wie die eben besprochenen äußeren gebaut (Fig. 1 b~c). Sie sitzen mit einem Stiel aus 2 — 3 verkorktwandigen und zuweilen noch Chlorophyll enthaltenden Zellen Mesophyllzellen aut und ragen mit ihrem kugeligen, schlauchförmigen oder unregelmäßig gelappten einzelligen Drüsenköpfchen in die Interzellularen des Mesophylls oder drängen sich mit demselben zwischen die Mesophyllzellen ein. Der Stiel entspringt an der unteren Wand von Zellen des einschichtigen, an der Oberseite des Blattes entwickelten Palisadengewebes oder seitlich an Zellen der zweiten Mesophyllschicht. Die Drüsen finden sich übrigens auch in den größeren Nerven, dort in dem unterseitigen parenchymatischea Begleitgewebe, und haben doit gewöhnlich ein schlauchförmiges, in Richtung der Nerven gestrecktes Köpfchen. Die Wand des Köpfchens zeigt bei den inneren Drüsen gerade so, wie bei den blasigen Haut- drüsen, eine Cellulosemembran und eine meist stark blasig abgehobene cuticularisierte Außenmembran. Das zwischen beiden Membranen befindliche und auch im Zellumen vorhandene, stark lichtbrechende, im Wasserpräparat oft grau oder vakuolig werdende Sekret ist wenigstens zum Teil in Alkohol löslich. Bei Behandlung mit Jodjodkalilösung färben sich die Wände der Stielzellen und die Außenwand des Köpfchens gelb, mit Jodjodkali und verdünnter Schwefelsäure braun, während gleich- zeitig die innere Wandlamelle des Köpfchens die Cellulosereaktion gibt. Bei Einwirkung von Jodlösung und konzentrierter Schwefelsäure auf Blattquerschnitte bleiben schließlich, abgesehen von den cuticularisierten Membranteilen der Epidermiszellen und der Trichome, die inneren Drüsen mit ihrer cuticularisierten Membran und den gleichfalls cuticularisierten Stielen braun gefärbt zurück. Es mag noch bemerkt werden, daß die inneren Drüsen im Mesophyll sehr zahlreich sind, und daß sie bei der Betrachtung des lebenden Blattes von der Oberseite her, und zwar im durchfallenden Licht, als durchscheinende Punkte sichtbar sind; von unten her erscheinen sie wegen der großen, mit Luft erfüllten Inter- zellularräume in den untersten Schichten des Schwammgewebes nicht als durchsichtige Punkte. 1) Die Figuren 1 — 3 der vorliegenden Mitteilung wurden von dem Assistenten des Botanischen Instituts, Dr. Hüller, ausgeführt. 408 H. Solereder: Anatomische Vorkommnisse bei Drogen. Die inneren Drüsen treten im Blatt sehr frühzeitig auf. Sie sind schon in Blättern mit einem Längsdurchmesser von 2 cm und einem Breitendurchmesser von 1,.5 cm zu finden. Sie kommen weiter auch in der primären Rinde der Stengelteile vor. In dieser haben die Köpfchen meist eine schlauchförmige, in Richtung des Stengels gestreckte Form (Fig. 1 d— e). Die Drüse erstreckt sich dort mit ihrem 2 — 3 zelligen Stiel bald von oben nach unten, bald von unten nach oben; zuweilen liegt der Stiel auch seitlich. Die inneren Drüsen der Patschulipflanze sind nach dem Voraus- gehenden morphologische Grebilde, welche wegen ihrer Beziehung zu den Außendrüsen den Namen „innere Drüsenhaare" ebensogut verdienen, wie die allbekannten und längst gekannten, in neuerer Zeit namentlich von Höhlke (üeber die Harzbehälter und die Harzbildung bei den Polypodiaceen und einigen Phanerogamen, in Beihefte zum Bot. Centralbl. XI, 1902, S. 8 sqq.) gründlich untersuchten kolbenförmigen und ein- zelligen, ebenfalls mit einer Cuticula versehenen Innendrüsen des Rhizoma Filicis. In diesen beiden einzig dastehenden Fällen zeigt sich recht deutlich, daß die Mesophyllzellen zuweilen dieselben Gebilde hervorzubringen imstande sind, wie die Zellen des Hautgewebes. Es ist bemerkenswert, daß diese Tatsache nun nicht nur bei den Farnen konstatiert ist, bei welchen man mit Rücksicht auf ihre Stellung im System eher an eine gleichartige oder ähnliche Beschaffenheit des Protoplasmakörpers oder, sagen wir, des Idioplasmas von Rpidermis- und Mesophyllzellen denken könnte, sondern auch bei einer dikotyleu Pflanze. Zur genaueren Kenntnis der anatomischen Struktur des Patschuli- blattes und ihrer wechselnden Verhältnisse sei noch folgendes angefügt. Die oberseitigen Epidermiszellen besitzen geradlinige bis schwach gebogene (Drogen - Material) oder deutlich undulierte (Kulturpflanze) Seitenränder; die Außenwände sind in Form flach-kegelförmiger Papillen vorgewölbt. Die unterseitigen Epidermiszellen sind mit schwächer (Dr.-M.) bis stark (K.-Pfl.) undulierten Seitenrändern versehen. Stomata finden sich beiderseits, dabei oberseits nicht sehr zahlreich, doch zerstreut über die Blattfläche (Dr.-M.), oder aber nur unterseits (K.-Pfl.). Sie sind, dem Labiatentypus entsprechend, von zwei quer zum Spalte gestellten Nebenzellen begleitet. Das Mesophyll ist bifazial gebaut, bei dem Drogenmaterial dicker (bis 7-schichtig) als bei der Kultur- pflanze (5-schichtig). Das Palisadengewebe ist einschichtig und deutlich gestreckt; die untersten Schichten des Schwammgewebes sind großlückig. In den Nerven, auch in dem Mittelnerv und selbst in dem Blattstiel, fehlt bei der Kulturpflanze das Sklerenchym in Begleitung der Leit- bündel, während bei demDrogeumaterial ein gut entwickelter Sklerenchym- Fig.3. ;3CDÖG3C %-^- a vig:-?"! Fiff./. H. Solereder: Anatomische Vorkommcisse bei Drogen. 409 bogen in den größeren Nerven zu finden ist. Der Oxalsäure Kalk ist ziemlich reichlich im Mesophyll und zwar in Form von Krystall- nädelchen ausgeschieden, die zu mehreren in derselben Zelle vorkommen. Die Sockelzellen der oben besprochenen Deckhaare und ebenso die Nachbarzellen der blasigen Hautdrüsen treten an dem Drogenmaterial durch ihre dickeren Wandungen viel deutlicher hervor, als an der Kulturpflanze. II. Die Inkrustation der Korkzellenwände mit Kalkoxalatkrystallen bei Cortex Cascarillae. Eine eigentümliche Beschaffenheit des Korkes findet sich bei der von Croton Elutena Benn. stammenden Cascarillarinde. Dieselbe ist bisher in den Pharmakognosien zwar berücksichtigt, aber doch in nicht ganz genügender Weise erkannt worden. Arthur Meyer schreibt in seiner Wissenschaftlichen Drogenkunde II, 1892, S. 115 sqq., daß die Korkschicht aus Zelle* besteht, „deren Außenwände mit einer über die Hälfte der Zellhöhe dicken, fein geschichteten, verholzten Verdickungs- schicht versehen sind, und in deren Höhlung sehr zahlreiche, gut ausgebildete Oxalatkryställchen enthalten sind, denen die Korkschicht ihre weiße Farbe verdankt". Gilg führt in seinem Lehr- buch der Pharmakognosie, 1905, S. 193, an: „Die Korkzellen sind mit einer stark verdickten und geschichteten Innenwand versehen, welch letzterer zahlreiche, dicht aneinandergedrängte, winzige Calciumoxalatkry stalle auf gelagert sind". DasPharmako- gnostische Praktikum von Koch und Gilg, welches soeben die Presse verlassen hat, verbessert auf S. 23 diese Angaben insofern, als es dort heißt, daß die kleinen Krystalle der stark verdickten „Innen- wand" meist „eingelagert", seltener frei im Zellumen gelegen sind. Die tatsächlichen Verhältnisse sind die folgenden. Die Korkzellen haben stark verdickte, zuweilen hufeisenförmig verdickte Außenwände und relativ dünne, mit zahlreichen kleinen stäbchenförmigen, hendy oedrischen oder anders gestalteten Einzelkrystallen aus Kalkoxalat inkrustierte Innenwände (s. Fig. 2 a Radialschnitt durch den Kork und Fig. 2 b Tangentialschnitt). Bisweilen dehnt sich die Inkrustation auch auf die an die inneren Tangentialwände sich anschließenden Teile der Radiärwände aus. Die eventuell scheinbar im Zellumen befindlichen Krystalle sind wohl nur durch das Messer beim Anfertigen des Schnittes in dieses gelangt. Nach Behandlung von Radial- und Tangentialschnitten mit Salzsäure kann man deutlich die vertieften nischenartigen Teile der Zellwand erkennen, welche die Krystalle nach ihrer Lösung zurückgelassen haben, auf den so behandelten Tangentialschnitten außerdem die vor- 410 H. Solereder: Auatomische Vorkommnisse bei Drogen. springenden Teile der Zellwand zwischen den Nischen als ein feines Netz (s. Fig. 2 c). An authentischem Zweigmaterial aus dem Herhai ium Monacense (Eggers n. 4151, Bahama- Inseln und von dem Euphorhiaceen- Monographen J. Müller- Arg. bestimmtes Material aus dem Herbarium Schreberianum) konnte ich feststellen, daß diese Inkrustation schon in den jungen Zweigen zu beobachten ist. Der Kork entsteht bei Croton Eluteria subepidermal und schon die erste Korkzellenlage, welche vom Phellogen nach außen abgeschieden wird, weist die kleinen Kalk- oxalatkrystalle in ihrer inneren Tangentialwand auf. Die Zweigepidermis selbst besitzt aber die Inkrustation nicht. Nachdem schon in der ersten Korkzellenlage die Inkrustation zu beobachten ist, wäre es dankenswert, die Verbreitung des in Rede stehenden interessanten anatomischen Verhältnisses innerhalb der Gattung Croton am Herbarmaterial fest- zustellen. Dazu sei meinerseits noch bemerkt, daß auch die ziemlich weitlumigen und an der äußeren Tangentialwand nicht verdickten Korkzellen der von Croton niveus Jacq. hA-ührenden Copalchirinde dieselbe Inkrustation der inneren Tangentialwände, wie die Korkzellen der Cascarillarinde aufweisen. III. Die Deckhaare der Pimentfrüchte ur.d der Myrtaceen überhaupt. Die einzelligen Deckhaare der Myrtaceen besitzen zum Teil ein eigentümliches Strukturverhältnis, welches im Anschluß an gleiche und schon bekannte Vorkommnisse in anderen Pflanzenfamilien kurz als eine scheinbare Verdoppelung des Haarkörpers in der Längs- richtung („Doppelhaare") bezeichnet werden kann. In der Basis des einzelligen Haarkörpers scheint eine zweite kleinere, verschieden gestaltete Zelle (eine „scheinbare Basalzelle") eingeschaltet zu sein, welche mehr oder weniger weit in der Längsrichtung des Haar- körpers (des „eigentlichen Haarkörpers") vordringt. Solche Doppelhaare hat zuerst Heiden (Anat. Charakteristik der Combretaceen, in Botan. Centralbl. LV, 1893, S. 353 sqq. und Diss. Erlangen) überall in den gewöhnlichen einzelligen Haaren der Combretaceen erkannt. Er hat auch auf entwickelungsgeschichtlichem Wege nach- gewiesen, daß es sich bei diesen Trichomen nur um scheinbar zwei- zeilige Haare handelt, indem sich das Protoplasma der Haarzelle mit dem Dickerwerden der Zellwand und der Einengung des Zellumens in die Haarbasis zurückzieht und dort auf der dem Haarkanal zugekehrten Seite ein Häutchen abscheidet, das gewöhnlich relativ dünn bleibt und sich nur selten (Qtdsqualis indica L.) stark verdickt. Die Doppelhaare sind nach Heiden für die Familie der Combretaceen charakteristisch. Späterhin habe ich dann selbst (Syst. Anatomie der Dikotyledonen, H. Solereder: Anatomische Vorkommnisse bei Drogen, 411 1899, S. 91 und 92, sowie Fig. 21 A — B) dasselbe Verhältnis in der Familie der Cistineen an den einfachen einzelligen Trichomen von Cistus creticus L. und ladaniferns L., Lechea major Michx. und Hudsonia ericoides L , sowie zuweilen an den Teilhaaren der Büschelhaare von Cütus creticus L. angetroffen. Die scheinbaren Basalzellen sind dort dickwandig und am Ende spitz, und heben sich in den mit Ja velle' scher Lauge behandelten Präparaten durch die Gelbfärbung ihrer Wand gegenüber der weißen, ebenfalls dicken Wand des eigentlichen Haar- körpers deutlich ab. Am angegebenen Orte habe ich auch schon angedeutet, daß es sich hierbei ebenfalls, wie bei den Combretaceen- Trichomen, um eine Art Cellulosenkappenbildung handeln wird. Die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung, welche kürzlich Guttenberg ( Anat.-phys. Untersuchung über das immergrüne Laubblatt der Mediterran- flora, in Engler, Bot. Jahrbücher XXXVIII, 1907, S. 426 und 430 sqq. sowie Taf. VIII) an den Doppelhaaren von Cistus monspeliensis L. vornahm, hat dies bestätigt. Guttenberg hat weiter die Verdoppelung des Haarkörpers auch nur bei einem Teil der Sternhaare von Cistus villosus L. und an den einfachen und den gebüschelten Haaren von C. monspeliensis beobachtet; Süßenguth (Behaarungs- Verhältnisse der Würzburger Muschelkalkpflanzen, Diss. Würzburg, 1904, S. 20—22) noch an den Büschelhaaren von HeliantJiemum nanum. Aus diesen Angaben ist zu entnehmen, daß das in Rede stehende Vorkommnis in der Familie der Cistineen nicht den großen systematischen Wert hat, wie bei den Combretaceen. Die Verdoppelung der einzelligen Myrtaceen-Trichome ist den bisherigen Beobachtern fast ganz entgangen, obwohl dieselbe auch an den für die Charakteristik des Pimentpulvers wichtigen Haaren der Fruchtoberfläche und des Fruchtstieles von Pimenta officinalis Lindl. zu beobachten ist. Nur auf Rosen' s Anatomischer Wandtafel XXVI der vegetabilischen Nahrungs- und Genußmittel, welche den Piment behandelt, ist in Figur C dieses anatomische Strukturverhältnis angedeutet. Im zugehörigen Texte (Breslau, 1904, S. 188) ist aber darüber nichts bemerkt. Es heißt dort von den ziemlich reichlich vorhandenen, der Fruchtoberfläche angedrückten einzelligen Haaren: „Diese sind unmittelbar über ihrem Fuß im rechten Winkel umgebogen und laufen leicht geschlängelt in eine hornäh)iliche Spitze aus; nach rückwärts sind sie meist kurz spornartig ausgesackt. Ein Zellumen führen sie nur in ihrem basalen Teil, in welchem ein lebhaft rotbrauner Pigmentkörper liegt." Die Verdoppelung ist bei den Pimenthaaren, welche häufig eine Tendenz zum Zweiarmigwerden haben, dann sehr gut zu sehen, wenn der eigentliche Haarkörper, was seltener zutrifft, von einem deutlichen, mehr oder weniger weiten Haarkanal durchzogen 412 H. Solereder: Anatomische Vorkommnisse bei Drogen, wird, und der in dem Basalteil des Haarkörpers befindliche, von einer besonderen Membran umschlossene rotbraune Inhalt wie eine Basalzelle („scheinbare Basalzelle") hervortritt. Aher auch in den häufiger vor- kommenden Trichomen mit fast oder ganz massivem und stark licht- brechendem eigentlichem Haarkörper ist diese Membrankapsel wahr- zunehmen, welche gewöhnlich mit zipfelförmiger und massiver Spitze in den eigentlichen Haarkörper vordringt. Diese Strukturen sind schon in Wasserpräparaten, besser noch in mit Ja v eile 'scher Lauge gebleichten festzustellen. Ganz besonders deutlich treten sie nach Behandlung mit wässeriger Jodlösung und entsprechend konzentrierter Schwefelsäure hervor: der massive Teil des Haarkörpers quillt dann auf und färbt sich blau; infolge der Quellung zerreißt die dünne, nach Einwirkung des Reagens unter Braunfärbnng sichtbar gewordene Cuticula des Haarkörpers in Fetzen. Der eingekapselte Basalteil bleibt unberührt; nur färbt sich seine Wand mehr oder weniger braun und ist sohin verkorkt. Unsere Figur 8 a zeigt die Verdoppelung in den zum Teil fast gleicharmig-zweiarmigen Trichomen der Blattfläche von Pimenta officinalis. Die Doppelhaarnatur der Trichome habe ich durch gelegentliche Untersuchung noch bei den folgenden Myrtaceen nachweisen können: Callistemon sp. (Fig. 3 b), Kunzea ericifolia Reichenb., Leptospermum grandifolium Hort., Metrosideros tomentosa A. Ricli. und Psidium Cruajava L. (Fig. 3 c). Zunächst soll von Metrosideros tomentosa und Callistemon sp. die Rede sein, von denen mir lebendes Material zu Gebote stand. Die filzige Behaarung der Blattunterseiten von Metrosideros tomentosa wird von längeren und krausen Haaren gebildet. Der eigent- liche Haarkörper besitzt eine weiße, stark lichtbrechende und dicke Wand; sein Zellumen ist im unteren Teile des Haarkörpers zuweilen sogar ziemlich weit. Die scheinbare Basalzelle wird von einem ziemlich langen, ein Viertel oder mehr der Haarlänge erreichenden, schlauch- förmigen, stumpf oder etwas spitz endigenden Körper gebildet, der gleich der Haarwand weiß und stark lichtbrechend ist und dabei massiv erscheint oder an der Basis ein deutliches Lumen hat. Infolge des weiten Vordringens der scheinbaren Basalzelle in den eigentlichen Haarkörper erhält man beim Abschaben der Trichome mit der Lanzett- nadel die ganzen Haarkörper. Mit wässeriger Jodlösung und Schwefel- säure quillt die stark verdickte Cellulosewand des Haarkörpers unter Blaufärbung stark auf. Die dünne Cuticula wird gleichzeitig unter Braunfärbung sichtbar und löst sich in Fetzen ab oder schnürt stellen- weise band- oder ringförmig die aufgequollene blaue Amyloidmembran ein. Die scheinbare Basalzelle hebt sich deutlich ab und ist auch ihrer- H. Solereder: Anatomische Vorkommnisse bei Drogen. 413 seits oberflächlich von einer braungefäibten dünnen Cuticula bedeckt, während ihr innerer aufgequollener Membranteil eine mehr oder weniger deutliche Amyloidreaktion zeigt. Bei Gallistemon sp. (Fig. 3 b) sind die jungen Blätter von längeren, geraden und nahe der Basis umgebogenen seidenfadenartigen Trichomen bedeckt. Der eigentliche Haarkörper besitzt eine dicke, weiße und stark lichtbrechende Wand und einen mehr oder weniger weiten Haar- kanal. Die scheinbare Basalzelle ist hier ziemlich kurz, am Ende gerade abgestützt oder sattelförmig ausgebuchtet, nicht sehr dickwandig {insbesondere an dem zwischen den Epidermiszellen eingefügten und verschmälerten Teil), weitlumig und schwach gelb gefärbt. Beim Abschaben der Haare vom Blatt lösen sich gewöhnlich infolge der Beschaffenheit der scheinbaren Basalzellen die eigentlichen Haarkörper von diesen ab. Mit wässeriger Jodlösung und Schwefelsäure zeigen die beiden Teile der Trichome, der eigentliche Haarkörper und die scheinbare Basalzelle ungefähr dasselbe Verhalten, wie bei Metrosideros tomeiäosa. An 1—2 mm langen Blattanlagen von Gallistemon sp. konnte ich, und zwar auf der Oberseite des Blattes, die Entwickelung der Doppelhaare verfolgen: das Zurückziehen des Protoplasmas in den Basalteil, die plötzlich auftretende Verdickung der Wand des eigent- lichen Haarkörpers und die Kapselbildung im Basalteil. Bezüglicli der anderen, oben angeführten Myrtaceen sei noch bemerkt, daß die scheinbare Basalzelle in den zum Teil sehr langen und meist mit deutlichem und nicht engem Lumen im eigentlichen Haarkörper versehenen Trichomen von Leptospermum grandifolium kurz, am Ende spitz, an der Basis zusammengezogen und ziemlich dickwandig ist, in den der Blattfläche angedrückten, fast einarmigen, mehr oder weniger weitlumigen Trichomen von PsiJiimi Guajava (Fig. 3 c) zuweilen sehr lang, am Ende spitz, au der Basis zusammen- gezogen und mäßig dickwandig ist. Ich komme nun noch auf die in Figur 3d — e abgebildeten Trichome von Eugoti'a correaefoUa Hook, et Arn. (Bertero n. 1167, Chili) zu sprechen, welche ein sehr weites Lumen haben und keine Verdoppelung zeigen. Dieselben sind sehr verschieden gestaltet, Kropthaare, wie in Figur 3d, mit Uebergängen zu ungleich- bis gleich- armigen zweiarmigen Haaren (Fig. 3e). An den mit Javelle' scher Lauge behandelten Trichomen kann man eine meist wenig dicke Außen- membrane A und eine in allen Teilen der Haarwand oder nur an bestimmten Stellen derselben stärker verdickte Innenmembrane B unterscheiden. Xach Einwirkung von Jodlösung und Schwefelsäure läßt sich zunächst feststellen, daß die Außenmembrane A aus einer dünnen sich braunfärbenden Cuticula und einer inneren stark aufquellenden 414 H. Solereder: Anatomische Vorkommnisse bei Drogen und die Amyloidreaktion gebenden Membrane besteht. Innerhalb der verquellenden blauen Membrane erscheint nun so zu sagen ein zweiter Haarkörper, dessen Wand von der Innenmembrane B gebildet wird; die Innenmembrane B differenziert sich sodann weiter unter der Ein- wirkung der Reagentien in eine dünne sich braunfärbende cuticularisierte Außenlamelle und eine stark aufquellende, sich bläuende Innenlamelle. Mitunter konnte ich noch eine dritte cuticularisierte, das Lumen aus- kleidende Lamelle konstatieren. Nach diesem Verhalten der Trichome von Eugenia correaefolia ist für die Myrtaceen-Trichome nicht so sehr die scheinbare Ver- doppelung charakteristisch, welche jedenfalls nicht überall vorkommt, als vielmehr das Vorhandensein einer cuticularisierten Wand- lamelle im Inneren der Haar wand. In den engerlumigen Trichomen, bei welchen der eigentliche Haarkörper mehr oder weniger massiv ist, findet sich die cuticularisierte Wandlamelle nur im Basalteil und bewirkt dadurch die scheinbare Verdoppelang. Die Myrtaceen-Trichome lassen sich sohin in die folgenden drei Typen bringen: I. Das Lumen des eigentlichen Haarkörpers ist mehr oder weniger deutlich entwickelt; eine nach außen cuticularisierte Lamelle umschließt den Basalteil (scheinbare Basalzelle) und dringt verschieden weit in den eigentlichen Haarkörper, beziehungs- weise dessen Haarkanal vor: Deutliche Doppelhaare. IL Der eigentliche Haarkörper ist massiv; eine nach außen cuticularisierte Lamelle kleidet das auf die Haarbasis zurück- gedrängte Haarlumen (scheinbare Basalzelle) aus: Undeutliche Doppelhaare. III. Der Haarkörper ist ziemlich weitlumig his weitlumig; in der gesamten Wand des Haarkörpers wechseln dünne cuticularisierte und dickere von Cellulose gebildete Lamellen ab; von einer Verdoppelung des Haarkörpers ist nicht die Rede: Haare von Eugenia correaefolia. Weitere Untersuchungen über die Myrtaceen-Trichome, sowie auch über die einzelligen zweiarmigen Haare der Combretaceen-Gattung Conocarpus (s. Heiden, 1. c), und die Cistineen-Trichome, welche die Verdoppelung nicht aufweisen, sind wünschenswert. Botanisches Institut der Universität Erlangen, im Juli 1907. H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. 415 Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Untersuchungen über die Sekrete. Von A. Tschirch. 80. Ueber die westafrikanischen Copale, speziell den Angola-Copal (rot) und den Kamerun-Copal. Von H. Rackwitz. (Eingegangen den 7. VIII. 1907 ) unter westatrikanischen Copalen sind: Sierra Leone-, Accra,- Benin-, Kamerun , Loango-, Kongo-, Angola- (rot) und Benguela-Copal zu verstehen.') Wir verdanken einwandfreies Material den Herren Worlee & Co. in Hamburg. In Alkohol, Aether, Chloroform, Toluol, Aceton, Benzol, Eisessig, Essigäther sowie 60% und 80% Chloralhydrat- lösung waren die Harze nur teilweise, in Petroläther fast unlöslich, dagegen in Alkoboläther fast löslich, wenn dieselben vorher längere Zeit mit Aether digeriert waren. — Ueber die äußere Beschaffenheit vergleiche Tschirch, Harze und Harzbehälter 190(3, S. 768. Schmelzpunkte: j Vor dem Trocknen: Nach dem Trocknen: in der in der in der in der Kapillare Substanz Kapillare Substanz Sierra Leone .... I 1080-1500 Accra 105 o— 155 o Benin j 120"— 170o Kamerun 105 o— 125 o Loango Kongo 900—125" 1050-1250 1100-1550 1050-1500 1150-1550 950—1200 750—1100 950-1150 1200-1450 1080—1500 1000—1250 1200-1650 1050-1250 950—1250 1150— 1250 1400-1650 1000—1300 1050—1550 1150-1550 950-1200 750-1100 9J0-1150 1150—1450 950—1400 1050—1500 i 950— 140o Angola 1400—1700 Benguela | 1050-1500 Die erste Zahl gibt die Temperatur an, wo die Copale anfingen zu sintern, die zweite, bei der sie eine klare durchsichtige Masse bildeten. ») Tschirch, Harze und Harzbehälter 1936, S. 767. 416 H. Rackwitz: Westafrikarische Copale. Konstanten: Sierra Leone-Copal. Säurezahl direkt 120,4 117,6. Säurezahl indirekt 145,6 148,4. Yerseifungszahl beiß, nach 1 Stunde . . . 151,2 162,4. Yerseifungszahl heiß, nach 2 Stunden. . . 140,0 156 8. Yerseifungszahl kalt, nach 24 Stunden . . 145,6 168,0. JodzahP) 63,49 61,70. Accra-Copal. Säurezahl direkt 128,8 123,2. Säurezahl indirekt 156,8 168,0. Yerseifungszahl heiß, nach 1 Stunde . . . 140,0 162,4. Yerseifungszahl heiß, nach 2 Stunden . . . 140,4 168,0. Yerseifungszahl kalt, nach 24 Stunden . . 145,6 168,0. Jodzahl 61,61 „ . 62,19. Benin. Säurezahl direkt 112,0 128,8. Säurezahl indirekt 168,0 156,8. Yerseifungszahl heiß, nach 1 Stunde . . . 145,6 151,2. Yerseifungszahl heiß, nach 2 Stunden . . , 140,0 156,8. Yerseifungszahl kalt, nach 24 Stunden . . 145,6 140,0. Jodzahl 58,86 58,34. Kamerun. Säurezahl direkt 128,8 123,2. Säurezahl indirekt 140,0 156,8. 1) Die Jodzahl wurde nach der in die neue Pharm. Helvet. Edit. lY aufgenommenen Yorschrift bestimmt. H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. 417 Yerseifungszahl heiß, nach 1 Stunde . . . 156,8 166,8, Yerseifungszahl heiß, nach 2 Stunden . . . 162,4 151,2. Yerseifungszahl kalt, nach 24 Stunden . . 168,4 162,4. Jodzahl 69,96 65,25. Loango. Säurezahl direkt 123,2 112,0. Säurezahl indirekt 168,0 165,2. Yerseifungszahl heiß, nach 1 Stunde . . . 151,2 145,6. Yerseifungszahl heiß, nach 2 Stunden . . . 156,8 151,2. Yerseifungszahl kalt, nach 24 Stunden . . 151,2 162,4. Jodzahl 59,52 60,17. Kongo. Säurezahl direkt 151,2 145,6. Säurezahl indirekt 184,8 179,2. Yerseifungszahl heiß, nach 1 Stunde . . . 173,6 173,6. Yerseifungszahl heiß, nach 2 Stunden . . . 179,2 162,4. . Yerseifungszahl kalt, nach 24 Stunden . . 196,0 184,8. Jodzahl 59,12 58,41. Angola (rot). Säurezahl direkt 140,0 128,8. Säurezahl indirekt * . . 154,0 160,0. Yerseifungszahl heiß, nach 1 Stunde . . . 151,2 156,8. Yerseifungszahl heiß, nach 2 Stunden . . . 151,2 162,4. Yerseifungszahl kalt, nach 24 Stunden . . 145,6 168,0. Jodzahl 63,29 67,88. Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bd». 6. Heft. 27 418 H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. Bengaela. Säarezahl direkt 134,4 137,2. Säurezahl indirekt 173,6 168,0. Verseifungszahl heiß, nach 1 Stande . . . 168,0 162,4. Verseifungszahl heiß, nach 2 Stunden . . . Ii0,0 168,0. Verseifungszahl kalt, nach 24 Standen . . 145,6 162,4. Jodzahl 60,59 66,51. Die westafrikanischen Copale geben keine Verseifungszahlen. Die Säure- und Jodzahlen liegen nahe bei einander. I. Angola-Copal (rot). Trockene Destillation. Der Copal bräunte .sich bei der trockenen Destillation, blähte sich auf und schmolz zu einer anfangs stark schäumenden, gelbbraunen Flüssigkeit, aus der sich weiße Nebel entwickelten. Bei 110° gingen 4 g H2O über, bei 150 — 170° 4 g eines leichtbeweglichen, hellgelben Oeles. das an der Luft rötlich wurde und sauer reagierte. Bei 170 — 190° destillierten 14,5 g eines grünen, sauren Oeles über. Die dritte Fraktion 190 — 210° stellten 5 g eines dunkelgrünen, neutralen Destillates von empyreumatischem Gerüche dar. Die Hauptmenge (40 g) ging von 210 — 345° als braungrünes, fluoreszierendes, nach Teer riechendes Oel über. Der Rückstand war Kohle. Bernsteinsäure konnte nicht nach- gewiesen werden. Gang der Untersuchung. Das Harz wurde im Soxhlet mit Aether extrahiert. Ausschüttelung mit Ammonkarbonat. Durch Ausschütteln der ätherischen Harzlösung mit l%iger Ammon- karbonatlösung, Fällen der Ausschüttelung mit salzsäurehaltigem Wasser, erhielten wir nur eine geringe Menge Harzsäure, sodaß diese Aus- schüttelungen nur zur E,einigung beibehalten wurden. Ausschüttelung mit Soda. Nachdem die ätherische Lösung durch Ammonkarbonat erschöpft war, erhielten wir durch Ausschütteln mit l%igen Sodalösungen 320 g Rohsäure von 500 g Ausgangsmaterial. Die alkoholische Lösung der H. Rackwitz: Westafrikaaische Copale. 419 ausgeschüttelten und mit salzsäurehaltigem Wasser zerlegten Säure ließ sich mit alkoholischer Bleiacetatlösung in zwei Komponenten zerlegen. Die durch Blei fällbare Säure, die Angocopal Ölsäure, stellte ein weißes Pulver, der andere Teil eine gelbe harzige Masse dar. Da der letztere Anteil durch keine Keinigungsmethode ein anderes Aus- sehen erhielt, wurde er als Verunreinigung betrachtet. Angocopalolsäure. Diese bildet ein in Alkohol unlösliches Bleiaalz und ist amorph. Der Schmelzpunkt liegt bei 83—85°. Die Elementaranah^sen ergaben: 1. 0,1626 g Säure gaben 0,4560 g CÜg und 0,1515 g HgO. 2. 0,1470 „ „ „ 0,4113 „ „ „ 0,1333 „ „ 3. 0,1954 „ „ „ 0,5468 „ „ „ 0,1767 „ „ 4. 0,1523 „ „ „ 0,4259 „ „ „ 0,1384 „ „ 5. 0,1136 „ „ „ 0,3196 „ „ „ 0,1028 „ „ Danach gefunden in Prozenten: Berechnet für 1. 2. 3. 4. 5. Mittel: CäsHagOg: C 76,48 76,31 76,32 76,27 76,73 76,42 76,67 H 10,35 10,08 10,08 10,09 10,05 10,13 10,00. Um zu sehen, ob die analysierte Angocopalolsäure rein war, wurde eine größere Menge in alkoholischer Lösung mit Soda am Rückfluß- kühler gekocht und siedend heiß filtriert. Aus diesen Lösungen schied sich nach einigen Tagen eine weiße amorphe Masse ab, die in Wasser gelöst und mit HCl-haltigem Wasser zerlegt wurde. — Getrocknet, resultierte ein weißes Pulver vom Schmelzpunkt 85 ^ Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,1950 g gaben 0,5456 g CO2 und 0,1768 g H2O. 2. 0,1850 „ „ 0,5184 „ „ „ 0,1674 „ „ Demnach gefunden in Prozenten: 1. 2. Mittel: C == 76,36 76,42 76,39 H = 10,07 10,05 10,06. Die analysierte Substanz stimmte also mit der Angocopalol- säure über ein. Säurezahl . . a) direkt 154,00—159,60. b) indirekt 142,80—154,00. Im Mittel aus 3 Bestimmungen . . 152,60, Verseif ungszahl a) kalt 159,60—165,20. b) heiß 148,40—162,40. Jodzahl 70,30—72,01. 27* 420 H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. Aus der Titration berechnet 10,35% K. Die Formel C23H35KO3 verlangt . . . 9,83% K. Jodadditionsvermögen 71,15% J (im Mittel). Die Formel C23 H36 O3 gebraucht, wenn sie 2 Atome J addiert 70,55 % J. 0,2090 g SJlbersalz ergaben 0,0647 g AgOl = 23,3% Ag. OasHsäAgOa verlangt 23,11% Ag. Die Angocopalolsäure ist also eine einbasische Säure, die nur eine doppelte Bindung enthält. Cholesterinreaktionen. 1. Lieb ermann' sehe Reaktion: schmutzig violett, grün. 2. Salkowski-Hesse' sehe Reaktion : Hg SO4 dunkeJgelb, Chloroform farblos. 3. Tschngaeff'sehe Reaktion: farblos, nach 24 Stunden gelb. 4. Mach' sehe Reaktion: rotbraun. 5. Hirschsohn'sehe Reaktion: violett, nach 24 Stunden graugrün. Das ätherische Oel. Nachdem die ätherische Lösung des Harzes durch Alkali erschöpft war, wurde der Aether abdestilliert und das ätherische Oel mit Wasser- dämpfen überdestilliert. Das Oel wurde mit Kochsalz ausgesalxen und mit Aether durch Ausschütteln im Scheidetrichter vom Wasser getrennt. Der Aether wurde abdestilliert und das Oel mit Chlorcalcium getrocknet. Das spezifische Gewicht war 0,853. Das Oel wurde bei Luftzutritt dunkler und verharzte schließlich. Siedepunkt 140—160°. Gesamt- ausbeute 10 g. — a-Angocopaloresen. Dasselbe bleibt nach dem Entfernen der Säuren bei der Destillation mit Wasserdämpfen in der Kochflasche zurück. — Nach dem Trocknen im Exsikkator stellt es zerrieben ein dunkelgelbes Pulver dar, in Alkohol, Aether, Essigäther und Aceton löslich, in Petroläther fast unlöslich. Der Schmelzpunkt des amorphen a-Angocopaloresen liegt bei 63—65". Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,2016 g gaben 0,5206 g COa und 0,1978 g HgO. 2. 0,1854 „ „ 0,4799 „ „ „ 0,1810 „ „ Gefunden in Prozenten: Berechnet für: 1. 2. Mittel: CeoHsiOo: CgoHEflOg: C = 70,43 70,59 70,51 70,59 70,31 H = 10,90 10,85 10,87 10,59 10,94. H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. 421 Cholesterinreaktionen. 1. Lieb erm an u' sehe Reaktion: rot, violett, schmutzig grün. 2. Salkowski-H esse' sehe Reaktion: IlaSOi tiefgelb, Chloroform farblos. 3. Hirsch söhn' sehe Reaktion: rötlich, violett, braun. 4. Tschugaef f sehe Reaktion: gelb. 5. Mach' sehe Reaktion: Rückstand violett, braunviolett. Rückstand. Der vom Aether ungelöst gebliebene Teil des Angolacopals (s. o.) wurde in Alkoholäther gelöst und mit 1% Kali ausgeschüttelt. Diese Ausschüttelungen, mit salzsäurehaltigem Wasser gefällt, ausgewaschen und getrocknet, stellten ein weißes Pulver dar, das mit Aether behandelt wurde. A. Ausschüttelungen der Aetherlösungen. ß-Angocopaloresen. Dieselben wurden fraktioniert mit Alkalien ausgeschüttelt. — Mit Soda konnten geringe Spuren einer Harzsäure ausgeschüttelt werden, die sich bei der Analyse als Angocopalol säure erwies. Von der von den Säuren befreiten Alkoholätherlösung wurde der Alkoholäther vorsichtig abgezogen und der Rückstand der Wasserdampfdestillation unterworfen. — Es ging kein ätherisches Oel über, der Rückstand war ß-Angocopaloresen. Nach dem Trocknen stellte es ein gelbliches, in Alkoholäther lösliches Pulver dar. Schmelzpunkt 220—224°. Die Elementaranalyse ergab: 1. 0,2496 g Substanz gaben 0,6832 g COg und 0,2182 g H3O, 2. 0,1936 „ „ „ 0,5309 „ „ „ 0,1690,, „ 3. 0,2010 „ „ „ 0,5505 „ „ „ 0,1765 „ „ Gefunden in Prozenten: Berechnet für 1. 2. 3. Mittel: C^iHesOi: C = 74,65 74,79 74,69 74,71 74,63 H= 9,71 9,70 9,76 9,74 9,43. Cholesterinreaktionen des ß-Angocopaloresens. 1. Lieb ermann sehe Reaktion: rot. schmutzig violett. 2. Salkowski-Hesse'sche Reaktion: H2SO4 dunkelgelb, Chloro- form farblos. 3. Hirschsohn 'sehe Reaktion: violett, dunkelbraun. 4. Tsehugaeff 'sehe Reaktion; dunkelgelb. 5. Mach 'sehe Reaktion: violett, bräunlich, dunkelbraun. 422 H. Rackwitz: Westatrikanische Copale. B. Rückstand von A. Dieser wurde wiederholt mit Na OH behandelt und diese Lösungen mit HCl-halti5?em Wasser zerlegt. Der gelblichweiße Niederschlag war ein bassorinhaltiger Körper. — Bei der Oxydation konnte Schleim- säure nicht nachgewiesen werden. C. Rückstand von B. Der verbleibende Rückstand war braun, sandig und ergab 94 % Asche, die aus Fe, Ca, Mg und Silikaten bestand. Allgemeine Ergebnisse und quantitative Zusammensetzung. Das von uns untersuchte Harz, der Angola- (rot) Copal, entspricht also folgender Zusammensetzung: A. Aus der Aetherlösuog des Angola- Copals wurde 1. mit Soda die Angocopalolsäure C23H36O3 isoliert. Nach diesen Ausschüttelungen mit Alkalien blieb im Aether 2. das a-Angocopaloresen (ätherlöslich) C30H54O4 zurück. Weiter resultierte 3. ätherisches Oel, bei c. 153" übergehend. B. Aus der Alkoholätherlösung erhielten wir: 1. durch Ausschütteln mit Soda einen Körper C28 Hae O3, identisch mit Angocopalolsäure, 2. das ß-Angocopaloresen (alkoholätherlöslich). C. In Alkoholäther waren unlöslich: 1. ein bassorinartiger Körper, 2. Asche: Fe, Ca, Mg und Si02. Von 500 g Ausgangsmaterial lösten sich: I. in Aether 345 g = 69% davon sind 1. durch NagCOs ausziehbare Rohsäure . . . 320 g = 64% 2. ätherisches Oel 10 „ = 2 „ 3. ätherlösliches Resen 15 „ = 3„ II. in Aether sind unlöslich 155 g = 31% 1. davon lösen sich in Alkoholäther 125 „ = 25 „ und zwar a) ätherlösliche Säure 25 „ = 5„ b) ätherlösliches Resen 100 „ = 20 „ 2. in Alkoholäther unlöslich 30 „ = 6„ diese 6% bestehen a) aus 1,5 g = 0,3% eines bassorinartigen Körpers, b) aus 28,5 g = 5,7 % Asche. H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. 423 II. Kamerun-Copal. Derselbe wurde wie der Angola-Copal bearbeitet. Trockene Destillation. Bei der trockenen Destillation entwickelten sich zuerst weiße Dämpfe, dann gingen bei 102—135° = 30 g 135-165" = 2ö „ 105—175° = 20 „ bis 200—250° = 18 „ über. Alle Fraktionen waren mehr oder weniger grün gefärbt, die letzte roch charakteristisch nach Teer, der Rückstand war Kohle. In den Destillationsprodukten war weder ein Harz, noch Bernsteinsäure nachzuweisen. Gang der Untersuchung. Das Harz wurde 3 Monate lang im Soxhlet mit Aether digeriert. Ausschüttelung mit Ammonkarbonat. Dieselben wurden wie beim Angola-Copal nur zur Reinigung beibehalten. Ausschüttelung mit Soda. Von 500 g erhielten wir 280 g Rohsäure. Dieselbe wurde mit Bleiacetat in zwei Komponenten getrennt. — Der eine — die Kameru- copalolsäure — stellte ein weißes Pulver dar, der andere war eine schmierige Masse, die sich nicht reinigen ließ. Kamerucopaloisäure. Diese bildet ein in Alkohol unlösliches Bleisalz und ist amorph. Schmelzpunkt 98—100°. Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,1680 g Säure gaben 0,4647 g COa und 0,1575 g HaO. 2. 0,1943 „ „ „ 0,5387 „ „ „ 0,1850 „ „ 3. 0,1722 „ „ „ 0,4762 „ „ „ 0,1661 „ „ 4. 0,1176 „ „ „ 0,3243 „ „ „ 0,1123 „ „ Danach gefunden in Prozenten Berechnet für 1. 2. 3. 4. Mittel: CgiHesOa: C = 75,44 75,61 75,42 75,21 75,37 75,39 H = 10,42 10,58 10,72 10,61 10,58 10,71. Ebenso wurden Elementaranalysen von der durch Kochen der alkoholischen Kamerucopalolsäurelösung mit Soda erzeugten Abscheidung, nachdem dieselbe durch HCl zerlegt worden war, ausgeführt. 484 H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. 1. 0,1706 g gaben 0,4715 g COg und 0,1635 g HgO. 0,2143 „ „ 0,5930 „ „ „ 0,2048 „ „ Gefanden in Prozenten: 1. 2. Mittel: C = 75,39 75,47 75,48 H = 10,65 10,61 10,63. Die Zahlen stimmen auf Kamerucopalolsäure. Säurezahl. . . a) direkt 156,80—162,40. b) indirekt 170,80-179,20. Im Mittel aus 3 Bestimmungen 167,05. Verseifongszahl a) kalt 154,00—162,40. b) heiß 184,80-190,40. Jodzahl 76,37— 76,65. Aus der Titration berechnet 10,12% K. Die Formel 021 HgjKOg verlangt . . . 10,46% K. Jodadditionsvermögen 76,51% J (im Mittel). Die Formel Cgi H36 O3 verlangt, wenn sie 2 Atome J addiert 75,59% J. 0,2520 g Silbersalz ergaben 0,0814 g AgCl = 24,31% Ag. CaiHasAgO 3 verlangt 24,37% Ag. Die Kamerucopalolsäure ist also eine einbasische Säure mit einer doppelten Bindung. Cholesterinreaktionen. 1. Li eher mann' sehe Reaktion: schmutzig violett, braungrün. 2. Salkowski-Hesse'scheReaktioD: H2SO4: hellgelb; CHCls: farblos. 3. Tschugaeff 'sehe Reaktion: farblos. 4. Mach' sehe Reaktion: rotbraun. 5. Hirschsohn'sche Reaktion: violett, nach 24 Stunden dunkelgrün. Das ätherische Oel. Nachdem die ätherische Copallösung durch Alkali erschöpft war, wurde der Aether abdestilliert und das ätherische Oel mit HgO-Dämpfen überdestilliert. — Das Oel wurde mit NaCl ausgesalzen und mit Aether durch Ausschütteln im Scheidetrichter vom Wasser getrennt. — Der Aether wurde abdestilliert und das Oel mit CaClg getrocknet. — Siedepunkt 145 — 155". Hellgelbe, neutrale Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,830. Ausbeute 2%. a- Kamerucopaioresen. Der Rückstand in der Kochflasche war eine gelbliche, schmierige Masse, die sich durch ihre Resistenz gegen KOH in der Kälte und in der Hitze als Resen charakterisierte, aber auf keine Weise — selbst H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. 425 nach monatelaDgem Stehen im Exsikkator — als trockenes Pulver erhalten werden konnte. Rückstand. Der Rückstand wurde mit Alkoholäther behandelt. Mit KOH entstand keine Abscheidung von Harzsäuren. Dies ist dadurch zu erklären, daß die Harzsäuren des Kamerun-Copals von vornherein durch dreimonatliche Extraktion im Soxhlet vollständig ausgezogen waren. Der Alkoholäther wurde vorsichtig abgezogen und der Rückstand der Wasserdampfdestillation unterworfen. Aetherisches Oel war nicht mehr zu konstatieren. — Der Rückstand stellte gereinigt ein weißes Pulver dar, das sich in Alkoholäther löste und dessen Schmelzpunkt bei '22b^ lag. Wir nannten es: ß-Karaerucopaloresen. Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,1943 g gaben 0,5345 g COg und 0,1762 g HaO. 2. 0,1834 „ „ 0,5030,, „ „ 0,1658 „ „ 3. 0,2100 „ „ 0,5768 „ „ „ 0,1905 „ „ Gefanden in Prozenten: Berechnet für 1. 2. 3. Mittel: CseHegO*: C = 75,00 74,80 74,99 74,93 74,71 H = 10,08 10,04 10,08 10,06 9,47. Cholesterinreaktionen. 1. Lieb ermann 'sehe Reaktion: rötlich braun. 2. Salkowski-Hesse'sche Reaktion. H2SO4: braungelb; CHCIb: gelblich. 3. Hirsch söhn 'sehe Reaktion: rötlich. 4. Tschugaeff 'sehe Reaktion: schwach gelb. 5. Mach' sehe Reaktion: rötlieh, braungrün. Der beim Behandeln mit Alkoholäther verbliebene Rückstand wurde wiederholt mit 1% und dann 5% NaOH ausgezogen. Es ging der größte Teil in Lösung und konnte mit HCl-haltigem Wasser aus- gefällt werden. Diese Ausiällungen wurden nicht weiter untersucht, es war ein bassorinartiger Körper, der mit HNO3 keine Schleimsäure gab. Der jetzt noch verbleibende Rückstand wurde verascht. Die Asche bestand aus Ca und SiOa- Allgemeine Ergebnisse und quantitative Zusammensetzung. Von 500 g Ausgangsmaterial lösten sich: I. in Aether 375 g = 75% davon sind 1. durch Soda ausziehbare Rohsäuren .... 350 g = 70% 2. ätherisches Oel 10„ = 2„ 3. ätherlösliches Resen 15 „ = 3 „ 426 H. Rackwitz: Westafrikanische Copale. IL in Aether unlöslich 25% 1. davon lösen sich in Alkoholäther ein äther- unlösliches Resen 100 g = 20% 2. Ungelöst blieben 25„ = 5„ diese 5% bestehen aus a) 15 g eines bassorinartigen Körpers = 3% b) Asche = 2„. Aus I. wurde die Kamerucopalolsäure CgiHseOs und das a-Kamerucopaloresen, aus II. das ß-Kamerucopaloresen C25H88O4 isoliert. Zum Schluß dieser vorläufigen Untersuchungen wollen wir die Ergebnisse mit den von Tschirch und Stephan veröffentlichen Re- sultaten über den Sansibar-CopaP) vergleichen: Gefunden: Berechnet: I. Sansibar-Copal: C N Trachylolsäure . . . 75,88 10,23 (CsoHggOg) Isotrachylolsäure . . 75,89 9,90 (CsßHgsOs) a-Copaloresen . . . 78,98 10,98 C41H68O4 ß-Copaloresen . . . 74,83 9,68 C25H88O4. IL Angola-Copal: Angocopalolsäure . . 76,42 10,13 C23H38O3 o-Angocopaloresen . 70,51 10,87 CaoHseOe ß-Angocopaloresen . 74,71 9,74 C25H88O4. III. Kamerun-Copal: Kamerucopalolsäure . 75,37 10,58 CaiHaeOg ß-Kamerucopaloresen. 74,71 9,47 C25H38O4. Die ß-Copaloresene der 3 Copale haben also die gleiche Zusammensetzung, die Säuren sind wohl nahe mit einander verwandt. Trachylolsäure und Kamerucopalolsäure zeigen die gleichen Analysenzahlen. 1) Tschirch und Stephan, Arch. d. Pharm. 1896, S. 553. U. V. Friedrichs: Heerabolmyrrlie. 427 Mitteilung aus dem pharmazeutisxihen Institut zu Stockholm. Chemische Untersuchung der Heerahoimyrrhe. Von Oscar v. Friedrichs. (Eingegangen den 20. VII. 1907.) Historischer und theoretischer Teil. Schon Ende 1905 habe ich mit Unterstützung der schwedischen Apotheker- Sozietät eine Untersuchung von Heerabolmyrrhe be- gonnen, welche den Zweck hatte, die chemische Zusammensetzung derselben zu erforschen. Kurze Zeit darauf erschien in diesem Archiv eine Arbeit von Tschirch und B e r g m a n n ^), in welcher sie eingehend das Harz behandelten, soAne auch in beschränktem Maße sich dem Oel, Gummi, Enzym und Bitterstoff \sadmeten, und ungefähr ein Jahr später erschien eine ausführhche Arbeit von L e w i n s o h n 2) über das ätherische Oel. Etwa zu derselben Zeit Avurde von mir in Svensk Farmaceutisk Tidskrift eine vorläufige Mitteilung in schwedischer Sprache veröffenthcht. Die Resultate, zu welchen ich gekommen bin, haben in verschiedenen Fällen sehr wesentliche Abweichungen von denen der genannten Autoren gezeigt, und deshalb sehe ich mich veranlaßt, dieselben in ganz ungekürzter Form vorzulegen. Da es bei cliemischen Untersuchungen einer Pflanze von Be- deutung ist, die Abstammung, die äußeren Bedingungen bei der Einsammlung und Bearbeitung der Droge, sowie auch deren Alter und Aufbewahrung zu kennen, so gewährleistet eine solche Droge wie die Myrrhe um so weniger Sicherheit dafür, daß die Untersucher immer ein gleichartiges Untersuchungsmaterial erlangen werden, da nicht einmal Heimat und Stammpflanze mit Sicherheit bekannt sind. Wenn es an sich schon zweifellos ist, daß eine Harzunter- suchung oft, je nach der angewendeten mehr oder weniger rationellen Untersuchungsmethode, wesentlich verschiedene Resultate ergibt, so dürfte außerdem, ganz besonders in den Fällen, in welchen die Myrrhe bisher untersucht worden ist, noch in Betracht kommen, daß die Droge, welche zur Verfügung stand, zuweilen bezüghch ihrer chemischen Zusammensetzung von recht bedeutender Verschieden- ^) Ueber die Heerabol-MjTrhe, Arch. d. Pharm. 1905. 2) Ueber das Myrrhenöl, Arch. d. Pharm. 1906. 428 O. V. Friedrichs: Heerabolmyrrhe. heit gewesen ist, obgleich das makroskopische Aussehen und die empirischen Reaktionen übereinstimmend waren. Unter den Arbeiten über die chemische Zusammensetzung kommt außer den oben erwähnten hauptsächUch eine etwas frühere von K ö h 1 e r^) in Betracht, welcher sowohl Harz imd Gmnmi wie auch Oel behandelte; hiervon ist das Gummi besonders eingehend studiert, wo- gegen von dem Oel nur dessen physikalische Eigenschaften festgestellt wxvcden. Lewinsohn untersuchte drei Handelssorten des ätherischen Oeles, aber nur ein von ihm selbst destilliertes Oel. Er fand das Drehungs- vermögen resp. [a]o = —40,3°, [aJo = —51,25°, [af^ = —69,5° und [a]'^ = — 70,25°, von welchen Zahlen die letzte recht nahe mit dem Drehlingsvermögen des von mir untersuchten Oeles übereinstimmt. Die im Vergleich hierzu niedrigen Werte, welche Gladstone") und Köhler^) angeben, nämlich: a = — 136° (in 200mm-Rohr?) resp. — 67,34° (in 100 mm-Rohr), deuten darauf hin, daß diese Verfasser bei ihren X'ntersuchungen ein ^lyrrhenöl zvir Verfügung hatten, welches die mehr schwerflüchtigen Bestandteile nicht enthielt, da, wie in dem experimentellen Teil dieser Arbeit nachgewiesen wird, diese das größte Drehungsvermögen haben. Da.sselbe betrifft auch das Brechungs- vermögen und das spezifische Gewicht. Lewinsohn fand in allen Handelssorten, mit Aiisnahme einer, C u m i n a 1 d e h y d, welchen er dadvirch identifizierte, daß er ihn zuCuminsäure oxA'dierte und dessen Oxim und Semikarbazon herstellte. Von freien Sävu-en fand er Essigsäure und Palmitin- säure in den drei Handelssorten ; in frisch destilliertem Oel waren diese Sätu-en niu* als Ester vorhanden. Außerdem wurde eine ungesättigte, nicht näher charakterisierte Sämre gefunden. In allen vier Oelen wurde E u g e n o 1 imd eine geringe Menge eines zweiten als m-Kresol angesehenen Phenols nachgewiesen. Das Eugene! wm"de in seine Benzoyl- verbindung üVjergeführt. Ester wm-den in den drei Handelssorten nicht vorgefunden. Dvu*ch fraktionierte Destillation über Xatrium konnte Lewinsohn vier Terpene isolieren, ^-on welchen nm" drei charak- terisiert \^'urden : P i n e n diu"ch Nitrosochlorid, Nitrolbenzylamin und Xitrolpiperidin, D i p e n t e n diu*ch Tetrabromid tind L i m o n e n auch durch Tetrabromid. Von diesen \wu-de Pinen (Sdp.jo = 54 — 56°) in allen vier Oelen und Dipenten (Sdp.jo = 73 — 76°) in den drei Handels- sorten nachge\A-iesen. Das von mir untersuchte Oel ist ebenso wie die erwähnten einer Fraktionierung erst nach der Entfernung von freien Säuren, Estersäuren, Phenolen und Aldehyden unterworfen worden und ^) Beitr. zur ehem. Kenntnis d. Myrrhe, Arch. d. Pharm. 1890. -) Jahresber. über die Fortschr. der Chemie, Gießen 1864, 545. 3) Loc. cit. S. 309. (). V. Friedrichs: Heerabolmyrrhe. 429 hat dann erst bei 130" bei 16 mm zu sieden angefangen, was das Vorhandensein von Terpen C,f,Hjß ausschloß. Nachdem die Abhandlung L e w i n s o h n's mir zu Händen gekommen ist, ist eine neue Menge des von denselben Htoffen be- freiten Oeles bei gewöhnlichem Atmosphärendruck destilliert worden, wobei dasselbe erst bei 225" überzugehen anfing. Von den Unter- suchungen des Oeles, welche vorher ausgeführt sind, geht auch trotz deren peripherischer Natur hervor, daß kein Terpen CißHjg vor- handen gewesen ist. Köhler erhielt freilich eine Fraktion bei 105", eine Temperatur, welche bedeutend niedriger als der Siede- punkt irgend eines Terpens ist, aber danach stieg der Siedepunkt unmittelbar auf 220"; T u c h o 1 k a^) destillierte ein Handelsöl, welches bei 260" an zu sieden fing. Also ist auch in diesen Oelen kein Terpen gefunden worden. Die Untersuchung eines Handelsöls, das ich von S c h i ra m e 1 & C o. in M i 1 1 i t z erhalten habe, ergab indessen Resultate, welche mit L e w i n s o h n's Angaben über- einstimmen. Schon unter 60" erhielt ich bei 16 mm Druck eine Fraktion, in welcher P i n e n sich mit Leichtigkeit durch den bei 103" hegenden Schmelzpunkt des Nitrosochlorids identifizieren ließ. Es gewinnt deshalb den Anschein, als ob bei der fabriksmäßigen Herstellung von schwerflüchtigen ätherischen Oelen die Destillation derselben durch Zusatz von Terpentinöl erleichtert wird, welches alsdann in Vakuum wieder entfernt wird, sowie, als ob die Handels- sorten, welche sowohl L e w i n s o h n, wie ich zur Verfügung gehabt haben, auf diese Weise hergestellt worden sind, und das Terpentinöl nicht vollständig daraus entfernt worden ist. In dem natürlichen Myrrhenöl dürften Terpene CjoHjß nur ausnahms\veise zu den Be- standteilen zu zählen sein. In zwei Handelsölen fand Lewinsohn Sesquiterpene, von welchen das eine (Sdp.j2=163 — 168"; dooo =0,926; [oJ'd = -f 22,75") ein krystallisierendes Salzsäureanlagerungsprodukt (Schmp. 115 — 117") lieferte und in Avelchem er Cadinen ver- mutete. Das zweite Sesquiterpen vom Sdp.^, 151 — 154" b"eß sich nicht näher cliarakterisieren. Ein Sesciui terpen, möglicherweise mit erstgenanntem identisch, erhielt er durch Reduktion einer Sub- stanz, welche mit Petroläther aus dem Oel ausgeschieden war. Von dem Harz entliält der in Aether lösliche Teil drei Säuren, welche sich mit Natriumkarbonatlösung auszielien lassen, und welche deshalb im Harz in freier Form vorkommen. Dieselben können durch die verschiedene Löslichkeit der Barjoim- und Blei- salze in Wasser und Alkohol getrennt werden. Diese drei Säuren 1) Arch. d. Pharm. 1897. 430 O. V. Friedrichs: Heerabolmyrrhe. haben die Namen a-Commiphorsäure, ß-Commiphor- säure und f-Commiphorsäure erhalten. Von diesen Säuren sind die a- und ß -Commiphorsäure isomer, indem beide die empirische Formel CjjH^^C^^ haben, während die ■f-Commiphorsäure mit der in dem ätherischen Oel als Ester befind- lichen Myrrholsäure isomer ist. Diese beiden Säuren sind nach der empirischen Formel C1-H22O5 zusammengesetzt. Alle diese Säuren lassen sich leicht oxydieren, weshalb die Luft während der Arbeit so viel wie möglieh ausgeschlossen sein muß. Eine Oxydation vollständig zu verhindern, ist nicht möglich gewesen; aber die oxydierten Harzsäuren sind in Benzol resp. Chloroform leichter löslich und können damit von den von diesen Lösungs- mitteln weniger leicht angreifbaren Commiphorsäuren weggewaschen werden. In dem von T s c h i r c h und Bergmann untersuchten Harz befanden sich keine freien Säuren; dagegen konnten sie mit l%iger Kahlauge aus dem ätherlöslichen Teile eine Älischung aus- lösen, welche sie mit Bleiacetat in ZM^ei Verbindungen teilten, a-Heerabo-Myrrhol (mit Blei ausscheidbar) und ß-Heerabo- M 3'- r r h o 1 (mit Blei nicht ausscheidbar). Mir ist es auch gelungen, eine Mischung von Harzphenolen zu erhalten, und um daraus mög- hcherweise dieselben Verbindungen zu isolieren, welche diese Ver- fasser gewonnen haben, ist dieselbe der gleichen Behandlung unter- worfen worden. Die erhaltenen Phenole, für welche ich die Namen a- und ß-Heerobo-Myrrhol beibehalten habe, weichen indessen sowohl betreffs Zusammensetzung, wie Eigenschaften bedeutend ab, und etwas anderes war auch nicht zu erwarten. Denn T s c li i r c h und Berg- mann haben bei ihrer Untersucliung erst den ätherlöslichen Teil von Phenolen befreit und darauf das flüchtige Oel abdestilhert, wodurch die Phenole, welche in dem letztgenannten hätten enthalten sein sollen, d. h. die mit Wasserdampf flüchtigen Phenole, von ihnen gleichzeitig mit den eigenthchen Harzphenolen ausgezogen worden sind, was ich dadurch vermieden habe, daß ich das Harz erst von dem Oel befreite. Anzunehmen ist deshalb, daß die Heerabo- Myrrhole T s c h i r c h's und B e r g m a n n's Mischungen von Harzphenolen und Phenolen aus dem Oele sind. Auf das Vorhandensein verseifbarer Ester haben die genannten Verfasser nicht geprüft, dagegen haben sie nach der AbdestiUation des ätherischen Oeies, dem Rückstand in dem Destillationskolben. l"/oo Kaliumhydroxyd gesetzt und alsdann weiter destiUiert, wobei sie neue Mengen Oel erhielten, welches sie als eine polymerisierte Form des ätherischen Oeles erklärten, die bei der Erhitzung mit O. V. Friedriclis: Heerabolmyrrhe. 431 Alkali depolymerisiert sein sollte. Dieser Umstand hat außer anderen T s h i r h als Stütze seiner Ansicht gedient, daß die Myrrhe eine Ausnahme von der von ihm früher aufgestellten Theorie bildet, daß Harze und ätherische Oele nicht in irgend einem genetischen Zusammenhang miteinander stehen. Auch in einer späteren Unter- suchung von Sandarak, welche T s c h i r c h in Gemeinschaft mit M. Wolf f ^) ausgeführt hat, ist dasselbe Verfahren angewandt worden und hat sich dabei ein ätherisches Oel ergeben, welches sich erst nach Zusatz von Kaliumhydroxyd übertreiben läßt. Dies Oel sieht T s c h i r c h als durch Depolymerisation des Resens gebildet an und hält diesen Umstand für eine weitere Stütze seiner Hypothese, ,,daß die Resene ijolymerisierte Terpene oder Oxyterj)ene dar- stellen". In dem von mir untersuchten Äfyrrhenharz sind Ester vorhanden, welche sich in der Wärme mit Alkali verseifen lassen, so daß bei der darauffolgenden Destillation mit Wasserdampf ein aromatisch riechender, flüssiger Alkohol übergeht. Ohne auf die Annehmbarkeit der Abstammung des Harzes vom Oel eingehen zu wollen, da T s c h i r c h's sekundäres Oel nicht zum Gegenstand einer Untersuchung gemacht worden ist, so daß irgendwelche Ana- lysenresultate nicht vorliegen, welche eine solche Annahme bestätigen können, so dürfte doch das sekundäre Oel mit dem von mir gefundenen Esteralkohol wahrscheinlich identisch sein. Aus Gummi stellte Köhler nach Hydrolysierung drei Osazone her, und zwar nach seiner Ansicht Galaktosazon (Sch.mp. 188 — IGO*^), Dextrosazon (Schmp. 203") und Arabinosazon (Schmp. 158°). Das letztere glaubten auch T s c h i r c h und Bergmann gefunden zu haben (Schmp. 160°). Beide Untersuchungen ergaben bei der Destillation mit H2SO4 resp. HCl Furfurol; Köhler fand hierbei auch Zuckersäure und beim Kochen mit HCl Lävuhnsäure. T s c h i r c h und Bergmann versuchten auf vielfache Weise das Gummi von dem damit vermischten Enzym zu isoheren, aber ,,es gelang auf keine Weise, das Gummi vom Enzym zu trennen". Das Enzym zeigte die Reaktionen einer Oxydase. Bei Destillation mit trockenem KOH erhielten sie Pj^rrol. Ehe ich zur Beschreibung des experimentellen Teiles übergehe, sei es mir gestattet, die angenehme Pflicht zu erfüllen, dem Prefekt des chemischen Institutes, Herrn Prof. Dr. T. E k e c r a n t z, für die \\ertvollen Ratschläge, womit er mich stets unterstützt hat, meinen warmen Dank auszusprechen. ^) Weitere Studien über den Sandarak, Arch. der Pharm. 1906, 711. 432 O. V. Fried riclis: Heerabolnnrrrlie. Experimenteller Teil. Die zur Untersuchung verwandte Myrrhe bestand aus der im Handel vorkommenden „Myrrha eleda' und war von einem Engros- Drogisten in Stockholm bezogen. Es waren gelbbraune bis rot- braune Stücke mit wachsglänzendem, halbdurchsichtigem Bruch, und hatten dieselben einen angenehm aromatischen Geruch und einen bitteren, kratzenden Geschmack. Die Droge ergab die von der Mehrzahl der europäischen Arzneibücher vorgeschriebene B o n a s t r e'sche Keaktion, indem ein Aetherauszug der Myrrhe nach Filtrierung von Bromdämpfen rot gefärbt wurde und genügte auch der von Hager angegebenen Probe : einen Petroläther- auszug abdampfen und mit angesäuerter Chloralhydratlösung versetzen, wobei eine violette Farbe entstand. Die Löshchkeitsverhältnisse waren: Petroläther 16,3%; Alkohol 43,3 %; Aether 32 %; Wasser 52 %. Das ätherische Oel. Um das ätherische Oel von den übrigen Bestandteilen der Myrrhe vöUig quantitativ trennen zu können und gleichzeitig die harzartige Substanz so unverändert wie möghch zu erhalten, ist bei der Isoherung des Oeles auf folgende Weise verfahren worden. Die so fein wie möghch pulverisierte Droge ist in einem Perkolator mit einem Petroläther extrahiert worden, dessen Siedepunkt 60" C. nicht überstieg, solange dieser bei gewöhnhcher Temperatur etwas auflösen konnte. Aus den gemischten Perkolaten ist der Petroläther alsdann zum größten Teile durch Destillation entfernt worden und der Rückstand hierauf zwecks Isoherung des flüchtigen Oeles einer Destillation mit Wasserdampf unterworfen worden. Hierbei hat sich gezeigt, daß das Oel einen beträchtlichen Teil besonders schwer- flüchtiger Verbindungen enthält, weshalb die vollständige Aus- scheidung des flüchtigen Oeles eine sehr zeitraubende Operation war. Die zuerst übergehenden Bestandteile sind leichter als Wasser, der mehr schwerflüchtige Teil des Oeles hat dagegen das spez. Gew. >1. Infolge der großen Geneigtheit des Oeles zu verharzen, ist die Luft während der ganzen Zeit dadurch sorgfältig abgeschlossen worden, daß die Destillation in einer Atmosphäre von Kohlendioxyd stattgefunden hat, sowie dadurch, daß die Gefäße, in welcher das Destillat gesammelt wurde, auch mit demselben Gase gefüllt waren. Aus dem Destillat ist später das flüchtige Oel so schnell wie möghch durch Aussalzung mit Kochsalz abgetrennt und mit Petroläther extrahiert worden. Vom Petroläther ist das Oel schheßhch durch O. V. Friedrichs: Heerabolmyrrhe. 433 vorsichtige Destillation im Vakuum befreit worden. Drei Kilogramm Droge haben durch obengenanntes Verfahren 265 g flüchtiges Oel oder 8,8 % ergeben. Das flüchtige Oel besteht aus einer lecht dicken, hellgelb bis grüngelben Flüssigkeit mit einem intensiven, aromatischen Geruch und einem unangenehmen bitteren Geschmack. 8pez. Gew. 1,011 bei +150 c. Die Untersuchung mit A b b e's Refraktometer ergab einen Brechungsindex n D = 1.5359; die Polarisation mit Laurent's Polarimeter ergab [af^ = — 73,86°. Das Oel hat schwach saure Reaktion und reduziert alkoholische Silberlösung. Die qualitativen Prüfungen auf Stickstoff und Schwefel sind negativ verlaufen. Säurezahl = 6,15. Esterzahl = 47,60. Da schon aus K ö h 1 e r 's ^) Untersuchung hervorgeht, daß eine fraktionierte Destillation des flüchtigen Oeles nicht zur Iso- lierung von einheitlichen Produkten führen kann, was auch L e w i n s o h n 2) hervorgehoben hat, so ist das Oel unmittelbar einer chemischen Untersuchung unterworfen worden. Die freien Säuren. Um vorhandene, schon durch die Säurezahl angegebene freie Säuren zu isolieren, ist das Oel, in einer doppelt so großen Menge säurefreien Aethers gelöst, wiederholt mit 2% iger Natriumkarbonat- lösung geschüttelt worden, welche vorher genau auf das Nicht- vorhandensein von freiem Natriumhydroxyd geprüft worden war. Die vereinigten alkalischen Auszüge sind hierauf durch Schütteln mit Aether von dem suspendierten Oele befreit worden. Der zurück- gebliebene Aether ist durch Einleiten von Kohlendioxyd bei gelinder Erwärmung auf dem Wasserbade entfernt worden. Bei dem Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure wurden die Säuren teilweise in fester Form ausgeschieden und danach der Destillation mit Wasserdampf unterworfen, solange das Uebergehende saure Reaktion zeigte. In dem Destillationskolben bheb eine gelbbraune, halbfeste Masse zurück, welche bei der Abkühlung erhärtete, wobei außerdem aus der erkalteten Lösung sich gelbweiße Krystalle absetzten. 1) Log. cit. S. 311. 2) Loc. cit. S. 413. Arch. d. Pharm. CCXXXXV. Bda li. Heft 28 434 O. V. Friedrichs: Heerabolmyrrhe. Flüchtige Säuren. Das erhaltene Destillat wurde so genau wie möglieh mit Natrium- karbonat neutrahsiert und zu einem kleinen Volumen eingedunstet. Diese Lösung wurde von Eisenchlorid rot gefärbt. Bei Zusatz von Silbernitrat entstand ein weißer Niederschlag, welcher sich jedoch rasch durch metalhsches Silber dunkel färbte. Dieses starke Reduk- tionsvermögen machte das Vorhandensein von Ameisensäure wahr- scheinhch, weshalb die konzentrierte Lösung unter Abkühlung mit Bleinitratlösung versetzt MTirde, wobei ein weißer Niederschlag entstand, welcher nach Waschung mit kleinen Mengen eiskalten Wassers in kochendem Wasser gelöst ^vurde und nach Abkühlung nadeiförmige Krystalle bildete. Die Menge dieser Krystalle war für eine Analyse nicht genügend, aber bei Zersetzung mit Schwefel- säure wurde deuthch der stechende Geruch von Ameisensäure wahr- genommen. Das Filtrat von dem Bleiniederschlage ergab, nach weiterer Konzentrierung, mit Silbernitrat einen Aveißen Nieder- schlag, welcher nach der Entfernung der Flüssigkeit in warmem Wasser gelöst, von dem Silber, welches von der zurückgebUebenen Ameisensäure reduziert worden war, abfiltriert und danach im Dunkeln krystalhsiert wurde. Die Analyse ergab: 0,1221g Subst.: 0,0787 g Ag. Gefunden: Berechnet für Silberacetat : Ag 64,42 64,67. Aus diesen Resultaten geht hervor, daß die flüchtigen Säuren aus Ameisensäure und Essigsäure bestanden, obgleich der Mangel an Substanz eine C- und H-Bestimmung nicht zuheß und noch weniger eine Isoherung der reinen Säuren. Da die Ameisensäure nicht vorher m jNIyrrhenöl nachgewiesen worden ist, und da deren Vorkommen in ätherischen Oelen über- haupt sehr beschränkt ist, war es von Interesse zu erfahren, ob auch die von Schimmel & Co. bezogene Handelssorte^) dieselbe enthielt. Nach Extrahieren mit Sodalösung und genauer Neutrah- sierung ergab die Lösung der Natriumsalze der Säuren mit Silber- lütrat eine dunkle Färbung, welche das Vorhandensein von Ameisen- säure wahrscheinUch machte. Dieselbe war jedoch in aUzu geringer Menge vorhanden, um mit Bestimmtheit charakterisiert werden zu können. 1) Dies Oel war braungelb und dickflüssiger als die selbstdar- gestellte. O. V. Friedrichs: Hepraboliuyrrlic. 435 N i e h t f 1 ü (• li t i g e S ä u )• c Der ungelöste l^iic lest and im !)esti)lation8k()lben, sowie die aus (lein VVasser abgesetzten Krystalle, wurden gesammelt und wieder- holt aus sehr verdünntem Alkohol umkrystallisiert, aus welchem rein- weiße Krystallnadeln gewonnen wurden, welche bei 159° schmolzen. Leider war die Menge dieser Säure für eine Elementaranalyse nicht zureichend. Die Säure ist in Alkohol, Aether und Benzol leicht löslich, in Wasser dagegen außerordentlich schwer löslich. Dieselbe wurde \'on verdünntem Eisenchlorid nicht gefärbt, weshalb wahr- scheinlich eine Oxysäure nicht vorlag, jedenfalls nicht Salicylsäure, mit \\ elcher dieselbe einen genau übereinstimmenden Schmelz- ])unkt zeigte. Ungesättigt scheint sie nicht zu sein, da ein Tropfen sehr verdünnter Kaliumpermanganatlösung nicht entfärbt wurde. Palmitinsäure konnte nicht nachgewiesen werden. Phenole. Um Phenole in der mit Natriumkarbonat von freien Säuren befreiten Aetherlösung nachzuweisen, ist dieselbe mit 5^o iger Natron- lauge so lange behandelt worden, wie etwas aufgelöst werden konnte. Die vereinigten, dunkelgefärbten alkalischen Auszüge sind von Oel durch Schütteln mit Aether befreit worden, wonach die vorhandenen Phenole durch Sättigung der Flüssigkeit mit Kohlendioxyd aus- geschieden und danach in Aether aufgenommen wurden. Nach der Abdunstung des Aethers im Vakuum blieb eine geringe Menge einer halbfesten Masse zurück, welche einen starken Kresolgeruch besaß. Da die Phenole, welche in den von L e w i n s o h n untersuchten Oclen zum überwiegenden Teil aus Eugenol bestanden, so wurde ein kleiner Teil des Rückstandes nach der Methode von Schotten- B a u m a n n benzoyliert. Es war indessen nicht möglich, eine feste Benzoylverbindung zu erzielen. Ebensowenig konnte bei der Oxydation mit verdünnter Kaliumpermanganatlösung ein Vanillin- geruch wahrgenommen av erden, ebensowenig wurde eine ammoni- akalische Silbernitratlösung reduziert. Hieraus geht somit hervor, daß Eugenol in diesem Myrrhenöl nicht vorhanden war. Bromierung des Phenols. Die Einwirkung von Brom wurde nach Claus und Hirse h^) in der Weise vorgenommen, daß eine Chloroformlösung des Phenols bei Gegenwart von etwas Eisen mit Brom versetzt wurde. Das hierbei gebildete Produkt wurde aus Alkohol umkrystalUsiert, wobei dasselbe in Form von farblosen, bei 82" schmelzenden Krystallen hervorging. 1) Journ. f. pr. Chemie (2) 39, S. 59. 28* 436 O. V. Friedriohs: Heerabolmyrrhe. Die Analyse ergab folgendes Resultat: 0,0942 g Substanz lieferten 0,1534 g AgBr. Gefunden: Berechnet für CHo.CgHBrj.OH: Br 69,28 69,56, Hieraus geht also mit Bestimmtheit hervor, daß die Haupt- menge der Phenole aus m - K r e s o 1 besteht, dessen V^orhandensein auch L e w i n s o h n aus guten Gründen vermutete. Aldehyde. Die zurückgebliebene Aetherlösung hat beim Schütteln mit konzentrierter NatriumhydrosuKitlösung ein krystallinisches Produkt ergeben, welches auf das Vorhandensein eines Aldehyds oder eines Ketons hindeutete. Das Additionsprodukt wurde mit Natronlauge zersetzt und mit Wasserdampf destilhert; das DestiDat wurde mit Aether aufgenommen und dieser danach durch Evakuierung ent- fernt. Die aromatisch riechende, dicke Flüssigkeit, welche hierbei zurückblieb, wurde einer vorsichtigen Oxydation mit verdünnter Kahumpermanganatlösung unterworfen, wobei ein schwacher Geruch von Benzaldehyd bemerkt wurde, was auf das Vorhandensein von Zimtaldehyd im Oel schließen ließ. Das nach dem Filtrieren und Ansäuern mit Schwefelsäure ausgeschiedene Oxydationsprodukt Avurde mit einer geringen Menge warmen Wassers behandelt, woraus jedoch keine Krystalle erzielt werden konnten. Der ungelöste Teil wurde M'iederholt aus Alkohol umkr^'^stallisiert und schmolz alsdann bei 115" C. Die Analyse ergab: 0,1214 g Subst.: 0,3246 g COo und 0,0845 g H.,0. Gefunden: Bereclxnet für CioHijOo: C 72,93 73,17 H 7,41 7,32. Die Verbindung ist Cuminsäure. Bei der Behandlung mit Natriumhydrosulfitlösung hatte diese eine dunklere Farbe angenommen, wobei außerdem die Aetherlösung bei erneuerter Behandlung mit Natronlauge nicht unbedeutende Mengen an dieselbe abgab, woraus hervorgeht, daß der Aldehyd entweder von dem Hydrosulfit zersetzt worden war, was bei alicy- klischen Aldehyden oft vorkommt, oder auch daß derselbe als un- gesättigt noch ein Molekül Hydrosulfit aufgenommen und ein Hydro- sulfonsäurederivat gebildet hatte, aus welchem der Aldehyd nicht regeneriert werden konnte. Für die vollständige Isolierung des vorhandenen Aldehyds war es deshalb vorteilhafter, eine neue Menge Oeles mit einem Salz O. V. Friedrichs: Heerabolmyrrhe. 437 einer aromatischen Amidosulfosäure zu behandebi, welche sich mit der Mehrzahl der Aldehyde zu wohlkrystallisierenden, schwerlöslichen Verbindungen von dem Typus CßH-CH = NCßH^.SO^Nai) konden- sieren, die auch deshalb von Bedeutuno; sind, weil man den Aldehyd meistens durch einfache Dampf destillation, ohne vorherigen Säure- zusatz, wiedergewinnen kann. Da die amidosulfosauren Salze mit verschiedenen Aldehyden Verbindungen von verschiedener LösUch- keit ergeben, wurden Vorversuche, sowohl mit naphtionsaurem Natrium und Barium, als auch mit sulfanilsaurem Baryum, von welchen . Salzen das letztere den größten Niederschlag ausschied, angestellt. Die Aetherlösung des Oeles (1 -f 2) wurde dalicr mehrere Stunden innig mit der 20 fachen Menge einer 10% igen Lösung dieses Salzes gemischt, der ausgeschiedene weißgelbe Krystallbrei mit Wasser gewaschen und dann mit Wasserdampf destilhert. Das Destillat wurde der Oxydation mit KMn O4 unterworfen, wobei ein deuthcher Geruch nach Benzaldehyd wahrgenommen werden koimte. Aus den bei Zusatz von Schwefelsäure zum Filtrat erhaltenen Niederschlag konnte keine Benzoesäure gewonnen werden; dagegen wurde durch Krystallisieren aus Alkohol Cumin- säure gewonnen, die aus C u m i n a 1 d e h y d stammte. Sowohl mit Natriumhydrosulfit, als mit sulfanilsaurem Baryum wurde also C u m i n a 1 d e h y d , wie auch Z i m t a 1 d e h y d aus- geschieden; die oben erwähnte Veränderung der Natriumhydro- sulfitlösung hat wahrscheinlich ihren Grund darin, daß ein Teil des Zimtaldehyds hydrozimtaldehydsulfosaures Salz gebildet hat. Verseifuijg des vou Säiueu, Phenolen und Aldeliydeu befreiten Oeles. Der große Unterschied zwischen Verseifungszahl und Säure- zahl hat dargelegt, daß das flüchtige Oel zu einem nicht unAA-esentlichen Teil aus Estern besteht, weshalb dasselbe der Verseifung unterworfen wurde. Zu diesem Z^^'eck ist die mit Natriumhydrosulfit behandelte Aetherlösung mit Wasser gewaschen worden, bis dieses nicht mehr auf Schwefeldioxyd reagierte, wonach der Aether aus der mit ausgeglühtem Natriumsulfat getrockneten Lösung durch vorsichtige Destillation entfernt wurde. Das flüchtige Oel ist hierauf mit einem ungefähr ebenso großen Volumen lO'^oiger alkoholischer Kahlauge durch mehrstündiges Kochen verseift A\orden. Nachdem der Alkohol abdestilliert worden war, ist der Rückstand mit Wasser behandelt und mit Aether ausgeschüttelt worden, so lange derselbe etwas aufnahm. L^m auch festzustellen, ob Phenolester im Oel enthalten 1) D. R. P. 124229 (1901). 438 O. V. Friedrichs: Heerabolniyrrhe. waren, ist die alkalische Wasserlösung mit Kohlendioxyd gesättigt worden, wobei jedoch keine Phenole ausgeschieden wurden. Estersäure 11. Zum Nachweis von Estersäuren ist die alkalische Wasserlösung mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert worden, wobei ein volu- minöser, flockiger Niederschlag entstanden ist. Dieser ist dadurch gereinigt worden, daß er wiederholt in verdünnter Natronlauge gelöst wurde, wonach, nachdem die alkalische Lösung mit Tierkohle gekocht war, die Säuren wieder mit verdünnter Schwefelsäure isohert wurden. Bei der Erwärmung auf dem Wasserbade sintern die Säuren zu einer, in der Wärme weichen, nach der Abkühlung festen, spröden, graubraunen Masse zusammen. Da die Mischung von Säuren nur teilweise in Benzol und Aether löslich war, ist die- selbe erst mit Benzol extrahiert, so lange dieses etwas auslöste und der Rückstand danach auf dieselbe Weise mit Aether behandelt worden. M y r r h o 1 s ä u r e. Die in Aether lösliche Säure bildet nach Ueberführung in Blei- salz, Zersetzung des letzteren mit verdünnter Schwefelsäure, Extra- hierung der Säure mit Alkohol und freiwilliger Abdunstung der Lösung ein graubraunes Pulver, welches aus einer Mischung von Benzol und Aether sich in Form kleiner gelber Krystalle, die bei 236'' schmelzen, absetzt. Die My r r h o 1 s ä u r e ist in den gewöhnlichen Solventien leiclit löslich, jedoch nicht in Benzol und Petroläther. Die Elementaranalyse ergab folgende Resultate: 1. 0,1977 g Svibst.: 0,4346 g CO., und 0,1210 g HgO. !. 0,1530 „ 0,3744 „ „ „ 0,0957 „ „ Gefunden : Berechnet für 1. 2. INIittel : Ci.HaaOj: C 66,85 66,74 . 66,79 66,67 H 6,81 7,01 6,91 7,21. Zur Bestimmung der Basizität der Säure ist dieselbe in einer alkohohschen 0,1 N. -Kalilauge titriert worden. 1. 0,1316 g verbrauchten 4,4 ccai 0,1 N.-Kalilauge, enthaltend 0,0246 g KOH. 2. 0,1423 g verbrauchten 4,8 ccm 0,1 N.-Kalilauge, enthaltend 0,0269 g KOH. Ein Vergleich zwischen dem Molekulargewicht 306 für C,-, HggOs und 56 für KOH zeigt, daß, wenn die Säure einbasisch ist, der Ver- brauch von KOH bei (1) 0,0241g und bei (2) 0,0261g sein müßte. O. V. Fri<'drich.s: Heerabohnyrrlie. 439 Die fragliche Scäure ist also einbasisch, und ihre Zusammensetzung entspricht somit der Formel C,(,Ho,Oc,.COOH. Um zu untersuclien, ob von den Sauerstoffatomen, welche sicli niclit in der Karboxylgruppe befinden, ein oder mehrere als Phcnolhydroxylc voihanden sind, ist die Säure mit Essigsäureanhj'drid und Natriumacetat erhitzt worden. Die Verbindung, die bei dem Eingießen der Lösung in Wasser ausschied, zeigt indessen den Schmelzi)unkt 230» und verbraucht beim V>rseifungsversuch nur e i n Molekül KOH. Die Alyrrholsäure ist also keine Phenolsäure. Folgende Salze sind hergestellt: 1. S i 1 b e r s a 1 z. Die Lösung der Säure in verdünnter Natronlauge ist genau mit verdünnter Salpetersäure neutralisiert worden, wonach Silbernitrat in geringem Ueberschuß zugesetzt ist. Der Niederschlag ist rotgelb, nicht krystallinisch. 0,4286 g Subst. lieferten 0,1132 g Ag. Gefvmden: Berechnet für CibHoiO.CO OAg: Ag 26,42 26,25. 2. B 1 e i s a 1 z. Diese ist auf analoge Weise wie das Silber- salz durch Fällen mit einer berechneten Menge Bleiacetat hergestellt. Grauweißer, flockiger Niederschlag. 0,3864 g Subst. lieferten 0,1420 g PbSOj. Gefunden: Berechnet für (Ci6H2i03COO)oPb: Pb 25,1 25,44. 3. K u p f e r s a 1 z. Die vollkommen neutrale Lösung von dem Natriumsalz der Säure ist mit einem geringen Ueberschuß von Kupfersulfatlösung gefällt worden. Grünes, nicht krystalhnisches Pulver. 0,7810 g Subst. lieferten 0,0896 g CuO. Gefunden: Berechnet für (Ci6H2i03COO)2Cu: Cu 9,15 9,34. Es war nicht möglich, aus dem mit Benzol ausgezogenen Teil der Säuremischung eine einheithche Verbindung zu isolieren. Verarbeitung des Oeles nach der Verseifung. Die Aetlierlösung. ^\■elche nacli der Verseifung, bei der Extrak- tion der alkalischen Wasserlösung mit Aether erzielt worden ist, und welche noch Alkohole, Oxyde und Kohlenwasserstoffe enthalten konnte, wurde mit Wasser gewaschen, bis dieses neutral reagierte, wonach der Aether nach Trocknen der Lösung mit Na^SO, abdestilliert wurde. Als Rückstand ist dami ein dunkelselbes. dickflüssiges Gel 440 O. V. Friedrichs: Heerabolmyrrhe. gewonnen worden, welches immer noch einen intensiven Geruch nach Myrrhe besaß. Um die Bestandteile dieses Oeles ' von einander zu trennen, ist dasselbe einer fraktionierten Destillation in luftverdünntem Raum unterworfen worden. Hierbei haben nach wiederholter Fraktio- nierung keine konstanten Siedepunkte erzielt werden können, weshalb das Destillat auf fünf Fraktionen mit folgenden Siedepunkts- intervallen verteilt worden ist. 16 mm Druck Aussehen Ergebnis Fraktion 1 130— UO« farblos 6,9 g Fraktion 2 140—1500 sehwach gelb 15,1 „ Fraktion 3 150-158° grün 13,3 ,, Fraktion 4 158—1650 grün 7,0 „ Fraktion 5 165—1700 braun 3,8 „ Bei ITC mußte die Destillation abgebrochen werden, weil der Rückstand im Destillationskolben unter Abgabe von Wasser sich zu zersetzen anfing. Die auf diesen verschiedenen Fraktionen ausgeführten Analysen ergaben folgende Resultate: Fraktion 1. 0,2670 g Subst.: 0,8430 g CO, und 0,2613 g U.O. Fraktion 2. 0,3490 „ „ 1,0884 „ „ „ 0,3278 „ „ Fraktion 3. 0,3135 „ „ 0,8866 „ „ „ 0,2945 „ „ Fraktion 4. 0,2343 „ „ 0,7263 „ „ „ 0,2174 „ „ Fraktion 5. 0,2054,, „ 0,6184,, „ „ 0,1823,, „ Gefunden: 1. 2. 3. 4. 5. C 86,10 85,06 84,82 84,52 82,11 H 10,97 10,53 10,3 10,4 9,72. Da es nach den erhaltenen Resultaten wahrscheinlich erschien, daß besonders die niedrigeren Fraktionen außer sauerstoffhaltigen Verbindungen Kohlenwasserstoffe enthielten (dem hohen Siede- punkte nach wahrscheinHch Sesquiterpen), und da auch die sauerstoff- reicheren Fraktionen keinen konstanten Siedepunkt ergaben, sind die erhaltenen Fraktionen wieder vereinigt und zwecks einer möglichst vollständigen Dekomponierung der sauerstoffhaltigen Substanz mit metallischem Natrium behandelt worden. Nachdem die anfangs auftretende Wasserstoffentwickelung aufgehört hatte, wurde das Oel zweimal über Natrium destilliert. Bei der fraktionierten Destillation sind bei 16 mm Druck folgende drei Fraktionen aufgesammelt. Fraktion 1. Sdp. 130 — 136°, farblos mit terpentinartigem Geruch, weniger dickflüssig. '^ ^ O. V. Fried licJis: HewrabolinyiThe. 441 Fraktion 2. Sdp. 140 — 145'', farblos mit kampferstrtigem Geruch, dickflüssig. Fraktion 3. Sdp. 155 — 160", schwach grün gefärbt mit kampferartigem Geruch, sehr dickflüssig. In bezug auf ilir Verhalten zum polarisierten Licht sowohl, als auch betreffend spez. Gew. und Brechungsvermögen, zeigen die verschiedenen Fraktionen große Unterschiede. Spez. Gew. Brechungs- Drehungs- Kohrlänge d2()0 index njj' winkel Op in mm Fraktion 1 0,943 1,51-25 —14° 12' 100 Fraktion 2 0,967 1,5233 —17" 20' 100 Fraktion 3 1,012 1,5386 —21° 54' 50 Die Anal3'sen der verschiedenen Fraktionen ergaben folgende Resultate. Fraktion 1. 1. 0,2896 g Subst.: 0,9262 g CO2 und 0,2994 g H,0. . 2. 0,2483 „ „ 0,7965 „ „ ' „ 0,2539 „ ,', Gefunden: Berechnet für 1. 2. Mittel: C15H04: C 87,22 87,48 87,35 88,24 H 11,59 11,46 11,53 11,76. Fraktion 2. 0,2117 g Subst.: 0,6580 g CO, und 0,2155 g HgO. Gefunden : C 84,77 H 11,39. Fraktion 3. 0,4630 g Subst.: 1,4040 g CO, und 0,4067 g H2O. Gefunden : C 82,7 H 9,85. Das Sesquiterpen. Sowohl die Analyse wie auch das hohe spez. Gewicht und der Siedepunkt zeigen, daß Fraktion (1) aus einem Sesquiterpen Cj5H.,4 besteht. Um festzustellen, zu welcher Gruppe von bisher bekannten Sesquiterpenen das fragliche gehört, ist die Molekular- refraktion aus dem Molekulargewicht P = 204, n = 1,5125 und d = 0943 berechnet worden. n2 — 1 P M = ^^2—^ . ^ = 64,98. n2 + 2 d Theoretisch ist die Molekularrefraktion für ein tricykhsches Sesquiterpen zu 64,45, für ein bicykhsches zu 66,15 berechnet. 442 O. V. Fi'iedrichs: Heerabolniyrrhe. Auf Grund des gefundenen Wertes 64,98 ist der isolierte Kohlen- wasserstoff ein tricyklisches Sesquiterpen mit zwei Brückenbindunsen und einer Aethylenbindung der Formel CigH,^. Es wurde Heer a holen genannt. Für eine nähere Untersuchung der chemischen Eigenschaften dieser Verbindung ist das Verhalten derselben zu Brom- und Chlor- wasserstoff festgestellt worden, und außerdem sind Versuche gemacht, ein Nitrosochlorid und ein Nitrosat herzustellen. Um eine Bromverbindung zu erhalten, wurde das Sesquiterpen in Tetrachlorkohlenstoff gelöst, diese Lösung durch ein Kältegemisch stark abgekühlt und tropfenweise mit einer Lösung von Brom in Tetrachlorkohlenstoff versetzt. Das Brom wurde anfangs unter Entfärbung begierig aufgenommen; allmählich nahm die Flüssig- keit eine blauviolette Farbe an, und außerdem entwickelte sich Bromwasserstoff. Außer der Addition fand also, wenn auch in ge- ringerer 'Menge, eine Substitution statt. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels im Vakuum blieb ein dunkelvioletter Sirup zurück, A\'elcher nicht zur Krystallisation gebracht werden konnte, und welcher sich unter Entwickelung von Bromwasserstoff leicht zersetzte. Eine Analyse ergab, wie deshalb auch zu erwarten war, einen bedeutend niedrigeren Bromgehalt als der theoretisch berechnete 0,3418 g Subst. lieferten 0,2872 g AgBr. Gefunden: Berechnet für Cj^HgjBr,: Br 35,75 43,95. Bei den Versuchen, das Nitj-osochlorid herzustellen, ist teils nach der von Wallach angegeb